Jahresvorschau

Kunstjahr 2023: Die wichtigsten Berliner Ausstellungen des Jahres

Was erwartet euch im Kunstjahr 2023 in Berlin? Wir geben einen Überblick über die großen Ausstellungen, über die wir noch lange reden werden und die wir kaum erwarten können. Wir zeigen euch die Schauen in den großen Häusern und die Großveranstaltungen im Kunstbereich.


Zineb Sedira

Das Setdesign „Le Bal“ mit Tänzer:innen in der Eröffnungswoche. Foto: Zineb Sedira

Als kleines Mädchen liebte Zineb Sedira die Magie des Kinos. Jahrzehnte später stehen Menschen in Venedig Schlange, um den Französischen Pavillon zu sehen, der dank der erwachsenen Zineb Sedira bei der Kunstbiennale zu einem ähnlich magischen Ort wurde. Ihr Beitrag „Dreams Have No Titles“, eine Mischung aus Performance, Film und Set-Design, verwandelte diesen Pavillon 2022 mühelos in den Schauplatz eines Live-Drehs der 1960er und 1970er-Jahre. Unterstützt von einem Kurator:innen-Team, zu dem auch die neuen Direktoren des Hamburger Bahnhofs, Sam Bardaouil und Till Fellrath, gehörten, vertrat die französische Künstlerin mit algerischen Wurzeln mit diesem stimmigen Kunst-Film-Crossover ihr Heimatland Frankreich. Und wird diese Arbeit im Februar im Hamburger Bahnhof zeigen, dem neuen Arbeitsplatz ihrer Kuratoren Fellrath und Bardaouil.

  • Hamburger Bahnhof  Invalidenstr. 50/ 51, Tiergarten, Di, Mi, Fr 10–18, Do bis 20, Sa+So 11–18 Uhr, 14/ 7 €, bis 18 J.+1. So/ Monat frei, 24.2.–30.7.2023

Europäischer Monat der Fotografie (EMOP) 2023

Der Europäische Monat der Fotografie öffnet dieses Jahr zum 10. Mal zahlreiche Türen zu Ausstellungen und Veranstaltungen. „Touch“ ist das Leitmotiv des diesjährigen Festivals und Thema der Jubiläumsausstellung. Ihre Exponate blicken auf die Hauptstadt und ihreinternationale Künstler:innen. Das Festival beginnt mit den Opening Days in der Akademie der Künste am Pariser Platz. Diese ersten vier Tage bieten ein vielfältiges Rahmenprogramm inklusive Talks, Paneldiskussionen und Buchpräsentationen. Etwa 100 Ausstellungen und Projekte von Museen, Ausstellungsinstitutionen, Gedenkstätten, Archive, Bibliotheken, Sammlungen, Kulturinstitute, Fotofachschulen sowie private oder öffentliche Galerien und Projekträume aus Berlin und Potsdam widmen sich den vielen Facetten der Fotografie. (Autorin: Sabine Schereck)

  • Verschiedenen Orte in Berlin 2.-31.3.23

Flashes of Memory – Fotografie im Holocaust

Pnina Schinzon und Abraham Tory im Ghetto Kaunas, Dezember 1943, © Yad Vashem Archives

Die Luft war noch schwer von dem, was sich gerade in den Gaskammern und in den Konzentrationslagern abgespielt hatte, als Angehörige der Allierten dokumentierten, was sie bei der Befreiung von Lagern vorfanden. Um den Überlebenskampf in den Lagern für die Außen- und Nachwelt festzuhalten, riskierten jüdische Fotograf:innen ihr Leben. Die Ausstellung „Flashes of Memory. Photography during the Holocaust” im Museum für Fotografie erkundet die Umstände des Fotografierens sowie die unterschiedlichen Perspektiven, die sich aus professionell und privat motivierten Aufnahmen ergeben. Fotografien, Filme und Kameras aus Archiven und Museen in den USA, Europa und Israel sind für die Schau zusammgentragen, die 2018 in Jerusalem eröffnete. Sie ist nun erstmalig in Deutschland zu sehen und entstand in Kooperation zwischen der internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem, ihrem Freundeskreis und der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin. (Autorin: Sabine Schereck)

  • Museum für Fotografie Jebensstraße 2, Charlottenburg, Di-So 11–19 Uhr, Do bis 20 Uhr, 10/ 5 €, bis 18 J. frei,  24.3. – 20.8.2023

Retrotopia – Design for Socialist Spaces

The special exhibition Space and Form I, Tallin Art Hall, 1969, Design concept by Bruno Tomberg, Maia Laul, Kärt Voogre, Eha Reitel, Saima Veidenberg and Taevo Gan, © Estonian Museum of Applied Art and Design

Zurück in die Zukunft lautet das Motto dieser Ausstellung im Kunstgewerbemuseum. Utopie und Design und zwar aus der Zeit des Kalten Kriegen steht hier im Fokus. Während uns der westliche Retro-Futurismus aus Filmen, Bildbänden und Ausstellungen all zugut bekannt ist, sind die stylischen und damit einhergehenden gesellschafts-ideologischen Zukunftsvisionen aus den Ländern der damaligen Sowjetunion weniger bekannt. Die Ausstellung wurde zusammen mit verschiedene Expert:innenteams entwickelt, in der beispielhafte Designenvironments für den öffentlichen und privaten Raum zu sehen sein werden, von der Küche bis zur Flughafenlounge.

  • Kunstgewerbemuseum Matthäikirchplatz, Tiergarten, Di–Sa 10–18/ So 11–18 Uhr, 8/ 4 €, 25.3.–16.7.2023

Eröffnung am 14. September: Fotografiska

Hier eröffnet bald das Fotografiska Berlin: Quartier Am Tacheles. Foto: IMAGO / Jürgen Ritter

Das Tacheles ist als Ort für Subkultur und Kunst eine Berliner Legende und schon lange nur in Geschichtsbüchern und auf unzähligen Fotoblogs lebendig. Und immerhin knüpft der neue Bewohner an die künstlerische Vergangenheit an: In den renovierten historischen Räumen wird in diesem Jahr das Fotomuseum Fotografiska eröffnen. Los geht es am 14. September mit einer Ausstellung der Künstlerin, Autorin und Performerin Juliana Huxtable.

Damit gesellt sich Berlin zu New York und Tallinn, in denen ebenfalls Ableger des schwedischen Museums anzutreffen sind. Sich der Geschichte des Ortes und Berliner Kultur bewusst, achten die Macher:innen darauf, mit lokalen Netzwerken und Akteur:innen zusammenzuarbeiten und keine High-Class-Venue an den gewachsenen Strukturen und Bedürfnissen der Kunstszene vorbei zu errichten. Wir sind gespannt!

  • Fotografiska Berlin Oranienburger Str. 54-64, Mitte

Daniel Boyd: Rainbow Serpent (Version) 

Daniel Boyd „Untitled (MLBATS)“, 2021. Foto: Chunho An, courtesy: der Künstler und Kukje Gallery

Der australische Künstler indigener Herkunft Daniel Boyd, setzt sich kritisch mit der kolonialen Sicht auf seine Heimat auseinander. Der Gropius Bau zeigt mit „Rainbow Serpent (Version)“ die in Europa bis dato umfangreichste Ausstellung seiner Werke. Sie verknüpfen Australiens koloniale Vergangenheit mit dem Schaffen der First Nations, Netzwerken des Widerstandes sowie persönlichen Familiengeschichten. Im Gropius Bau richtet Boyd ein Lichtkonzept ein, dass das natürliche Licht nutzt, um zu verdeutlichen, wie sich Erzählungen kontinuierlich durch Zeit und Raum bewegen. Er gehört zu den führenden Künstlern seines Landes. (Autorin: Sabine Schereck)

  • Gropius Bau Niederkirchnerstr. 7, Kreuzberg, Mo, Mi–Fr 11–19, Sa–So 10–19 Uhr, 7/5 €, 24.3.- 9.7.2023

Gerhard Richter / Tehching Hsieh

Ein Highlight des Kunstjahres 2023: Ein Videostill aus der Performance „One Year Performance 1980 –1981“ Tehching Hsieh. Foto: © 1981 Tehching Hsieh Courtesy the artist, Dia Art Foundation New York

Unterschiedlicher könnten diese beiden Künstler nicht sein und doch eint sie eine gewisse Radikalität und Bedeutung für die jüngere Kunstgeschichte: der deutsche Maler Gerhard Richter und der taiwanesische Performance-Künstler Tehching Hsieh. Beide ehrt die Neue Nationalgalerie gleichzeitig mit Einzelausstellungen. Richter, der die Malerei an Grenzen brachte und sie doch immer wieder auf’s Neue entdeckte, präsentiert den aus vier großformatigen, abstrakten Bildern bestehende Zyklus „Birkenau“ (2014). Es ist eine langfristige Dauerleihgabe der Gerhard Richter Kunststiftung an die Nationalgalerie. Daneben werden knapp 90 weitere Arbeiten des Künstlers aus mehreren Schaffensphasen seit den 1980er-Jahren zu sehen sein.

Tehching Hsieh hat nicht viele Performances gemacht, dafür aber lang, sehr, sehr lang andauernde. Ein Jahr, um genau zu sein. Mit seinen One Year Performances in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren wurde er international bekannt und schuf damit auch für Extrem-Performer:innen wie Marina Abramovic eine Blaupause. Die Film- und FotoInstallation „One Year Performance 1980-1981 (Time Clock Piece)“ zeigt die Performance, in der der Künstler sich ein Jahr lang dabei fotografiert, wie er stündlich eine Stempeluhr bedient. Der damit einhergehende Schlaf- und Bewegungsentzug versetzte ihn in eine Art Delirium, sodass einige Aufnahmen scheiterten.

  • Neue Nationalgalerie Potsdamer Str. 50, Tiergarten, Di–Mi, Fr–So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr, 12/ 6 €, Tehching Hsieh 1.4.–30.7. / Gerhard Richter: 1.4.– bis auf Weiteres

Gallery Weekend

Wenn im Frühling Berliner:innen aus dem Winterblues hinaustreten auf die Straßen und Plätze der Stadt, kommt das Gallery Weekend genau richtig. Traditionell am letzten Aprilwochenende stehen die Türen offen bei führenden und kleineren Galerien. Dieses Jahr sind es um die 50 und sie zeigen Arbeiten von etablierten sowie aufstrebenden Künstler:innen. Darüber hinaus eröffnen zahlreiche Museumsausstellungen und Privatsammlungen neue Ausstellungen zum Gallery Weekend, das somit ein wichtiger Termin im Kunstjahr 2023 ist.

  • Verschiedene Galerien geplant für 28.4.–30.4., Infos

Kunstjahr 2023: 48 Stunden Neukölln

In Neukölln leben viele junge, internationale Künstler:innen. Was die so alles machen, kann man auch beim Kunstfestival 48 Stunden Neukölln erfahren. Foto: Imago/Müller

Berlin hatte mal den Ruf, ein riesiger Spielplatz für Erwachsene zu sein. Halli Galli rund um die Uhr, und Sorgen muss man sich nicht groß machen, denn irgendwie kommt man immer über die Runden. Mit steigende Mieten und schwindenden Freiräumen sieht die Realität heute etwas anders aus, und passender könnte das Motte der diesjährigen Kunstfestivals 48 Stunden Neukölln nicht sein: Mit „Playground“ wollen die Macher:innen kreative Freiräume zwischen Kinderspielen, Machtspielen und der Vielfalt der Spielwelten für eine (spielerische) Auseinandersetzung mit den Herausforderungen in andauernden Krisenzeiten erschaffen. Ende Juni, wenn Berlin am meisten Spaß macht, zeigen Berliner Künstler:innen in Projekträumen, Cafés und Bars ihre Arbeiten, es gibt aber auch Performances, Lesungen und musikalische Events. Die teilnehmenden Künstler:innen werden in den nächsten Monaten bekannt gegeben.

  • Verschiedene Orte in Neukölln 23.6.–26.6., Infos

Edvard Munch – Zauber des Nordens

Edvard Munch, Rot und Weiß, 1899–19, Foto: © MUNCH, Oslo/Halvor Bjørngård

Munchs erste Ausstellung 1892 in Berlin gilt als Beginn der Moderne in der Stadt. Sie war von einem heftigen Skandal umgeben. Seine expressiven Farben und radikal andere Bildsprache spaltete die Kunstwelt. Die Berlinische Galerie blickt mit der Ausstellung „Edvard Munch – Zauber des Nordens“ zurück auf die Zeit, in der Munch zwischen 1892 und 1907 immer mal wieder in der Metropole lebte und arbeite. Seine Werke brachten auch einen Wandel in das Bild, das Berlin vom Norden hatte: Nicht mehr die romantischen oder naturalistischen Naturlandschaften, sondern psychisch aufgeladene Bildwelten. Die Ausstellung zeigt etwa 80 Arbeiten von Munch kombiniert mit Gemälden anderer Künstler:innen, die um 1900 die Vorstellung vom Norden in Berlin geprägt haben, darunter Walter Leistikow und Akseli Gallen-Kallela.

Mehr Munch gibt es ab 18.11. im Museum Barberini in Potsdam mit der Ausstellung „Munch. Lebensland­schaft“. (Autorin: Sabine Schereck)

  • Berlinische Galerie Alte Jakobstraße 124-128, Kreuzberg, Mi-Mo 10-18 Uhr, 10/ 6€, bis 18 J.+1.So/Monat frei, 15.9.2023 – 22.1.2024

Berlin Art Week 2023

„Die Mütter“ ist eine Performance von Isaac Chong Wai, aufgeführt in der Klosterruine während der Berlin Art Week 2022. Foto:Isaac Chong Wai

Das Get Together der Berliner Kunst – vielleicht sogar wieder mit vielen internationalen Gästen, die Kunstmessen und die Höhepunkte der Hauptsaison sehen wollen. Die Berlin Art Week läutet mit einem großen Aufgebot an Ausstellungen und Veranstaltungen den Kunstherbst ein. Es ist eigentlich unmöglich, alles in den vier Tagen zu sehen, aber zum Glück laufen die meisten Ausstellungen über die Art Week hinaus. Außerdem werden auch in diesem Jahr wieder die bemerkenswertesten Projekträume, Off-Spaces und Künstler:inneninitiativen ausgezeichnet. Das Programm wird im Spätsommer veröffentlicht.

  • Diverse Orte geplant für 13.–17.9., Infos

Mehr zum Thema

Was empfehlen wir derzeit besonders? Hier sind die aktuellen Ausstellungen in Berlin, Tipps und letzte Chancen. Gut zu wissen: Am Museumssonntag ist der Eintritt kostenlos, jeden ersten Sonntag im Monat. Immer neue Texte und Tipps findet ihr in unserer Rubrik “Ausstellungen”. Immer gut über das Leben in Berlin informiert: Abonniert jetzt unseren wöchentlichen tipBerlin-Newsletter. Ihr wollt wissen, was in der Gastro-Welt Berlins geschieht? Hier entlang. Unsere Empfehlungen für eure Ohren: Konzerte in Berlin. Tipps und News für Party in Berlin findet ihr in der Club-Rubrik. Nach Feierabend noch was unternehmen? Diese Museen in Berlin sind auch abends länger geöffnet. Noch nichts vor? Was heute los ist, lest ihr bei den Tageshighlights mit den besten Veranstaltungen in Berlin. Was läuft wann? Hier ist das aktuelle Kinoprogramm für Berlin.

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