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Mehr illegaler Tierhandel in Berlin: Egoismus gewinnt gegen Verstand

In Berlin hat der illegale Tierhandel zugenommen. Nicht ganz überraschend. Die Corona-Pandemie war der Grund, dass viele Menschen viel Zeit zu Haus verbringen mussten. Homeoffice. Lockdown. Langeweile. Die Krise zwang die Leute, sich mehr mit sich selbst zu beschäftigen. Machen nur wenige gerne, eine Exit-Strategie musste her: also kauften die Leute Tiere, hauptsächlich Hund und Katze. Woher? Egal. Hauptsache jung. Sehr jung. Der Markt vergrößerte sich und das förderte den illegalen Tierhandel in Berlin. Und er wächst noch immer, auch lange nach den Lockdowns. Was nun?

Schwierig, den illegalen Tierhandel in Berlin zu unterbinden

Nicht nur in Berlin ist illegaler Tierhandel ein Problem. Foto: Imago/lausitznews.de

In Berlin sind (Stand: Mai) rund 126.300 Hunde und 118.000 Halter:innen erfasst. 2019 waren es noch 105.000 und 111.000 Hunde. Eine Lockdown-Nachwirkung. Die Nachfrage wuchs, konnte nicht mehr von Tierheimen, -schutz und Züchter:innen gestillt werden. Also wichen einige Interessenten auf illegalen Tierhandel aus. Und natürlich wuchs der Markt schnell, war ja lukrativ. Viele der Tiere sind beim Verkauf jedoch meist unter acht Wochen alt, dürfen ergo nicht einmal von ihrer Mutter getrennt werden.

Für die Erziehung ist Erfahrung nötig. Wer diese nicht hat, ist schnell gefrustet und schmeißt hin. Halter:innen entledigen sich der Tiere, setzen sie im schlimmsten Fall aus oder haben im besten die Muße, sie ins Tierheim zu bringen. Wie es auch endet, die Tiere tragen meist Folgeschäden davon. Vermittelbar sind sie danach kaum. Das ist die eine Sache. Die andere wäre, dass im illegalen Tierhandel die Welpen meist krank sind. Ahnungslosen Käufer:innen sterben sie weg.

Engagement ist da, doch das reicht nicht

Der Berliner Tierschutzverein beteiligte sich bei einer bundesweiten Kampagne gegen illegalen Handel, die Heime warnen, regelmäßig werden Tiere in Berlin beschlagnahmt. Wie viele Fälle illegal verkaufter Tiere es letztlich gibt, lässt sich nicht genau beziffern. Der Delikt hat dafür keine eigene Kategorie, außerdem führen nicht alle Bezirke dazu Statistiken. Mit Gedanken an die Dunkelziffern scheint das fast nachvollziehbar.

Händler:innen schmuggeln die Tiere in ihren Autos, versteckt im Fußraum, im Kofferraum, eben da, wo sich ein doppelter Boden anbietet. Die Kreativität der Akteur:innen kennt ebenso keine Grenzen wie die Ignoranz der Kaufenden. Für einen Wandel müssten sie diese ablegen, sich klar machen, welche Konsequenzen illegaler Tierhandel mit sich bringt. Machen sie aber nicht oder nur bedingt.

Es liegt an den Käufern

Es ist verrückt, dass Menschen, die sich sonst so tierlieb und -interessiert zeigen (wollen), illegalen Tierhandel mit all seinen Problemen akzeptieren. Dass sie einfach irgendwo Tiere kaufen, ohne die Herkunft zu hinterfragen. Woran das liegt, darüber lässt sich nur spekulieren. Vielleicht eine Art Heldenkomplex. Sie glauben, das Tier zu befreien, es in Sicherheit zu bringen. So selbstlos das auch wirken mag, der Gedanke ist falsch.

Letztlich sorgen diese Menschen für die Nachfrage, die den schrecklichen, qualvollen illegalen Tierhandel befähigen. Es ist egozentrisches Wohlstandsdenken, die sofortige Erfüllung eines Wünsches – hier also die Anschaffung eines Haustieres – als gutes Recht anzusehen und dafür jeden Weg zu gehen. Darunter leiden hier echte Lebewesen. Und das ist traurig und beschämend.


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