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Dokureihe „F*ck Berlin“: Der Körper ist ein Freizeitpark

Für die Dokumentation „F*ck Berlin“, im Auftrag des RBB, begleitete die Regisseurin Marie Villetelle neun Berliner Szenegängerinnen durch ihren sexpositiven Sommer in der Hauptstadt. Vier Folgen umfasst die Reihe, die von Sexpositivität aus weiblicher Perspektive erzählt.

Blick in den Kitkatclub, einer der sexpositiven Orte in Berlin. Die Doku „F*ck Berlin“ blickt mit neun Menschen auf deren Liebesleben.  Foto: Imago/Imagebroker
Blick in den Kitkatclub, einer der sexpositiven Orte in Berlin. Die Doku „F*ck Berlin“ blickt mit neun Menschen auf deren Liebesleben. Foto: Imago/Imagebroker

Doku „F*ck Berlin“: Vorlieben, so unterschiedlich wie die Lebensentwürfe

„People have sex, and there is nothing wrong with that” – sie lassen sich auspeitschen und fesseln, tanzen halbnackt in aufgeheizten Clubs, entdecken ihre tiefsten sexuellen Sehnsüchte und lieben mehrere Menschen gleichzeitig.

Lehrerin Nina führt mit dem Vater ihrer Kinder seit mehr als 20 Jahren eine polyamore Beziehung, die gläubige Christin Maria entdeckt ihre Sexualität nach fünf Jahren Enthaltsamkeit völlig neu, und für Medusa, die mit 16 Jahren Opfer von Zwangsprostitution wurde, war BDSM der Weg zu sexueller Selbstbestimmung. So unterschiedlich wie die Lebensentwürfe der Frauen sind auch ihre Vorlieben, Sexualitäten und Geschlechtsidentitäten. Hetero, Homo, Bi, Trans, Nonbinär, Pan – offene und polyamore Beziehungen. Die Auswahl der Mitwirkenden repräsentiert, wofür die Berliner Sex-Positivity-Szene steht: das Ausleben von Gender, sexueller Lust und Körperlichkeit. Ein Safe Space zur Entfaltung der individuellen Sexualität. Frei von Verurteilung für sich selbst und andere. 

Die eindrucksvolle Offenheit der neun Frauen, ihre intimsten Gelüste, Gefühle und Erlebnisse zu teilen, lässt Zuschauer:innen ihre eigenen Klischeebilder und Ressentiments über die Szene hinterfragen. Die Dokumentation ist reich an gelungenen szenischen Aufnahmen von berüchtigten Orten wie Berlins bekanntestem Sex-Club dem Kit-Kat, exklusiven Swinger-Partys oder Bondage und Spanking Sessions. Auch Menschen, die selbst noch nie einen Fuß in sex-positive Räume gewagt haben, können so immerhin einen Hauch der dort florierenden erotisch-hedonistischen Atmosphäre in sich aufnehmen. 

„F*ck Berlin“ erzählt keine Märchen von glitzernden Paradieswelten

Mit dem Klischee, in der Szene würde es nur um ichsüchtige sexuelle Bedürfnisbefriedigung gehen, wird konsequent gebrochen. In der Umsetzung wird deutlich, welche entscheidende Rolle Respekt, Achtsamkeit und Zusammengehörigkeitsgefühl in der Berliner Clubkultur spielen. Das geschieht, ohne ein Märchen von einer sexpositiven, glitzernden Paradieswelt, frei von Grenzüberschreitungen und Unbehagen, zu erzählen. Denn trotz der dort vorherrschenden „Culture of Consent“ gibt es auch in dieser Szene Sexualisierte Gewalt, Transfeindlichkeit und Rassismus. 

Der feministische Ansatz der Doku kommt auch in der Darstellungsweise des weiblichen Körpers zum Ausdruck. Denn die kinky fetish-wear wird nicht an Körpern präsentiert, die zuvor durch den gesellschaftlichen Schönheitsfilter gejagt wurden. Stattdessen werden vielfältige Körpertypen, Brustformen und natürliche Körperbehaarung gezeigt – stets in ästhetischer Inszenierung.

„F*ck Berlin“ begleitet die Charaktere auf ihrer intimen Reise durch die eigene Sexualität. Ein weiblicher Blick auf das Sexual- und Liebesleben. Marie Villetelle‘s Dokumentation über die Berliner Sex-Positivity Szene trägt dazu bei, weibliche Sexualität und Lust zu enttabuisieren und die Freude an Erotik von ihrem Stigma des frivolen und unschicklichen Vergnügens zu befreien. Eine von Emanzipation strotzende Verbildlichung eines Berliner Sommers, die allen Frauen in Erinnerung ruft: „Unser Körper ist ein Tempel, aber auch ein Freizeitpark.“

  • F*ck Berlin Dokureihe im RBB. Vier Folgen, eine Staffel, Episodenlänge: 30 Minuten. Abrufbar bis 19.4.2025 hier in der ARD-Mediathek

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