Nachhaltigkeit

Tauschpartys und Schenkläden: Zwölf Orte, wo Mode nichts kostet

Individuell und gut gekleidet sein, ohne als Konsum-Opfer zu enden? In Berlin geht das bestens: In den vergangenen Jahren hat sich die Stadt als heimliche Metropole von Klamottentauschpartys etabliert. Dorthin bringen Fashion-Fans ihre aussortierten, intakten und bestenfalls frisch gewaschenen Kleidungsstücke und nehmen mit, was ihnen gefällt – egal, wie arm oder reich sie sind.

Stöbern, finden, tauschen: Mode muss nicht teuer sei – Tauschen ist zudem auch noch nachhaltig. Foto: Kulturlabor Trial&Error e.V.

Nach dem Lockdown im Frühjahr geht es mit der Tauscherei nun allmählich wieder los. Mit Abstand und unter Hygienebedingungen natürlich. Dass diese Events trotzdem kommunikativ bleiben, liegt an der gut gelaunten Atmosphäre: es werden gegenseitig Styling-Tipps gegeben und Komplimente gemacht. Man freut sich einfach, dass anderen die eigenen Sachen gefallen. Und nachhaltig ist das Ganze sowieso: Kleidungsstücke immer wieder neu nutzen ist viel besser als die Fast-Fashion-Industrie noch mehr zum Glühen zu bringen.


Austausch-Café Oase

Die Oase Berlin e.V. fühlt sich Menschen, Migranten und der Menschlichkeit verpflichtet. Neben diversen Beratungs- und Workshop-Programmen betreibt der Verein das Café Oase, das sich jeden Dienstag und Donnerstag in ein Austausch-Café verwandelt. „In gemütlicher und freundlicher Atmosphäre können neue Schätze gefunden und ertauscht werden“, versprechen die Initiator*innen. Neben Kleidungsstücken können auch Bücher, CDs, Spielsachen und andere Alltagsgegenstände mitgebracht oder mitgenommen werden. Auch, wer nichts zum Tauschen mitbringt oder nur Sachen spenden will, ist herzlich willkommen.

Die einen mögen die Farbe nicht mehr, die anderen haben was neues gekauft – so oder so: Auch Schuhe, so sie noch im guten Zustand sind, können getauscht werden. Foto: Imago Images/Panthermedia
  • Austausch-Café Oase Schönfließer Straße 7, Pankow, jeden Di + Do 10–14 Uhr, online

Kleidertausch der KungerKiezIntiative e.V.

„Unsere Kleidertauschpartys finden regelmäßig unregelmäßig statt“ heißt es beim Nachhaltigkeits- und Nachbarschaftsverein Kungerkiezinitiative. Mit viel Engagement und modischem Know-how werden mit den Tauschpartys entweder die eigenen Galerieräume oder andere nachbarschaftliche Flächen bespielt. Freiwillige helfen dabei, dass Kleidung und Schuhe gut sortiert an Ständern etwa für „Blusen“ und „Jacken“ hängen oder auf Tischen z.B. für Kinderkleidung ausliegen. Wann und wo das nächste Tausch-Event stattfindet, erfährt man auf der Website bzw. auf der Facebook-Seite der Initiative.


Kleidertauschparty im Nachbarschaftshaus Urbanstraße

Tauschen wird im Nachbarschaftshaus Urbanstraße groß geschrieben. Immerhin gehört das Haus zu den ersten Initiativen, die in Berlin saisonale Sperrgutmärkte organisiert haben. Doch auch die Klamottentauschpartys hier sind ein echtes Ereignis. In Vor-Corona-Zeiten fanden diese in dem riesigen Saal des Hauses statt, derzeit jedoch an frischer Luft im Hinterhof. Wobei es auch Schlecht-Wetter-Konzepte zur Rückkehr in den Saal gibt. Doch so oder so: Wegen der vielen Kleiderständer und Ablagemöglichkeiten sind die textilen Outfits, Schuhe und die Accessoires übersichtlich und attraktiv nach Röcken, Jacken, Hosen usw. sortiert, die Atmosphäre ist freundlich und entspannt. Um das Tragen eines Mundschutzes wird gebeten.

  • Nachbarschaftshaus Urbanstraße, Urbanstr.21, Kreuzberg (bitte den Seiteneingang zum Wirtschaftshof nutzen), Kleidertauschpartys (nur Frauen- und Männerkleidung. Keine Kinderkleidung) finden unregelmäßig und wenn, dann freitags von 15–18 Uhr statt. Unkostenbeitrag: 1 €.  Termine über: www.nachbarschaftshaus.de

Kleidertausch im Kulturlabor Trial&Error

Nicht nur Kleidung; Im Kulturlabor Trial&Error gibt es auch andere schöne Dinge. Foto: Kulturlabor Trial&Error e.V.

Im und um das Kulturlabor Trial&Error, einem gemeinnützigen Projektraum, spiegelt sich das junge, hippe, internationale, vor allem aber das umweltbewusste Neukölln wieder. Hier gibt es Upcycling- und DIY-Kosmetik-Workshops, außerdem Austausch zu Permakultur. Jeden Dienstag und Donnerstag Nachmittag verwandeln sich die Ladenräume darüber hinaus zur Umsonst-Boutique. Gesucht und gefunden werden hier schön verblichene Jeans, zarte Kleider und Blusen, Blousons für Frauen und für Männer – und eine ganze Ecke voller Kinderkleidung. Da der Laden klein ist, dürfen derzeitig nur wenige Menschen gleichzeitig rein, beim Warten vor der Tür trifft man indessen auf viele Gleichgesinnte, die schöne Sachen abgeben wollen. Und ebensolche suchen..

  • Kulturlabor Trial&Error, Braunschweigerstr 80, Neukölln, jeden Di + Do 16–19 Uhr, Tauschnachmittage, www.trial-error.org

Kleidertausch im Stadtteilzentrum Prenzlauer Berg

Als eine der ersten knüpften die Macher*innen vom Stadtteilzentrum Prenzlauer Berg nach dem Corona-Lockdown wieder an frühere Kleidertauschfreuden an. Damit die – sehr großzügigen – Räume nicht überlaufen sind, wurde ein begrenzte Anzahl an mitzuführenden Karten an die Besucher*innen ausgegeben. Erst wenn Karten von Gästen, die das Event wieder verlassen, zurückgegeben werden, können die nächsten die gut belüfteten Räume und den Hinterhof betreten. Was sich lohnt: Die Abgabe nur von gepflegten Klamotten ist hier Ehrensache. Der überdachte Durchgang zum Hof ist darüber hinaus dauerhaft mit einem Kleiderständer und einem Ablagetisch für Tauschzwecke bestückt.

Wem die eigenen Jeans zu eng oder zu groß geworden sind (oder sie einfach nicht mehr gefallen), der kann bei vielen Tauschmärkten auf ein passenderes Modell hoffen. Foto: Imago Images/Levine-Roberts
  • Stadtteilzentrum Prenzlauer Berg, Fehrbelliner Str. 92, Prenzlauer Berg, normalerweise jeden ersten Sonntag/ Monat 14–16 Uhr, stz-prenzlauerberg.de

Kinder Kleidertausch

In Vor-Corona-Zeiten hatten sich viele Familien – insbesondere solche mit noch eher kleinen Kindern – diesen Termin im Kalender dick angekreuzt: Jeden letzten Samstag im Monat lud die Kirche Heilig Kreuz-Passion in ihr Familienzentrum in der Nostizstraße zum Kinder Kleidertausch ein. Dort hatten engagierte Nachhaltigkeits-Aktivist*innen viele Tische vorbereitet, auf denen Kindersachen nach Größen abgelegt werden konnten: Eltern von Neugeborenen bis hin zu Kitakindern, aber auch Schwangere wurden hier fündig. Die gute Nachricht: nach der Lockdown-Phase soll es bald wieder los gehen. Ob schon im September oder später erfährt man auf der Website des Familienzentrums und auf der Facebook-Seite. Alle paar Monate fanden nach dem Kinder Kleidertausch übrigens auch ein Erwachsenen Kleidertausch statt. Auch das, so hoffen wir, wird irgendwann wieder gestartet.


Marions Clamotten-Wechsel

Die Namensgeberin dieses Kleidertausch-Events arbeitet als Stil- und Farbberaterin, ist ästhetisch entsprechend ambitioniert – und bittet die Gäste ihres Clamotten-Wechsels, nur qualitativ hochwertige Bekleidung und Accessoires mitzubringen. Dafür gibt es immerhin echtes „Tauschgold“, das ist eine eigens kreierte Währung, die für mitgebrachte Sachen von der Veranstalterin „gezahlt“ wird und mit der man umgekehrt wiederum „einkaufen“ kann. Was echt Spaß macht. Und nette Leute trifft man hier obendrein.

Marions Clamotten-Wechsel ist nach der Chefin benannt – sie ist Stil- und Fachberaterin. Foto: Marion Zens
  • Die Partys finden ein bis drei Mal im Jahr im Haus der Nachbarschafft e.V. statt, Straße am Schoelerpark 37, Wilmersdorf. Termine unter: www.komood.de und www.nachbarschafft-ev.de, 15–18 Uhr

Schenkladen Systemfehler

Dem Kapitalismus mit seinem ungebremsten Konsum, der Wegwerfgesellschaft und Umweltzerstörung hat man hier den Kampf angesagt. Intakte Güter des täglichen Lebens werden hier gerettet im Sinne der solidarischen Ökonomie an alle weitergegeben, die gleichermaßen gemeinsinnig und nachhaltig denken, außerdem Produkte haben wollen, die schon etwas erlebt haben. Neben Spielsachen, Küchenartikeln und Büchern gibt es hier jede Menge Kleidung. Unser Autor Leander Milbrecht, der den Schenkladen einmal für uns testete, staunte jedenfalls nicht schlecht, als er hier das gleiche schwarz-weiße Designer-Sweat-Shirt fand, das er just am Leibe trug.

tipAutor Leander Milbrecht entdeckte im Schenkladen den Designer-Sweater, den er selbst gerade trug. Foto: Selfie
  • Schenkladen Systemfehler, Jessnerstr. 41, Friedrichshain-Kreuzberg, Mo 16–19 Uhr, Di 16–19 Uhr, Do 18–21 Uhr, Fr 16–19 Uhr  (wer von weither kommt, sollte sicherheitshalber vorher unter Tel.: 98 32 37 36 anrufen), [email protected]

Swapping Spree – Clothing Swap and giveaway

Die internationale Crowd von „Scavenger Wag“ verstehen sich als „Zero Budget Fashonistas“. Jeden dritten Donnerstag im Monat laden sie in die 800A Bar & Cabaret ein. Es geht dabei natürlich um klasse Outfits, die aus den hierhin mitgebrachten Teilen zusammengestellt werden, genauso aber um den Spaß beim Probieren neuer Styles und beim Kontakt mit gleichgesinnten Mode-Freaks. Wer besonders viele Kleidungsstücke mitbringen möchte, wird gebeten, die Veranstalter*innen vorab zu informieren, damit die Räume nicht aus allen Nähten platzen. Eingeladen sind aber auch Fashion-Fans, die mit leeren Taschen kommen.

  • 800A Bar & Cabaret, Stettiner Straße 19, Wedding, jeden dritten Do/ Monat:16–19 Uhr, Tel.: 47 05 14 76, www.800aberlin.com

Tauschbörse für Kleidung und Schuhe

Dass Kleidertauschpartys nicht allein Sache von jungen Boheme-Kiezen wie Kreuzberg, Neukölln oder Prenzlauer Berg sind, beweist die in Abständen immer mal wieder stattfindende Tauschbörse in der Zehlendorfer Villa Mittelhof, einem Stadtteilzentrum. Was daran liegt, dass man auch im Süden Berlins durchaus nachhaltig denkt und Sachen gerne länger nutzt. Außerdem nennt längst nicht jede*r in diesem Kiez fette Geldbörsen sein eigen und freut sich entsprechend über schöne Kleidung, die nichts kostet. Getauscht wird hier übrigens nur Bekleidung für Erwachsene.

Von schlicht bis aus der Zeit gefallen, von modern bis extravagant: Auf Tauschparty findet sich im Idealfall das neue Traumoutfit – für lau. Foto: Imago Images/eyevisto
  • Villa Mittelhof, Königstraße 42–43, Zehlendorf, Termine unter: www.mittelhof.org, nächster Termin: Di 27.10., 17–19 Uhr

Umsonst-Boutique im Jugendzentrum Pankow (JUP)

Das JUP hat dem Konsumwahn sowie der Verschleiß- und Wegwerfgesellschaft den Kampf angesagt. Und lädt dazu ein, schöne und intakte Kleidungsstücke, die aus dem eigenen Schrank aussortiert wurden, statt in Container zu werfen lieber in die hauseigene Umsonst-Boutique zu bringen. Hier stehen die Sachen dann zur freien Verfügung. Egal, wie viel eine*r im Geldbeutel hat – bedienen darf sich hier jede*r. Immer mal wieder finden hier übrigens auch Veränderungs- oder Reparatur-Workshops statt.

  • Jugendzentrum Pankow, JUP e.V., Florastraße 84, Pankow, Öffnungszeiten üblicherweise Mo–Fr 11–19 Uhr (außer in den Schulferien, dann vorher Öffnungszeiten telefonisch erfragen), www.jup-ev.org

Umsonstladen Weissensee im KuBiZ

„Der Umsonstladen basiert auf dem Prinzip des Schenkens“, heißt es in der Selbstbeschreibung. Gut erhaltene Kleidung für Groß und Klein, Bücher, CDs, DVDs und vieles mehr können hierhin mitgebracht, aber auch kostenlos mitgenommen werden. Und da Schenken nun einmal verbindet. wird der Laden auch als sozialer Raum gedacht, in dem es Treffen und Veranstaltungen gibt. Die Miete finanziert sich übrigens aus Patenschaften: Für ein bis fünf Euro monatlich kann man hier Pat*in werden. Das zahlt sich für alle aus.

  • Umsonstladen Weissensee im KuBiZ, Bernkasteler Straße 78, Weissensee, Öffnungszeiten Mo-Fr zwischen ca. 10/ 11 Uhr und ca. 19 Uhr geöffnet (genaue, wöchentl. leicht veränderliche Zeiten stehen auf der Website), www.kubiz-wallenberg.de

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Aber: Gern mit Verstand einkaufen. Verschwendung ist out. Berliner und machen in zahlreichen spannenden Projekten vor, wie das nachhaltige Leben in der deutschen Hauptstadt funktionieren kann. Es werden immer mehr Nachhaltigkeits-Projekte gestartet.

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