Traditionsläden

Modern Graphics: Comics, Graphic Novels und Superhelden im Regal

Wer möchte, dass kleine spannende Läden wie Modern Graphics  weiterleben, der kauft einfach dort ein. Und bekommt dafür eine sagenhafte Auswahl an Comics und Graphic Novels. Wir haben den Traditionsladen, den es in Berlin mittlerweile an drei Standorten gibt, besucht.

Micha Wießler von Modern Graphics bleibt Optimist. Auch wenn das kein einfaches Jahr war. Foto: Anton Weniger
Micha Wießler von Modern Graphics bleibt Optimist. Auch wenn das kein einfaches Jahr war. Foto: Anton Weniger

Der Laden in der Oranienstraße 22 ist bunt und angenehm chaotisch. In den Regalen und auf den Auslagen stapeln sich Superheldenabenteuer, japanische Mangas, Actionfiguren, Poster, französische Graphic Novels und alles, was die hiesigen Zeichner auf den Markt bringen. Modern Graphics ist seit bald 30 Jahren das Berliner Fachgeschäft für Comics schlechthin.

Neben dem Stammladen in Kreuzberg hat Micha Wießler zwei weitere Filialen eröffnet, eine im Europa Center und die andere in der Kastanienallee in Prenzlauer Berg. Mit 14 Mitarbeitern überschaut er ein mittelständisches Unternehmen, das er durch die Krise manövriert.

Im ersten Lockdown durfte Modern Graphics als Buchhandlung, im Gegensatz zu vielen anderen Geschäften, aufbleiben. „Unser Umsatz ist im Frühjahr trotzdem um etwa 50 Prozent eingebrochen“, sagt Wießler. „Wir haben die Soforthilfe bekommen, den Gürtel etwas enger geschnallt und sind relativ gut durchgekommen. So schlimm wie anderen ging es uns nicht“, betont er. Ob es ohne das Geld vom Staat gegangen wäre, ist er sich aber nicht sicher.

Modern Graphics konnten die krisenbedingten Verluste kompensieren

In den Monaten danach hat sich die Situation etwas verbessert. „Natürlich leben wir auch von Touristen, die haben im Sommer gefehlt. Da gab es Einbußen“. Aber Wießler und sein Team konnten die Verluste kompensieren. Mit mehr Kinderbuchverkauf, Stammkunden, die sich für die Quarantäne mit neuen Titeln eingedeckt haben, und mehr Bücherei-Bestellungen. Die Umsätze bewegten sich um die 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Doch der zweite Lockdown im November macht ihm mehr Sorgen. „Man merkt schon, dass die Lust auf Bücher zurückgeht, dass die Leute insgesamt weniger Lust haben rauszugehen. Alle wollen ja etwas tun, damit sich die Situation verbessert, also halten sie sich zurück.“

Breite Auswahl: Von Klassikern der Comic Literatur bis zu den neueste Graphic Novels. Foto: Modern Graphics
Breite Auswahl: Von Klassikern der Comic Literatur bis zu den neueste Graphic Novels. Foto: Modern Graphics

Wie jeder Kaufmann setzt er im Herbst natürlich auf das Weihnachtsgeschäft. Traditionell ein Umsatzbringer. „Der Dezember wird hoffentlich wieder gut, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das Vorjahresniveau erreichen.“ Wießler denkt an konkrete Maßnahmen, etwa erweiterte Öffnungszeiten, spezielle Zeitfenster für Kunden, Voranmeldungen.

Aufs Onlinegeschäft auszuweichen ist für ihn keine Lösung. „Für uns ist das eher ein Nebenbrot, der Umsatz dort ist etwas gestiegen, aber kein Vergleich zu dem, was weggefallen ist.“ Was sein Laden bietet, kann Online sowieso nicht aufwiegen. Wer ein bestimmtes Buch will, kann es bestellen.

Das ja. Aber reingucken, vergleichen, die Auswahl sehen, auf Ideen kommen, das geht nur direkt. Analog sozusagen. „Unsere Kunden sind oft wirklich verblüfft, wenn sie die Fülle des Angebots sehen, wir haben viele Bücher, die es sonst fast nirgendwo gibt“.

Auch ohne Pandemie macht die Gentrifizierung in Kreuzberg kleinen Läden zu schaffen

Die Comic-Branche hat es sowieso nicht leicht, auch ohne Corona. „Tatsächlich haben wir als Laden, der Comics verkauft, nie aus dem Vollen geschöpft. Prekär will ich es nicht nennen, aber man hat immer zu kämpfen.“ Deshalb ist Wießler vielleicht etwas besser auf die aktuellen Schwierigkeiten vorbereitet und verweist auf andere Probleme in seinem Kiez, die es neben Corona auch gibt.

Die Gentrifizierung vor allem. Für Modern Graphics direkt ist sie weniger bedrohlich, aufgrund von moderaten Mietverträgen. Aber wenn er an das Umfeld denkt, ist er alarmiert.

„Die alten Weggefährten müssen Kreuzberg teilweise verlassen. Was da etwa unseren Nachbarn Kisch & Co. passiert ist, ist ein Unding“, sagt er. Der Buchhandlung ein paar Häuser weiter in der Oranienstraße wurde eine extreme Mietsteigerung unterbreitet, auf die die Betreiber nicht eingegangen sind. Eine Räumungsklage war die Konsequenz, die Sache ist jetzt vor Gericht.

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Wießler bleibt trotzdem optimistisch. So gut er kann. „Für uns hängt jetzt sehr viel davon ab, wie regulär das Weihnachtsgeschäft abläuft“, sagt er und hofft, dass nicht allzu viele Kunden ihre Geschenke bei den großen Online-Anbietern kaufen statt bei Modern Graphics.

  • Modern Graphics, Oranienstr. 22, Kreuzberg, Mo-Sa 11-19:30 Uhr, weitere Filialen: Kastanienallee 79, Prenzlauer Berg, Mo-Sa 11-19:30 Uhr, Europa Center, Taunentzienstr. 9-12, Charlottenburg, Mo-Sa 10-20 Uhr, Online-Shop und Infos hier

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