Fashion

NAKT aus Berlin: Mit Mamas Nähmaschine zum eigenen Modelabel

Wer die Tür zum kleinen Neuköllner Ladengeschäft von NAKT betritt, wird stilgerecht empfangen: Der Bass wummert, zwei junge Frauen stehen an einem Schneidertisch und besprechen Muster. Auf den Kleiderstangen hängen die knappen Outfits, für die das Berliner Label bekannt ist. Rave Wear nennt Moritz Danner das, der Gründer von NAKT – der noch viel vor hat.

NAKT-Studio in Neukölln: Hier wird entworfen, verkauft, tätowiert, und natürlich läuft die passende Musik. Foto: Godec

NAKT-Gründer: Warum nicht einfach selbst machen?

Tatsächlich beginnt die Geschichte von NAKT mit Moritz‘ eigenem Ausgehverhalten: 2013 aus München nach Berlin gezogen, ist er wie so viele Zugewanderte fasziniert vom Berliner Nachtleben und den endlosen Möglichkeiten in der Stadt. Bevor er NAKT gründete, arbeitete er bei einem Kleidungsversand, gleichzeitig verbringt er seine Freizeit gern in Clubs, von Berghain bis Underground. Und stellt fest: Den unausgesprochenen Dresscodes entspricht sein eigener Style damals nicht ganz.

Wer in Berlins Technoclubs geht, vor allem eben ins Berghain, weiß, dass Schwarz vorherrschend ist, fast schon Uniform für Raver:innen. Gleichzeitig sind die Outfits gern knapp, zum Beispiel Harnesses und Unterwäsche. Das Gefühl der in der Clubwelt oft beschworenen Freiheit überträgt sich wenig überraschend auch auf die Mode.

Mode für den Club und den Weg dorthin: Die NAKT-Produkte sind vor allem schwarz. Foto: Godec

Auch Danner will sich anpassen, allerdings: Die guten Teile sind teuer. „Geld für fancy Designer-Outfits hatte ich nicht, dafür aber die Motivation, es selbst zu machen.“ Also geht er in den Baumarkt, kauft ein paar Ketten, besorgt sich dann Stoffe und die Nähmaschine seiner Mutter: „Ich dachte, so schwer kann die Bedienung nicht sein.“ Also legt er los, schneidert, bastelt, ist irgendwann zufrieden. Die Designer:innen bei seiner Arbeit sind ähnlich angetan wie Bekannte und Menschen im Club. „Das hat mich dann natürlich motiviert, offenbar habe ich da einen Nerv getroffen.“ Das war 2017.

Mode soll freizügig, aber nicht pornografisch sein

Danach wollte Danner wissen, ob andere Menschen seine Vorstellung von guten Outfits für die Clubnächte teilen. Es folgen die ersten Bodys für Frauen, auch die finden Anklang. „Die Idee war schon, dass die Menschen zwar leicht bekleidet sind, aber nicht vollständig nackt, einfach, weil es für mich interessanter ist, wenn die Menschen noch etwas verbergen.“ Zudem war seine Absicht, die Kleidung sexy, aber nicht pornografisch zu gestalten. So kam dann auch der Name zustande: NAKT, als Abwandlung von nackt, aber eben nicht ganz.

NAKT-Gründer Moritz Danner: Das eigene Label aus der Not heraus geboren. Foto: Godec

Anfangs werkelte der heute 28-jährige Danner in seinem kleinen Studentenzimmerchen, es gab nicht mal eine Website, nur Austausch unter Bekannten und immer wieder Interesse anderer Raver:innen, die wissen wollen, woher die Outfits kommen. Der Start lief gut, Danner professionalisierte seine Arbeit zunehmend, erster Höhepunkt der jungen Label-Geschichte wurde eine Fashion-Show vor 1000 Gästen in der damaligen Griessmühle, dazu zog sein Team durch die Clubs, stellte die Mode auf ausgewählten Fashion-Märkten vor, Danner organisierte Loft-Partys – „immer mit einer Menge Hilfe von Freund:innen natürlich.“

Aus dem Behelfsarbeitsplatz in der Studentenbutze wurde vor einiger Zeit ein richtiges Büro, seit 2020 hat NAKT das eigne Ladengeschäft, in dem auch ein Tattoostudio untergebracht ist und das gleichermaßen als Design- wie auch Verkaufsraum dient. Mit der Professionalisierung setzten allerdings auch Probleme ein: Wie verkauft man etwas als Underground, was immer populärer wird? Wie reagiert eine fragile Szene darauf, wenn Stil und Habitus kommerzialisiert werden?

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Im Baumarkt und mit Mamas Nähmaschine begann die Geschichte von NAKT. Foto: Godec

NAKT: Wie verbindet man Untergrund mit Erfolgsgeschichten?

Danner ist sich der Problematik bewusst, auch wenn der Ausverkauf der Berliner Szene sicher nicht seine Schuld ist. Was heißt schon „Underground“ in einer digitalisierten Welt voller Selbstdarsteller:innen? Und, da ist er dann auch Geschäftsmann, es geht schon auch um die Marke als Erfolgsgeschichte.

„Wir müssen sehen, wohin wir wollen, und wir wollen auch wachsen. Wir haben schon europäische Geschäftspartner, wir schauen Richtung USA und wollen unser Musiklabel stärken, gleichzeitig aber eben auch genau das machen, was wir selbst gut finden – wir haben ja nie was anderes gemacht. Wir würden hier nichts verkaufen, was wir nicht anziehen, nicht selbst gut finden würden, das hat sich mit den Jahren auch nicht geändert.“ Und nebenbei werden auch weiterhin NAKT-Raves organisiert, zuletzt im Club Ost, weitere sind geplant, auch, aber nicht nur in Berlin.

Techno allumfassend abbilden – mit Mode, Partys, Musik und mehr

Entsprechend optimistisch schaut Danner in die Zukunft, zumal die schlimmsten Pandemiezeiten auch erst einmal besiegt scheinen: „Klar, wenn nur noch wenige Partys stattfinden, haben die Leute auch weniger Bedarf an Partykleidung. Aber wir hatten immerhin einen Erfolg mit unseren NAKT-Stoffmasken.“ Natürlich mit einer kleinen Kette dran, passend zum Stil des Labels. Und mal wieder aus der Not geboren.

Und endlich lässt sich auch der andere Zukunftsplan voll angehen: Die Welt des Techno allumfassend abzubilden, eben nicht nur die Mode, sondern auch die Kultur und Lebenswelt – nicht nur mit dem Tattoostudio und den Partys, sondern eben mit einem eigenen Musiklabel und weiteren Projekten. „Der Wille ist, alle Bereiche von Techno abzubilden – auch, weil die Welt so spannend und vielseitig ist.“


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