Nach dem Aufstieg in die Bundesliga: Anhänger des 1.FC Union Berlin zu sein, ist schicker als je zuvor. Denn in Köpenick wird die Fußball-Fankultur immer noch sehr viel erfolgreicher gegen die Kommerzialisierung verteidigt als an allen anderen Profifußball-Standorten
Es regnet, die Kinder frieren. Die Gummistiefel, mit denen sie in den Pfützen vor dem Haupteingang zum Stadion an der Alten Försterei stehen, sind pink und grün und rot, vor allem rot natürlich. „Und wie heißt der Trainer von Union?“, fragt Chris Lopatta in die Runde. 40 Kinderaugen werden aufgerissen, 20 Kindergartenkinder antworten im nicht ganz synchronen Chor: „Urs Fischer!“
Damit beweist die Besatzung der Kita aus der Köpenicker Altstadt, die an diesem regnerischen Tag eine Stadiontour bekommt, größere Fußballkenntnis als manch anderer deutscher Fan. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte am Morgen einen Artikel mit der ironischen Zeile „Urs wer?“ überschrieben. Der Star-Fußballschreiber der Zeitung aus der heimlichen Hauptstadt war zu einer Exkursion in den Osten der echten Hauptstadt aufgebrochen. Dort hatte er eine Atmosphäre vorgefunden, die ihn in einen poetischen Taumel stürzte: „Bier und Bratwurst vermengen sich hier zu einem Duft, der nach früher riecht. Nach Ewigkeit.“
Anhänger des 1.FC Union Berlin zu sein, das ist plötzlich ziemlich schick. Seit Union um den Aufstieg in die Bundesliga spielt, ist ein regelrechter Hype um den Klub aus Köpenick ausgebrochen. Die große Euphorie.
Dieser Urs Fischer ist jetzt knapp ein Jahr Cheftrainer des Fußball-Zweitligisten 1. FC Union Berlin, gebürtiger Schweizer, er war zuvor in Zürich, Thun und Basel tätig. Aber wenn Vierjährige deinen Namen nahezu unfallfrei skandieren können, dann bist du ein Unioner.
Sehr viel länger Unioner ist Chris Lopatta. Der 55-Jährige geht seit 1977 in die Alte Försterei, seit 1997 ist er Vereinsmitglied, seinen Sohn hat er am Tag von dessen Geburt angemeldet. Sein Geld verdient er als Schauspieler, lange Jahre war er im Ensemble des Theater der Jungen Welt in Leipzig, er spielt in zwei Theaterstücken über Union mit.
Aber seine größte Rolle war wohl sein Auftritt in der Filmdokumentation „Union fürs Leben“. Er besitzt eine Dauerkarte auf Lebenszeit und Aktien am Stadion, er ist Präsident des Fanclubs „Die Schärfsten“ und ein paar Mal im Monat führt er Besuchergruppen durchs Stadion. Gestern war es eine erste Klasse, heute die Kita-Gruppe aus der Altstadt, die im Vorfeld des Besuchs Stirnbänder in den Klubfarben Rot und Weiß mit dem Schriftzug „1. FC Union“ gebastelt und das Vereinslied geübt hatte: „Immer weiter ganz nach vorn! Immer weiter mit Eisern Union!“
Weil es immer weiter regnet, flüchten Lopatta und die Kindergartengruppe unter das Dach der Waldseite. Die Tribüne, die an die Wuhlheide grenzt, ist das Herzstück des Stadion, hier stehen die Ultras, die jüngsten, fanatischsten, lautesten Anhänger, hier werden die legendären Gesänge begonnen. Es ist eine von drei Stehplatztribünen, nur auf der Haupttribüne kann man sitzen – einmalig im deutschen Profifußball. Lopatta versucht es den Kindern zu erklären: „Wer steht, der kann rufen, singen, tanzen. Und wer sitzt, der ist total lahm.“ Die Kinder, jedenfalls die, die nicht gerade an den Wellenbrechern turnen, nicken, als wüssten sie nun, wo sie selber mal stehen wollen, wenn sie endlich alt genug sind.
Das Stadion muss größer werden
Es geht weiter in den Knick zwischen Waldseite und Gegengerade. Lopatta sperrt das schwere Gittertor auf, das den Zugang zu einem 30, vielleicht 40 Meter langen Tunnel versperrt. Die Wände sind gemauert aus Klinkersteinen, auf denen sich Fans mit Namen, Liebesbekundungen und kurzen Botschaften verewigen konnten. „Für immer Union“ steht da auf rostrotem Grund, „Für Acki, bester Papa der Welt“ oder „Allet wird jut“. Die Kinder rennen den sogenannten „Tunnel of Fame“ entlang, testen das Echo. 149 (schwarze Schrift) oder 169 Euro (goldene Schrift) kostet so ein sogenannter „Stadiongründerstein“ heute. Die Aktion läuft seit 2005, mit ihr wurde und wird Geld gesammelt für immer neue Ausbaustufen des Stadions.
Die werden nötig, weil Union immer beliebter wird. 2008, Union war noch drittklassig, kamen an normalen Tagen 7.000 in die Alte Försterei, 2018 lag der Zuschauerschnitt schon bei über 21.000. Aber die Alte Försterei fasst nur 22.012 Zuschauer, weniger sogar als der Verein Mitglieder hat. Zum letzten Ausbau 2008 bis 2009 trugen die Fans nicht nur Geld bei, sondern packten selbst mit an: Nahezu 140.000 unbezahlte Arbeitsstunden wurden geleistet, deutschlandweite Schlagzeilen gemacht. Heute kündet neben dem Stadion ein riesiger roter Bauarbeiterhelm auf ein paar Stahlträgern von der Loyalität und Hingabe der 2.000 freiwilligen Helfer, die auf dem Denkmal alle aufgelistet sind.
Längst ist die Arena schon wieder zu klein, die nächste Vergrößerung ist geplant. Drei der vier Tribünen sollen einen Oberrang bekommen. 2020 will man fertig sein, 38 Millionen Euro soll der Spaß kosten, knapp 37.000 Menschen werden dann in die Alte Försterei passen. Ein Bundesliga-Stadion. Aber mit Union-Atmosphäre. Daran soll sich nichts ändern, versprechen die Verantwortlichen. Daran darf sich nichts ändern, sagen die Fans.
Diese Fans sind es, die Union ausmachen. Andere Vereine definieren sich über ihre Erfolge, eine ruhmreiche Vergangenheit. Union hat nie etwas Großes gewonnen, nur einmal den FDGB-Pokal, 1968. Es gibt Vereine, die auf ewig verbunden werden mit legendären Trainern, berüchtigten Präsidenten oder berühmten Spielern. In der Alten Försterei wird jeder Union-Spieler, aktuell oder ehemalig, mit dem Ruf „Fußballgott“ aus Tausenden Kehlen begrüßt.
Diese Ironie ist Teil einer in Deutschland, ja mittlerweile selbst in Europa einmaligen Fan-Kultur, die längst regelmäßig Schaulustige aus Skandinavien, England oder den Niederlanden anlockt. Anderswo hat der Profifußball seine Anhänger zu Kunden degradiert, in Köpenick verstehen sich Fans und Verein noch als Einheit, als große Familie, die sich hilft, wenn es dem einen dreckig geht. Als der Verein 2004 zu klamm war, um eine Lizenz für die Regionalliga zu bekommen, spendeten die Fans Blut.
Fanregel: Bis zum Schlusspfiff bleiben!
Wenn ein Union-Mitglied stirbt, dann wird das beim nächsten Heimspiel durchgesagt – dafür bleibt die Halbzeitpause frei von Sponsoren-Botschaften. An der alten Anzeigentafel wird der Spielstand noch per Hand aktualisiert wie bei einem Dorfverein, auf die in anderen Stadien übliche Dauerbespaßung und billige Stimmungsmusik wird ausdrücklich verzichtet. Stattdessen haben sich die Fans selbst Regeln gegeben. Die sogenannten Boone’schen Gesetze, benannt nach einem Fan, verfügen unter anderem, dass die eigene Mannschaft nicht ausgepfiffen werden und man nicht vor dem Schlusspfiff das Stadion verlassen darf. Das Magazin „Stern“ entdeckte schon vor zwei Jahren in Köpenick die „letzten Romantiker des deutschen Fußballs“.
Diese in Romantik verbundene Familie kommt einmal im Jahr zusammen zum Drachenboot-Rennen und seit 2003 beim Weihnachtssingen in einer proppenvollen Alten Försterei. Eine Idee, die mittlerweile von anderen Klubs kopiert wird, und in der das Stadion endgültig zu einer „Stätte des sportlichen Wettkampfs und der Geselligkeit“ wird, wie es in dem Imagefilm heißt, den Lopatta bei den Führungen zeigt.
„Ich sage immer“, sagt Lopatta, „ich interessiere mich nicht für Fußball, ich bin Unioner. Wir genügen uns selbst.“
Diesen Satz hört man, leicht abgewandelt, von jedem, der sich dem 1. FC Union verschrieben hat. Bei Torsten Schlüter klingt er so: „Wir gehen ja nicht in erster Linie zum Fußball, wir gehen zu Union.“ Er ist seit Anfang der 90er regelmäßig in der Alten Försterei, aber sein Erweckungserlebnis hatte er bereits 1974. Damals war er 15 Jahre alt, sein Vater spielte Fußball bei Motor Hennigsdorf und Union fertigte den Provinzklub in einem Pokal-Spiel mit 4:0 ab. „Da kamen 500 Unioner nach Hennigsdorf“, erinnert er sich, „da habe ich das erste Mal gesehen, was Union bedeutet.“
Heute ist Schlüter 59 Jahre alt und erfolgreicher Künstler. Er war bei „Bluten für Union“ dabei und hat schon verschiedene Bilder gemalt, die Union zum Thema haben und sehr rot sind. Sie heißen „Alte Försterei – Fahnenmeer“, „Waldseite“ oder „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“.
Subversion als Gründungsmythos
Wenn Schlüter in seinem Atelier über den Dächern im früheren Niemandsland zwischen Mitte und Kreuzberg, den olivgrünen Bundeswehr-Overall bunt von Farbspritzern, von Union spricht, dann sagt er immer „Wir“ und seine Augen leuchten. Er erzählt von den alten Ostzeiten, wo das Stadion auch immer voll gewesen sei, vor allem mit Arbeitern, „und dazwischen Hippies, Punks, Künstler, Oppositionelle“. Dass es damals hieß: „Nicht jeder Staatsfeind ist ein Unioner, aber jeder Unioner ist ein Staatsfeind.“ Dass bei Freistößen „Die Mauer muss weg!“ skandiert wurde. Und dass das „der Stasi gar nicht gefiel“.
Das, was Schlüter „eine subversive Subkultur, die mich an die Kunstszene erinnerte“, nennt, gehört heute fest zum Gründungsmythos von Union, auch wenn sich diese Haltung gewandelt, den neuen Zeiten angepasst hat. „Die Fankultur mag heute nicht mehr so subversiv sein, aber sie ist immer noch witzig, weil wir ironisch mit den eigenen Schwächen umgehen können“, sagt Schlüter, „manchmal kommt es mir vor, als hätte man auf den Rängen Tucholsky gelesen.“ Diese Ironie, die sich äußert in dem mittlerweile fast zum geflügelten Wort gewordenen Satz „Dit is nich mehr mein Union“, mit dem leicht grummelnd ein allzu souveräner Sieg kommentiert wird, hat sich fest eingebrannt in die Union-DNA.
Der Humor, gern berlinerisch derbe, der ironische Umgang mit den Misserfolgen, das alles ist ebenso Teil des Selbstverständnisses wie die liebevoll gepflegte Feindschaft zum DDR-Serienmeister und Stasi-Klub BFC Dynamo. Union, so die Erzählung, war in der DDR der Verein der Außenseiter und Underdogs – und ist es bis heute geblieben. Doch nach zehn stabilen Jahren in der zweiten Liga weiß auch der Maler, der für seinen Verein brennt wie für die Kunst: „Wir sind kein Außenseiterklub mehr, wir sind eine Marke.“
Tatsächlich hat Union diesen Mythos erstaunlich gut in den modernen Profifußball transportieren können – ähnlich wie der FC St. Pauli, mit dem Union gern verglichen wird. Aber wo der Hamburger Stadteilklub sich ausdrücklich als linker Verein versteht, legen die Union-Fans großen Wert darauf, dass Politik in der Alten Försterei nichts zu suchen habe. „Im Stadion sind sicherlich auch heute alle politischen Richtungen vertreten“, glaubt Schlüter, „aber wenn in den 90er-Jahren mal ein ein rassistischer Spruch kam, dann konnte man sicher sein, dass der Typ genug Blicke bekam und es das nächste Mal sein ließ.“ Heute, behauptet der Maler, käme das gar nicht mehr vor.
Denn die Familie regelt so etwas selbst, und am besten intern. So war es auch, als im Sommer 2011 bekannt wurde, dass Vereinspräsident Dirk Zingler seinen Wehrdienst beim für Linientreue reservierten Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ geleistet hatte. „Union-Boss Zingler war Stasi-Soldat“, titelte die Boulevardpresse und erinnerte daran, dass der Vereinschef erst zwei Jahre zuvor einem Hauptsponsor gekündigt hatte, weil dessen Aufsichtsratsvorsitzender als ehemaliger Offizier der Staatssicherheit enttarnt worden war. „Union und Stasi, das geht nicht“, sagte Zingler damals – und bestritt später selbst jede Stasi-Verwicklung.
Public Viewing auf dem Parkplatz
Der Verein und seine Anhänger haben Zingler schnell verziehen. Schließlich ist er ein Kind des Klubs, er ist in der Fankurve groß geworden. Als Präsident seit 2004 hat er Union nach Turbulenzen und Beinahepleiten konsolidiert. Union ist längst kein seltsamer Regionalklub mit ausgeprägter Ostidentität mehr, sondern ein moderner Unterhaltungskonzern, der die ganze Familie anspricht und das weit über die Berliner Stadtgrenzen hinaus. Ein Klub, der dauerhaft, so die von Zingler ausgegebene Vereinsdoktrin, zu den 25 besten in Deutschland gehören will. Ein Verein, der auch mal in der Bundesliga spielen will – und kann.
Das hat man auch im Rest der Republik längst registriert. Union, die Marke, von der Schlüter spricht, ist nicht mehr der Kontrapunkt im deutschen Profifußball, sondern eine Bereicherung, eine willkommene Facette der Marke Bundesliga. Oder, wie es Schlüter ausdrückt: „Die warten da oben doch auf uns. Die Bundesliga braucht Union viel mehr, als Union die Bundesliga braucht.“
Ein Sentiment, das man stets hört, wenn man mit Fans spricht: Ja, Bundesliga wär mal schön, aber zweite Liga ist doch prima. Es ist fast ein wenig so, wie viele DDR-Bürger vor dem Mauerfall über den Westen dachten: Ich würde ja gern mal nach drüben, am Ku’damm in die Schaufenster gucken, aber dann auch wieder zurück.
Brauchen tut der Unioner die erste Liga also nicht, aber wehren würde er sich auch nicht mehr. Die Transparente mit dem Schriftzug „Scheiße, wir steigen auf“ sind weniger geworden in den vergangenen Jahren.
Und als am letzten Zweitliga-Spieltag der direkte Aufstieg in Bochum verspielt wird, ist die Enttäuschung greifbar beim Public Viewing auf dem Parkplatz vor der Alten Försterei.
Tausende sind gekommen, so voll wird der Parkplatz, dass doch das Stadion geöffnet werden muss und die Waldseite sich füllt. Mit dabei ist auch Werner Kranz. Seit 2006 sitzt der ehemalige Berufsmusiker nach einem Schlaganfall im Rollstuhl, seit 2015 kommt er mit seiner Frau Angelika regelmäßig zu den Heimspielen. Dann sitzen die beiden direkt neben dem Spielfeld, wo die Sicht aufs Spiel vielleicht nicht die allerbeste ist, aber dafür die Stimmung.
Kranz ist in Dresden aufgewachsen, als Jugendlicher war er bei Dynamo im Stadion, noch immer fühlt er sich seiner Heimatstadt und dem dortigen Verein verbunden. „Aber wenn ich mich entscheiden müsste, dann für Union“, sagt der 73-Jährige, und man kann noch immer leicht den sächsischen Tonfall hören. „Der Klub ist einmalig, das ist eine Familie, wir fühlen uns wie zuhause.“ Seine Frau nickt zustimmend: „Ich fand Union schon zu DDR-Zeiten gut, weil es der einzige zivile Klub war.“
Da ist er wieder, der Mythos vom Außenseiterklub. Und tatsächlich spielt Union in Bochum nicht gut, der Gegner geht früh in Führung. Trotzdem bleibt auch nach dem 0:2 kurz nach der Pause die Stimmung entspannt, in der Resignation fühlt sich der Unioner wohl, blinzelt in die Sonne und schickt ein trotziges „Eisern Union!“ in Richtung Großbildleinwand. Auch Werner Kranz ist eher pessimistisch, was die Sache mit der ersten Liga angeht: „Ich bin da Realist, ich glaube, da fehlt noch ein bisschen was.“
Doch dann kommt der Regen, kommt der Anschluss, dann der Ausgleich, und in den letzten Minuten ist sie dann weg, die Ironie, ersetzt von ungetrübter Vorfreude. Und finaler Verzweiflung, als in der 95. und allerletzten Minute die große Siegchance vergeben wird.
In der S-Bahn können einige dann schon wieder lachen. Es hilft, dass eine Flasche Bier zur Hand ist. „Man kann es sich eben nicht aussuchen.“ Schluck Bier. „Ne, kann ma nich.“ Schluck Bier. „Ach, Scheiße.“ Ganz tiefer Schluck Bier. „Union ist einfach zu doof.“
Stefanie Fiebrig war nicht auf dem Parkplatz der Alten Försterei. Sie war auch nicht in Bochum beim Spiel, da hat sie Mann und Sohn hingeschickt. Sie hat sich das Spiel allein zuhause vor dem Fernseher angesehen: „Bei den richtig wichtigen Spielen kann ich nicht zum Public Viewing, da bin ich lieber allein, da will ich mich anderen nicht zumuten.“
Fiebrig ist 44 Jahre alt, studierte Kommunikationsdesignerin, seit 2001 Fan, seit 2005 regelmäßig im Stadion und bei Auswärtsspielen, sie ist verewigt auf dem Denkmal für die Stadionerbauer und „investiert wahnsinnig viel Zeit“ in „Textilvergehen“.
Textilvergehen ist Blog und Podcast, der von Fiebrig und anderen Union-Fanatikern betrieben wird. Hier werden die kommenden und die vergangenen Spiele aufgearbeitet, wird von der Vergangenheit des Klubs erzählt und über die Zukunft spekuliert, es wird viel analysiert und noch mehr mitgelitten. Wenn man wissen will, wie es um Union steht, dann findet man Antworten auf Textilvergehen.
Zuletzt ging es auch auf Textilvergehen immer wieder um das, was die Mehrheit der Fans umtreibt. „Ob erste oder zweite Liga“, sagt Fiebrig, die immer schnell spricht, aber wenn es um Union geht noch schneller, „es wird Veränderungen geben, weil selbst Union nicht im luftleeren Raum agiert.“ Die Kommerzialisierung werde weiter voranschreiten, egal in welcher Profi-Spielklasse: „Die Frage wird sein, wie der Verein mit den Chancen und Risiken umgeht. Aber ich traue dem Verein zu, die Chancen zu nutzen – und wie bisher trotzdem die guten Dinge zu erhalten.“
Mit den guten Dingen meint Fiebrig das, was alle Union-Fans an ihrem Verein vor allem lieben, aber auch außerhalb von Berlin geschätzt wird, nämlich „die besondere, eine andere, eine extrem lebendige Vereinskultur“. Eine Kultur, die nicht in erster Linie Mythos ist. Eine Kultur, mit der man, das geben auch die härtesten Anhänger zu, zwar gut Geschäfte machen kann, die aber von Union nicht dem Geschäft geopfert wird. Vor allem aber: eine Kultur, die Menschen verbindet, so unterschiedlich sie auch sein mögen.
Nachdem er den Kindergartenkindern, den zukünftigen Union-Fans das Stadion gezeigt hatte, erzählt Chris Lopatta noch eine Geschichte. Vor ein paar Monaten kam er mit zwei Fußballfans ins Gespräch, die aus Liverpool angereist waren, um die Geschichten zu überprüfen, die von der Alten Försterei auch in England erzählt werden. „Sorry, it’s not the Anfield Road“, entschuldigte sich Lopatta mit Hinweis auf das weltberühmte Stadion des FC Liverpool. „No“, antwortete einer der beiden Engländer: „It’s better.“