Das größte Problem für Surfer in Berlin ist, dass die Stadt nicht am Meer liegt. Landlocked ist die Szenebezeichnung für Menschen, die sich gern aufs Brett stellen, aber keinen Zugang zu Brandung haben. In und um Berlin gibt es inzwischen aber einige Unternehmen, die Wellen erschaffen, nur damit Surfer auf ihnen wellenreiten können. Und es werden immer mehr.
Wellenwerk

Ganz schön laut: Die Wellenmaschine röhrt so monströs, dass die ganze Halle bebt. Wenn man dann mal auf der Welle steht, ist sie allerdings gar nicht mehr so bedrohlich. Sie ist in der kleinsten Einstellung einen Meter hoch, wer höher hinaus surfen will, geht zu einer Profisession, da misst sie 60 Zentimeter mehr. Die Lernkurve beim Wellenreiten ist steil.
Wellenwerk-Sprecher Julius Niehus sagt: “wir bekommen eigentlich jeden und jede in der ersten Stunden aufs Brett und zum Stehen, unabhängig davon wie unsportlich oder alt die Person ist. Einzig Kids unter 30 Kilogramm sind zu leicht und das Surfbrett surft sie und nicht andersrum.” Also: großer Spaß für alle über 30 Kilogramm. Wenn man vom Brett fällt, ist der Spülgang im Vergleich zum Surfen im Meer auch deutlich überschaubarer. Angst ist unangebracht. Die Welle wird mit Ökostrom aus Wasserkraft betrieben.
Größe der Welle: 9 Meter breit, bis zu 1,60 Meter hoch
Typ: stehende Welle
- Wellenwerk Landsberger Allee 270, Lichtenberg, Di-So 8-22 Uhr, ab 51,90 € pro Stunde (inkl. Neoprenanzug, Surfboard und Lehrer). Die Welle wird mit maximal 12 Surfern geteilt, wellenwerk-berlin.de
2Wave
Das Boot, das Frank Sorge, der Macher von 2Wave sich extra dafür hat bauen lassen, produziert zwei Wellen, auf denen man Wellenreiten kann, wenn es im richtigen Tempo fährt. Daher auch der Name: 2Wave. Eine Welle entsteht backbord, eine steuerbord hinter dem Boot, das dafür auf einer ausgewiesenen Wassersportstrecke auf der Havel hin- und hercruist. Die Wellen sind besonders geeignet für Longboarder und Anfänger. Für scharfe Turns sind sie zu klein. Aber einfach mal wieder von einer Welle angeschoben zu werden, ist ja auch schon was. 300 Meter weit kann man auf diesen Wellen surfen, dann wendet das Boot und es geht wieder zurück.
Außerdem gibt es hier Foilsurfkurse. Beim Foilsurfen schwebt man mit seinem Brett über das Wasser hinweg, statt darauf herumzufahren. Eine Art Modellflugzeug an einem Mast unter dem Brett sorgt für den nötigen Auftrieb. Frank Sorge ist ein großer Fan davon: “Die meisten Surfer haben das gar nicht auf dem Schirm, dass das dem Surfen ganz ähnlich ist, man aber keine Wellen dafür braucht.”
Größe der Welle: Je nach Board bis zu 5 Meter nutzbare Breite, 60-70 Zentimeter hoch
Typ: laufende Welle
- 2Wave Bootshaus Pritzerbe, Havelstrasse 24, 14798 Havelsee, 30.4.-2.10., ab 80 € für 3 Stunden (inkl. Surfboard und Lehrer). Die Wellen werden mit maximal 8 Surfern geteilt, 2wave.de
Magix

So einen Ritt haben die wenigsten Surfer zuvor erlebt: Bis zu einem Kilometer und drei Minuten lang kann man hinter dem Boot von Magix auf der Welle surfen. Betreiber Paul Ganse sagt: “Selbst guten Surfern brennen danach die Beine.”
Die Welle, die das Boot in einer Bucht des Templiner Sees produziert, ist etwas größer als die, die hinter dem 2Wave-Boot entsteht, aber nur auf einer Seite surfbar. Das Boot fährt einen Flügel aus, der das Heck zur Seite drückt, wodurch die Welle auf der anderen Seite besonders sauber wird. Um mehr Verdrängung zu schaffen, pumpen die Macher vorab 3.000 Liter Wasser ins Boot. Die Bucht ist windgeschützt, so dass es ständig optimale Fahrbedingungen auf einer glatten Wasseroberfläche gibt. Laut Ganse fühlt man die Kraft der Freiheit hinter seinem Boot fast so sehr wie im Meer. “Man hat richtig das Gefühl, mit der Natur zu interagieren”, sagt er.
Magix bietet auch Wakeboarding, also Surfen, bei dem man durch ein Seil gezogen wird, an. Entweder auf einer extra dafür installierten Anlage oder ebenfalls hinter einem Boot her. Mit Wasserskiern oder einem riesigen aufblasbaren Reifen fahren, ist auch möglich.
Der Treffpunkt ist ein altes Schubverbandboot, an dem die Boote liegen, hinter denen man durchs Wasser gleiten kann. Dort gibt es auch eine Bar und einen Grill.
Größe der Welle: Bis zu 6 Meter breit bei 0,5 Meter Höhe. Die Welle kann auch bis zu 1,5 Meter hoch werden, dann ist sie allerdings deutlich schmaler
Typ: laufende Welle
- Magix Bushaltestelle Kieskutenberg, 14473 Potsdam, 1. Mai bis Ende September, 50 € für 15 Minuten (inkl. Neoprenanzug, Surfboard und Lehrer), während derer man die Welle für sich allein hat, magix-wakeboarding.de
E-Surfer

Sieht aus wie ein Science-Fiction-Brettsport, ist aber bereits Realität: Mit einem E-Foil kann jede/r der/die unter 120 Kilo wiegt und einigermaßen sportlich ist, per Elektroantrieb über die Wasseroberfläche fliegen. Ein E-Foil ist ein Surfbrett mit einem Mast drunter, an dessen anderem Ende eine Art Modellflugzeug sitzt, das mittels Elektromotor durch das Wasser gleitet und das Brett am Mast über die Oberfläche hebt. Der Sport ist noch ganz jung, erst seit 2018 werden die Bretter in Deutschland verkauft. Rund 15.000 Euro kostet eins im Berliner Laden E-Surfer. Die Batterie hält locker anderthalb Stunden, ebenso schnell ist sie wieder aufgeladen.
Drei e-Foil-Bretter stehen zur Auswahl, Kursteilnehmer bekommen dazu noch einen Helm, mit dem sie über Funk mit Andreas Lakeberg, dem Eigentümer des Geschäfts, in Verbindung stehen. Lakeberg steht am Rand und gibt von da aus Tipps. Mehrere hundert Trainingsstunden hat er hier, auf der Spree vor dem Funkhaus in der Nalepastraße, schon gegeben. “Ich habe bisher alle zum Stehen und zum Fliegen gebracht”, sagt Lakeberg. Er selbst hat mit 11 Jahren das Windsurfen begonnen, war später engagierter Wakeboarder und suchte einen Brettsport, den er vor der Haustür betreiben konnte, und der etwas aufregender ist als Stand-up-Paddlen. So stieg er als einer der ersten in Deutschland in die E-Foil-Szene ein. Es gibt in seinem Laden auch normale Surfbretter mit Elektroantrieb. Doch die dürfen in Berlin außerhalb von ausgewiesenen Wassersport-Strecken nur mit Schrittgeschwindigkeit geradeaus tuckern. Mit dem E-Foil hingegen kann man legal wild über die Spree kurven.
In der Probestunde fährt man erst im Liegen, dann auf Knien, dann darf man aufstehen. Wer sein Gewicht über den hinteren Fuß bringt, steigt mit dem Brett aus dem Wasser und fliegt, so nennt sich der Vorgang in der Szene. Und ein bisschen fühlt er sich tatsächlich so an, wie eine Mischung aus Fliegen und Surfen. Bis zu 50km/h macht das Gefährt. Und die Lernkurve ist steil, es ist durchaus möglich, während der ersten Traningssession schon Kurven fliegend zu bewältigen, also ohne das Brett auf dem Wasser abzusetzen.
Größe der Welle: keine Welle nötig
- E-Surfer Funkhaus Berlin, Nalepastraße 18, Oberschöneweide, Termine auf Anfrage, 2,5 Stunden Kurs mit ca. 90 Minuten reiner Brettzeit für 300 € (inklusive Brett, Neoprenanzug und Lehrer). Die Kurse sind jeweils nur für eine Person, e-surfer.com
Tropical Islands

Auch im Tropical Islands gibt es eine künstliche Welle. Die ist deutlich kleiner dimensioniert als die im Wellenwerk und besteht nur aus einer schmalen Schicht Wasser. Der Einsatz von Finnen ist also keine Option. Deshalb kann man auf dieser Welle auch nicht surfen, sondern nur Boogieboarden, also liegend auf einem Brett ohne Finnen fahren. Aber alles ist besser, als gar keine Welle! Für Anfänger und Fortgeschrittene sind verschiedene Durchflussgeschwindigkeiten einstellbar.
Größe der Welle: etwa 9 Meter breit und 2 Meter hoch
Typ: stehende Welle
- Tropical Islands Tropical-Islands-Allee 1, 15910 Krausnick, April bis Oktober, 10-22 Uhr, 30 Minuten für 15 € (inklusive Brett, Neoprenanzug und Lehrer), zzgl. Eintritt Tropical Islands. Die Welle wird mit maximal 12 Boogieboardern geteilt, tropical-islands.de
Paddle Battle am Plötzensee

Der vielleicht wichtigste Skill eines Surfers kommt bei all den Surf-Projekten in Berlin und Umland zu kurz: Das Paddeln. Das trainieren inzwischen einige auf den Seen und Flüssen der Umgebung und einmal im Jahr treffen sie sich, um sich darin zu messen. 2023 ist das Paddle Battle wie folgt geplant: Etwa 100 Paddelfreudige stürzen sich mit dem Startschuss ins Wasser, paddeln eine abgesteckte Strecke, laufen über den Strand wieder zum Einstieg und paddeln die Strecke erneut – eine Stunde lang geht das so. Wer am Schluss die meisten Runden geschafft hat, gewinnt – je nach genutztem Brett in der Kategorie Shortboard, Longboard, Funboard. Die zu gewinnenden Preise sind so etwas wie Balanceboards, Surfskateboards und sogar eine Surfreise nach Portugal.
Statt eines Startgeldes muss sich jeder Teilnehmer vorab drei Sponsoren suchen, die jede Runde mit einem Betrag, zum Beispiel einem Euro, honorieren. Die Einnahmen gehen an soziale Surfprojekte wie zum Beispiel den Berliner Verein “Wir machen Welle”, der Kinder und Jugendliche an das Surfen heranführt, um damit ihre psychische Gesundheit zu fördern und Selbstbewusstsein zu stärken.
Wer kein eigenes Surfboard hat, kann sich für das Paddle Battle eins leihen. Die Leihbretter sind nachhaltig, also entweder aus Holz oder recyclingfähigem Schaumstoff, gebaut. “Das finden wir wichtig, zu zeigen, dass es so etwas gibt, jedes herkömmliche Brett ist ja Sondermüll, sobald es kaputt ist”, sagt Initiator Arne Schönewald. Schönewald ist früher oft mit Freunden auf der Krummen Lanke oder dem Schlachtensee paddeln gegangen, “um Kraft für das Meer zu tanken”. Vor fünf Jahren hat er dann erstmals das Paddle Battle in Berlin organisiert, dieses Jahr findet es vorab auch in Köln, München und Hamburg statt. Die Sieger der übrigen Stadt-Paddelrennen werden auch eingeladen, in Berlin an den Start zu gehen.

Neben dem Rennen gibt es Musik und Essen, es können Sportarten wie Balanceboard und Slackline ausprobiert werden und zum Abschluss gibt es eine Party. Schönewald sagt: “Uns geht es hauptsächlich um Spaß. Da sind viele dabei, die zum ersten Mal auf einem Surfboard paddeln und sich freuen, ein bisschen Surffeeling abzubekommen. Das ist ja auch ohne die Energie des Ozeans schön, mit dem Brett draußen im Wasser, in der Natur zu sein.”
Größe der Welle: Der Wellengang entspricht dem Windaufkommen am Wettkampftag
Typ: Paddelstrecke
- Paddle Battle Strandbad Plötzensee, Wedding, 27.8.23, zugucken kostet den Strandbad-Eintritt, Teilnahme ist nur mit drei spendenden Sponsoren möglich, paddle-battle.org
In Planung: Havelwelle

Die Havelwelle, ähnlich der Welle im Wellenwerk, soll in Potsdam entstehen. Mit dem Unterschied, dass die Havelwelle statt neun Meter ganze 14 Meter breit werden soll – das wäre dann aktuell die weltweit breiteste stehende Welle in einem Gebäude. Außerdem soll man dort in Tiny-Häusern direkt an der Welle übernachten können. Initiatorin Ginette Rhauda sagt: “Mein Mann und ich haben in Kalifornien angefangen, surfen zu lernen. Und meistens ist es ja so, dass man, wenn man einmal Blut geleckt hat, gar nicht mehr aufhören will.”
Deshalb seien sie dann, später auch mit Kindern, immer regelmäßig an Surfspots gefahren. “Vor drei Jahren hatten wir zum letzten Abend eine Flasche Wein geöffnet und als sie leer war, überlegten wir, dass das ja traurig ist, dass wir wieder heimfahren und so selten zum Surfen kommen. Dann sind wir auf die glorreiche Idee gekommen: Dann bauen wir halt so eine Welle selber.”
Sie hätten dann die ganze Nacht überlegt, Kontakte angeschrieben bis morgens um neun Uhr. “Um zehn Uhr haben wir uns im Flieger in die Augen gesehen und gesagt: Wir machen das jetzt wirklich. Und dann ging die Arbeit los. Jetzt sind wir so weit, dass wir gerade den Bauantrag stellen.” Vor dem Entschluss, sich selbst eine Welle zu bauen, standen die zwei noch nie auf einer künstlichen Welle. “Das haben wir dann gleich nachgeholt. Das war erstmal ein bisschen kompliziert, weil die künstlichen Wellen ja eine ganz andere Physik haben, als die echten. Aber zum Glück bekommt man ja auf diesen stehenden Wellen schnell ein Gefühl fürs Brett. Schneller als im Meer auf jeden Fall.”
Der Strom für die Welle soll unter anderem mittels Fotovoltaik zum großen Teil selbst produziert werden. Die Abwärme die dabei entsteht, wird zum Heizen, aber auch zum Kühlen des Gebäudes genutzt.
Größe der Welle: 14 Meter breit, bis zu 1,80 Meter hoch
Typ: stehende Welle
- Havelwelle Bahnhof Potsdam-Rehbrücke, 14558 Nuthetal, voraussichtlich ab Ende 2023, circa 50 € pro Stunde, die Welle wird in dieser Zeit mit maximal 12 Surfern geteilt, havelwelle-potsdam.de
In Planung: Surf Era

Eine Surfanlage der Königsklasse soll in Fürstenwalde entstehen, etwa eine Fahrtstunde von Berlin entfernt. Die dort geplante Welle läuft rund 150 Meter weit, bevor sie in der Uferzone versandet. Unterwegs sind überkopfhohe Tubes, also Röhren aus Wasser möglich. Auf dem Brett stehend durch einen Kokon aus Wasser rasen, ist wohl der Traum aller Surfenden. Bis zu 20 Sekunden dauert ein Ritt.
Die Welle startet mittig, so dass jeweils ein Left- und ein Righthander produziert werden, und durchläuft zunächst eine für Shortboarder geplante Sektion, bevor deren Ritt mittels einer entgegenkommenden Welle beendet wird. Dahinter bauen sich die Welle nochmal freundlicher auf, dort beginnt die Longboarder-Sektion. Wenn die Wellen gebrochen sind, werden die auslaufenden Weißwasserwalzen im Uferbereich zur Anfängerschulung genutzt. Für Wettbewerbe oder ähnliches, ist es auch möglich, die Welle über die ganze Breite als Left- oder Righthander laufen zu lassen. 300 Wellen pro Stunde kann die Anlage produzieren.
100 Millionen Euro soll die Anlage kosten, derzeit läuft am geplanten Ort ein Bürgerbeteiligungsverfahren. Der geplante Bau soll nicht nur ein Surf- sondern auch ein Wasserfreizeitpark werden. Mit Wasserrutschen, Gastronomie, Übernachtungsangeboten, Coworkingmöglichkeiten, Fitnesskursen, Boulderwand, Beachvolleyballfeldern und Saunen. Surf-Era-Geschäftsführer Eirik Randow sagt: “Das Tolle am Surfen ist, dass es keine Unterschiede bezüglich Religionszugehörigkeit, Einkommensklasse oder Hautfarbe gibt. Das ist zumindest mein Eindruck: Draußen im Wasser ist man wie eine große Familie und das macht Surfen so besonders.”
Größe der Welle: 60 Meter breit, 155 Meter lang, 0,5 bis 2 Meter hoch
Typ: laufende Welle
- Surf Era Große Freizeit 1, 15517 Fürstenwalde/Spree, voraussichtlich ab 2025, circa 35 € pro Stunde, die Welle wird in dieser Zeit mit etwa 20 Surfern geteilt, surf-era.com/locations/
Wir haben das Wellenwerk vor einiger Zeit getestet, den Test findet ihr hier. Wer surfen mag, mag vielleicht auch Kitesurfen, wo das an der Ostsee geht, steht hier. Etwas gemächlicher, aber auch spaßig ist Stand-Up-Paddling in Berlin. Eine nette Alternative ist auch Skateboarden, das geht hier. Mehr Neuigkeiten aus dem Stadtleben findet ihr hier.