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Klischees

Von Netzstürmern und Labertaschen: Die schräge Welt der Tennis-Charaktere

Die faszinierende Berliner Tennisgemeinschaft bietet ihre ganz eigenen Typen. Diese vielfältigen Sportsleute lassen sich in hart umkämpften Matches aber auch in geselligen Begegnungen am Netz oder im Vereinsheim finden. Von den Clubhaus-Philosophen bis zu den Abergläubischen: Wir stellen euch eine ganze Bandbreite an Tennis-Charakteren vor, die das Hauptstadttennisleben so einzigartig machen.


Tennis-Charaktere: Die Choleriker

Jiri Lehecka of Czech Republic stamps on his racquet in anger following his injury Mutua Madrid Open, Day 12, Tennis, La Caja Magica, Madrid, Spain - 03 May 2024 PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxGRExMLTxCYPxROUxBULxUAExKSAxONLY Copyright: xEllaxLing/Shutterstockx 14454213p
Der tschechische Tennisspieler Jiri Lehecka tritt wütend auf seinen Schläger. Foto: Imago/Ella Ling

Diese Spieler:innen verlieren regelmäßig die Fassung und werfen ihren Schläger wie kleine Kinder ihr liebstes Spielzeug. Klassischerweise schimpfen sie sich selbst, den Ball, den Schiedsrichter, das Wetter, einfach alles, was sich in einem Umkreis von fünfzig Metern befindet. Immer eine dramatische Geste parat, vergessen diese Tennis-Diven oft, dass sie gerade nicht Wimbledon gegen Djokovic verloren haben, sondern gegen andere Hobbyspieler:innen auf einem schlecht gepflegten Platz in Berlin-Grunewald.


Die Alt-Berliner

Weiße Kleidung, gute Bräune: Der typische Alt-Berliner Tennis-Charakter. Foto: Imago/Moodboard

Echte Ur-Berliner, die mit ihrem Dialekt und ihren Geschichten aus früheren Zeiten jede Pause entweder unvergesslich machen oder einfach nur nerven. Diese Berliner Tennis-Charaktere kennen jeden Platz zwischen Imchenallee und Grunewald, und sie segeln regelmäßig mit Legenden der Sportfreude Kladow oder des TC Weiße Bären über den Wannsee. Am liebsten erzählen sie stundenlang von ihren befreundeten Helden – und zwar so detailliert, dass man fast das Gefühl hat, selbst dabei gewesen zu sein, als der Tennis-Baron Gottfried von Cramm im Spitzenclub LTTC Rot-Weiß Berlin unsterblich wurde. So gemütlich, wie sie meistens wirken, so kritisch sind sie mit der jungen Generation an Spieler:innen. Kein Wunder, immerhin haben sie die Allergrößten mindestens ein mal live gesehen. Egal wie perfekt der Ball also gespielt wird, es ist nie gut genug. Doch auch wenn man es ungern zugibt, lässt sich von ihnen noch so einiges lernen. Man muss nur geduldig genug sein, um den Geschichten zu lauschen, die manchmal länger dauern als ein Fünfsatz-Match bei den French Open.


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Die Modebewussten

Tennis-Fashion-Ikone Serena Williams im Nike Rebel Look bei den US-Open 2004. Foto: Imago/Matthias B. Krause

Für diese Spieler:innen ist der Platz eine Fashion Show. Sie haben die neueste Tennismode, farblich abgestimmte Schläger und Accessoires und sehen immer aus, als wären sie einem Sportmagazin entsprungen. Auffällige Sneaker, Caps und Goldschmuck gehören zu ihrem Tennis-Fit. Als echte Szenegänger:innen kommen sie meist direkt von der letzten Party zum Tennismatch – mit Sonnenbrille und verkatert. Ist man ganz ehrlich mit sich selbst, erwischt man sich doch ab und zu bei einem eifersüchtigen Blick auf ihre Outfits und wünschte, man könnte den Mut aufbringen zu fragen, wo diese abgefahrenen Tennissocken gekauft wurden. Wo wir gerade beim Thema sind: Bring back 2000er Tennis-Mode!


Die Netzstürmer sind optimistische Tennis-Charaktere

Der Tennis-Charakter Netzstürmer spielt allzu gerne Volleys, so auch Marie Bouzkova. Foto: Imago/Shaun Brooks

Diese Tennis-Charaktere stürmen bei jedem Ballwechsel ans Netz, egal wie unpassend es auch sein mag. Sie leben für den Volley, als ob Grundschläge nur etwas für Anfänger:innen wären. Man muss ihnen jedoch zugutehalten, dass sie wahre Daueroptimist:innen sind. Selbst wenn sie haushoch zurückliegen, bleiben sie stets positiv und motiviert. Doch Vorsicht ist geboten: Optimismus kann schnell nerven. Manchmal fragt man sich schon, ob sie wirklich so eine positive Einstellung haben oder einfach nur die Realität gekonnt ignorieren.


Die Ball-Magier

Carlos Alcaraz spielt einen Tweener. Foto: Imago/Jürgen Hasenkopf

Als absolute Publikumslieblinge versuchen diese Spieler:innen, ihre Gegner:innen mit einem Repertoire an Trickschlägen komplett zu verwirren. Sie starten bodenständig mit einem unscheinbaren Grundlinienschlag, nur um dann plötzlich einen Lob aus dem Hut zu zaubern, der so hoch und präzise ist, dass selbst die Vögel am Himmel applaudieren könnten. Diese Ball-Magier sind berühmt für ihre Tricks und hinterlassen ihre Gegner:innen meist nur mit offenem Mund sowie einer Mischung aus Staunen und Frust.


Die Labertaschen

April 3, 2024, Mexico City, Ciudad de Mexico, Mexico: Apr 3, 2024, Mexico City, Mexico: Vasek Pospisil HRV and Hans Hach Verdugo MEX talk during the doubles match against Marc Kiser USA and MatoÂas Soto CHL during the Day 4 of the Mexico City Open at Deportivo Chapultepec. on Apr 3, 2024, Mexico City, Mexico. Mexico City Mexico - ZUMAe321 20240403_zsa_e321_015 Copyright: xCarlosxSantiago/xEyepixxGroupx
Vasek Pospisil und Hans Hach Verdugo reden während des Matches, im Gegensatz zu unserem Tennis-Charakter aber völlig zurecht über ihre Taktik im Doppel. Foto: Imago/Carlos Santiago

Diese Spieler:innen lieben es, während des Spiels zu reden. Sie kommentieren ihre eigenen Schläge, geben ihren Gegner:innen ungefragt Tipps und führen gerne endlose Gespräche zwischen den Ballwechseln. „Wusstest du, dass ich heute Morgen drei Bananen gegessen habe? Die sollen ja gut für die Energie sein!“ Man steht einfach höflich daneben, unsicher, wie man auf diese wertvolle Information reagieren soll. Bleibt einem ja auch nichts anderes übrig. Die Labertaschen haben vielleicht nicht immer die besten Schläge, aber definitiv die längste Liste an Gesprächsthemen. Denn für diese Tennis-Charaktere ist Tennis nicht nur ein Spiel, sondern eine wunderbare Gelegenheit, neue Freunde zu finden und tiefgründige Diskussionen zu führen.


Die Linien-Anzweifler sind nervige Tennis-Charaktere

Der Tennis-Charakter Linien-Anzweifler bringt die Linienrichter zur Verzweiflung. Foto: Imago/Leslie Billman

Jeder Ball, der knapp im Aus ist, wird von diesem Tennis-Charakter sofort angezweifelt – hitzige Diskussionen vorprogrammiert. Sie bestehen auf ständige Überprüfung und lieben es, ausgiebige Debatten über die Linienurteile zu führen. Diese Spieler:innen bringen die Schiedsrichter:innen regelmäßig zu tiefen Seufzern, wenn nicht gleich zum Verzweifeln. Jeder Punkt artet in einer epischen Diskussion aus und jeder knappe Ball wird zu einem Drama. Ist die unermüdliche Jagd nach dem perfekten, unangezweifelten Linienurteil endlich vorbei, verlassen die Linien-Anzweifler:innen den Platz mit dem Gefühl, einen bedeutenden Beitrag zur Präzision im Tennissport geleistet zu haben. Dabei ist ihnen nicht bewusst, dass sie eher den Titel „Meister:innen der Nebensächlichkeiten“ verdient haben.


Die Selbstkritiker

Side view of disappointed asian male tennis player sitting on the court, upset about competition loss, failure emotions Side view of disappointed asian male tennis player sitting on the court, upset about competition loss, failure emotions. Copyright: x RECORD DATE NOT STATED
Auch der Selbstkritiker gehört zu den Berliner Tennis-Charakteren, er überdenkt einfach alles. Foto: Imago/YAY Images

Selbst nach einem perfekten Schlag murmeln diese Tennis-Charaktere selbstkritisch vor sich hin. Nichts, was sie tun, scheint ausreichend zu sein, und so entschuldigen sie sich oft für ihre „schlechten“ Schläge. Man könnte fast meinen, sie stehen kurz davor, sich voller Selbstkritik beim Gegner zu entschuldigen, weil ihr hervorragend gespielter Ball so schwer zu erreichen war. „Tut mir leid, dass mein perfekter Aufschlag dir so viel Mühe gemacht hat,“ könnte man von ihnen erwarten. Denn schließlich ist es ihr höchstes Ziel, nicht zu gewinnen, sondern sich selbst in Grund und Boden zu kritisieren.


Die Abergläubischen

Rafael Nadal klopft als Glück bringendes Ritual Sand vom Schuh mit seinem Schläger. Foto: Imago/Jürgen Hasenkopf

Er bringt immer eine Sammlung von Glücksbringern mit auf den Platz – von besonderen Schuhbändern bis hin zu ausgewählten Stirnbändern und Handtüchern. Ein vierblättriges Kleeblatt wird sorgsam aus der Tasche geholt und betrachtet, ein kleines Stofftier wird auf die Bank gesetzt, als ob es das Spiel beobachten würde – na gut, vielleicht nicht ganz so krass. Aber zumindest sieht man die Glücksbringer-Abhängigen regelmäßig mit dem Schläger auf die Schuhsohlen klopfen, immer wieder dasselbe Hin- und Hergehüpfe vor einem Aufschlag machen oder den Schläger mindestens zwei Mal in der Hand drehen. Spielen die noch Tennis oder beschwören sie einen mysteriösen Sport-Gott?


Die Clubhaus-Philosophen gehören zu unseren liebsten Tennis-Charakteren

Am 04.06.2011 spielt die Tennis-Westfalenliga Herren 50 TC Castrop 06 gegen WR Hohenlimburg in Castrop-Rauxel *** NUR FUeR REDAKTIONELLE ZWECKE *** EDITORIAL USE ONLY ***Am 04.06.2011 spielt die Tennis-Westfalenliga Herren 50 TC Castrop 06 gegen WR Hohenlimburg in Castrop-Rauxel. Zuschauer vor dem Clubhaus. Deutschland NRW Castrop-Rauxel Copyright: ThomasxGoedde *** at 04 06 2011 plays The Tennis Westphalia league men 50 TC Castrop 06 against WR Hohenlimburg in Castrop Rauxel *** only for editorial Purposes *** Editorial Use only *** P at 04 06 2011 plays The Tennis Westphalia league men 50 TC Castrop 06 against WR Hohenlimburg in Castrop Rauxel Spectators before the Clubhouse Germany NRW Castrop Rauxel Copyright Thomas x Goedde Copyright: ThomasxGoedde docnrwhugopicture39348083 ,EDITORIAL USE ONLY
Diese Tennis-Charaktere gehören zu jedem Tennis-Verein: Die Clubhaus-Philosophen. Foto: Imago/Thomas Goedde

Nach jedem Match geht es auf ins Clubhaus, wo diese Spieler:innen bei kühlen, kleinen Bieren stundenlang über Taktik, Technik und die „goldenen Zeiten des Tennis“ diskutieren. Man könnte fast meinen, das vereinsansässige Clubhaus-Restaurant überlebt ausschließlich dank ihrer regelmäßigen Besuche. Meist kommen diese Tennis-Charaktere mit dem Fahrrad zum Platz – allerdings nicht aus Umweltbewusstsein, sondern weil sie nicht weit vom Tennisverein entfernt wohnen. Außerdem übernehmen diese Spieler:innen fast immer freiwillig Vereinsaufgaben. Das macht sie zu den inoffiziellen Helden:innen des Tennis-Clubs, zu den selbst ernannten Retter:innen des Vereinslebens, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz den Tennisalltag erst so richtig „lebendig“ machen.


Weitere Charaktere, die ihr immer trefft

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Ihr wollt die Tennis-Charaktere beim Live-Tennis in Berlin sehen? Hier findet ihr alle Infos zum Berlin Ladies Open 2024. Noch mehr Ballsport: Wir zeigen euch die besten Sporthallen Berlins, um Bälle zu treten, zu schlagen und zu werfen. Außerdem gibt es hier die besten Fitnessstudios in Berlin. Neben dem großen Ladies Open findet diesen Sommer auch die Fußball-EM statt: Die besten Public-Viewing-Orte in Berlin findet ihr hier. Starke Frauen gibt es nicht nur im Tennis, sondern auch in Berliner Frauenfußballteams. Noch mehr Sport gefällig? Hier findet ihr all unsere Sport-Texte.

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