So richtige Entspannung ist in einer Großstadt wie Berlin anspruchsvoll. An jeder Ecke Lärm und Hektik. Menschen stürmen über die Gehwege, Autos hupen im Akkord, schrille Sirenen durchschneiden die anstrengende Soundkulisse, nur um sich selbst in den Vordergrund zu drängen. Alles kaum auszuhalten. Ein Umzug ins Umland muss jedoch nicht sein. Was Berlin an Lärm und Stress vorlegt, wiegt die Stadt mit Möglichkeiten zum Entspannen wieder auf. 12 Möglichkeiten dafür möchten wir euch vorstellen.
Ein paar Runden mit der M13 drehen
Zustände wie in Tokio herrschen zwar noch (!) nicht in den Berliner Bahnen, voll sind sie trotzdem. Doch es gibt sie, die kleinen Ausreißer, die einen gemütlich durch die Stadt tragen. Die Tram M13 ist einer davon. In einer guten Stunde gleitet sie vom Virchow-Klinikum zur Warschauer Straße, passiert dabei etwa urbane Viertel in Wedding und naturverbundene Ecken im Prenzlauer Berg. Von Arbeitshosen zu Tweetjacken und zurück, der gesellschaftliche Kap Hoorn. Für Touris zu wenig Alexanderplatz, für Berliner:innen höchstens pragmatisch. Pasteten aus triefenden Achseln, spitzen Ellenbogen und genervten Gesichtern werden während der Fahrt also nicht serviert. Ja, in der M13 könnt ihr runterkommen, eine Stunde Zeit totschlagen, ein Buch lesen, Menschen beobachten.
Entspannte Wanderung in Wedding: An der Panke spazieren
Eigentlich ist die Panke 29 Kilometer lang, also nicht unbedingt etwas für einen kurzen Spaziergang. Ihr müsst jedoch nicht vom Banim zur Spree laufen, um runterzukommen. Einzelne Abschnitte reichen bereits. Besonders gemütlich und abwechslungsreich ist der Weg von den Uferstudios in Wedding über den Soldiner Kiez (kein Scherz) in den Bürgerpark Pankow. Die meiste Zeit bewegte ihr euch auf Grünflächen, abseits der Hauptstraßen, kommt an Spielplätzen, kleineren Parkanlagen und einigen Bars vorbei. Zwar ist der Weg nicht ganz so idyllisch wie jede x-beliebige Wanderstrecke in Brandenburg, aber der rotzige Charme macht den Marsch besonders. Panke: Ein kleiner Fluss – mit großer Strahlkraft.
Werkeln in einer DIY-Werkstatt
Im Hobbykeller hämmern und schrauben, im Schuppen schweißen und löten, in der Werkstatt sägen und schneiden geht in Berlin nur bedingt. In Wohnblocks sind die Hobbykeller oft Rattennester darüber hinaus so einbruchssicher wie Puppenhäuser und für Werkstatt oder Schuppen fehlt der Platz. Werkeln ginge also eher in der eigenen Wohnung, zwischen Esstisch und Flachbildschirm. Nicht gerade optimal. DIY-Werkstätte helfen die handwerklichen Ambitionen nicht im Sumpf des „hätte ich doch nur“ versinken zu lassen. Ein Beispiel wäre die Hobby-Tischlerei in Alt Kaulsdorf, Marzahn. Werkzeug bekommt ihr gestellt. 12 DIY-Werkstätte in Berlin: Macht’s doch euch selbst.
Im Museum entspannen
Museen sind sowas wie der Safe Space für Abgehetzte. Schlendern, Ausstellungen auf sich wirken lassen, den Wissensfundus erweitern lassen, den Alltagsstress ausblenden. Kurator:innen peitschen einen schließlich nicht durch die Exponate. In Berlin kommt dabei niemand zu kurz. Naturwissenschaften, Technik, Spionage, Kunst, Geschichte, allerlei Interessen werden bedient. Dank interaktiver Komponenten, etwa Automaten im Computerspielmuseum, könnt ihr euch abseits des reinen Beobachtens austoben. Auf Dauer könnte es immerhin langweilig werden, nur Erläuterungen zu lesen und Ausstellungsstücke mit einem „Ah“ oder „Oh“ zu kommentieren. Welche Museen immer einen Besuch wert sind, lest ihr hier.
Einen Trimm-Dich-Pfad abarbeiten
Laufen, laufen, laufen, Klimmzüge, Sit-Ups, erbrechen, laufen. Gut, bis der Mageninhalt vor euren Füßen landet, solltet ihr vielleicht nicht trainieren, wäre auch nicht allzu entspannend. Gemäßigtes, den eigenen Leistungen entsprechendes Training hilft hingegen, Stress abzubauen. Ein Trimm-Dich-Pfad eignet sich dafür besonders gut, da es weder einen überdrehten Drill Instructor noch Geld für Fitnessstudiobeiträge braucht. Ein paar Trimm-Dich-Pfade haben wir für euch rausgesucht. Übrigens: Das Runners High kann problemlos jedes Stimmungsaufhellende Aufputschmittel ersetzen, Muskeltraining steigert das Selbstbewusstsein – gelegentlich etwas zu sehr. Passt also auf, dass ihr nicht zum narzisstischen Fleischkragen werdet.
Entspannen beim Yoga geht draußen und drinnen
Zugegeben, Yoga ist heute das, was Aerobic in den 80ern war: ein bisschen spießbürgerlich, Sport für Sparkassenmitarbeiter:innen. Schlecht ist das nicht. Spießig sein bedeutet auch auf die Bremse zu treten, zu entschleunigen. Vielleicht räkeln sie sich deshalb auf dünnen Gummimatten, formen Brezeln aus den eigenen Gliedmaßen. Immerhin lockern sie so ihre verspannten Muskeln und ihre Gedanken richten sie auf die maximal gestreckten Sehnen und Bänder. Gut, dass die Yoga-Welle auch in Berlin nach wie vor anhält. Es gibt viele schöne Yoga-Vereine, ob für drinnen oder draußen. Probiert es aus, werdet zu Spießbürger:innen, zumindest für ein, zwei Stunden. Lohnt sich.
Urban Gardening: Gärtnern zwischen Hauptstraßen und Wohnblocks
Urbane Gärten sind kleine grüne Oasen in der industriellen Großstadtwüste. Toter Beton trifft auf lebendige Hochbeete. Während Autos und Fußgänger:innen über die Straßen hetzen, könnt ihr entspannt buddeln, manschen, den Pflänzchen beim Wachsen zu sehen. Jeder Lärm wird zum Hintergrundrauschen, verliert an Bedeutung. Gut zum Runterfahren, gut zum Entspannen. Ebenso gut ist es, dass wir bereits ein paar Urbane Gärten herausgesucht haben. Wie in so vielen Punkten hat Berlin auch hier einiges zu bieten. Mal in Parkanlagen, mal zwischen Hochhäusern.
Eine Runde meditieren
In Parks, auf der Couch, auf einem Grünstreifen neben einer Hauptstraße: theoretisch könnt ihr überall meditieren. Dafür braucht ihr auch keine Ballonhosen oder müsst euch keiner sektenähnlichen Meditationsgruppe anschließen, in der euch Lama Vincent mit Oxycodon-Stimme Buddhismus erklärt. Sucht euch einen Ort nach eurem Gusto, setzt euch hin und achtet ein paar Minuten auf eure Atmung, lasst die Gedanken dabei treiben. Nach fünf bis zehn Minuten habt ihr eine Session hinter euch. Täglich geübt entwickelt sich das zu einem angenehmen Alltagsausgleich. Und solltet ihr doch eine Gruppe suchen oder geführte Meditationen machen wollen, haben wir für euch ein paar Angebote zusammengestellt. Alle frei von Klangschalenästhetik.
CBD im Café Canna probieren
Mittlerweile gibt es THC-freies Gras nicht mehr nur in (meist ranzigen) Grow Shops, sondern auch beim Späti um die Ecke. Das, nennen wir es mal Streberkraut, macht nicht high, enthält aber den Wirkstoff Cannabidinol (CBD), der kleine, sanftmütige Bruder von THC. Rauchen müsst ihr das nicht. Ihr könnt euch Öle kaufen oder im Café Canna CBD-angereicherte Gerichte probieren. Space Cookies ohne Absturzgefahr. Auf die vielen Vorteile von CBD deuten (!) einige Studien hin. So könnte es unter anderem angstlösend und schmerzlindernd wirken. Könnte, muss aber nicht. Einen Versuch wert ist es aber allemal. Immerhin ist es hierzulande nicht illegal und ein Drogentest sollte auch nicht ausschlagen.
- Café Canna Lychener Str. 4, Prenzlauer Berg, Di–So 12–20 Uhr, online
Sauna: Den Stress wegschwitzen
Vielleicht ist es das befreiende Gefühl, die Hüllen fallen zulassen, vielleicht die Blockenhütten-Gemütlichkeit, die die holzvertäfelten Räume ausstrahlen. Vielleicht sind es aber auch das gemeinsame Schwitzen, die ätherischen Öle, die anschließende kalte Dusche der Grund, dass Saunas sich so positiv aufs Wohlbefinden vieler auswirken. Gesundheitlich gibt es ein paar Vorteile, zumindest deuten Studien darauf hin. So weiten sich laut einer Untersuchung bei steigenden Temperaturen die Blutgefäße, was wiederum Menschen mit hohem Blutdruck zugute kommt, allerdings hält der Effekt nur vorübergehend.
Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen soll abnehmen, zeigt eine weitere Erhebung. Allerdings wurden dabei nur Finnen untersucht, die saunieren bekanntlich etwas öfter als die Deutschen. Sich diesen Standards anzupassen, regelmäßig in Schwitzhüten gehen, kann aber nicht schaden. Zum Glück hat Berlin einige davon. Und immer dran denken: wer schwitzt, verliert viel Flüssigkeit, also fleißig nachschütten.
In einer Bibliothek stöbern
Pscht! In Bibliotheken gilt vielleicht kein Schweigegelübde, aber zum guten Ton gehört dort kein Ton. Oder ein so leiser, dass er nicht die anderen Anwesenden stört. Das erdet. Nebenher könnt ihr Comics, Mangas und Bücher wälzen, heimlich ein Nickerchen in einer (fast) ausgestorbenen Abteilung machen, etwa für Feinbau oder Faxgeräte. Die Bibliothek am Luisenbad möchten wir hier hervorheben. Große Auswahl, viele Sitzplätze und abseitig genug, um nicht überrannt zu werden. Ist nichts für euch? Kein Problem, hier sind gleich 11 weitere.
Am Wasser entspannen
Zum Ende noch ein kleiner Rundumschlag. Am Wasser lässt es sich gut entspannt und davon gibt es in Berlin genug. Ihr könnt mit einer Fähre über die Havel, eine Bootstour durchs Zentrum machen, je nach Wetter an den vielen Seen liegen. Ihr könnt spazieren, paddeln, Wasserpolo spielen. Die Liste ist lang, bietet viel Abwechslung. Bevor ihr euch in die Unweiten des Internets stürzt und von Informationen erschlagen werdet, schaut doch in unseren kleinen Wasser-Ratgeber. Da ist bestimmt etwas dabei.
Manchmal entspannt es auch, ein wenig Dampf abzulassen. Touris in Berlin und ihre Angwohnheiten bieten viel Angriffsfläche, wir haben gleich 12 davon herausgesucht. Falls ihr noch einen Ausflugsort sucht, haben wir was für euch: Friedrichshain entdecken: 12 Ziele für einen schönen Tag. Und falls ihr bei einem Drink entspannen wollt, schaut euch doch eine der Berliner Brennereien an.