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„Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft“ im Kino

Gestärkt in die Zukunft: Einmal mehr überzeugt der Animations­regisseur Mamoru Hosoda in „Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft“ mit einer Geschichte auf mehreren Ebenen

Studio Chizu

Als im Jahr 2000 mit „Digimon“ erstmals ein Film von Mamoru Hosoda in unsere Kinos kam, nahm man die Geschichte um die wandlungsfähigen kleinen Monster mit Kuller­augen vor allem als einen Abklatsch der ­seinerzeit grassierenden Pokémon-Mode wahr. Tatsächlich aber steckten bereits in „Digimon“ viele der Ideen und Themen, die Hosoda mit charmantem Humor in späteren Filmen immer weiter ausgebaut und vertieft hat: die Gefahren digitaler Welten, der ­Zusammenhalt von Familien und Freunden, oder auch die Entwicklung eigener Stärken bei Kindern und Jugendlichen zum Wohl der Gemeinschaft.

Gern verknüpft Hosada dabei realistisch gezeichnete Alltagsthemen mit allgegenwärtigen und überbordenden Fantasy-Elementen: In seiner Verfilmung des japanischen Jugendbuchklassikers „Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“ (2006) versucht die ­ungeschickte Makoto ihre Peinlichkeiten und Unfälle etwa mit kleinen Zeitreisen ungeschehen zu ­machen. In der Komödie „Summer Wars“ (2009) besinnt sich die weit verzweigte Familie einer Oberschülerin auf ihre alte Samurai-Tradition, um den Kampf gegen einen außer Kontrolle geratenen Killer-Avatar in einem weltumspannenden Netzwerk aufzunehmen. Im Gegensatz dazu verbindet die Wolfsmenschenstory „Ame & Yuki“ (2012) Fantasy-Elemente mit Konzepten der Naturverbundenheit: von der Bio-Landwirtschaft bis zur totalen Verwilderung. Aber auch hier steht Hosodas zentrale Frage im Mittelpunkt: Wie können sich Menschen auf ihre individuellen Talente und Fähigkeiten besinnen?

Für seinen jüngsten Film „Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft“ ließ sich Hosoda nun von seinem eigenen Familienleben inspirieren: Hauptfigur ist der kleine Kun, der sich mit seinen knapp vier Jahren in einem Alter befindet, in dem instinktives Verhalten die tieferen Einsichten in das soziale Gefüge ­familiären Zusammenlebens noch stark überlagert. Und Kun hat ein Problem: Bislang war er der alleinige Mittelpunkt der Aufmerksamkeit seiner Eltern, doch nun scheint er ­angesichts eines neuen Babys plötzlich abgemeldet. Kun reagiert mit drastischen Eifersuchtsanfällen und beginnt seine kleine Schwester Mirai (das japanische Wort für Zukunft) und die Eltern zu hassen. Die ­wiederum haben ihre eigenen Probleme, den Anforderungen von Beruf und Familie gerecht zu werden, und sind oft müde, genervt und unkonzentriert.

Doch immer, wenn Kun trotzig und wutentbrannt in den Garten rennt, öffnen sich für ihn dort Türen in andere Räume und Zeit­ebenen: Unter anderem lernt er dabei seine Schwester als Teenager, seine Mutter als Kleinkind und den Urgroßvater als jungen Mann kennen. Die Begegnungen und Erlebnisse wiederum helfen Kun, seinen Platz in der Familie zu finden, die anderen und sich selbst besser zu verstehen: Als ihn in einer finalen – und ziemlich erschreckenden – Vision ein Schnellzug ins Land der Einsamkeit zu transportieren droht, vermag er seine Rolle als großer Bruder endlich zu akzeptieren.

Mit „Mirai – Das Mädchen aus der ­Zukunft“ gelingt Hosoda ein wunderbar stimmiger Film, nicht für Kinder – aber über das Verhalten von Kindern und die Entwicklung komplexer Beziehungen innerhalb einer ­Familie. Hosodas vielschichtige Fantasy gründet einmal mehr in der Realität und erzählt detailreich ein Stück Leben: wie man mit dem Wissen um die eigene Herkunft gestärkt in die Zukunft blicken kann.

Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft J 2018, 98 Min., R: Mamoru Hosoda, Start: 30.5. 

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