Nationalstraße – ab 2. Juli im Kino

Er ist ein Kind der Vorstadt und die Faust rutscht ihm gerne mal aus. Seine Klappe ist gigantisch und sein Spitzname ist nicht ironisch gemeint: Vandam. Wie Jean-Claude van Damme. Vandam hat seine Neubau-Siedlung nie verlassen und darauf ist er stolz. Sein Leben scheint ein bisschen aus der Zeit gefallen – doch globale Entwicklungen halten sich nicht an Stadtgrenzen. Immobilien-Haie haben es auf seine Lieblingskneipe abgesehen. Auf sein Revier, seine Heimat, sein Zuhause, auch wenn von seiner Familie nichts mehr übrig geblieben ist. Jetzt soll die Kneipe abgerissen und das Grundstück neu bebaut werden. Aber das ist noch nicht alles: Die Kneipe gehört einer Frau, die er liebt. Irgendwie. Heimlich. Und ein wenig breitbeinig. Lucka heißt sie. Lucka und die Kneipe sind wie ein Licht im Dunkeln für ihn – auch wenn er das so nie sagen würde. Aber ein Krieger ist ein Krieger und kämpft für das, was ihm heilig ist.

Also zieht Vandam in die Schlacht. Er bedroht den neuen Besitzer des Grundstücks, pöbelt in dessen Firmenzentrale herum und bittet am Ende sogar seinen neureichen Bruder, mit dem er seit 10 Jahren nicht mehr redet, um Geld. Vandam wirft alles in den Ring und sieht nicht, dass er einen Kampf führt, der für die Gegner schon längst entschieden ist.

Nach der sensationellen gleichnamigen Romanvorlage von Jaroslav Rudiš inszeniert Štěpán Altrichter eine furiose und schlagkräftige Selbstverteidigung, so verzweifelt, radikal und energisch wie es nur geht. Und wie nebenbei gelingt ihm mit NATIONALSTRASSE das kluge Porträt einer systematisch in die Spaltung getriebenen Gesellschaft und eines Menschen, dessen Welt schon fast vollständig aus dem Blick geraten ist.

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