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Filmkritik

„Nur ein Augenblick“ von Randa Chahoud: Vielstimmige Bürgerkriegsgeschichte

Eine Geschichte zwischen Deutschland und Syrien, in der alles so schnell passiert, dass keine Zeit bleibt, um zu reagieren. Sie beginnt wie mit einem Schneeball, der zur Lawine wird, die einen mitreißt. Die Brutalität in „Nur ein Augenblick“ von Randa Chahoud trifft unvorbereitet.

Gerade ist man noch in einer gemütlichen Hamburger Küche mit pastellfarbenen Kaffeetassen, wo der Student Karim (Mehdi Meskar), seit fünf Jahren in Deutschland, mit seiner schwangeren Freundin Lilly (Emily Cox) wohnt. Dann ändert sich alles. Karims Bruder (Mohamed Achour), der sich der syrischen Opposition angeschlossen hatte, wird vermisst. Karim beschließt, sich auf eine Spurensuche zu begeben, die ihn in die Grausamkeiten des syrischen Bürgerkriegs hineinzieht.

Nur ein Augenblick von Randa Chahoud
„Nur ein Augenblick“ von Randa Chahoud. Foto: Farbfilm

Währenddessen geht das Leben von Lilly in Hamburg weiter. Ihr Bauch wird größer. Max (Jonas Nay), Karims bester Freund, unterstützt sie. Alle versuchen, mit der sich stetig verändernden Situation klarzukommen, während die Lebensrealitäten des Paars immer weiter auseinanderdriften. Diese Gleichzeitigkeit extremer Gegensätze entfaltet sich durch zahlreiche Orts- und Zeitsprünge, die erdrückende Momente aus dem Leben der Protagonist*innen zeigen.

Kurze Momente der Hoffnung wechseln sich mit schier unabwendbarer und unerträglicher Gewalt ab. Sie kündigt sich nicht an, ist für einen Moment da, bevor es dann, genauso unvermittelt, weitergeht. Sie löst in den Betroffenen etwas aus, was erst allmählich sichtbar wird.

Erfahrungen aus einem Bürgerkrieg prägen den Film „Nur ein Augenblick“ von Randa Chahoud

Für den Film sprach die Regisseurin, sie ist Tochter eines Syrers, mit vielen Menschen, die vom Bürgerkrieg in Syrien betroffen sind oder waren. Von dieser Vielstimmigkeit profitiert die fiktive Geschichte, die auf realen Erfahrungen basiert.

Mit wenigen Protagonist*innen kreiert Randa Chahoud eine komplexe Gefühlswelt, die sich jenseits von „richtig“ und „falsch“ bewegt. Als Regisseurin und Drehbuchautorin schafft es Chahoud, eine stimmige Geschichte zu kreieren. Das Ende löst zwar Hoffnung aus, ist aber kein Abschluss, sondern fühlt sich wie ein Durchatmen an, für das während der emotionalen Achterbahn in „Nur ein Augenblick“ keine Zeit war.

D/GB 2019; 108 Min.; R: Randa Chahoud; D: Mehdi Meskar, Emily Cox, Jonas Nay; Kinostart: 13. 8. 2020


Die wichtigsten Filmstarts vom 13. 8. im tip-Überblick; die Kinostarts vom 6. 8.; die tip-Empfehlung der Woche: „Kokon“ von Leonie Krippendorff. Das aktuelle Freiluftkino-Programm findet ihr hier.

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