Beton-Chic statt Orient-Kitsch: Osmans Töchter laden in Charlottenburg zu türkischen Meze – with a twist
Ist es mehr als eine Meldung, dass Osmans Töchter westwärts gezogen sind? Ja. Denn mit der Eröffnung ihrer Dependance in der Charlottenburger Wielandstraße – West-Berlin par excellence – ist ein Komet gelandet. Tür auf, den Samtvorhang beiseite geschoben, und man betritt eine andere Welt. Aber defintiv keine klischeebehaftete Orient-Szenerie, wie sie mit farbenfrohen Sitzgelegenheiten und Teppichen in der Pappelallee gepflegt wird. Nein, die jüngere der beiden osmanischen Töchter pflegt puristisches Understatement.
Die Umrisse der sonst stilbildenden Bodentextilien sind einfach in Weiß auf den grauen Betonboden gemalt. Der ist aber eh kaum zu erkennen, so voll ist der Laden. Quirlige, meist junge Menschen, oft in Grüppchen, teilen sich (zu) überschwänglich warme und kalte Vorspeisen. Diese basieren auf traditionellen Rezepten und haben doch einen modernen Schalk im Nacken, so die Weinblätter mit Sauerkirschen und Pinienkernen. Dazu geht es auf eine schöne Weinreise durch die Türkei, Frankreich, Italien und Deutschland.
Eine mediterrane Alternative im Glas ist der hausgemachte Granatapfeleistee. Selbiges trifft auch auf den frischen Minztee zu, allerdings lässt sich das heiße Glas erst nach Minuten anfassen. Das Tahin-cremige Hummus, wahlweise mit Sucuk oder geräuchertem Paprika, und die ohne Scheu gewürzten, arg dunklen Köfte und die roten Linsen-Bällchen sind gutgemachte Hausmannskost. Raffiniert kommt der mit Zitrone, Körnersenf und Trüffelöl konzipierte Wolfsbarsch daher. Der türkische Tafelspitz mit Zitronen-Kartoffel-Püree mit Datteln, Korinthen und Zimt legt viel Burschikosität an den Abend, was die Euphorie der Jung-Foodies jedoch gar nicht stört.
Sie hat sich also verändert, die eben noch so alte Dame Charlottenburg. Und das nicht nur ,weil Osmans Töchter künftig hier zugegen sind.Manuela Blisse
Osmans Töchter Wielandstr. 38, Charlottenburg, tgl. 17–0 Uhr, www.osmanstoechter.de
