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Kommentar

Radwege, Restaurants und Kinos: Erwartet uns ein Pop-up-Sommer in Berlin?

Pop-up steht für etwas, das „plötzlich auftaucht“ und genauso schnell wieder weg ist. In Berlin ist nichts für die Ewigkeit, alles fließt und verändert sich. Stadtweit tauchen plötzlich Kinos, Radwege, Shops und Restaurants auf. In seinem Kommentar fragt sich tip-Autor Philipp Wurm, ob wir im Corona-Jahr 2020 einen Pop-up-Sommer haben werden.

Pop-Up-Radweg auf dem Kottbusser Damm.
Pop-up-Radweg auf dem Kottbusser Damm. Foto: Imago/Hoch Zwei Stock/Angerer

Ein cineastisches Erlebnis unterm Abendhimmel, wo sich bislang ein öder Parkplatz erstreckte: eine typische Metamorphose in diesem Corona-Sommer. Breitgemacht hat sich Lichtspieltheater auf dem Gelände des Olympiastadions, gezeigt werden dort Klassiker wie „Grease“ und zeitgenössische Hits wie „Die Känguru Chroniken“. Mitbetrieben wird das Ganze vom Zoopalast – ein Autokino nach amerikanischem Vorbild.

Monotonie verwandelt sich in Berlin in Lebenslust; dahinter steckt das Pop-up-Prinzip. 

Doch nicht nur ein Freiluft-Kino belebt auf diese Weise den öffentlichen Raum. Auch anderswo verändern spontane Improvisationen die urbane Topografie. Schon jetzt verlaufen Pop-up-Radwege in der Stadt, ob am Kottbusser Damm in Kreuzberg oder am Schöneberger Ufer in Mitte – auf Abschnitten, wo bislang die SUVs Stoßstange an Stoßgange standen. 

Damit nicht genug: Der Senat plant, weiteres Straßenland bereitwilligen Innovator*innen aus dem Restaurantgewerbe zu überlassen. Auf den Terrassen könnten Berlins Foodies dinieren. Der evolutionäre Fortschritt in diesen Pop-up-Restaurants: Fischplatte statt Feinstaub; klimperndes Besteck statt Motorenlärm. Ein locker-leichtes Lebensgefühl in Zeiten der Pandemie. 

Die Stadtgesellschaft drängt jeweils nach draußen – ob die Gastgeber*innen aus der Welt der Kulinarik und Kulinarik und deren Publikum, ob Radler*innen von nebenan. Der fossile Verkehr ist mancherorts so erlahmt, dass Bezirkspolitiker*innen die Wanderbewegung durchwinken. 

Wie könnte sich Berlin verändern?

Schon jetzt ist die Stadt eine Freiluftmetropole – im Gegensatz zum sicherheitsorientierten London oder zum musealisierten Paris. Eine Eigenschaft, die sich in diesem Sommer festigen könnte. 

Die Tischtennis-Plätzen sind frequentierter denn je, ebenso Fußball-Käfige. Das Tempelhofer Feld, der Treptower Park, der Tiergarten sind zu Arrondissements der Geselligkeit geworden. Und Straßencafés sind die neuen Clubs. Es fehlen bloß noch Beats und Bässe. 

Der Effekt des neuen Open-Air-Vibes in einer Stadt, deren Einwohner eine unwirtliche Umgebung, geprägt von Beton und Benzin, neutralisieren: Nicht nur das Umweltklima wird besser – auch die Stimmung hebt sich.

Die Neurourbanistik untersucht diesen Zusammenhang schon länger: wie städtischer Unbill die Gesundheit beeinflusst. Dabei handelt es sich um einen jungen Wissenschaftszweig, der ein interdisziplinäres Zusammenspiel von Fächern wie Psychologie, Stadtforschung und Ethnografie ist. Der Befund: lautstarker Verkehr und Abgase, aber auch Einsamkeit und Anonymität machen krank. Man kann der Entfremdung aber auch vorbeugen. Indem man Ballungsräumen ihre Gifte nimmt.

Der Pop-up-Sommer ist eine solche Entschlackung. Weshalb Politiker, ob im Senat oder im Bezirk, eine Verantwortung tragen: dass die Korrekturen auch nach der Corona-Krise erhalten bleiben. Und aus vorläufigen Einrichtungen eine mediterrane Infrastruktur wird – jedenfalls in den milden bis warmen Monaten.


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