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Stadthelden: Wie Corona die Arbeit von Altenpflegerin Elke G. verändert

Altenpflege in Corona-Zeiten: Die Arbeit mit einer Risikogruppe kann während der Pandemie zur Geduldsprobe werden. Eine Berliner Altenpflegerin gibt Einblick in ihren Alltag.

Das Corona-Virus erschwert die tägliche Arbeit in der ambulanten Pflege.
Foto: Imago / Sven Simon

Bevor Elke G. ihre tägliche Arbeit beginnt, fährt sie in das Büro ihres Arbeitgebers in Friedenau. Dort holt sie die Schlüssel für die Wohnungen ab, in denen die älteren Herrschaften wohnen, die an diesem Tag ihre Hilfe brauchen. G. erhält dort auch ein Briefing, welche Arbeit sie heute erwartet. Sie arbeitet in der ambulanten Altenpflege und besucht am Tag zwischen fünf und sieben Rentner*innen in Friedenau, Schöneberg und Wilmersdorf.

Sie hilft ihnen bei der Körperpflege, wäscht Bekleidung, geht einkaufen, unterstützt im Haushalt. Da viele ältere Menschen in Einsamkeit leben, gehört zu Elke G.s Arbeit auch ein offenes Ohr.

Corona: Die Pandemie ist deutlich zu spüren

Durch das Corona-Virus hat sich ihr Arbeitsalltag stark verändert. Ihre Patient*innen reagieren in extremer Weise auf den Ausnahmezustand. Einige mit Panik und Abweisung, andere mit Unverständnis und Trotz. Beides ist für Elke G. eine Mehrbelastung.

Zu jedem ihrer Einsätze erscheint sie mit Mundschutz und Handschuhen. Ihr Arbeitgeber stellt ihr regelmäßig frische Schutzausrüstung zur Verfügung. Manchen ihrer Patient*innen reichen diese Vorsichtsmaßnahmen jedoch nicht aus. Sie prüfen genau, ob Elke G. sich auch desinfiziert hat, bevor sie sich von ihr bei der nötigen Körperpflege helfen lassen. „Manchmal wird schon beim Betreten der Wohnung hundertprozentig darauf geachtet, ob ich Mundschutz und Handschuhe trage“, erzählt sie.

Einige ältere Menschen schließen sich auch in einem Zimmer ein. Sie lassen G. nur die Einkäufe abstellen und warten, bis sie wieder gegangen ist. Dann bitten sie sie teils unwirsch, die Wohnung zu verlassen. Auf die Wohnungsreinigung wollen einige verzichten. Wichtiger ist, dass G. schnell wieder geht. Manchmal ist Elke G. danach, trotzdem einen Lappen in die Hand zu nehmen und gegen die drohende Verwahrlosung anzuputzen.

Große Angst, sich zu infizieren

Nicht alle von G.s Patient*innen reagieren mit Angst auf die Krise. Aber auch Trotz und Unverständnis erschweren der Pflegekraft die Arbeit. Was ist mit dem Frühstücksbrötchen, das G. sonst immer mitgebracht hat? Gibt es nur noch selten, da man zurzeit teilweise 20 Minuten in der Schlange vor der Bäckerei warten muss. Diese Zeit hat G. nicht.

Mit einer 91-jährigen Patientin geht Elke G. regelmäßig spazieren – für die Mobilisation. Jetzt, wo das Wetter schön ist, versucht G. ihr Bestes, um zu erklären, wieso es zurzeit besser ist, auf einen Spaziergang zu verzichten. Sie erklärt der alten Dame, dass vor ihrer Wohnung unheimlich viel los ist und dadurch eine Ansteckungsgefahr besteht. Dafür erntet sie Wut und schlechte Laune. Die alte Dame muss sich, bis die Krise überwunden ist, mit Treppen steigen begnügen.

Auch in G.s Privatleben hat sich durch das Corona-Virus einiges verändert. „Ich gehe nach Feierabend nicht mehr raus, da ich mit einer Risikogruppe zutun habe. Mein Mann kümmert sich um alle Erledigungen.“ Elke G. verbringt jetzt viel Zeit in ihrem Garten. Sie ist da sehr strikt, weil sie große Angst hat sich selbst mit dem Virus zu infizieren und dieses dann unter ihren Patient*innen zu verbreiten.

Mehr Arbeit nach Corona

Elke G. findet, dass ihr Arbeitgeber ganz toll auf die erschwerten Umstände reagiert hat. Sie ist froh, dass sie regelmäßig neue Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt bekommt. Trotzdem hofft sie, dass diese Ausnahmesituation bald vorbei ist und sie wieder einen normalen Umgang mit ihren Patient*innen pflegen kann. „Ich freue mich einfach, wenn wieder weniger psychologische Betreuung nötig ist. Das ist nicht meine Arbeit“, sagt sie.

Eines ist außerdem klar: Nach der Corona-Krise wird auf G. und ihre Kolleg*innen Mehrarbeit zukommen. Sie schaffen es nicht auf alle älteren Menschen ein- und der Verwahrlosung entgegenzuwirken.

Wenn G. ihre Pantient*innen fragt, wie sie damit zurechtkommen, dass kaum noch Besuch kommen kann, erhält sie zumeist eine Antwort: Es kommt doch auch sonst niemand…

Zum Glück gibt es aber auch viele Begegnungen, die G. die Arbeit während ihrer Einsätze erleichtern. Einige Patient*innen sind lieb und verständnisvoll und verstehen, dass G. ihnen momentan mit mehr Abstand als sonst begegnen muss. Viele freuen sich zwar auf den täglichen Handschlag. Aber akzeptieren, dass man sich neuerdings mit einem Lächeln aus der Ferne begrüßt.

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