Oft läuft man an den Statuen in Berlin einfach vorbei. Dabei stehen überall in der Stadt ungewöhnliche, berührende und zuweilen einfach nur schöne Skulpturen von berühmten Persönlichkeiten, Alltagshelden, Tieren und mythischen Figuren. Sie sind unter uns und gehören zum Alltag!
Warum also nicht mal einen Spaziergang zu einer Statue unternehmen? Damit lässt sich Kunst und Geschichte mit etwas Bewegung an der frischen Luft verbinden. Und ganz nebenbei entdeckt man so vielleicht noch einen Kiez, den man noch nicht kannte. Hier sind unsere liebsten 12 ungewöhnlichen Statuen in Berlin.
Die Waffenbrüder
Die um 1970 geschaffene Bronzefigur „Waffenbrüder“ des Berliner Bildhauers Gerhard Thieme (1928-2018) erzählt die Geschichte des geteilten Berlins und der Besatzungsmächte. Ursprünglich standen die beiden Piloten, ein sowjetischer, der einem Kollegen von der NVA ein Manöver erklärt, auf dem Gelände der Luftverteidigung der NVA in Strausberg.
Seit dem Abzug der Alliierten steht die überlebensgroße Doppelplastik auf dem Flugplatz des Militärhistorischen Museum Gatow. Das Luftwaffenmuseum der Bundeswehr stand bis zu den frühen 1990er-Jahren unter englischem Befehl.
Von Thieme sind im Berliner Standbild mehrere Werke zu sehen, unter anderem im Nikolaiviertel die Skulpturen „Leierkastenmann“ und „Berliner Originale“.
- Militärhistorisches Museum, Am Flugplatz Gatow 33, Spandau
Der Schmied
Der Maschinenbaukonzern Borsig gehört neben Siemens zu den bedeutendsten Unternehmen, die je in Berlin gegründet wurden. Mitte des 19. Jahrhunderts war das Unternehmen ein Global Player und zweitgrößter Lokomotiven-Hersteller der Welt.
In Berlin baute Borsig Fabriken, Wohnsiedlungen und auch das firmeneigene Verwaltungsgebäude an der Chausseestraße in Mitte. Ein imposantes Gebäude mit Sandsteinfassade wurde 1899 von den Architekten Reimer & Körte errichtet.
Zentrales Element der Neorenaissance-Fassade ist die überlebensgroße Bronzeskulptur eines archaischen Schmieds. Der bärtige Koloss mit mächtigem Hammer blickt über dem Hauptportal des Baus auf die Passanten hinunter.
- Chausseestraße 13, Mitte
Die Kindergruppe
Ein Spaziergang zum Schloss Schönhausen, einem der schönen Berliner Schlösser, und dem dazugehörigen Park ist stets eine gute Idee. Einst residierte hier der Präsident der DDR und später wurde die Anlage als Gästehaus der DDR-Regierung genutzt. Um 1967 wurde der Park ausgebaut und auch neue Skulpturen in Auftrag gegeben.
Der Bildhauer Hans Klakow entwarf 1967 in diesem Zusammenhang die Bronzeplastik „Kindergruppe“. Zwei Mädchen und einen Jungen, ruhig sitzend und im Gespräch vertieft. Ein Idealbild der Jugend, das in Wirklichkeit nur selten vorkommt.
- Schloss Schönhausen, Tschaikowskistraße 1, Pankow
Der Kentaur und die Nymphe
Statuen begegnet man in Berlin nahezu überall, natürlich auch auf der Museumsinsel. Halb Pferd, halb Mensch, so stellte man sich im alten Griechenland die wilden Wesen vor, die hierzulande als Kentauren oder auch Zentauren bezeichnet werden. Die große Statue im Kolonnadenhof auf der Museumsinsel zeigt den lüsternen Wüterich, wie er mit einer zarten Nymphe anbahnt.
Die Bronze-Skulptur von Reinhold Begas entstand um 1888, im Kolonnadenhof vor der Alten Nationalgalerie steht sie allerdings erst seit Ende der 1990er-Jahre. Eine Marmorkopie des Werkes steht übrigens im Zoologischen Garten.
- Museumsinsel (Kolonnadenhof), Mitte
Die 68er-Pokalsieger
Für die „Eisernen“, also Fans des 1. FC Union Berlin, die vielleicht die besten der Welt sind, wie wir einst schrieben, ist das Jahr 1968 für immer mit dem Gewinn des FDGB-Pokals verbunden. Für Wessis: Das war in der DDR so etwas wie der DFB-Pokal in der BRD. 50 Jahre später würdigten die Unioner von heute die Helden von einst mit einer Bronze-Statue der Künstlerin Nuray Koschowsky, die zwei Spieler mit dem Pokal zeigt.
Seit 2018 steht dieses sporthistorische Denkmal auf dem Parkplatz vor dem Stadion An der Alten Försterei. Damit haben die Unterstützer des Vereins mal wieder bewiesen, dass ihr Leitspruch „Und niemals Vergessen Eisern Union“ auch heute noch das hält was er verspricht.
- Stadion An der Alten Försterei, Köpenick
Die Mutter mit totem Sohn
Von den ungezählten Statuen in Berlin, gehört diese zu den berührendsten. Zugegeben, sie steht nicht direkt im öffentlichen Raum sondern in der Neuen Wache, einem preußischen Palais des Berliner Meisterarchitekten Karl Friedrich Schinkel, das seit den 1990er-Jahren offiziell als Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft dient.
Im Zentrum des nach den Plänen aus dem Jahr 1931 eingerichteten Innenraums steht die Plastik „Mutter mit totem Sohn“ von Käthe Kollwitz. Die Künstlerin widmete ihr 1937/38 entstandenes Werk ihrem im Ersten Weltkrieg gefallenem Sohn. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl wählte das Werk persönlich für die Gedenkstätte aus.
- Neue Wache, Unter den Linden, Mitte
Der Schreitende
Ein Spaziergang durch Prenzlauer Berg und Pankow muss irgendwo beginnen und irgendwo enden, warum also nicht am U-Bahnhof Vinetastraße? Die Gestaltung des Bahnhofs ist nicht atemberaubend, da gibt es schönere U-Bahnhöfe in Berlin. Sehenswert ist aber die Skulptur „Der Schreitende“ des Bildhauers Rolf Biebl.
Eine lebensgroße Figur eines Mannes mit Sonnenbrille und Krawatte. Ein Fels in der Brandung an dem täglich ungezählte Menschen vorbeilaufen und wer weiß wie viele in den Bronzemann reinlaufen, weil sie so sehr auf ihr Smartphone konzentriert sind.
- U-Bahnhof Vinetastraße, Pankow
Zwei Kinder mit Schildkröte
Wie im Schloss Schönhausen, finden sich auch im Schlosspark in Köpenick einige Skulpturen. Statt auf die Hausherren von einst, konzentrieren sich die in DDR-Zeiten aufgestellten Werken eher auf harmlose Szenen des Alltags.
So etwa die Plastik „Kinder mit Schildkröte“, die 1972 nach den Entwürfen von Walter Lerche gegossen und im Park aufgestellt wurde. Von dem bereits 1951 verstorbenen Bildhauer, sind auch mehrere Arbeiten im Tierpark Friedrichsfelde zu sehen.
- Schlosspark Köpenick, Köpenick
Der Bauarbeiter
Wie die „Waffenbrüder“ am Anfang dieser Liste stammt auch „Der Bauarbeiter“ vom Bildhauer Gerhard Thieme. An etwas unspektakulärer Stelle steht er an der Karl-Liebknecht-Straße auf Höhe der Hirtenstraße. Kurz vor dem alten Bürogebäude des Berliner Verlags.
Die überlebensgroße Skulptur zeig den Helden des Sozialismus, der mit ausgestreckter Hand in Richtung Berliner Fernsehturm schaut. Wer sich hinter den behelmten Vorarbeiter stellt, kann die Blickachse so anpeilen, dass die Restaurantkugel zwischen den Fingern dieses Superproletariers erscheint. Danach schnell weg in Richtung Weinmeister- und Linienstraße abdriften. So wird es noch ein schöner Mitte-Spaziergang.
- Karl-Liebknecht-Straße/Hirtenstraße, Mitte
Die Amazone zu Pferd
So wie der Kentaur und die Nymphe, gehört auch die Amazone zu Pferd zum klassischen Motiv-Repertoire der Statuen in Berlin. Die Kriegerin mit entblößter Brust lässt sich aber heute durchaus als Vorreiterin der Emanzipation begreifen und ist bei einem Spaziergang durch den Tiergarten ein guter Wendepunkt, bevor man doch noch im Café am neuen See einkehrt oder am Wochenende zum Flohmarkt auf der Straße des 17. Juni schlendert.
Erschaffen hat die Plastik der Berliner Bildhauer Louis Tuaillon bereits um 1895, am Bestimmungsort im Großen Tiergarten wurde sie jedoch erst 10 Jahre später aufgestellt. Seitdem blickt die Amazone stolz in die Ferne und schaut schweigend dem Niedergang des Patriarchats zu.
- Floraplatz, Tiergarten
Der wilde Eber
Die Geschichte geht so: Zuerst gab es ein Gartenlokal mit dem Namen „Zum wilden Eber“. Dann erschuf Paul Gruson eine Skulptur, die das stolze Tier darstellte und schließlich bekam der ganze Platz in Dahlem den Namen.
Heute kann man an dem zwar grünen aber doch eher dem Autoverkehr überlassenem Platz nicht mehr zünftig einkehren. Doch das Bronzetier steht mitten auf der Verkehrsinsel und ist wild wie eh und je. Tipp: Über den Messelpark und die Pücklerstraße, vorbei an schönen Villen, gelangt man zum Brücke-Museum.
- Platz am Wilden Eber, Dahlem
Der Balanceakt
Vor der Zentrale des Axel-Springer Verlags an der Grenze von Kreuzberg und Mitte, stehen ja so einige Skulpturen, etwa die „Väter der deutschen Wiedervereinigung“, die Büsten von George Bush, Helmut Kohl und Michail Gorbatschow.
An der Ecke Axel-Springer und Zimmerstraße steht seit 2009 Stephan Balkenhols Arbeit „Der Balanceakt“, die einen Mann zeigt, der auf einer Mauer balanciert. Anlass für die Aufstellung der Arbeit war damals das 50-jährige Bestehen des Verlagsgebäudes. Balkenhols Werk thematisiert den Mauerfall und das Zusammenwachsen von Ost und West.
Und auch bei diesem Spaziergang müsste man sich am „Balanceakt“ entscheiden, ab ins Kreuzberger Dickicht oder rein in den Mitte-Trubel?
- Axel-Springer-Straße/Zimmerstraße, Kreuzberg
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