Es klingt eigentlich zu absurd, als dass es stimmen kann – und doch: Dass sich inzwischen auf Corona-Partys Menschen absichtlich infizieren, um der Impfung zu entgehen, ist offenbar Realität. In Österreich ist laut „Kleiner Zeitung“ ein 55-Jähriger gestorben, der sich bewusst bei anderen auf einer derartigen Veranstaltung angesteckt hat. Auch in der Schweiz soll es entsprechende Events geben. Da kann Berlin natürlich nicht hintenanstehen. Unser Autor befürchtet, dass keine Idee ist zu dumm, als dass ihr nicht irgendwer nachgehen würde.
Corona-Partys: Immer wieder Berichte über absichtliche Ansteckungen
Ganz aktuell machte auf diversen Kanälen ein Screenshot der Runde, der Menschen zu einer „Covid-Party@Pankow“ einlädt. „Garantiert werden zwei infizierte Boys.“ Eintritt, immerhin mit Getränken: 25 Euro, Positive dürfen gratis rein.
Nun ist leider nicht verifizierbar, ob genau diese Einladung nun eine echte ist, ob sich also am Montagabend tatsächlich irgendwo in Pankow erwachsene Menschen gegenseitig anhusten und wehend in bierseelige Runden ausatmeten, um sich mit Corona zu infizieren. Das Ding ist: Wenn sie es nicht dort getan haben, dann ist das in dieser Stadt nicht unwahrscheinlich, dass es irgendwo anders passiert. Es gibt ja auch Masern-Partys.
Inzwischen wird es bekanntlich eng für jene, die sich der Impfung verweigern. Immer mehr Restriktionen und angewandte 2G(-Plus)-Regeln, über die ihr hier mehr lest, machen es allen schwer, die sich vehement gegen Tests und Spritzen wehren. Jene eben, die allen anderen, übrigens der großen Mehrheit der Deutschen, gerade mit ihrem Arschlochtum Egoismus den Herbst und Winter versauen.
Anti-Impf-Szene: Bei manchen geistig nach unten nicht mehr viel Luft
Weil es im Querdenkerhirn dann vielleicht doch gelegentlich mal geradeaus geht (man will ja doch irgendwann mal wieder ins Kino oder aufs Konzert), werden Wege gesucht, das System auszutricksen. Die einen fälschen sich launig Impfpässe, die anderen Testergebnisse – und dazu gibt es eben, bisher nachweislich in Schweiz und Österreich, jene, die denken: ach, komm her, kost‘ ja nichts, ist ja nur ’ne Grippe, das hol ich mir mal. Wer einmal eine Querdenker-Demo gesehen, weiß, dass bei manchen geistig nach unten nicht mehr viel Luft ist. Ein Thema für unsere Stadt? Es wäre eine hirnrissige Ideen, aber wir wissen ja, dass Berlin ganz gut ist in hirnrissigen Ideen.
Theoretisch könnte man da gut sagen: Macht doch, was ihr wollt. Theoretisch wird es auch viele Menschen geben, die wenig Mitleid mit dem 55-Jährigen haben, der sich die Seuche bewusst ins Immunsystem ge- und sich damit weggeknallt hat. Dafür muss man nicht mal Zyniker sein. Gleichzeitig hat auch er vorm Ende ein Intensivbett belegt. Das ist tatsächlich Bilderbuch-Egoismus.
Es haben sich auch schon Menschen absichtlich mit HIV infiziert
Dabei ist es nicht völlig neu, dass Menschen sich bewusst mit einer Krankheit infizieren. So gibt es für die absichtlich Selbstinfektion mit HIV sogar ein Fachwort, „Pozzing“ beziehungsweise im Englischen „Bug Chasing“. Im Internet finden sich Foren zum Thema, oft steckt dahinter Angst, sich irgendwann ohnehin zu infizieren, oder auch der Wille, unbesorgt Sex haben zu können mit anderen Positiven. Wobei diese Sorge im Falle von HIV inzwischen unbegründet ist, da es inzwischen ein Medikament gibt, das auch bei Infizierten die nachweisbare Virenlast in den nicht nachweisbaren Raum drückt – und somit vor der Infektion und Übertragung schützen.
Jenes Medikament, Prep, war ein Segen für promiskuitive Menschen, die gern und oft ungeschützt Sex haben, aber auch für Sexarbeiter:innen. Bei Covid ist das Absurde, dass das Schutzmittel existiert, aber ignoriert wird – was hier sogar noch schlimmer ist. Denn dass man sich im Theater oder bei einem Konzert zufällig HIV holt, ist quasi ausgeschlossen. Corona verteilt sich dagegen schnell auf Unbeteiligte.
Das Bekloppte an Corona-Partys, an absichtlicher Ansteckung, ist, dass die Menschen nachweislich mit ihrem Leben spielen – und dem aller anderen, die keinen Bock haben, sich zu infizieren. Das ist schlicht und ergreifend das Letzte. Und trotz aller Dramatisierungen der Imfpgegner:innen und dem Geschrei derer, die abstruse Verschwörungstheorien glauben – die Zahl der Impftoten ist ziemlich, ziemlich gering. Die der Corona-Toten nicht. Aber wie gesagt, es gibt keine Idee, die so bescheuert ist, dass ihr nicht doch irgendjemand nachgeht.
Wo und wie man sich in Berlin impfen lassen kann, lest ihr hier. Eine Impfpflicht für viele Bereiche ist durchaus richtig, kommentieren die tip-Herausgeber Robert Rischke und Yoram Roth. Lieber auf Nummer sicher gehen: Der Überblick zum Thema Schnelltest in Berlin. Neben Corona geht das Leben weiter: Wir haben regelmäßig interessante Tipps für eure Freizeit in Berlin: Besondere Events, Festivals und Ausstellungen. Was uns bewegt, darüber schreiben wir in unserer Stadtleben-Rubrik.