Architektur

Alfred Grenander: Die schönsten Bahnhöfe des prägenden Architekten

Wer sich mit der U-Bahn durch Berlin bewegt, ist bestens mit dem Werk von Alfred Grenander vertraut, auch ohne diesen Namen je gehört zu haben. Der schwedische Architekt (1863–1931) ist Schöpfer von rund 70 U-Bahnstationen in Berlin und beeinflusst den Alltag in der Stadt. Wir gehen der Sache auf den (Unter-)Grund und zeigen euch 12 der schönsten U-Bahnhöfe von Alfred Grenander in Berlin.


Jannowitzbrücke

Die schönsten U-Bahnhöfe und Bauten von Alfred Grenander in Berlin : U-Bahnhof Jannowitzbrücke
Grenander hat das Prinzip der Kennfarbe entwickelt. An der Jannowitzbrücke ist das offensichtlich gelb. Foto: Imago/PEMAX

Der U-Bahnhof Jannowitzbrücke stammt aus der späteren Schaffensphase von Alfred Grenander, nämlich aus dem Jahr 1930. Besonders auffällig sind die sonnengelben Wandfliesen. Vor allem bei den U-Bahnhöfen auf der Linie der heutigen U8, aber auch auch entlang der U2, U5 und U6 wandte Grenander das Prinzip der Kennfarbe an. Jeder Bahnhof bekam eine eigene, leuchtende Farbe, die das Erscheinungsbild bestimmte, sodass die Fahrgäste in den U-Bahnen sofort wussten, wo sie sich befinden, wenn die Bahn einfuhr.


Sophie-Charlotte-Platz

Die schönsten U-Bahnhöfe und Bauten von Alfred Grenander in Berlin : Eine girlandenförmig geschwungene Decke ziert den von Alfred Grenander entworfenen U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz. Foto: Imago/Jürgen Heinrich
Eine girlandenförmig geschwungene Decke ziert den von Alfred Grenander entworfenen U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz. Foto: Imago/Jürgen Heinrich

Der U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz gehört zu den frühen U-Bahnhöfen Alfred Grenanders. Wie bei den meisten seiner Werke vor 1910 – der Bahnhof wurde 1908 fertiggestellt – ließ sich Grenander beim U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz vom Jugendstil beeinflussen, der in Berlin auch andernorts Spuren hinterlassen hat. Dieser Architekturstil war eine Antwort auf die fortschreitende Industrialisierung und suchte erstens die Handwerkskunst zu erhalten und zweitens das Künstlerische in den Alltag zu integrieren.

Typisch Jugendstil sind im U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz die geschwungenen fließenden Linien der Decke. Seit den 1980er-Jahren schmücken 26 großflächige Gemälde, die den U-Bahn-Betrieb um 1900 abbilden, die Wände. Noch viel älter allerdings sind die Sitzbänke im Bahnhof.


Gesundbrunnen

Tief, tief hinunter geht's am Gesundbrunnen. Die von Alfred Grenander gewählte Kennfarbe ist hier Türkis. Foto: Imago/Olaf Wagner
Tief, tief hinunter geht’s am Gesundbrunnen. Die von Alfred Grenander gewählte Kennfarbe ist hier Türkis. Foto: Imago/Olaf Wagner

Am U-Bahnhof Gesundbrunnen zuckeln die längsten Rolltreppen der Berliner U-Bahn Tag und Nacht nach oben und wieder nach unten. Das macht es zu einem besonderen Erlebnis, wenn man sich an der größten U-Bahnstation im Berliner Norden in den Untergrund begibt. Man fährt und fährt und kommt erst nach einer gefühlten Ewigkeit tief unter der Erde in Grenanders türkisfarbener Station an – nach 14,5 Metern, um genau zu sein. Nimmt man die Treppe, kommt man an einem der großen Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg vorbei. Mehr zur Geschichte des Bahnhofs Gesundbrunnen lest ihr hier.


Eberswalder Straße

Die schönsten U-Bahnhöfe und Bauten von Alfred Grenander in Berlin: U-Bahnhof Eberswalder Straße
Symmetrisch und wunderschön: der Hochbahnhof Eberswalder Straße. Foto: Imago/Rolf Zöllner

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Ohne sich weit aus dem Fenster zu lehnen, könnte man sagen, dass die Kreuzung Eberswalder Straße für viele Berliner:innen und und Berlin-Besucher:innen ein besonderer Ort ist, ein Sehnsuchtsort vielleicht sogar. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran hat sicher die Hochbahnstation Eberswalder Straße. Alfred Grenander ließ sie zwischen 1911 und 1913 errichten. Wir finden: eines seiner Glanzstücke. Der Bahnhof besticht mit seinen einfachen, klaren Formen, die trotzdem elegant sind und davon zeugen, dass sich jemand viele Gedanken über Design und Symmetrie des Bahnhofs gemacht hat. Typisch für einen Grenander-Bahnhof ist auch die wohlüberlegte Anordnung der Lampen im Raum.


Spittelmarkt

Die schönsten U-Bahnhöfe und Bauten von Alfred Grenander in Berlin : U-Bahnhof Spittelmarkt
U-Bahnhof mit Tageslicht: der Spittelmarkt. Foto: Imago/Thilo Folesky

Wenn man es weiß, erkennt man die Ähnlichkeit: Der U-Bahnhof Spittelmarkt stammt aus demselben Jahr wie der U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz. Fast die gleichen girlandenartig geschwungenen Linien prägen die Decke, und helle gebrannte Fliesen verkleiden die Wände. Etwas aber ist besonders am U-Bahnhof Spittelmarkt: Durch die hohen Bogenfenster fällt Tageslicht hinein, das zusammen mit den Gittern davor Muster auf den Boden zeichnet. Das Licht gibt diesem U-Bahnhof von Alfred Grenander eine einzigartige Atmosphäre – kein Wunder, sind doch die meisten anderen Stationen tief unter der Erde.


Nollendorfplatz

Die Eingangshalle zum U-Bahnhof Nollendorfplatz. Foto: Imago/Joko

So majestätisch wie die Kuppel des U-Bahnhofs Nollendorfplatz über der Kreuzung thront, mit ihren geraden und geschwungenen Linien, könnte man denken, sie stamme ebenfalls von Alfred Grenander. Doch der schwedische Architekt hat nur die Eingangshalle des Bahnhofs entworfen. Die aber schmiegt sich perfekt an den Rest des Bahnhofs an und bildet das perfekte Verbindungsstück zwischen den Bahnsteigen der U3 und U4 unter der Erde und der U2 oben.

Auch hier hat Grenander wieder mit dem Licht gespielt, sodass es heller ist, als man von außen denkt. 1926 gebaut, erkennt man am Nollendorfplatz und der kubischen Form des Gebäudes, dass Grenander zu dieser Zeit bereits von den Ideen des Neuen Bauens und der Neuen Sachlichkeit beeinflusst war.


Hochbahnhof Kottbusser Tor

Ikonisch, oben wie unten: der U-Bahnhof Kottbusser Tor. Foto: Imago/Hoch Zwei Stock/Angerer

Der U-Bahnhof Kottbusser Tor ist durch und durch Grenander. Unten ist das erkennbar an der Kennfarbe der Fliesen, auch wenn man beim Kottbusser Tor weniger von Farbe als irgendetwas Undefinierbarem, leicht Fliederfarbenem sprechen würde. Oben thront der Hochbahnhof über einer der wichtigsten Kreuzungen Kreuzbergs – und der wohl berüchtigsten. Nietenbesetzte Stahlträger durchziehen Dach und Wände des Hochbahnhofs – auch eines von Grenanders Markenzeichen. Besonders schön ist es im Bahnhof, wenn von Süden her die Sonne durch die alten Fenster scheint und man auf den Kottbusser Damm blickt.


Wittenbergplatz: Alfred Grenanders Meisterwerk

Mit der Eingangshalle des U-Bahnhofs Wittenbergplatz hat Alfred Grenander sich selbst übertroffen. Foto: Imago/Schöning

Das oberirdische Empfangsgebäude des U-Bahnhofs Wittenbergplatz gilt als Grenanders Meisterwerk. Wer vom Wittenbergplatz aus U1, U2 oder U3 fahren will, betritt eine kreuzförmige Eingangshalle mit neoklassizistischen Formen und quadratischem Turmaufsatz. Durch die oberen Fenster erfüllt ein besonderes Licht den Raum, das ergänzt wird von wohlplatzierten Deckenlampen. Das Stoppelfeld-Gelb ergänzt die anderen Erdfarben wunderbar, es gibt Braun-Beigetöne und ein mattes Weiß. Der Bahnhof ist ein Beispiel für einen Grenander-Bau, bei dem sich die Stile vermischen: Er ist klar neoklassizistisch, enthält aber auch Elemente des Jugendstil. Außen ist der Stahlfachwerkbau mit Muschelkalkplatten verkleidet. Direkt vor einem der Ausgänge steht dann das KaDeWe.


Klosterstraße

Am U-Bahnhof Klosterstraße zeigt sich eine unwahrscheinliche Verbindung zum Pergamonmuseum. Foto: Imago/Imagebroker/Stephan Laude

Da sind sie wieder: Grenanders nietenbesetzte Stahlsäulen. Am auffälligsten aber ist im U-Bahnhof Klosterstraße wohl die Beleuchtung. An seiner Decke hängen Glühbirnen, die den Bahnsteig in ein eigenartig oranges, schummriges Licht tauchen. Im südlichen Eingangsbereich schmücken bunte babylonische Palmen die Wand. Sie sind jenen im Palast von König Nebukadnezar ll. von Babylon nachempfunden. Die gleichen Fliesen findet man am Nachbau des Ischtartors im Pergamonmuseum: Für dieses waren aus Versehen mehr Fliesen produziert worden, als man eigentlich brauchte. 


Hermannplatz

Gelb-graue Wände, hohe Decken: Alfred Grenander hat auch den markanten U-Bahnhof Hermannstraße entworfen. Foto: Imago/Travel-Stock-Image

Mit dem Hermannplatz befindet sich noch ein U-Bahnhof mit sonnengelben Elementen auf der Linie der U8 – wohl aber einer, der viel wuseliger, größer und auch krimininalitätsbelasteter ist als der an der Jannowitzbrücke. Außerdem auch grauer: An Wänden des Bahnsteigs der U8 hat Grenander stahlgraue Fliesen benutzt, nur die oberen und unteren Ränder und die Säulen sind gelb. Auf dem dem Bahnsteig der U7 dagegen dominiert das Gelb, auch wenn er im unteren Bereich dieselben grauen Fliesen verwendet hat. Die Decken auf dem Bahnsteig sind ungewöhnlich hoch, so hoch, dass man fast denken könnte, man befinde sich in einer Halle. Ballustraden und die Muster in der Decke verstärken diesen Eindruck.


Märkisches Museum

Fast hätte der U-Bahnhof Märkisches Museum sein Gesicht verloren. Foto: Imago/Volker Hohlfeld

Der U-Bahnhof Märkisches Mueseum ist mit seiner rund gewölbten Decke, den kleinen gebrannten Fliesen in grün, weiß, dunkel- und hellgrau einer der ältesten und zweifellos auch einer der schönsten U-Bahnhöfe Berlins. Doch 1998 hätte er fast das Gesicht verloren, das sein Architekt Alfred Grenander ihm verpasst hat. Damals hatte der Bahnhof eine Sanierung bitter nötig. Doch die Bauleiter waren voreilig: Ohne Zustimmung der Denkmalschutzbehörde ließen sie die Fliesen abschlagen. Nachdem das Kind schon in den Brunnen gefallen war und die alten Fliesen höchstens noch als Mosaiksteine benutzbar waren, einigte man sich, den U-Bahnhof denkmalgerecht zu sanieren und alle Fliesen originalgetreu nachzubrennen.


U-Bahnhof Kaiserdamm

An den Wänden kleben nicht mehr die originalen Fliesen, der Grenander-Charme geht dadurch aber nicht verloren. Foto: Imago/Matthias Koch

Wie eine Galerie hat Alfred Grenander den U-Bahnhof Kaiserdamm über die Straßenbrücke, die über die Stadtautobahn und die Ringbahngleise führt, gebaut. Die von ihm verwendeten weißen Fliesen schmücken die Wände des U-Bahnhofs Kaiserdamm zwar nicht mehr, seit er 1986 saniert wurde. Der Stil des Hausarchitekten der Berliner Hochbahngesellschaft ist trotzdem noch immer klar erkennbar. In der Mitte tragen Säulen im Jugendstil die Decke – der U-Bahnhof wurde zusammen mit dem Sophie-Charlotte-Platz und dem Theodor-Heuss-Platz (früher Reichskanzlerplatz). Und die Stahlträger, die von einer Wand zur anderen verlaufen, verleihen ihm eine regelmäßige Struktur mit fast hypnotisierender Wirkung. Übrigens: Der U-Bahnhof Kaiserdamm trug in den 1960er-Jahren kurzzeitig den Namen Adenauerdamm. Nach heftigem Protest der Bevölkerung aber ging es mit der Rückbenennung sehr schnell: Adenauer war in Berlin nicht sehr beliebt.


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Alfred Grenander ist der eine prägende Architekt der Berliner U-Bahn. Der andere große Baumeister heißt Rainer G. Rümmler – seine schönsten U-Bahnhöfe und Gebäude seht ihr hier. Hier sind architektonische Juwelen: Diese Berliner-U-Bahnhöfe sind auch ohne ein Ticket einen Besuch wert – aber kommen nicht überall gut an: Das sind die lustigsten Google-Bewertungen von Berliner Bahnhöfen. Wenn ihr mehr über Baukunst wissen wollt, besucht unsere Rubrik zur Architektur in Berlin. Wenn ihr im Untergrund ins Detail gehen wollt: Station für Station mit der U1, U2U3, U4, U5, U6, U7, U8 und U9. Auf einen Blick: Die Berliner U-Bahnlinien im Überblick.

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