Architektur

Die Fassaden in Berlin sind Kunstwerke – man muss nur genau hinschauen

Auch in Berlin sind die Fassaden das Gesicht der Stadt. Klassisch und mondän, monoton und langweilig oder futuristisch und spektakulär, egal wie, die Fronten der ungezählten Gebäude machen das urbane Erleben aus. Hier zeigen wir 12 spannende Fassaden, einige sind einzigartig und werden sofort erkannt, andere sieht man gefühlt überall, und doch sind sie im Zusammenspiel die Mixtur, aus der sich Berlin zusammensetzt.


BND mit Palme

Berlin Fassaden: Die BND-Zentrale, Mitte. Foto: Imago/Ipon
Die BND-Zentrale, Mitte. Foto: Imago/Ipon

Überwachungskamera, hohe Zäune und eine künstliche Palme. Hierbei handelt es sich nicht um eine dystopische Kunstinstallation, sondern um die Fassade der in Mitte beheimateten Zentrale des Bundesnachrichtendiensts BND. Auf der Rückseite des Gebäudes stehen zwei 22 Meter hohe künstliche Palmen aus Plastik, gestaltet vom Künstler Ulrich Brueschke.


Geometrische Komposition #1

Fassade am Kurfürstendamm. Foto: Imago/Steinach
Fassade am Kurfürstendamm. Foto: Imago/Steinach

Besonders interessant wirken moderne Fassaden aus der Nähe, wenn man sich ein Detail herauspickt und plötzlich die Architektur verschwindet. Was bleibt, sind abstrakte Muster, so wie in diesem Fall, der Fassade eines modernen Bürogebäudes am Kurfürstendamm.


Gespiegelter Turm

Fernsehturm spiegelt sich in einer Glasfassade. Foto: Imago/Thomas Trutschel/Photothek
Fernsehturm spiegelt sich in einer Glasfassade. Foto: Imago/Thomas Trutschel/Photothek

Ein verglastes, würfelförmiges Gebäude ziert seit 2020 die südliche Seite des Hauptbahnhofs am Washingtonplatz, direkt an der Spree. Der Luxusbüro-Kubus wirkt wie eine überdimensionierte Skulptur, in dessen verglasten, nach innen gefalteten Fassaden sich die Umgebung spiegelt und so neue Raumdimensionen erschaffen werden. The Cube ist so futuristisch wie seine Fassade – das 42 Meter hohe Gebäude ist mit 3.800 Sensoren versehen und ermöglicht Mietern mithilfe einer App beispielsweise die individuelle Einstellung von Licht und Temperatur sowie die Buchung von Arbeitsplätzen.


Unbeabsichtigte Achsenverzerrung

Berlin Fassaden: Glasfassade des Hotels Park Inn am Alexanderplatz. Foto: Imago/Snapshot Photography/F. Boillot
Glasfassade des Hotels Park Inn am Alexanderplatz. Foto: Imago/Snapshot Photography/F. Boillot

Die Stahl und Glas-Konstruktionen prägen in den USA die meisten Großstädte. In Berlin gibt es die Traufhöhe, daher kennt man spektakuläre Wolkenkratzer eher aus dem Kino oder dem Urlaub. Doch am Alexanderplatz planen Investoren, ein kleines Downtown zu errichten, das die Skyline der Stadt verändern soll. Eine Einstimmung bietet seit den späten 1960er-Jahren das 125 Meter hohe Gebäude, in dem derzeit das Hotel Park Inn residiert. Mehr zu Hochhäusern in Berlin lest ihr hier.


Neues Wohnen im 21. Jahrhundert

Berlin Fassaden: Schicke Neubauten in zentraler Lage. Foto: Imago/Sabine Gudath
Schicke Neubauten in zentraler Lage. Foto: Imago/Sabine Gudath

Herausragende moderne Bauwerke wie Museen, Bahnhöfe und Bürotürme prägen die Stadt auf den ersten Blick, sie sind berühmt, oft von Stararchitekten entworfen und gelten als Sehenswürdigkeiten. Die Stadt verändert sich aber viel nachhaltiger im Kleinen. Der Wohnungsbau nimmt wesentlich mehr Raum ein und ist zwar nicht ganz so prominent, aber durch neue Konzepte, politische Entscheidungen und die Preisentwicklung auf dem Wohnungsmarkt, stellen die schicken Lofts, neu errichtete Siedlungen und Blöcke mit luxuriösen Eigentumswohnungen die Weichen für eine Zukunft der Stadt, in der die neuen Bewohner anders wohnen und anders leben werden. Sauber, teuer, weniger durchmischt, unter sich.


Altberliner Hofkultur

Berlin Fassaden: Fliesen und Spitzbögen in den Hackeschen Höfen. Foto: Imago/Shotshop
Fliesen und Spitzbögen in den Hackeschen Höfen. Foto: Imago/Shotshop

Die Hackeschen Höfe sind wegen des Kinos, Cafés, Restaurants, Geschäfte und Wohnungen stadtbekannt. Unvorstellbar, dass ein heute so angesehenes Viertel einst außerhalb der Berliner Stadtmauern lag, im Zweiten Weltkriegs zerstört und während der deutschen Teilung nahezu vergessen wurde. Heute pulsiert hier wieder das Leben. Am 23. September 1906 eröffneten die von dem Architekten Kurt Berndt geplanten und gebauten Hackeschen Höfe. Der Berliner Architekt und Kunsttheoretiker August Endell verlieh dem Gebäudekomplex seine Fassade im Jugendstil, auf den wir hier genauer eingehen.


Der Balkon ist politisch

Mieterprotest gegen den Verkauf ihres Mietshauses. Foto: Imago/Sabine Gudath
Mieterprotest gegen den Verkauf ihres Mietshauses. Foto: Imago/Sabine Gudath

Die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist extrem, der Mietendeckel ist gekippt, die Mieten explodieren, mitunter wird auch mal eine 2-Zimmer-Wohnung mit Ofenheizung für 875 Euro Kaltmiete angeboten. Der Kampf ums Wohnen ist in vollem Gange und nicht selten wird er an den Fassaden der Altbauten sichtbar gemacht. So wie hier in Friedrichshain, wo ein Haus von einem neuen Investor übernommen wurde und die Altmieter durch Luxussanierungen und Eigenbedarfsklagen um ihre Wohnungen fürchten müssen.


West-Berliner Retrofuturismus

Fassade des geschlossenen Internationalen Congress Centrums (ICC). Foto: Imago/imageBROKER/Stephan Laude
Fassade des geschlossenen Internationalen Congress Centrums (ICC). Foto: Imago/imageBROKER/Stephan Laude

Direkt am S-Bahn-Ring ist in den späten 1970er-Jahren ein Raumschiff gelandet: Das Internationale Congress Centrum, kurz ICC. 313 Meter lang und fast 40 Meter hoch ist der Bau von Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte – und mit Baukosten von damals mehr als 900 Millionen Mark war es das teuerste Gebäude West-Berlins.


Farben der Stadt: Rot

Markantes Wohnhaus mit roter Fassade. Foto: Imago/Shotshop
Markantes Wohnhaus mit roter Fassade. Foto: Imago/Shotshop

Das Wohngebäude am Lokdepot zwischen Gleisdreieck und Südkreuz gehört aufgrund der roten Fassade zu den prägnantesten Gebäuden im Berliner Süden. Besonders wenn die Abendsonne auf das sechsgeschossige Gebäude aus tiefrot gestrichenem Stahlbeton trifft, ist die Konstruktion aus hervorstehenden Balkonen und Loggien ein Hingucker. Andererseits aber steht der rote Kasten für ein Problem: Wenn es Architekturbüros und Wohnungsunternehmen neu bauen, dann sind es meistens teure Eigentumswohnungen, die sich nur die Wohlhabenden leisten können.


Serielles Leben

Plattenbau in Marzahn. Foto: Imago/Zoonar
Berlin Fassaden: Plattenbau in Marzahn. Foto: Imago/Zoonar

Ein Grauen für Anthroposophen, statt runder und organischer Formen ist der Plattenbau nicht nur in Berlin von strenger Geometrie bestimmt. Der 90-Grad-Winkel ist hier Gesetz, die Gleichförmigkeit der verbauten Fassadenelemente erinnert an ein Legohaus. Alles gleich. Wohnmaschine wurden solche Gebäude genannt, deren theoretischer Ursprung auf den berühmten Architekten Le Corbusier zurückgeht, der mit seiner „Unité d’Habitation“ (Wohneinheit) der modernen Wohnungsbau nachhaltig veränderte. In Berlin, der Stadt in der sich moderne Architektur immer wieder entfalten konnte, wurde nach seinen Plänen das Corbusierhaus gebaut (und nach ihm benannt).


In den Wellen

Das Shell-Haus am Reichpietschufer. Foto: Imago/Mario Martinez/Addictive Stock
Das Shell-Haus am Reichpietschufer. Foto: Imago/Mario Martinez/Addictive Stock

In den frühen 1930er-Jahren entstand das moderne Bürogebäude am Reichpietschufer im Auftrag eines Hamburger Mineralölkonzerns. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es vom Shell-Konzern übernommen und diente später der nicht mehr existierenden Bewag als Hauptsitz der Verwaltung. Seit 1958 steht der in Stahlskelettbauweise, nach Plänen von Emil Fahrenkamp errichtete Bau, der stilistisch der Neuen Sachlichkeit zugeordnet wird, unter Denkmalschutz. Die in senkrechten Wellen strukturierte Fassade macht das Shell-Haus einzigartig. Leider lässt es sich nur von außen besichtigen, da das ungewöhnliche Gebäude heute vom Bundesministerium der Verteidigung genutzt wird. In unmittelbarer Nähe befinden sich einige der interessantesten Botschaftsgebäude in Berlin.


Zurück zur Natur

Grün ist die Zukunft, eine bewachsene Altbaufassade. Foto: Imago/Sabine Gudath
Berliner Fassaden: Grün ist die Zukunft, eine bewachsene Altbaufassade. Foto: Imago/Sabine Gudath

Mit der Zeit entwickelten sich die Berliner Altbauten in unterschiedliche Richtungen und nahmen einen eigenen Charakter an. Es gibt heruntergekommene Mietskasernen, die einst glänzten und heute marode vor sich hin vegetieren. Und es gibt flippig-bunte, solide und langweilige, kaputt-sanierte und sterile oder verwunschen-romantische Häuser. Oft übernehmen sie die Attribute von ihren Eigentümern oder den Bewohnern oder sie passen sich an die Umgebung an. Häuser haben eine Seele, diese Prenzlauer Berger Mietskaserne ist zum Beispiel ein ökologisch bewegter Schrat.


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