Architektur

So imposant sind die historischen Postgebäude in Berlin

Die ehemaligen Postgebäude in Berlin sind wirklich auffällig, aber ihren einstigen Zweck erahnt man nur noch selten. Dass dort einst die Post abging, glaubt man kaum, wenn man bloß das genervte Schlangestehen in den immer gleichen servicegelben Filialen gewohnt ist. Aber als der Brief noch ein wichtiges Kommunikationsmedium war und die Post eine mächtige Behörde, wurden wahre Kathedralen der Kommunikation errichtet: prunkvolle Direktionen, festungsartige Postämter und innovative Zuteilungszentren. Entsprechend gern werden diese Postgebäude in Berlin heute anderweitig genutzt. 12 bedeutende Postgebäude in Berlin stellen wir euch hier vor.


Reichspostamt, heute Museum für Kommunikation

Ein Palast für die Post, und oben die Weltkugel: Das ehemalige Reichspostamt zählt zu den schönsten Postgebäuden in Berlin. Foto: Imago/Imagebroker
Ein Palast für die Post, und oben die Weltkugel: Das ehemalige Reichspostamt zählt zu den schönsten Postgebäuden in Berlin. Foto: Imago/Imagebroker

Die Post ist heute als Aktiengesellschaft ein internationaler Logistikkonzern. Den Look des 1995 privatisierten Unternehmens prägen Bauwerke aus Glas und Stahl. Als die Post hingegen noch eine mächtige Behörde im Kaiserreich war, unterstanden ihr auch die Telegrafie und das Bauwesen. Entsprechend pompös mussten die Zentralen aussehen.

Eines der eindrucksvollsten Zeugnisse dieser Zeit ist das Reichspostamt, dessen Bau 1871 begonnen hatte: Auf fast 3000 Quadratmetern entstand in Mitte nach Entwürfen von Carl Schwatlo ein klassische und beeindruckender Bau, dem auch Kaiser Wilhelm I. sein Lob zollte. Hier war nicht nur der Sitz einer Behörde untergebracht, sondern auch ein frühes Museum für das Postwesen.

Das scherzhaft als „Postkolosseum“ bezeichnete Gebäude erlitt im Zweiten Weltkrieg schwere Zerstörungen und blieb lange eine Ruine. Erst 1987 begannen zaghafte Instandsetzungsversuche. Im Jahr 2000 waren umfangreiche Restaurierungsarbeiten abgeschlossen – und ein neues Kapitel begann: Heute befindet sich hier das Museum für Kommunikation, das nicht nur ein Exemplar der weltberühmten Briefmarke „Blaue Mauritius“ zu seiner Sammlung zählt, sondern über die Geschichte des Postwesens und Schriftverkehrs ganz allgemein aufklärt.

  • Museum für Kommunikation Leipziger Straße 16, Mitte, Tel. 030/20 29 40, mehr Infos hier

Postfuhramt

Das Postfuhramt beweist, wie repräsentativ für die kaiserliche Behörde gebaut wurde. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Carl Schwatlo, Architekt zahlreicher Postgebäude in Berlin, entwarf auch dieses aufwendige Bauwerk, das 1881 fertiggestellt wurde. Das Postfuhramt entstand, weil die Bedingungen für Nutztiere in der wachsenden Stadt abscheulich waren: In den alten Stallungen starben in den 1870er-Jahre die Pferde wie die Fliegen. Das erste, was auf dem Gelände an der Oranienburger Straße neu gebaut wurde, waren also etwas würdigere Unterbringungen für die damals noch unverzichtbaren Tiere.

Das neue Postfuhramt, das die Aufgaben des königlichen Posthalters übernehmen sollte, wurde ein prunkvoller Klinkerbau mit gelber Fassade und bunten Schmuckelementen in Blau und Rot, dessen Kuppeln Bezug nehmen auf die Neue Synagoge ganz in der Nähe. Der Bau ist über und über verziert mit allegorischen Skulpturen, reichhaltigen Ornamenten und plastischen Porträts berühmter Männer, die sich seit vorchristlicher Zeit um das Postwesen verdient gemacht haben.

1995 war es hier mit dem Postbetrieb vorbei, 2005 wurde das ehemalige Postgebäude verkauft. Spektakulär war vor allem eine Installation, bei der das Haus mit Tausenden Liebesbriefen verhüllt wurde – und die Zwischennutzung als Kunstort. Zeitweise war hier das Fotohaus C/O Berlin untergebracht, das aber mittlerweile an der Hardenbergstraße eine dauerhafte Bleibe gefunden hat. Das ehemalige Postgebäude gehört heute einem medizintechnischen Unternehmen.

  • Postfuhramt Oranienburger Straße 36, Mitte

Alte Post Neukölln

An der Neuköllner Karl-Marx-Straße steht ein beeindruckendes Postgebäude im Neorenaissance-Stil. Foto: A.Savin (Wikimedia Commons, WikiPhotoSpace), FAL
An der Neuköllner Karl-Marx-Straße steht ein beeindruckendes Postgebäude im Neorenaissance-Stil. Foto: A.Savin (Wikimedia Commons, WikiPhotoSpace), FAL

Dafür, dass die Karl-Marx-Straße in Neukölln nicht den besten Ruf hat – laut, chaotisch, hektisch und drängelig – kann sie architektonisch ganz schön auftrumpfen. Das liegt am Rathaus, das hier alles in den Schatten stellt. Und am Amtsgericht sowie der bemerkenswert schönen alten Post, die ein Ensemble bilden, das die Karl-Marx-Straße dominiert. Das 1900 errichtete Postgebäude sollte ewige Provisorien im damals eigenständigen Rixdorf ersetzen – und architektonische Akzente setzen. So filigrane, an der Renaissance orientierte Bauwerke waren im wilhelminischen Hauptstadtgebiet, das gern klassisch daherkam, jedenfalls selten.

1906 wurde das Postamt eröffnet, die Post ging hier noch fast 100 Jahre später ab, doch 2003 war Schluss mit Anstehen am Schalter, das Gebäude steht seither leer. 2017 wurde die Baugenehmigung erteilt, um es umfassend zu sanieren und umzugestalten – weil die Denkmalpflege dabei so wichtig ist (und auch 1980er-Jahre-Umbauten längst unter Denkmalschutz stehen), ist das Unterfangen nicht ganz einfach. Irgendwann könnten hier allerdings Büros, Gastronomiebetriebe und Einzelhandel einziehen, dann ist das Bauwerk nicht mehr nur Blickfang, sondern macht sich wieder nützlich. Übrigens: Wer mal nach Thionville in Lothringen fährt, entdeckt dort ein fast baugleiches Postgebäude.

  • Alte Post Karl-Marx-Straße 93, Neukölln

Postamt SW 11

Die hellen Travertinplatten machen die Fassade dieses Postgebäudes so beeindruckend. Foto: Imago/Schöning
Die hellen Travertinplatten machen die Fassade dieses Postgebäudes so beeindruckend. Foto: Imago/Schöning

Das Briefaufkommen in Berlin war beständig gewachsen, in den 1930er-Jahren waren Postämter mit Verteilerzentren an Verkehrsknotenpunkten der Stadt nötig geworden. Das ehemalige Großbriefverteileramt SW 11 in Kreuzberg war seinerzeit eins der wichtigsten Postgebäude in Berlin – und ein erster Bauabschnitt wurde 1933 in nur wenigen Monaten fertiggestellt.

Dem Bau fehlte allerdings etwas, das die Nazis in ihrer Vorstellung gelungener Architektur sehr schätzen: die überwältigende Monumentalität. Ein schmuckloser Backsteinbau, ganz der Neuen Sachlichkeit verpflichtet, zeichnet den ersten Bauabschnitt aus. Der zweite, deutlich markantere Abschnitt wurde von Oberpostbaurat Georg Werner gestaltet, der eine streng vertikal gegliederte Fassade entwarf, die vollständig mit Kalkplatten verkleidet ist. Über einen Tunnel war das Postgebäude an den Anhalter Bahnhof angebunden, im Innern fanden sich auch Dienstwohnungen, auf dem Dach sogar ein Garten zur Erholung.

Dass der Bau heute ein Hotel beherbergt, ist da also naheliegend. Schon in den 1990er-Jahren genügte das Postgebäude den Ansprüchen nicht mehr. Der denkmalgeschützte und repräsentative Bau wurde umfassend saniert, seinen Glanz strahlt er unter dem Namen „Crowne Plaza Berlin – Potsdamer Platz“ aus – auch wenn der Potsdamer Platz gar nicht wirklich der Nachbarschaft liegt.

  • Postamt SW 11/Crowne Plaza Berlin – Potsdamer Platz Möckernstraße 135–138/Hallesche Straße 10–14, Kreuzberg

Postamt N65 Wedding

Viele Postgebäude in Berlin sind aus Backstein gemauert und mit expressionistischen Details versehen. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Viele Postgebäude in Berlin sind aus Backstein gemauert und mit expressionistischen Details versehen. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Ehemalige Postbezirke sind in Berlin identitätsstifend. Das weiß man in Kreuzberg am besten, zwischen den Postzustellbezirken SO36 und 61 herrscht ein friedlicher Konflikt. Aber auch im Wedding tauchen die Tags an den Wänden auf: 65, wie N65, einer der Berliner Postbezirke im Norden. Das entsprechende Postgebäude an der Gerichtstraße sticht sofort ins Auge: Entstanden ist der Bau in den späten 1920er-Jahren, stilistisch steht das Gebäude dem Expressionismus nahe: Der Stahlskelettbau ist mit Klinkern verblendet und ausdrucksstark verziert, das detaillierte Relief steht unter Denkmalschutz.

Geschaffen hat die Fassade der Bildhauer Walter Reger, dessen plastische Arbeiten für Abstraktion und Freude am Experimentellen bekannt sind. Besonders auffällig ist auch der stilisierte Reichsadler, der seine Flügel über dem Schriftzug „Postamt“ ausstreckt – man mag Adler per se verdächtig finden, aber den Nazis war Regers Schaffen ein Dorn im Auge, seine Kunst galt als „entartet“, schon im Herbst 1933 durfte er seinen Lehrberuf nicht mehr ausüben.

  • Postamt N65 Wedding Gerichtstraße 50-51, Wedding

Fernamt Schöneberg

Postgebäude in Berlin wurden oftmals als expressionistische Festungen gestaltet, so wie das Fernamt Schöneberg. Foto: Onkel Dittmeyer/Wikimedia Commons/CC BY-SA 4.0
Postgebäude in Berlin wurden oftmals als expressionistische Festungen gestaltet, so wie das Fernamt Schöneberg. Foto: Onkel Dittmeyer/Wikimedia Commons/CC BY-SA 4.0

Der Architekt Otto Spalding (1863–1945) ist einer der wichtigsten Architekten für Postgebäude in Berlin. Lange Zeit war er dem Jugendstil verpflichtet, der auch in Berlin schöne Gebäude hervorgebracht hat. Mit seinem Schwager Alfred Grenander unterhielt Spalding ein Architekturbüro, 1901 trat er in den Dienst des Postwesens. Mit den Bauten für die Behörde änderte sich auch der Stil, Spaldings Werk wurde immer expressionistischer. 1923, ein Jahr vor Spaldings Ruhestand, begannen die Arbeiten am Fernamt Schöneberg: eines der bemerkenswertesten Postgebäude in Berlin, ein Backsteinmonument für die Kommunikation der Zukunft. Auf einem kreuzförmigen Grundriss entstand die modernste (und teuerste) Postanlage der Stadt.

Die 90 Meter breite Fassade zur Straße wurde aufwendig im expressionistischen Stil mit Backstein verkleidet. Unter sieben Meter hohen Saaldecken verbanden Hunderte Telefonistinnen die Fernsprechapparate miteinander, gaben Auskünfte und ließen Nachrichten durch die Rohrpost sausen. Die Geschichte der Handvermittlung von Telefongesprächen ist längst an ihr Ende gelangt. Heute arbeiten im ehemaligen Postgebäude Start-up-Betriebe unter dem Dach der Telekom.

  • Fernamt Schöneberg Winterfeldtstraße 21–27, Schöneberg

Reichspostzentralamt

Das ehemalige Postgebäude gilt als einer der Geburtsorte des Fernsehens in Deutschland. Foto: Bodo Kubrak/Wikimedia Commons/CC BY-SA 4.0
Das ehemalige Postgebäude gilt als einer der Geburtsorte des Fernsehens in Deutschland. Foto: Bodo Kubrak/Wikimedia Commons/CC BY-SA 4.0

Aus dem etwas behäbigen Telegraphentechnischen Reichsamt wurde in den 1920er-Jahren das mächtige Reichspostzentralamt, bei dem die Fäden der Kommunikation zusammenliefen. Edmund Beisel und Karl Pfuhl schufen für die Behörde, die den Fortschritt der Kommunikationstechnologie überwachte und vorantrieb, ein repräsentatives Hauptgebäude auf einem ehemaligen Militärgelände.

Der mit blauroten Klinkern verzierte Bau hat fünf Stockwerke, das oberste, das besonders reich verziert ist, ist dabei etwas zurückgesetzt. 1928 war der Bau fertig. Im selben Jahr schon wurden in Deutschland versuchsweise erste Fernsehbilder ausgestrahlt, das Reichspostzentralamt war mit seinen Laboren an der Entwicklung beteiligt.

Hinter der 172 langen Backsteinfassade könnte man düstere Amtsstuben erwarten, doch im Innern scheint die Sonne in den Lichthof der Treppenhalle, die über und über mit türkisblauen Keramikfliesen verziert ist.

  • Dienstgebäude des Reichspostzentralamts Ringbahnstraße 130, Tempelhof

Postbahnhof am Ostbahnhof

Hier rollt kein Zug mehr. Der einst vor allem für Konzerte bekannte Postbahnhof dürfte in Zukunft zum Bürogebäude werden. Foto: Imago/Schöning
Hier rollt kein Zug mehr. Der einst vor allem für Konzerte bekannte Postbahnhof dürfte in Zukunft zum Bürogebäude werden. Foto: Imago/Schöning

Gotische Formen, Backsteinfassaden, riesige Fenster: Dass der Postbahnhof heute eine begehrte Adresse ist, ist kein Wunder. Die großen Hallen entstanden im frühen 20. Jahrhundert nach Entwürfen der Architekten Wilhelm und Walter Tuckermann. Am Postbahnhof fuhren Züge ein und aus, die Briefe und Pakete vor allem im Osten Deutschlands transportieren. Der Bahnhof in Friedrichshain war ein wichtiger Knotenpunkt, der auch in der DDR noch in Betrieb war. Erst als das Postwesen sich langsam von der Schiene in die Luft und auf die Straße verlagerte, ging hier der Bahnbetrieb zu Ende.

Wirklich verfallen waren die Bauwerke allerdings nie, zu attraktiv ist das zentrale Gelände: mitten in Friedrichshain, ganz nah an der Grenze zu Kreuzberg. Viele Menschen in Berlin dürften sich an die Konzerte dort erinnern, der Postbahnhof am Ostbahnhof war lange Zeit ein Veranstaltungsraum. Ob diese Zeiten zurückkehren, ist jedoch fraglich: Umliegende Unternehmen wie Zalando nutzen Gebäude auf dem Gelände, und 2021 wechselte die denkmalgeschützte Anlage erneut den Besitzer. Die Zukunft der ehemaligen Postgebäude? Wahrscheinlich Büroflächen.

  • Postbahnhof am Ostbahnhof Friedrichshain

Haupttelegrafenamt

Das Haupttelegrafenamt am Monbijoupark, 2013, vor dem Ausbau durch die neuen Eigentümer. Foto: Imago/Schöning

Zum Postwesen gehörte auch die Übertragung von Telegrammen, und für die Organisation dessen brauchte es ein zentrales Gebäude. An der Französischen Straße in Mitte wurde schon 1864 ein erstes Telegrafenamt fertiggestellt, aber die neue Kommunikationsmethode wuchs an Bedeutung – und Berlin wurde ebenfalls immer größer.

Zwischen 1910 und 1916 wurde an der Oranienburger Straße ein Haupttelegrafenamt errichtet – das bis dahin teuerste Postgebäude in Deutschland. Hier wurde zunächst Funktechnik entwickelt, erst nach dem Ersten Weltkrieg begann die eigentliche Arbeit, Telegramme in jede Himmelsrichtung zu verschicken. Für die schnelle Kommunikation innerhalb des Stadtgebietes siedelte man im Gebäude auch die Zentrale der Berliner Rohrpost an.

Das beeindruckende Gebäude im Stil des Neobarock wurde zur Zeit der deutschen Teilung noch einmal aufgewertet: Die zentrale Dienststelle der Deutschen Post der DDR zog hier ein. Nach der Wiedervereinigung übernahm die Telekom dieses Postgebäude – und fand 2001 einen Käufer für den Komplex. Aus dem Gebäudeteil an der Monbijoustraße entstand ein Hotel mit dem geschichtsbewussten Namen „Telegraph“ – und dem Restaurant Root von Borchardt-Betreiber Roland Mary.

  • Haupttelegrafenamt Monbijoustraße 1, Mitte

Oberpostdirektion

Die Oberpostdirektion ist ein eher unbekanntes Berliner Baudenkmal, dabei ist das ehemalige Postgebäude architektonisch eindrucksvoll. Foto: Fridolin freudenfett (Peter Kuley), CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons
Die Oberpostdirektion ist ein eher unbekanntes Berliner Baudenkmal, dabei ist das ehemalige Postgebäude architektonisch eindrucksvoll. Foto: Fridolin freudenfett (Peter Kuley), CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons

Es hat ein bisschen gedauert, das preußische Postwesen zu reformieren: 1850 erhielt Berlin erstmals eine Oberpostdirektion, der königliche Hofmeister wurde zum Oberpostdirektor. Und nur 72 Jahre später beschloss man, die zerfaserte, auf zahlreiche Geschäftsstellen verteilte Behörde an einem Ort zusammenzufassen.

Zwischen 1925 und 1928 entstand in Charlottenburg ein Postgebäude, das wie viele andere auch Stilelemente des Expressionismus aufgreift. Nur auf die sonst so verbreitete Klinkerfassade verzichtete man bei diesem Bau nach Entwürfen von Willy Hoffmann und John Martens: Die Außenwände sind weiß, und im Zusammenspiel mit den Terrakottasteinen an Fenstereinfassungen, Gesims, an den Ecken und Kanten des Hauses sowie an den Eingängen ergibt sich ein aufregendes Bild. Getragen wird das Postgebäude von einem Stahlskelett, sodass im Innern große Freiheit bei der Raumaufteilung herrscht. Einst fand sich sogar ein Festsaal im Haus.

Das Bauwerk ist latent festungshaft, gerade die Annexe wirken wie kleine, gedrungene Türme. Ums Postwesen geht es hier schon lange nicht mehr, auch das Postscheckamt ist ausgezogen, ebenso die Telekom. 2019 begann die Kernsanierung des historischen Postgebäudes, das auch in Zukunft wieder Büroflächen beherbergen wird.

  • Oberpostdirektion Dernburgstraße 48, Charlottenburg

Postamt Schöneberg/Bricks

„Bricks“, Backsteine: So heißt der Neubau auf dem Postgelände an der Hauptstraße. Das historische Postamt Schöneberg befindet sich direkt daneben. Foto: Imago/Joko

An der Schöneberger Hauptstraße lässt sich schon an den Fassaden ablesen, welche architektonischen Wandlungen das Berliner Postwesen hinter sich hat. Auf einem riesigen Gelände, das heute schlicht Postgewerbehof genannt wird, findet sich in den Höfen eine kleine Architekturgeschichte einer ganzen Branche.

1901/1902 entstand hier das erste Postgebäude des Ensembles: Otto Spalding und Louis Ratzeburg errichteten ein Postamt im Stil der Neorenaissance, die Backsteinfassade wird aufgelockert durch Schmuckelemente aus Sandstein. Wenige Jahre nach Fertigstellung wurde ein Maschinenraum ergänzt, die Rohrpost war auf dem Vormarsch. In den 1920er-Jahren wurde das deutlich schlichtere Fernsprechamt Süd angebaut, und mit jedem Anbau wurde der Stil funktionaler und schlichter – im Vordergrund standen aber jedes Mal Backsteine.

Entsprechend heißt das fertiggestellte Um- und Neubauprojekt des Architekturbüros Graft auf dem Postgelände schlicht „Bricks“. Die Postgebäude im Bestand wurden saniert, die Lücken geschlossen. Besonders auffällig: das neue gemauerte Portal, hinter dem die historischen Gebäude nun liegen.

  • Postamt Schöneberg/Bricks Hauptstraße 27, Schöneberg

Altes Postamt SW 61

Neugotik am Landwehrkanal: das Alte Postamt SW 61. Foto: Jörg Zägel, CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons

In Kreuzberg treffen Gegensätze aufeinander, besonders deutlich wird das rund ums Hallesche Tor. Nach Norden hin wurde der Mehringplatz nach dem Zweiten Weltkrieg neu aufgebaut, am südlichen Ufer des Landwehrkanals steht stolz und schlicht die Amerika-Gedenkbibliothek, eine der spannendsten Büchereien der Stadt.

Hier, am Tempelhofer Ufer, findet man eines der vielen spektakulären Postgebäude in Berlin. Um 1900 begannen die Bauarbeiten, der Architekt Hermann Struve bediente sich an der Formsprache der Neugotik: Auffällige, Spitzbogenfenster strukturieren den Bau, alles strebt nach oben, und bei all den Details stechen besonders die verzierten Giebel und der Adler an der Klinkerfassade ins Auge.

Einst dürfte das Gebäude eine viel stärkere Wirkung erzeugt haben, als die historischen Bauten am anderen Ufer noch standen und der Hochbahnhof nicht so schlicht wie heute gestaltet war, sondern auf Barock- und Renaissance-Formen zurückgriff. Nun wirkt das Alte Postamt SW 61, in dem in den 1990er-Jahren wilde Partys gefeiert wurden, historisch und ein wenig fehl am Platz. Besonders bedrängt wird es vom vermeintlich schlichten Möbelhaus direkt nebenan – das allerdings ein paar Jahre älter ist. Der legendäre Warenhaus-Unternehmer Adolf Jandorf ließ das Kaufhaus schon 1897 errichten.


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