Berlin verstehen

Leerstehende Häuser in Berlin: Verfallene Bauten und ihre Geschichten

Leer stehen sie da, die vielen Geisterhäuser Berlins. Sie wirken paradox in einer Stadt, die unter akutem Wohnraummangel leidet. Platz, der theoretisch verfügbar wäre, offiziell aber nicht genutzt wird. Die Gründe dafür sind vielfältig. Manchmal hoffen die Besitzenden auf eine Wertsteigerung, manchmal haben sie ihre Gebäude schlicht vergessen und manchmal liegt es an Erbstreitigkeiten und politischen Hickhack. In manchen verlassenen Villen spuken Geister, in anderen Investoren: 12 leerstehende Häuser in Berlin und ihre Geschichten zeigen wir euch hier.


Haus der Statistik

Dem leerstehenden Haus der Statistik am Alexanderplatz steht noch etwas Großes bevor. Foto: Imago/Jürgen Held

Ende der 1960er-Jahre errichtet, gehörte das Haus der Statistik, in dem sich, nun ja, die Zentralverwaltung der Statistik in der DDR befand, zu den Vorzeigebauten am Alexanderplatz. Seit 2008 steht es leer. Nicht nur wegen der prominenten Adresse weckte der Plattenbau einige Begehrlichkeiten. Der Bund, bis 2017 Eigentümer des Grundstücks, plante, das Gebäude abzureißen. Mittlerweile gehört es dem Land Berlin.

2015 veranstaltete eine Gruppe Künstler:innen eine Kunstaktion in dem leerstehenden Gebäude. Es ging darum, Räume für Kunst, Kultur und Soziales in Berlin zu schaffen. Kurze Zeit später entstand die Initiative Haus der Statistik, welche aus dem gleichnamigen Bau ein Zentrum für Soziales und Kunst sowie eine Geflüchtetenunterkunft machen wollte. Letzteres wurde es zwar nicht, dafür ein Ort für Kunst und Soziales. Aktueller Stand ist, dass das Gebäude künftig nicht nur Heimat für Kunst- und Kulturprojekte bleibt, sondern auch zu einem neuen Zentrum für Berlin-Mitte werden soll. Das Bezirkshaus und das Ämterzentrum sollen auf dem Grundstück errichtet werden. Wohnungen sollen ebenfalls künftig dort entstehen.

  • Haus der Statistik Otto-Braun-Straße 70-72, Mitte

Wohnhaus Stubenrauchstraße

Leerstehende Häuser in Berlin: Geisterhaus in der Stubenrauchstraße, Oktober 2019. Foto: Imago/Joko
Spooky: das leerstehende Haus in der Stubenrauchstraße. Foto: Imago/Joko

Es gilt als Geisterhaus, das leerstehende Gebäude in der Stubenrauchstraße. Die Eigentümerin kümmerte sich nicht und ließ es verfallen. Das Berliner Verwaltungsgericht entschied 2019, dass sie das Gebäude mit 16 Wohnungen sanieren und wieder bewohnbar machen muss. Die Eigentümerin legte Widerspruch ein. Ohne Erfolg. Es war ein juristischer Sieg im Kampf gegen Leerstand. Getan hat sich seitdem jedoch nichts, das Gebäude verfällt weiter.

  • Wohnhaus Stubenrauchstraße Ecke Odenwaldstraße, Friedenau

Die Botschaftsvilla von Sambia

Botschaftsvilla von Sambia, seit 2002 weder bebaut noch renoviert, Aufnahme vom Sommer 2019. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Botschaftsvilla von Sambia, seit 2002 weder bebaut noch renoviert. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Alte Pankower kennen das Haus noch als „Leichenvilla“, was daran lag, dass vor vielen Jahrzehnten mal Leichen von einem Friedhof in der Nachbarschaft exhumiert und dann in der schicken Villa in Schönholz aufbewahrt wurden. Später kaufte Sambia das Gebäude und wollte sich darin eine Botschaft einrichten. Um die Jahrtausendwende folgte eine Sanierung, doch dann verwarf man die Pläne – und die Villa vor Schönholz verwittert. Die Diplomaten aus dem afrikanischen Land zogen in die Residenz in Mitte, das Gebäude gehört jedoch noch immer der Republik Sambia. Die Berliner CDU-Fraktion möchte es wieder für den Bezirk nutzbar machen, ließ 2021 vom Bezirksamt prüfen, ob dafür ein Fachbedarf besteht. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

  • Botschaftsvilla von Sambia Straße vor Schönholz 23, Pankow

Wohnhäuser der US-Offiziere

Leerstehende Häuser in Berlin: Leere Häuser von US-Offizieren, November 2020. Foto: Imago/Stefan Zeitz
Leerstehende Häuser von US-Offizieren: Was passiert mit ihnen? Foto: Imago/Stefan Zeitz

Auch die Geschichte der Alliierten hat Leerstand hinterlassen. Zwischen Goldfink- und Luchsweg, westlich der Clayallee, wohnten einst US-Offiziere. Die ganze Siedlung stand in den letzten Jahren leer und war ein beliebtes Ziel für Urban Explorer, die stets auf der Suche nach leerstehenden Gebäuden sind. Die Häuser sollen abgerissen und durch neuen Wohnraum ersetzt werden, allerdings liegt das Projekt bisher seit einiger Zeit auf Eis.

  • Häuser von US-Offizieren Luchsweg, Schmargendorf

Hausruine am Hindenburgdamm

Hausruine am Hindenburgdamm, September 2020. Foto: Imago/Joko
Für die leerstehende Hausruine am Hindenburgdamm gibt es bisher noch keine konkreten Zukunftspläne. Foto: Imago/Joko

Auch in Lichterfelde steht ein Geisterhaus. Seit gut 20 Jahren verfällt das Wohnhaus an der Ecke Hindenburgdamm und Gardeschützenweg. Bereits seit 2014 besteht das Zweckentfremdungsverbot, wodurch der Leerstand von Wohngebäuden geahndet werden kann. Ist im Falle des leerstehenden Hauses am Hindeburgdamm bereits geschehen. Der Eigentümer musste bereits 30.000 Euro Zwangsgelder und 15.000 Euro Bußgeld bezahlen. Regelmäßig musste der verfallene Bau vom Bezirk gesichert werden. Von Eigentümerseite hat sich nichts getan.

  • Wohnhaus Hindenburgdamm Ecke Gardeschützenweg, Lichterfelde

Ehemaliges C&A-Kaufhaus in Neukölln

C&A Kaufhaus in der Karl-Marx-Straße, September 2020. Foto: Imago/Joko
C&A-Kaufhaus in der Karl-Marx-Straße. Foto: Imago/Joko

Den alten Standort in der Karl-Marx-Straße in Neukölln hat der Bekleidungskonzern C&A bereits 2012 geschlossen. Man hat sich eine neue Filiale gegenüber eingerichtet. Das alte Gebäude ist seitdem ein Zombie an der Verkehrsader, die einst zu den wichtigsten Geschäftsstraßen der Stadt gehörte.

Zwischenzeitlich diente das ehemalige Kaufhaus als Notunterkunft für Geflüchtete. Seit 2018 steht es aber wieder leer. Obdachlose haben sich in den Eingängen Unterschlupf gesucht, was aus dem leerstehenden Haus werden soll, weiß niemand. Vielleicht ein Club oder eine Galerie?

  • C&A-Kaufhaus Karl-Marx-Straße Ecke Anzengruberstraße, Neukölln

ICC Berlin

Leerstehendes Zukunftsgebäude in Berlin: das Internationale Congress Centrum. Foto: Imago/Westend61

Direkt am S-Bahn-Ring ist in den späten 1970er-Jahren ein Raumschiff gelandet: Das Internationale Congress Centrum, kurz ICC. 313 Meter lang und fast 40 Meter hoch ist der Bau von Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte – und mit Baukosten von damals mehr als 900 Millionen Mark war es das teuerste Gebäude West-Berlins.

Das markante Beispiel für High-Tech-Architektur (die gesamte Fassade besteht aus Aluminium) war damals höchst umstritten, aber wurde rege genutzt. Schließlich bot das Gebäude mit seinen 80 teils riesigen Räumen und Sälen Platz für jede Versammlung und Konferenz, die man sich wünschen konnte. Heute ist es verschlissen, die Technik zu restaurieren wäre unfassbar aufwendig. Die Zukunft des Raumschiffs steht in den Sternen, abgerissen darf es nicht werden, da es seit einiger Zeit denkmalgeschützt ist. Genutzt wurde es zwischenzeitlich als Raum für Kunst („The Sun Machine is coming down“) und als Impfzentrum.

  • ICC Berlin Messedamm 22, Westend

Kathreiner-Haus

In das leerstehende Haus an der Potsdamer Straße soll künftig das Berlin Verwaltungsgericht ziehen. Foto: Imago/Joko

Bruno Paul gehörte zu den wichtigsten Architekten der Moderne in Berlin. 1930 wurde das nach seinen Plänen gebaute Kathreiner-Haus fertiggestellt. Bauherr war die Malzkaffee-Fabrik Kathreiner. Nach dem Krieg fand es mit der BVG und später dem Berliner Senat neue Nutzer.

Mittlerweile steht es leer. Als die alternativen Jugendclubs Potse und Drugstore aus ihren angestammten Standorten ausziehen mussten, entstand die Idee, den legendären Einrichtungen eine neue Heimat im Kathreiner-Haus zu geben. Dazu wird es nicht kommen. Über die Zukunft des ältesten Bürohauses der Stadt wurde entschieden: 2025 werden die Berliner Verwaltungsrichter in das Kathreiner-Haus ziehen.

  • Kathreiner-Haus Potsdamer Straße 186, Schöneberg

Ehemalige Botschaft des Irak

Ehemalige Botschaft des Irak, Januar 2020. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Ehemalige Botschaft des Irak. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Der Irak war der erste nicht-sozialistische Staat, der die DDR völkerrechtlich anerkannt hat. Das war 1969. Fünf Jahre später ließ man sich von einem Architektenteam eine diplomatische Vertretung bauen. Praktischerweise in der Plattenbauweise, die in der DDR besonders beliebt war. Der wenig schöne Kasten wurde von den Nutzern in der Zeit des ersten Irakkriegs verlassen. Das war 1991.

Die neue irakische Botschaft befindet sich seit 2010 in Dahlem, der ehemalige Sitz in der Tschaikowskistraße in Pankow verfällt. Außer für Vandalen, Sprüher, Metalldiebe und exzentrische Touristen ist das Gebäude nicht mehr interessant. Auch der Eigentümer, der irakische Staat, kümmert sich nicht um das Erbe aus der Vergangenheit. Es gibt aber auch sehr gelungene und sehenswerte Botschaftsgebäude in Berlin.

  • Ehemalige Botschaft des Irak Tschaikowskistraße 51, Pankow

Restaurant Entenkeller

Leerstehende Häuser in Berlin: Das Restaurant Entenkeller Ende Dezember 2020, nachdem das Dach gebrannt hatte. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Als „Der Schandfleck von Frohnau“ wurde das Restaurant Entenkeller schon bezeichnet. Seit mehr als 10 Jahren steht das einst beliebte Ausflugslokal leer und verfällt. Ein „Bauzombie“, um den sich schon lange auch das Bezirksamt kümmert. Ein Umbau war geplant, es gab Auflagen von der Baubehörde, dann Verkaufsgespräche, dann verlief mal wieder alles im Sand – und am 23. Dezember 2020 brannte der Dachstuhl des leerstehenden Gebäudes aus.

  • Restaurant Entenkeller Oranienburger Chaussee Ecke Schönfließer Straße, Frohnau

Hotel Kubrat

Leerstehende Häuser in Berlin: Dauerhaft geschlossen: Hotel Kubrat im März 2020. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Dauerhaft geschlossen: Hotel Kubrat. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Eine mysteriöse Sache. In der Leipziger Straße existiert ein Hotel mit dem Namen „Hotel Kubrat“, es ist dauerhaft geschlossen. Dann wiederum gibt es ein Hotel mit gleichem Namen, aber anderer Adresse, das Hotel Kubrat, Freiheit 10-11 in Köpenick. Das ist nicht in Mitte, nicht in der Leipziger Straße 21.

Das Haus in Mitte scheint auf irgendeine Art mit dem bulgarischen Boxer und ehemaligen Europameister Kubrat Pulew in Verbindung zu stehen. Zumindest ist ein Foto des Champs an der Fassade angebracht. Auf der noch aktiven Internetseite des Hotels Kubrat in Mitte ist als Geschäftsführer allerdings ein gewisser Herr Kubrat Panev angegeben. Ruft man dort an, ist immer besetzt. Wir buchen die Sache unter Leerstand ab.

  • Hotel Kubrat Leipziger Straße 21, Mitte

Ehemaliges Kinderkrankenhaus Weißensee

Ein leerstehendes Haus in Berlin mit ungewisser Zukunft: das ehemalige Kinderkrankenhaus Weißensee. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Leerstehende Häuser in Berlin gibt es viele, doch diese Ruine ist von besonderem historischen Interesse. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte das Kinderkrankenhaus in Weißensee zu den modernsten Einrichtungen dieser Art im ganzen Land. Es war das das erste kommunal geführte Säuglings- und Kinderkrankenhaus Preußens.

1997 entschied der Senat, die eine Weißenseer Institution an der Hansastraße zu schließen. Das gesamte Area verlottert, die Gebäude wurden beschädigt und auch ein neuer Käufer hat die Situation nicht verbessert. Eher verschlechtert.

Gekauft hat die Immobilie die MWZ Bio-Resonanz GmbH, sie sollte Millionen investieren, doch dazu kam es nicht. Stattdessen ging die Firma pleite, das Insolvenzverfahren läuft und die Angelegenheit ist ins Stocken geraten. Im September 2020 brannte der Dachstuhl aus. Das Bezirksamt stellt sich eine Nachnutzung mit einer Gemeinschaftsschule und einem Jugendzentrum vor, doch die Zukunft ist ungewiss.

  • Ehemaliges Kinderkrankenhaus Weißensee Hansastraße 178/180, Pankow

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