Architektur

Moderne in Berlin: 12 wichtige Architekten von Behrens bis Scharoun

Zum Ende des 19. Jahrhunderts ließen die Architekten, den Historismus hinter sich. Die Moderne kam in Berlin an. Technischen Entwicklungen, politische Umwälzungen und künstlerische Avantgarden beeinflussten auch das Bauen. Neue Konstruktionsweisen, eine klare Formensprache und der Einsatz von innovativen Materialien veränderten die Wohnsiedlungen, Industrieanlagen, Villen und öffentliche Gebäude. Nach dem Ersten Weltkrieg beschleunigte sich der Prozess. Berlin wuchs, das Bauhaus wurde gegründet und bis zur „Machtergreifung“ der Nazis entstand überall in der Stadt moderne Architektur. Poelzig, Behrens, Gropius und Mendelsohn hießen die neuen Baumeister. Diese 12 Architekten sollte man kennen, um die Moderne in Berlin zu verstehen.


Peter Behrens (1868-1940)

Moderne Architektur in Berlin: Ehemalige AEG Turbinenfabrik des Architekten Peter Behrens. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Ehemalige AEG Turbinenfabrik des Architekten Peter Behrens. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Der in Hamburg geborene Architekt Peter Behrens galt als Vorreiter der sachlichen Architektur, die zur Verkörperung ihrer Inhalte keiner Fremdmittel, allegorischer Statuen und Zinnenkränze bedarf. Aus dem Stil ist die Bauhausarchitektur hervorgegangen. In Berlin baute Behrens, in dessen Büro spätere Architekturlegenden wie Mies van der Rohe, Walter Gropius und Le Corbusier arbeiteten, unter anderem zwei U-Bahnhöfe der Linie 8 und die AEG-Turbinenfabrik (1909) in der Huttenstraße 12–19 in Moabit, die als Ikone der Industriearchitektur gilt.


Hans Poelzig (1869-1936)

Moderne Architektur in Berlin: Haus des Rundfunks, 1929-31 von Hans Poelzig gebaut. Foto: Imago/Hoch Zwei Stock/Angerer
Haus des Rundfunks, 1929-31 von Hans Poelzig gebaut. Foto: Imago/Hoch Zwei Stock/Angerer

Wie kein anderer repräsentiert Hans Poelzig perfekt den Übergang von den preußischen Traditionen zur Moderne. In Berlin als Sproß eines Adelsgeschlechts geboren, wurde der junge Architekt um 1899 Regierungsbaumeister im preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Er wurde später Lehrer und Leiter des Deutschen Werkbundes. Schon bald wandte sich Poelzig der Neuen Sachlichkeit zu, stand aber auch dem Expressionismus nah. Um 1918 funktionierte er einen ehemaligen Zirkus zum Großen Schauspielhaus um. Das Projekt bescherte ihm weltweite Anerkennung. In Spandau realisierte er das heute als Poelzighalle (Hans-Poelzig-Straße/Hugo-Cassirer-Straße) bekannte Fabrikgebäude für die Kabelwerke Dr. Cassirer und Co. In Zehlendorf wirkte Poelzigs an der Siedlung am Fischtalgrund mit. Doch sein berühmtestes Werk ist bis heute das Haus des Rundfunks (errichtet in den Jahren 1929 bis 1931) in der Masurenallee 8, in dem der RBB residiert.


Bruno Taut (1880-1938)

Moderne Architektur in Berlin: Hufeisensiedlung in Britz des Architekten Bruno Taut. Foto: Imago/Günter Schneider
Hufeisensiedlung in Britz des Architekten Bruno Taut. Foto: Imago/Günter Schneider

Die Hufeisensiedlung in Britz, erbaut in den Jahren 1925 bis 1933, gehört zu den herausragenden Beispielen des sozialen Wohnungsbaus in Berlin. Errichtet wurde sie nach den Plänen von Bruno Taut, der das Neue Bauen wesentlich geprägt hat. Die Richtung stand dem klassisch-traditionellen Bauen entgegen und setzte auf praktische Lösungen, Rationalisierung und eine Verbesserung der Lebensqualität für die zukünftigen Bewohner der Häuser, die, zumindest den Ansprüchen der Erbauer nach, aus mittleren und unteren sozialen Schichten kommen sollten, was schließlich aber nicht immer der Fall war.

Man wollte das beengende und stickige Elend der Berliner Hinterhöfe hinter sich lassen und der Arbeiterklasse ein Leben mit Sonne, frischer Luft und Grünanlagen ermöglichen. Diese im Prinzip sozialdemokratischen Ansätze wurden in der Hufeisensiedlung umgesetzt.

Info für Besucher der Hufeisensiedlung: In der Fritz-Reuter-Allee 44 in Britz befindet sich ein Informationsbüro mit Café, das am Wochenende geöffnet ist.


Otto Rudolf Salvisberg (1882-1940)

Moderne Architektur in Berlin: Weiße Stadt, 1929-31 erbaut von Bruno Ahrends, Wilhelm Büning und Otto Rudolf Salvisberg, die Wohnsiedlungen der Berliner Moderne ist Weltkulturerbe der UNESCO. Foto: Imago/Imagebroker
Weiße Stadt, 1929-31 erbaut von Bruno Ahrends, Wilhelm Büning und Otto Rudolf Salvisberg, die Wohnsiedlungen der Berliner Moderne ist Weltkulturerbe der UNESCO. Foto: Imago/Imagebroker

Die aufstrebende Großstadt Berlin hatte in den 1920er-Jahren ein massives Wohnungsproblem, so waren die bedeutendsten städtebaulichen Projekte neue Siedlungen. Sie sollten modern, kostengünstig und schnell zu errichten sein. Die der Moderne zugewandten Architekten hatten in der Weimarer Republik viel Spielraum und experimentierten mit innovativen Materialen, neuen Konstruktionen und Raum- und Bebauungsplänen.

So auch der Schweizer Otto Rudolf Salvisberg, der in Berlin zahlreiche Wohn- und Mietshäuser sowie Siedlungen baute. Die „Weiße Stadt“ genannte Großsiedlung am Schillerring in Reinickendorf entstand in den Jahren 1928 bis 1931. Salvisberg entwarf die etwa 1300 Wohnungen zählende Anlage gemeinsam mit Bruno Ahrends und Wilhelm Büning. Die „Weiße Stadt“ gehört zu seinen wichtigsten Projekten und ist heute Weltkulturerbe der UNESCO.


Otto Bartning (1883-1959)

Moderne Architektur in Berlin: Gustav-Adolf-Kirche, Herschelstraße, Charlottenburg. Foto: Imago/Schöning
Gustav-Adolf-Kirche, Herschelstraße, Charlottenburg. Foto: Imago/Schöning

Otto Bartning baute bereits als Student seine erste Kirche, es sollten allein in der Zeit bis zum bis zum Ersten Weltkrieg 17 weitere folgen. Danach kamen noch Dutzende mehr. In Berlin ließ Barting ab 1932 die Gustav-Adolf-Kirche (Herschelstraße, Charlottenburg) im Stil der Neuen Sachlichkeit errichten.

Die Konstruktion besteht aus Stahlbeton, die Zwischenräume wurden mit Klinkerstein aufgefüllt. In der Zeit der Weimarer Republik konzentrierte man sich auf neue Wohnsiedlungen und Industriearchitektur, Kirchen standen eher im Hintergrund. Daher ist Bartings Projekt besonders, denn es vereint wesentliche Aspekte der Moderne mit den Anforderungen sakraler Bauten. Hier findet man mehr spannende Kirchen in Berlin.


Walter Gropius (1883-1969)

Die Großsiedlungen Siemensstadt mit Häusern von Walter Gropius. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Die Weimarer Republik stand für frischen Wind, was die politische Realität anbelangte ebenso wie in der Kultur, den Medien und den neuen technischen Errungenschaften. Auch die moderne Architektur war in Berlin Teil des gewaltigen Aufbruchs nach dem Ersten Weltkrieg.

Walter Gropius steht für diesen Aufbruch wie kein anderer. 1883 in Berlin geboren, hat der Architekt als Bauhaus-Gründer nicht weniger als eine Revolution ausgelöst. Die Schule, ihre Theorien und Ansätze veränderten das Denken. Architektur wurde anders gesehen, nach dem Bauhaus wurde anders gebaut.

Ein herausragendes Beispiel für das neue Bauen in Berlin ist die von Martin Wagner und Hans Scharoun konzipierte Großsiedlung Siemensstadt, die zwischen 1929 und 1931 errichtet wurde und an der Gropius ebenfalls mitgewirkt hat.


Martin Wagner (1885-1957)

Eingangsbereich Strandbad Wannsee. Foto: Imago/Imagebroker

Ab 1920 wuchs Berlin in einem rasanten Tempo. Die Stadt vereinte sich mit den umliegenden Gemeinden zur viertgrößten Metropole der Welt. Es fehlte an Wohnungen, neue Industrieanlagen entstanden, aber auch die Erholung spielte eine wichtige Rolle im Alltag der Bewohner.

Der Architekt Martin Wagner, der in Schöneberg die Aufsehen erregende Siedlung Lindenhof baute, wurde mit dem Bau des Strandbads Wannsee beauftragt. Nach seinen Plänen wurde in den Jahren 1927 bis 1930 Wannsee errichtet und gab mehr als einer Million Badegästen pro Saison Platz. Ab 1929 war Wagner auch am Ausbau des Strandbads Müggelsee beteiligt.


Mies van der Rohe (1886-1969)

 

Das Haus Lemke bzw. Mies van der Rohe Haus an der Oberseestraße 60 in Alt-Hohenschönhausen. Foto: Imago/Kraft

Neben Gropius gilt auch Ludwig Mies van der Rohe als Vater der modernen Architektur. In Berlin kam kam der 1886 in Aachen geborene Architekt 1905 an. Er arbeitete für die Architekten Bruno Paul und Peter Behrens und besuchte Vorlesungen an der Kunstgewerbeschule und der Universität für bildende Künste. Mies van der Rohe stand den Avantgarden nahe und nahm nach dem Ersten Weltkrieg an der Großen Berliner Kunstausstellung teil.

Seine Projekte wie der Barcelona Pavillon, die Villa Tugendhat und die Weißenhof-Siedlung in Stuttgart wurden weltweit mit Begeisterung aufgenommen. Ab 1930 leitete er das Bauhaus in Dessau. In Berlin baute er unter anderem 1911 das Haus Perls in Zehlendorf und in den 1920er-Jahren Mehrfamilienwohnhäuser an der Afrikanischen Straße in Wedding. Er machte um 1928 auch Entwürfe zur Umgestaltung des Alexanderplatzes. 1932 entstand nach seinen Plänen das Haus Lemke, das heute als Mies-van-der-Rohe-Haus (Oberseestraße 60 in Alt-Hohenschönhausen) bekannt ist.

Doch von all seinen Berliner Projekten ist die 1968 eröffnete Neue Nationalgalerie bis heute am präsentesten. Sie gilt als Ikone der modernen Architektur. Mehr über Ludwig Mies van der Rohe in Berlin erfahrt ihr hier.


Erich Mendelsohn (1887-1953)

 

Schaubühne am Lehniner Platz heute, die Originalpläne stammen von Erich Mendelsohn. Foto: Imago/Imagebroker

Expressionistische Filme wie Fritz Langs „Metropolis“ prägten das Bild von Berlin und Mendelsohns Entwürfe sehen aus, als würden sie dem Set des Stummfilm-Klassikers entstammen. Denkt man an moderne Architektur in Berlin, muss man auch an die Formensprache des Expressionismus denken.

Der junge Zionist Mendelsohn studierte in Berlin und München, wo er von den Künstlern des „Blauen Reiters“ beeinflusst wurde. Seine professionelle Laufbahn begann nach dem Ersten Weltkrieg mit einem frühen Erfolg. Durch eine private Bekanntschaft, bekam er den Auftrag ein Sternobservatorium auf dem Telegraphenwerk in Potsdam zu bauen, den Einsteinturm (1920-1922). Bis heute gilt der Bau als herausragendes Beispiel der expressionistischen Architektur. Später war er einer der Protagonisten der „Stromlinien-Moderne“.

Mendelssohn verwirklichte in den folgenden Jahren Wohnhäuser und Fabrikgebäude. Dabei gelten die Hutfabrik in Luckenwalde, erbaut in den Jahren 1921-1923, sowie der Umbau des aus der selben Zeit stammenden Mossehauses (Schützenstraße 25–32, Mitte), für den Verleger Rudolf Mosse, sowie die heutige Schaubühne am Lehniner Platz, damals das Kino Universum (1927-1931), als frühe Höhepunkte seiner Karriere. 


Le Corbusier (1887-1965)

 

Das Corbusierhaus von Le Corbusier, Aufnahme von 1957. Foto: Imago/Serienlicht

Ein Titan der modernen Architektur. Zwar hat Le Corbusier in Berlin erst 1957 mit dem Corbusierhaus ein eigenes Projekt verwirklicht, doch sein Verhältnis zu Berlin und seine Wirkung auf die Architektur der Stadt begann vor dem Ersten Weltkrieg. 1910 kam er als junger Student in die deutsche Hauptstadt, um im Atelier von Peter Behrens zu studieren.

Le Corbusiers Theorien und Konzepte, vor allem im Bereich des Wohnungsbaus, fanden internationale Verbreitung und schlugen sich auch in Berlin nieder. Rationalität, Massenbauweise und die Verwendung von vorgefertigten Bauelementen, lassen sich auf ihn zurückführen. Das Corbusierhaus (Flatowallee 16, Charlottenburg) wurde ihm Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1957 als sogenannte „Unité d’Habitation“ entworfen: eine Wohnmaschine mit 530 Wohnungen auf 17 Geschossen. 


 

Hans Scharoun (1893-1972)

Hans Scharoun prägte die moderne Architektur in Berlin nachhaltig, vor allem in den Nachkriegsjahren, in denen er mit dem spektakulären Bau der Berliner Philharmonie (Foto), eines der berühmtesten Gebäude der Stadt realisierte. Aber auch mit seinen Entwürfen für die Staatsbibliothek an der Potsdamer Straße sowie Institutsgebäuden der TU Berlin und dem AOK-Hauptgebäude am Mehringplatz in Kreuzberg. Seit der Zeit des Ersten Weltkrieges neigte sich Scharoun dem Expressionismus zu, den er mit Organik und sozialen Belangen verband. Unter anderem war er in Berlin am Bau der Großsiedlung Siemensstadt beteiligt und realisierte mehrere Apartmenthäuser in Westend und Wilmersdorf. 

Nach 1933 ging Scharoun nicht ins Exil, er arbeitete weiterhin als Architekt und baute in der Nazizeit mehrere Einfamilienhäuser. Nach Kriegsende wurde er Stadtbaurat in West-Berlin und späterer Leiter des Instituts für Bauwesen. Mehr über Hans Scharoun lest ihr hier.


Konrad Wachsmann (1901-1980)

 

Das Sommerhaus von Nobelpreisträger Albert Einstein in Caputh. Foto: Imago/STAR-MEDIA

Wachsmann war Meisterschüler bei Hans Poelzig an der TH Berlin, er interessierte sich für die Verfahren industrieller Vorfertigung und nahm 1926 die Stelle des Chefarchitekten bei einem auf Holzbauten spezialisierten Unternehmen an. Zu seinen bekanntesten Werken im Berliner Umland gehört das Sommerhaus von Albert Einstein in Caputh.

Er emigrierte 1938 erst nach Paris und später in die USA, wo er ein Fertighaussystem entwickelte sowie Konzepte des industriellen Bauens. Bis zu seinem Tod blieb Wachsmann im kalifornischen Exil. Doch sein theoretisches Werk kehrte zurück nach Berlin und befindet sich heute im Archiv der Akademie der Künste.


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