Es gibt so viele schöne U-Bahnhöfe in Berlin, auch wenn beim Gedanken an den öffentlichen Nahverkehr die ästhetische Komponente vielleicht in den Hintergrund rückt. Uringeruch, Gedrängel, Schlachthausfliesen, ja, aber Schönheit? Dabei gibt es Stationen, bei denen ihr kathedralenartige Hallen durchstreift, Bahnhöfe, die in angenehm warmes Licht getaucht sind, und solche, die vor Kunstfertigkeit strotzen. Um ihnen Respekt zu zollen, stellen wir euch Berlins schönste U-Bahnhöfe vor.
Wittenbergplatz
Die City-West kann nicht unbedingt mit vielen architektonischen Juwelen aufwarten – man mag sie sogar gesichtslos nennen. Der U-Bahnhof Wittenbergplatz aber ist eine Ausnahme, der Hausarchitekt der Berliner Hoch- und U-Bahn von 1899 bis 1931, Alfred Grenander, hat ihn entworfen. Wer vom Wittenbergplatz aus U1, U2 oder U3 fahren will, betritt eine kreuzförmige Eingangshalle mit neoklassizistischen Formen und quadratischem Turmaufsatz.
Die Halle dient auch als Übergang zwischen den fünf Gleisen auf drei Bahnsteigen – eigentlich sollte es einer mehr werden, doch der sechste wurde nie gebaut. Außen ist der Stahlfachwerkbau mit Muschelkalkplatten verkleidet.
Heidelberger Platz
Für viele Studierende der Freien Universität Berlin gehört der Anblick des U-Bahnhofs Heidelberger Platz zum Alltag. Doch auch wenn die Schönheit dieses Ortes in Hintergrund tritt, wenn man die Treppen vom S-Bahnhof zum U-Bahnhof stürmt, um die nächste Bahn zu kriegen und pünktlich zur Vorlesung zu kommen: Beeindruckend ist die Architektur des U-Bahnhofs trotzdem.
Der Architekt Wilhelm Leitgebel hat ihn entworfen und hatte viele Freiheiten, weil der Bahnhof tiefer als die meisten anderen liegt. Die Decke erinnert mit ihrem Kreuzgratgewölbe an eine Kathedrale – und wenn man mit hallenden Schritten langsam über den Bahnsteig schreitet, fühlt man sich tatsächlich, als wäre man gerade in einer.
Museumsinsel
Erst 2021 eröffnet, ist die Station Museumsinsel an der Linie 5 nicht nur schön, weil sie so nigelnagelneu ist. Sondern auch, weil es die kleinen Details gibt, die man eben so in Neubauten einbauen kann – ein bisschen Schnickschnack für die Optik. Im Fall Museumsinsel sind es mehr als 6600 Lichtpunkte unter der Decke, die ein bisschen Sternenhimmel-Gefühl in den Untergrund zaubern. Der Schweizer Architekt Max Dudler hat den Bahnhof entworfen, als Inspiration diente ihm der Berliner Baumeister Karl Friedrich Schinkel.
Paulsternstraße
Der U-Bahnhof Paulsternstraße erzählt eine Geschichte – und zwar die einer Kutschfahrt von Berlin nach Spandau vor 200 Jahren. Auf diesem Weg begegneten den Fahrenden üblicherweise Blumen, Bäume und Wiesen. Und Sterne. Denn auf so einer Kutschfahrt konnten sie den Himmel sehen – oft ein ungewohnter Anblick für die Berliner:innen, die in ihren Wohnungen im zweiten, dritten und vierten Hinterhof oft nur Ausschnitte davon sahen. Der Architekt des U-Bahnhofs, Rainer Gerhard Rümmler, wurde oft dafür kritisiert, dass die Gestaltung zu prunkvoll, zu bunt für einen Funktionsbau sei. Er hat mehrere U-Bahnhöfe an diesem Ende der U7 gestaltet, darunter zum Beispiel auch die Haltestellen Richard-Wagner-Platz und Rohrdamm.
Märkisches Museum
Hätten die BVG, das Land Berlin und der Bund im Jahr 1998 nicht 12 Millionen Mark investiert, hätte es der U-Bahnhof Märkisches Museum wahrscheinlich nicht in diese Liste geschafft. 1998 hatte er eine Sanierung bitter nötig. Bei Baubeginn wurden allerdings die vom Architekten Alfred Grenander ausgesuchten, grün gebrannten Fliesen ohne Zustimmung der Denkmalschutzbehörde abgeschlagen. Als das Kind schon in den Brunnen gefallen und die alten Fliesen höchstens noch als Mosaiksteine benutzbar waren, einigte man sich, den U-Bahnhof denkmalgerecht zu sanieren und alle Fliesen originalgetreu nachzubrennen.
Schlesisches Tor
Das Schlesische Tor ist einer der ältesten U-Bahnhöfe Berlins, bereits Anfang des Jahres 1902 stiegen hier Fahrgäste ein und aus. Der Ausdruck U-Bahnhof ist in diesem Fall allerdings irreführend – die Bahn rollt in diesem Teil Kreuzbergs etwa sechs Meter über den Köpfen der Menschen durch den Kiez und ist eigentlich eine Hochbahn.
Entworfen haben den Bahnhof die Architekten Hans Griesebach und August Dinklage, nachdem sie die Ausschreibung des Siemens’schen Baubüros gewonnen hatten. Sie entschieden sich für einen historistischen Stil mit Elementen der Neorenaissance: Zahlreiche Säulen, Gesichter und Schnörkel zieren das Bauwerk, mehr Neorenaissance in Berlin hier. Als der Bahnhof eröffnet wurde, zog unter anderem das Restaurant „Torkrug“ in die Aufenthaltshalle ein, viele erinnern sich bestimmt auch noch an gute Konzerte im Bi Nuu.
Rohrdamm
Allein an den Mosaiken erkennt man im U-Bahnhof Rohrdamm sofort, dass ihn der Mann gestaltet hat, der auch den U-Bahnhof Paulsternstraße entworfen hat: Rainer Gerhard Rümmler. Rümmler hat sich in diesem Fall von den Maschinen in den Siemenswerken inspirieren lassen, die in diesem Teil der Stadt produzieren: Stilisierte Zahnräder und Gitter schmücken die Wände des U-Bahnhofs, die Säulen sind mit silber-grauem Metall umhüllt. Zusammen mit dem U-Bahnhof Paulsternstraße und fünf anderen U-Bahnhöfen auf der nördlichen U7 steht diese Haltestelle seit 2017 unter Denkmalschutz.
Kottbusser Tor
Ja, auch das Kottbusser Tor hat einen Platz in unserer Liste der schönsten U-Bahnhöfe Berlins bekommen. Nicht unbedingt, weil der U-Bahnhof im klassischen Sinn schön ist. Sondern weil man an kaum einem anderen Ort die Essenz Berlins so gut aufsaugen kann, wie auf dem Bahnsteig des Hochbahnhofs.
Von dort aus blickt man auf die Hochhäuser rund um den Bahnhof, auf eine Moschee und auf die Tanzbars „Monarch“ und „Paloma Bar“ auf der einen, und auf den Kottbusser Damm auf der anderen Seite. Langweilig wird es oben nie – das Kottbusser Tor: Zwischen Leben am Kotti und Leben am Limit.
Klosterstraße
Am auffälligsten ist im U-Bahnhof Klosterstraße wohl die Beleuchtung. An seiner Decke hängen Glühbirnen, die den Bahnsteig in ein eigenartig oranges, schummriges Licht tauchen. Im südlichen Eingangsbereich schmücken bunte babylonische Palmen die Wand und sind denen im Palast von König Nebukadnezar ll. von Babylon nachempfunden.
Die gleichen Fliesen findet man am Nachbau des Ischtartors im Pergamonmuseum: Für dieses waren aus Versehen mehr Fliesen produziert worden, als man eigentlich brauchte. Der nostalgischen Stimmung im Bahnhof tut das aber keinen Abbruch. Und der historische Triebwagen 12 der Schöneberger Untergrundbahn, der in den Ursprungszustand vom Jahr 1910 versetzt wurde, verstärkt diesen Eindruck.
Mohrenstraße
Der Name dieser U-Bahnhaltestelle – Mohrenstraße – ist rassistisch und veraltet, keine Frage. Die Marmorverkleidung der Wände und Säulen im U-Bahnhof Mohrenstraße stammt ebenfalls aus einer anderen Zeit – doch sie ist gut gealtert und noch immer wunderschön. Aufgrund einer Fehlinformation des „Spiegel“ hieß es lange, der Marmor stamme aus der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Neuen Reichskanzlei.
Diese Information wurde inzwischen widerlegt. Der Marmor stammt zwar wie jener aus der Reichskanzlei aus Thüringen, war dort aber nie verbaut. Doch auch ohne diesen Mythos ist der U-Bahnhof beeindruckend: Er erinnert an die prächtigen Haltestellen in Moskau, ist meist erstaunlich sauber und war im geteilten Berlin Endstation der Ost-Berliner U-Bahnlinie A. Immer wieder schön: eine Erkundungstour durch Berlin-Mitte.
Hermannplatz
Dieser U-Bahnhof ist laut, wuselig und ein Kriminalitäts-Hot-Spot. Trotzdem gehört er in unsere Liste der 12 schönsten U-Bahnhöfe Berlins. Erstens, weil gerade dieses Gewusel so typisch ist für Berlin. Zweitens, weil es schon besonders es ist, ein Kaufhaus über einen U-Bahnhof betreten zu können. Und drittens, weil auch dieser U-Bahnhof aus der Feder des Architekten Alfred Grenander stammt und sich durch die Säulen, hohen Decken und farbigen Fliesen auszeichnet.
Grenander hat nämlich das Farbsystem eingeführt und jedem Bahnhof, den er gebaut hat, eine Kennfarbe zugewiesen. Dadurch sollten sich die Bahnhöfe von denen, die davor und danach kommen, unterscheiden. Fliesen, Stützen und die Umrahmungen von Schildern können die Kennfarben tragen. Noch heute ist das Prinzip auf den Linien U2, U5, U6 und U8 erkennbar. Wenn ihr schon mal da seid, könnt ihr euch auch Neukölln anschauen.
Nollendorfplatz
Mächtig und queer kommt die Kuppel des U-Bahnhofs Nollendorfplatz daher, wenn sie in Regenbogenfarben leuchtet. Das allein ist Grund genug, um es in unsere Liste der 12 schönsten U-Bahnhöfe Berlins zu schaffen. Außerdem hängt an der Südseite des Bahnhofs eine Gedenktafel seit 1989, die an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Die Tafel war das erste Denkmal, das an Schwule und Lesben, Bisexuelle, Transpersonen und Menschen anderer Sexualitäten, die nicht in das Weltbild der Nazis passten, erinnert. Doch nicht nur die Kuppel, sondern auch die Bahnhofsvorhalle von innen ist schön anzusehen. Auch sie hat Alfred Grenander entworfen. Die schönsten U-Bahnhöfe und Gebäude von Alfred Grenander in Berlin findet ihr hier.
Eberswalder Straße
Dass der U-Bahnhof Eberswalder Straße nach ebenjener Verlängerung der Danziger Straße benannt wurde, daran konnten sich viele Ost-Berliner lange nicht gewöhnen. Denn jahrelang hieß diese U-Bahnhaltestelle Dimitroffstraße, nach dem bulgarischen Ministerpräsidenten Georgi Dimitroff. Doch egal, wie man den U-Bahnhof nun nennt: Die Schönheit des Hochbahnhofs bleibt die gleiche. Besonders gefällt uns die Halle aus genietetem Stahl, ganz in grün. Davon abgesehen ist die Kreuzung zwischen Schönhauser Allee und Danziger Straße, Kastanienallee, und Pappelallee irgendwie kultig. Auch wegen Konnopkes Imbiss, der sich nur wenige Meter weiter südlich unter der Hochbahntrasse befindet – und zu den Läden mit der besten Currywurst Berlins gehört.
Einsteigen und die Stadt erkunden
Klar, es gibt schöne Stationen, drumrum gibt es in Berlin aber auch immer eine Menge zu entdecken. Deshalb stellen wir euch die Berliner U-Linien vor – und verraten euch, was euch an jedem Stopp erwartet. Eine Stadttour einmal anders.
- Die U1 – Von der Warschauer Straße bis weit in den Westen
- Die U2: Von Pankow über den Regenbogen-Kiez bis fast bis nach Spandau
- Die U3 – Berlin auf ganzer Linie: Vom Villenviertel ins Szene-Zentrum
- Die U4 – Nollendorfplatz bis Innsbrucker Platz: Berlins kürzeste Linie
- Die U5 – Hönow bis Hauptbahnhof: Aus der Platte ins politische Zentrum
- Die U6 – Alt-Tegel bis Alt-Mariendorf: Von Nord nach Süd durch Berlin
- Die U7 – Untergrund-Rekordstrecke von Spandau nach Rudow
- Die U8 – Hauptschlagader zwischen Wittenau und Hermannstraße
- Die U9 – Pfeilschnell durch das Herz des Westens
Ihr interessiert euch für Architektur? In unserem umfassenden Guide findet ihr alles zu den verschiedensten Disziplinen und erfahrt, wo ihr euch in Berlin umschauen solltet. Berlin hat nicht nur jede Menge schöne U-Bahnhöfe, sondern auch unzählige Brücken. Wir haben die schönsten Brücken Berlins zusammengestellt und erklären, was sie so besonders macht. Manche schneiden besser ab, andere schlechter: Die witzigsten Google-Bewertungen von Berliner Bahnhöfen. Was Berlin noch bewegt, lest ihr in unserem Stadtleben-Ressort.