Berlin ist eine moderne Stadt. Zwar gibt es hier auch viele alte Bauten zu sehen – aber eben auch zeitgenössische Architektur der obersten Klasse. Man muss nur die Augen offen halten, um in der Hauptstadt auf wahre Perlen der modernen Architektur zu stoßen. Manche dieser Projekte sind versteckt oder zwischen andere Häuser gezwängt, aber man kann regelrechte zeitgenössische Meisterwerke finden. Villen, Studios oder Wohnhäuser, mutige Formen und innovative Konstruktionen prägen die zeitgenössische Architektursprache. Von UFOs bis zum Baumhaus: Hier sind zeitgenössische Projekte in Berlin, die man sehen sollte.
Korkenzieherhaus der rundzwei Architekten
Hier haben sich die Suche nach einem klugen Wärmedämmungskonzept und Design in einem ungewöhnlichen Projekt vereint. Als Außenfassade des so genannten Korkenzieherhauses hat das Architekturbüro rundzwei Architekten Korkplatten verwendet, die man sonst eher in Innenräumen vorfindet. Eigentlich ist der Baustoff, mit dem das Einfamilienhaus in Spandau verkleidet wurde, Korkgranulat, das bei der Herstellung von Weinkorken entsteht und mittels Harz zu Bauplatten verarbeitet werden kann. Das Privathaus kann naturgemäß nicht besichtigt werden, aber der Bezirk Spandau bietet zum Glück noch weitere Attraktionen.
- Spandau
Wohnhaus L40 von Roger Bundschuh und Philipp Baumhauer
Das Wohn- und Geschäftshaus L40, auch „Black-Maze-Building“ genannt, also schwarzes Labyrinth, macht es uns nicht leicht. Auf der einen Seite ist es ein brutales UFO, dass sich da an der Ecke Linienstraße und Rosa-Luxemburg-Straße in die Höhe streckt und auch als eine der Berliner Bausünden betrachtet werden kann. Auf der anderen Seite gehört das Projekt der Architekten Roger Bundschuh und Philipp Baumhauer zu den mutigsten Positionen im Areal.
Ein kubistischer Klotz mit expressiv-minimalistischem Charakter, dunkel und bedrohlich und zugleich ein Beispiel für mutiges, kompromissloses Bauen in der Stadtmitte. Kontrovers.
- Linienstraße/ Rosa-Luxemburg-Straße, Mitte
Remise der Jan Wiese Architekten und Ralf Wilkening
Die Remise hat in Berlin eine lange Tradition, in Hinterhöfen wurden die niedrigen Gebäude schon im 19. Jahrhundert gebaut und erfüllten eine wichtige Funktion im wirtschaftlichen Gefüge der Stadt. Einst arbeiteten dort Sattler, Tischler oder Schuhmacher, man nutzte sie als Schuppen, Werkstätten und gelegentlich auch als einfache Wohnräume.
Die moderne, verglaste, helle und hübsch quadratische Remise der Jan Wiese Architekten (in Zusammenarbeit mit Ralf Wilkening) bietet heute im Hinterhaus eines Altbaus in der Immanuelkirchstraße Arbeitsplätze für digitale Handwerker wie Programmierer und Grafiker.
- Immanuelkirchstraße, Prenzlauer Berg
Tchoban Foundation – Museum für Architekturzeichnung
Der deutsch-russische Architekt Sergei Tchoban hat sich mit dem Museum für Architekturzeichnung einen Traum erfüllt. Seit 2013 präsentiert es handgezeichnete Pläne, Entwürfe und Skizzen. Das Gebäude konzipierte Tchobans Moskauer Büro Speech. In dem vierstöckigen Betonbau mit verschobenen Geschosskuben und ausragenden Glaselementen finden neben den Ausstellungsräumen auch das Depot, Museumsshop und die Bibliothek Platz.
- Christinenstraße 18a, Prenzlauer Berg
Wohnhaus von Atelier Zafari
Der Berliner Architekt Sohrab Zafari hat dieses für Berlin ziemlich ungewöhnliche Wohnhaus entworfen. Die kantigen Formen, weiße Oberflächen und die kubische Anordnung der Gebäudeelemente machen das Wohnhaus herausragend. In der verschachtelten Konzeption, über die der Architekt sagte, er wolle „nicht nur Lücken füllen, sondern auch Lücken lassen“ finden sich sieben Wohneinheiten. Zafaris Idee ist eine Weiterentwicklung des klassischen Berliner Wohnblocks für das 21. Jahrhundert findet sich unweit vom Alexanderplatz.
- Waisenstraße, Mitte
Passivhaus der BCO Architekten
Dreifachverglasung, eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und modernste Dämmmaterialien machen das dreigeschossige Wohn- und Atelierhaus in der Linienstraße zu einem amtlichen Passivhaus. Die Fassade wirkt wie Sichtbetonbau und die Fenster treten aus dem Gebäude hervor. Als Bauherr des von den BCO Architekten errichteten Projekts zeichnet sich eine Baugemeinschaft verantwortlich, die neben den hohen Galerieräumen, vier Wohnungen, drei davon als Maisonette, bauen ließ.
- Linienstraße 23, Mitte
Pyramide von Barkow Leibinger in einem Hinterhof
Für diese ungewöhnliche Form war indirekt der Berliner Senat verantwortlich. Auf der einen Seite wollte man das zerstörte Hinterhaus neu errichten lassen, auf der anderen Seite gelten heute Abstandsflächenregelungen, die einen Bau in der ursprünglichen Größe nicht erlaubt hätten. So entwarf das Architekturbüro Barkow Leibinger eine moderne Großstadtpyramide, die lediglich zwei Wohnungen fasst, mit Ziegelhaut und im spitz zulaufenden Dach angeordneten Fenstern. Der Hinterhof wird dadurch nicht unbedingt zu einer Großstadt-Idylle, doch aber zu einem ungewöhnlichen Ort.
- Prenzlauer Berg
Sapphire von Daniel Libeskind
Die meisten Projekte in dieser Liste stammen von anerkannten Architekten, darunter vielen Berlinern. Doch nur wenige wurden von internationalen Architekturstars wie Daniel Libeskind errichtet. Der US-Architekt ist durch den Bau des Jüdischen Museums in Berlin berühmt geworden.
Das Sapphire, ein exklusives Wohnhaus in der Chausseestraße in Mitte mit 73 Appartements, ist aufgrund seiner asymmetrischen Formen und der besonders beschichteten Fassade, die aus einem Gemisch aus Titan und Keramik besteht, ein besonderes Projekt. Es ist zudem das einzige Wohnhaus von Libeskind in Europa.
- Chausseestraße 43, Mitte
Arno Brandlhubers Galerie- und Atelierhaus
Nach der Einweihung von Arno Brandlhubers Galerie- und Atelierhaus sprachen die Architekturkritiker begeistert über das realtiv kleine Gebäude. Als „brutiful“ und „vertical teutonic favela“ (brutal-schön also…) wurde es bezeichnet. Seit 2009 setzt es ein Ausrufezeichen in der Brunnenstraße in Mitte.
Roh, schlicht und ungewöhnliche Materialien sorgen für den besonderen Effekt des Gebäudes. Die Fassade besteht aus Glasflächen und transluzenten Polycarbonatplatten. Hinter dieser spannenden Architektur wird ebenfalls an spannenden Projekten und Theorien gearbeitet, schließlich gehört Arno Brandlhuber zu den radikalsten Architekten in Berlin.
- Brunnenstraße 9, Mitte
Urbane Baumhäuser der Baumraum Architekten
Der Architekt Andreas Wenning von Baumraum Architekten hat den Kindertraum vom Wohnen in Baumwipfeln mit moderner Bauweise vereint. Seine urbanen Baumhäuser bieten Komfort, schlichtes, aber elegantes Design und ein einzigartiges Naturerlebnis.
In Berlin finden sich seine Konstruktionen unter dem Label The Urban Treehouse in Zehlendorf. Man kann die Baumhäuser auch mieten, mehr Informationen dazu finden sich hier.
- Quermatenweg 23, Zehlendorf
Katharina Grosse Studio von Augustin und Frank Architekten
Es ist erstaunlich, wie ein klobiger Betonwürfel so viel Anmut und Eleganz ausstrahlen kann wie das Studio der Künstlerin Katharina Grosse auf dem Areal einer ehemaligen Militärschneiderei in der Lehrter Straße 57 in Moabit. Errichtet wurde das Gebäude, in dem die Künstlerin auch wohnt, von dem Berliner Büro Augustin und Frank Architekten.
Der Entwurf, der vor allem funktional sein und die Ansprüche der Bauherrin nach viel Wandfläche und Tageslicht sowie reibungslosen Liefermöglichkeiten erfüllen sollte, hat eine „maschinelle“ Charakteristik und nimmt in Formsprache und Materialität durchaus Bezug zu Le Corbusier.
- Lehrter Straße 57, Moabit
Villa M von Graft
Das 1998 in Berlin gegründete Büro Graft Architekten hat sich weltweites Renommee erarbeitet und zahlreiche Projekte in den USA und China realisiert. Darunter das City Center in Las Vegas und das Emperor Hotel in Peking.
In Berlin realisierten Graft immer wieder spektakuläre Projekte. Etwa die temporäre Kunsthalle Platoon und das BRLO Brauhaus. Auch Wohnhäuser und Villen kann man an mehreren Orten in Berlin sehen. 2017 wurde nach Graft-Plänen die Villa M im Grunewald realisiert. Ein privates Einfamilienhaus, dass in seiner futuristisch wirkenden Form, tatsächlich einem Findling aus der Eiszeit nachempfunden ist.
- Gneiststraße, Grunewald
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