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Berlin verstehen

Berliner Humor: Unsere 12 liebsten Comedians, Komiker und Kabarettisten

Ist Berliner Humor nur Leierkasten, Zille und Icke-Kalauer? Auch, aber nicht nur. Witze, Gags, Sketche und bissige Satiren haben hier eine lange Tradition. Der Berliner Humor ist derb, kritisch, aktuell und gerne mal absurd. Manchmal erkennt man ihn nicht sofort, wie etwa bei den Spaßmachern aus Bayern oder Köln, aber es gibt ihn! Wir haben uns bei den Komikern, Satirikern, Comedians und Kabarettisten und natürlich stets auch bei den Komiker:innen, umgeschaut, und 12 liebste Berliner Humoristen gefunden, die uns ganz besonders am Herzen liegen.

Ehrlich und derb, das ist Berliner Humor! "Ey: Freunde, ich bin sehr besoffen" – Klare Aussage an einer Hauswand in der Dunckerstraße in Prenzlauer Berg. Foto: Imago/Seeliger
Ehrlich und derb, das ist Berliner Humor! „Ey: Freunde, ich bin sehr besoffen“ – Klare Aussage an einer Hauswand in der Dunckerstraße in Prenzlauer Berg. Foto: Imago/Seeliger

Die allermeisten sind noch aktiv, sie sind sehr unterschiedlich und die Liste ist sicherlich nicht komplett. Aber bei aller Hochachtung für Berliner Legenden wie Frank Zander, Jürgen von der Lippe und Harald Juhnke, bei der Anerkennung der Erfolge von Mario Barth und einer tiefen Verbeugung vor Loriot (der immerhin gebürtiger Brandenburger war), es sollen diese 12 sein.

Dieses Dutzend hat uns mit Live-Programmen, TV-Auftritten, Texten, Büchern, Sketchen, Comics und Liedern begeistert. Mal sorgen sie für einen Brüller, mal für einen Schmunzler und mal für ein amüsiertes Stirnrunzeln. Und meist steckt in ihrer komischen Kunst eine gute Portion Berlin!


Fil

Berliner Humor: Fil mit "Stulle"-T-Shirt.
Fil mit „Stulle“-T-Shirt. Foto: Imago/Andreas Weihs

Fil ist der schönste und lustigste Mensch auf der Welt. Nicht wenige seiner Fans würden diese Aussage sofort unterschreiben. Der gebürtige Berliner (Jahrgang 1966) wuchs im Märkischen Viertel auf und gehört zu den Eingeborenen unter den Comedians. Angefangen hat er als Comiczeichner und wurde vor allem mit den „Didi & Stulle“-Strips, die viele Jahre in der Zitty erschienen sind, bekannt.

In seinen Bühnenprogrammen vereint der begnadete Entertainer Welt- und Stadtgeschehen, lässt den derben Berliner raushängen, reflektiert die Zustände in Politik und zwischen den Geschlechtern und streut immerzu einen lustigen Song ein. Ah ja, drei Bücher hat Fil auch geschrieben: „Pullern im Stehn“ und „Mitarbeiter des Monats“ und „Worte über Orte: Die Reisen des FiL“.


Felix Lobrecht

Berliner Humor: Felix Lobrecht bei der 1Live Köln Comedy-Nacht.
Felix Lobrecht bei der 1Live Köln Comedy-Nacht. Foto: Imago/Future Image

Stand-Up-Comedian, Podcast-Star und Autor. Das ist schon ganz ordentlich für einen, der in seiner Neuköllner Schule unangenehm auffiel und bei vielen Lehrern für Kopfschmerzen sorgte. Die Verhaltensauffälligkeit nutzte Lobrecht für seine Karriere, anfangs als Poetry-Slammer, der sich zuweilen auch als Breakdancer versuchte, und mit der Zeit im etablierten Comedy-Business.

Mittlerweile ist er regelmäßig Gast in Funk und Fernsehen und sein Podcast „Gemischtes Hack“, den er gemeinsam mit dem Autor Tommi Schmitt auf Spotify veröffentlicht, gehört zu den erfolgreichsten Formaten in Deutschland.

Und dass die Berliner Schnauze nicht zum alten Eisen gehört, das beweist der junge Herr Lobrecht auch, denn das Berlinische gehört zu seinen Shows immer dazu.


Kurt Krömer

Berliner Humor ohne Kurt Krömer? Undenkbar. Das Foto zeigt ihn bei seiner Show "Stresssituation". Foto: Imago/Christian Behring/Pop-Eye
Berliner Humor ohne Kurt Krömer? Undenkbar. Das Foto zeigt ihn bei seiner Show „Stresssituation“. Foto: Imago/Christian Behring/Pop-Eye

Kurt Krömer, bürgerlich Alexander Bojcan, ist ein Phänomen. Wie Lobrecht, ist auch er in Neukölln aufgewachsen, er brach zwei Berufsausbildungen ab und verdingte sich anschließend auf dem Bau. 1996 besuchte er als 22-Jähriger eine Tanz- und Clownschule in Hannover und unternahm erste Schritte im Comedybereich.

2003 kam der Durchbruch mit „Die Kurt Krömer Show“, die er für den RBB produzierte. Sketche, Einspieler und Interviews mit Prominenten gehörten zum Konzept. Die Absurdität und die unkonventionelle Art und Weise, wie Krömer an die altbekannten Formate von Talk-Shows heranging, überzeugten Publikum und Kritiker. Es folgten „Krömer Late Night Show“, „Chez Krömer“ und weitere Projekte, darunter Theaterstücke und ein Podcast. Eine forsche Berliner Schnauze mit einem guten Schuss absurdem Humor, fertig ist der Krömer-Effekt!


Idil Baydar

Berliner Humor: Kabarettistin Idil Baydar bei "Maischberger".
Kabarettistin Idil Baydar bei „Maischberger“. Foto: Imago/Sven Simon

Baydar wurde 1975 als Tochter türkischer Einwanderer in Celle geboren. Mit 16 ging sie nach Berlin. Ihre Karriere als Kabarettistin begann sie auf Youtube mit selbstgedrehten Clips, in denen sie ihre Heldinnen, die Ur-Berlinerin Gerda Grischke und die türkischstämmige Berlinerin Jilet Ayşe, verkörperte.

Baydar behandelt in ihren Videos ungeschönt und saukomisch Themen wie Migration, Rassismus, Vorurteile aber auch die „ganz normalen“ Probleme heranwachsender Mädchen. Der Erfolg brachte sie zum Fernsehen und auf die Bühnen.

Baydar, die heute selbst in Kreuzberg lebt, engagiert sich nicht nur in ihren Programmen gegen Diskriminierung und Hass, sondern arbeitet auch mit Jugendeinrichtungen zusammen.


Lea Streisand

Berliner Humor: Schriftstellerin Lea Streisand beim RadioEins Berlinale Nighttalk. Foto: Imago/Seeliger

Berliner Humor: Schriftstellerin Lea Streisand beim RadioEins Berlinale Nighttalk. Foto: Imago/Seeliger

Eine echte Berliner Pflanze. Aufgewachsen in Prenzlauer Berg, kam Lea Streisand Anfang der Nuller-Jahre in die Welt der Lesebühnen. Heute ist die Autorin und Radio-Kolumnistin selbst Betreiberin ihrer eigenen Lese- und Talkbühne: „Hamset nich kleina?“ im Chagall in Prenzlauer Berg sowie Mitglied der Lesebühne Rakete 2000, die regelmäßig in Pankow gastiert.

Auf Radioeins liest sie wöchentlich ihre Alltagsbetrachtungen aus Berlin und auch in ihren Romanen nähert sich Steisand immer wieder mit lakonischem Humor ihrer Heimatstadt. Im letzten Buch „Hufeland, Ecke Bötzow“ erzählt sie auf einzigartig komische Art von einer Jugend in Ost-Berlin.


Oliver Polak

Oliver Polak während der Frankfurter Buchmesse 2018.
Oliver Polak während der Frankfurter Buchmesse 2018. Foto: Imago/Teutopress

Auf die Frage, warum die Deutschen keinen Humor hätten, antwortete Woody Allen mal in einem seiner Filme: „Die Nazis haben alle Comedians umgebracht.“ Der jüdische Humor war bis 1933 ein wesentlicher Bestandteil des Berliner Humors.

Ob Oliver Polak diese Lücke füllen kann, muss die Geschichte noch zeigen. Er tut jedenfalls einiges dafür. Der 1976 in Papenburg geborene deutsche Jude und Sohn von Holocaust-Überlebenden ist einer der wenigen Komiker in Deutschland, die das Judentum derart zentral in ihr Werk stellen.

Polak war depressiv, schrieb Bücher darüber, er verhandelte Antisemitismus und das Dritte Reich in seinen Programmen und verkörperte Adolf Hitler in einem Video der Berliner Rapper K.I.Z.

Tabubrüche gehören zum Charakteristikum des Komikers und Autors, der auch schon mal auf Pro7 mit der Show „Applaus und Raus“ für einen Skandal sorgte, weil er sich behindertenfeindlich äußerte.


Sarah Bosetti

Sarah Bosetti zu Gast bei der ARD Sendung "Ladies Night", 2018.
Sarah Bosetti zu Gast bei der ARD Sendung „Ladies Night“, 2018. Foto: Imago/Horst Galuschka

Sarah Bosetti, geboren 1984 in Aachen, ist eine der erfolgreichsten Poetry-Slammerinnen im deutschsprachigen Raum. Sie tritt in nahezu allen Comedy- und Kabarettsendungen auf, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk anzubieten hat, gewinnt Preise, schreibt Bücher und hat eine Kolumne auf Radioeins.

Mit viel Witz und Sprachkunst, widmet sie sich immer wieder dem Kampf der Geschlechter, zerpflückt Patriarchat und Feminismus gleichermaßen und hält die interessantesten Gedanken, die gedruckt nicht minder komisch sind, in Buchform fest.

Zuletzt erschien Bosetti „Ich hab nichts gegen Frauen, du Schlampe!“. Darin nimmt sie Hasskommentare, die ihr und ihrer Arbeit gewidmet waren, und krempelt sie in Liebesgedichte um. Dank Sarah Bosetti ist die Welt nicht nur ein etwas lustigerer, sondern auch ein etwas besserer Ort zum Leben.


Wolfgang Neuss

Wolfgang Neuss und Richard von Weizsäcker in der Talkshow "Leute".
Wolfgang Neuss und Richard von Weizsäcker in der Talkshow „Leute“. Foto: Imago/Teamwork

Alle anderen elf lustigen Berliner in dieser Liste sind noch am Leben und aktiv im Beruf, nur Wolfgang Neuss ist tot. Diese Mann war aber derart wichtig für den Berliner, wenn nicht gar für den deutschen Humor, dass er hier einfach nicht fehlen darf.

Nach dem Krieg drehte er ab 1950 ungezählte Filme und wurde zum Kinostar. Seine Kabarett-Programme gehören zu Klassikern des Genres und waren für die ihm folgenden Komiker-Generationen prägend. Mit „Wir Kellerkinder“ (1960) schuf er einen turbulent-jazzigen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Zeit. In einem Wort, Wolfgang Neuss ist eine Legende.

Seine letzten Jahre verbrachte er als kiffender Freak in einer West-Berliner Altbauwohnung, beriet Kollegen in Humorfragen, brachte die lustig-alternativen 3 Tornados in die Spur, die in West-Berlin der alternativen Szene das Lachen beibrachten, und sprach 1983 in der Talkshow „Leute“ zu dem damals amtierenden Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker den berühmten Satz: „Auf deutschem Boden darf nie mehr ein Joint ausgehen!“.

Neuss starb im Mai 1989 und wurde auf dem Waldfriedhof Zehlendorf beerdigt.


Dieter Hallervorden

Dieter Hallervorden, Schauspieler und Comedian, spielt in dem Stück "Vor Sonnenuntergang" von Gerhart Hauptmann, 2016.
Dieter Hallervorden, Schauspieler und Comedian, spielt in dem Stück „Vor Sonnenuntergang“ von Gerhart Hauptmann, 2016. Foto: Imago/Reiner Zensen

Dieter Hallervorden hat schon alles gemacht, was man als Schauspieler, Komiker, Kabarettist, Slaptick-Erneuerer, Sketchschreiber, Autor, Regisseur, Theaterdirektor, Moderator und Synchronsprecher so machen kann.

1935 geboren, ist er West-Berlin seit den 1950er-Jahren verbunden. Hier leitet er das Kabarett-Theater Wühlmäuse und das Schlossparktheater in Steglitz. Von hier aus nahm seine Karriere ihren Lauf, die ihn in den 1970ern mit Shows wie „Nonstop Nonsens“ und in den 1980ern mit den „Didi“-Filmen in Humor-Superstar-Sphären brachte. Neben ihm haben wohl nur Otto und Loriot die Republik humoristisch so tief geprägt.


Horst Evers

Kabarettist Horst Evers.
Kabarettist Horst Evers. Foto: Imago/Seeliger

Horst Evers muss man zuhören. Am besten natürlich live, bei den Solo-Programmen, früher bei der nicht mehr bestehenden Lesebühne Mittwochsfazit, oder bis heute beim Kabarettistischen Jahresrückblick, wo er seit 20 Jahren um Weihnachten herum neben Bov Bjerg, Manfred Maurenbrecher und anderen auf die Ereignisse des, nun ja, Jahres zurückblickt. Oder aber man lauscht ihm wenigstens im Radio oder per Hörbuch.

Lakonisch und mit einer süffisanten Zurückhaltung pointiert er in seinen alltäglich anmutenden Texten den Irrsinn des Lebens. Oft und gerne auch am Bespiel des Berliner Alltags. Hat man die Stimme einmal im Ohr, kann man sich auch den Büchern widmen, von denen es mittlerweile auch schon ein gutes Dutzend gibt.  


Max Goldt

Max Goldt liest. Foto: Imago/VIADATA

Max Goldt wäre vermutlich verärgert, wenn er erfahren würde, dass er hier in einer Liste mit Kabarettisten und Komikern steht. Vermutlich würde er sagen, er sei gar kein Kabarettist oder Komiker, und Listen fände er ohnehin ganz scheußlich und wir sollen uns doch bitte mal zum Teufel scheren.

Vielleicht wäre ihm das auch ziemlich Schnuppe und er würde diese Tatsache mit Hochmut ignorieren, sich sozusagen mit den Niederungen des medialen Alltags gar nicht befassen.

Vielleicht wäre alles ganz anders. Aber wer Max Goldt nicht kennt, der sollte seine Texte, Bücher und Comics (Katz & Goldt) lesen. Und zwar schleunigst. Dieser Mann ist tatsächlich komisch! Aber als Berliner Humor ließe er seine Kunst vermutlich auch nicht bezeichnen. Sei es drum. Er lebt halt hier.


Martina Hill

Schauspielerin Martina Hill bei der Filmpremiere des Animationsfilms "PETS 2".
Schauspielerin Martina Hill bei der Filmpremiere des Animationsfilms „PETS 2“. Foto: Imago/Horst Galuschka

1974 in Wedding geboren, ging Martina Hill 1995 als 21-Jährige an eine Berliner Schauspielschule. Sie spielte in Theaterstücken, wurde Radiomoderatorin und machte Fernsehwerbung. Berühmt wurde sie durch ihr Engagement bei der Comedy-Sendung „Switch reloaded“, in der sie Prominente wie Angela Merkel, Heidi Klum und Daniela Katzenberger parodierte.

Danach wechselte Hill zur „Heute Show“ und konzipierte mit „Knallerfrauen“ ihr eigenes Comedyformat. Parallel zu ihrer Comedykarriere spielt die vielfach ausgezeichnete Comedienne in zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen.


Mehr Berliner Humor

„Je größer das Tabu ist, umso besser muss die Pointe sein“, sagt Renate Berger vom Quatsch Comedy Club. Zum Berliner Humor gehört auch die englischsprachige Comedy. Die wichtigsten Bühnen dafür stellen wir hier vor. Wie witzig ist die Szene? Unser Autor Finn Holitzka hat sich auf den großen und kleinen Stand-up-Comedy-Bühnen umgehört. Wo gibt’s die beste politische Satire? Berlins Kabarett-Bühnen zeigen wir euch hier.

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