Das Berliner S-Bahn-Museum erzählt Stadtgeschichte und außerdem, warum die S-Bahn S-Bahn heißt und woher das grün-weiße Logo kommt. Nachdem es aus seinem ehemaligen Standort in Griebnitzsee ausziehen musste, ist es im kleineren Format im Projektraum im Ostbahnhof zu finden. Zum 100-jährigen S-Bahn-Jubiläum gibt es eine Sonderausstellung.
Das Berliner S-Bahn-Museum macht eine kleine Zeitreise möglich
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In 100 Jahren S-Bahn-Geschichte sammelt sich so einiges an Material an. Das S-Bahn-Museum Berlin hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Schätze zu bergen, zu archivieren und den Berlinern so eine kleine Zeitreise zu ermöglichen. Aktuell ist das Museum als Projektraum auf einer kleinen Ladenfläche im Ostbahnhof untergebracht. Artefakte wie ein Schaffnerhäuschen aus den 1920er-Jahren, eine alte Holz-Sitzbank und zahlreiche Netzpläne aus unterschiedlichsten Jahrzehnten findet man hier genauso wie ausführliche Infotafeln, die in wechselnden Ausstellungen über verschiedene Aspekte der Berliner S-Bahn informieren. Pünktlich zum Jubiläum widmet sich ab Ende Juli eine Ausstellung der 100-jährigen S-Bahn-Geschichte, im Herbst kommen Filmabende und Gespräche mit Zeitzeugen dazu.
Stadtplaner Udo Dittfurth leitet das S-Bahn-Museum ehrenamtlich und erzählt: „Den Großteil der Sammlung können wir am aktuellen Standort gar nicht ausstellen, weil die Räumlichkeiten viel zu klein sind.“ Der Rest der unzähligen Artefakte ist in einem größeren Lager untergebracht. Seit 1980 sammeln Mitglieder des Berliner Fahrgastverbands IGEB e.V. ausrangierte Objekte aus dem S-Bahn-Alltag, 1997 gründete sich daraus das S-Bahn-Museum und konnte seine Sammlung im ehemaligen S-Bahn-Umspannwerk Griebnitzsee unterbringen. Dort musste es 2016 ausziehen und wird hoffentlich bald eine neue Heimat finden. Udo Dittfurth ist es wichtig zu betonen, dass das S-Bahn-Museum kein Pufferküsser-Verein sei, sondern vielmehr die enge Verknüpfung von S-Bahn- und Stadtgeschichte zeige. „Anhand der Bahnhofsschilder lässt sich quasi eins zu eins (deutsch-)deutsche Geschichte erzählen“, so der Museumsleiter.
Welche (Stadt-)Geschichten sich über S-Bahn-Geschichte noch erzählen lassen, konnte Dittfurths Kollege Mathias Hiller beweisen. Er fragte sich, woher eigentlich das grün-weiße S-Bahn-Logo kommt. Dabei fand er nicht nur heraus, warum die S-Bahn S-Bahn heißt, sondern auch, wer das schlichte Logo mit dem hohen Wiedererkennungswert geschaffen hat.
Warum heißt die S-Bahn S-Bahn? Und woher kommt das grün-weiße Logo?
Nach jahrelangen Nachforschungen war die Beweislage 2020 so weit, dass Hiller seine Erkenntnisse veröffentlichen konnte. In Akten aus dem Landesarchiv Berlin fand er eine Meldung der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft von 1930, das die Namensfindung der S-Bahn belegt: „Die Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen werden künftig kurz ‚S-Bahn‘ heißen.“ Vorher hatte man die „Stadt-Schnellbahn“ mit SS-Bahn abgekürzt, was allerdings nicht nur wegen der Nähe zu einer gewissen nationalsozialistischen Organisation schnell wieder verworfen wurde.
Matthias Hiller studierte weiter die Akten und fand so den Auftrag der Reichsbahndirektion Berlin an den Gebrauchsgrafiker Fritz Rosen, das berühmte weiße S-Zeichen auf grünem Grund zu entwerfen. Der überaus erfolgreiche Grafiker gestaltete in den 1920er- und 30er-Jahren zahlreiche stilprägende Plakate und leitete das Atelier Bernhard-Rosen, nachdem sein jüdischer Kollege, der renommierte Grafiker Lucian Bernhard, 1925 nach New York emigriert war. Da Rosen ebenfalls Jude war, musste er Deutschland 1933 verlassen. Anders als Bernhard ist Rosen als herausragender Gestalter heute fast vergessen. Dem Nachforschungsdrang und der akribischen Archivarbeit der Ehrenamtlichen aus dem S-Bahn-Museum ist es zu verdanken, dass Fritz Rosen als Vater des ikonischen grün-weißen Logos wiederentdeckt wurde, das seit fast 100 Jahren weit über die Hauptstadt hinaus strahlt.
- Berliner S-Bahn-Museum Projektraum im Ostbahnhof, Ladenpassage Richtung Ausgang Koppenstraße, Öffnungszeiten: Mi 12–16 Uhr, Do+Fr 15–20 Uhr, So 14–18 Uhr, 2/ 1 €, weitere Infos hier
Mehr Berlin verstehen
Berlin feiert 100 Jahre S-Bahn: Alle Infos und Termine zum Festival „S dreht sich um Berlin“. Sein Buch über die Geschichte der S-Bahn erscheint pünktlich zum Jubiläum: S-Bahn-Experte Karsten Risch im Gespräch. Der Nahverkehr verkörpert die Stadt: Wir erzählen die Geschichte der S-Bahn. Wir begeben uns auf die Spuren der Stadtgeschichte: Unsere historischen Artikel über berühmte Straßen in Berlin findet ihr hier. Berühmt ist auch ein Ort im Zentrum: Wir unternehmen eine fotografische Zeitreise zum Alexanderplatz. Faszinierende Zeugnisse der Geschichte sind auch diese 12 historischen Karten Berlins. Alles zu Berlins Vergangenheit findet ihr in unserer Geschichts-Rubrik.