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Kommentar

Corona-Krise an Schulen: Zügig und besonnen handeln – aber wie?

Start in die zweite Woche: Seit einigen Tagen haben Berlins Schulen wieder geöffnet. Und – wie zu erwarten war – gab es direkt die ersten Corona-Fälle. Eltern, Lehrkräfte und Schüler*innen sind verunsichert, politisch wird heftig debattiert. Das größte Problem: Den idealen Weg gibt es nicht. Ein Kommentar von Sebastian Scherer.

Hinweis auf die Maskenpflicht: Das Käthe-Kollwitz-Gymnasium. Foto: Imago Images/Seeliger

Wer derzeit mit Lehrkräften spricht, mit Schüler*innen und ihren Eltern, hört vor allem eines heraus: Die Verunsicherung ist groß. Wie können Schulen gewährleisten, dass sie nicht zu Corona-Umschlagplätzen werden? Vor allem angesichts der teils prekären Lage – eine Lehrerin berichtet dem RBB: „An unserer Schule gibt es für die 400 Schüler jeweils zwei Toiletten, eine für Jungen und eine für Mädchen, daneben einen Spender mit Desinfektionsmittel. Das reicht natürlich vorne und hinten nicht.“

Corona an Berlins Schulen: Schon mehr als 20 Fälle

Und tatsächlich gab es bereits in mehr als 20 der rund 900 Berliner Schulen Corona-Fälle. Etwa am Mittwoch den einer Sechstklässlerin am Heinz-Berggruen-Gymnasium in Westend – nur 16 Schüler*innen wurden laut „BZ“ in Quarantäne geschickt. Eine Mutter beklagt gegenüber der Zeitung, man habe die Kinder zwar getestet, alle mit negativem Ergebnis. Allerdings seien dann auch alle direkt wieder in den Unterricht geschickt worden. Viel zu schnell, kritisiert sie, denn bis Covid-19 nachgewiesen werden kann, dauere es eben auch mal länger als 24 Stunden – ein Risiko.

Der Fernsehsender N-TV sprach Lehrkräften über die „illusorischen“ Anforderungen – etwa, dass Schüler*innen, die zum Beispiel durch Vorerkrankungen besonders gefährdet seien, auch besonders geschützt, gleichzeitig aber inhaltlich nicht benachteiligt werden dürften.

Das Patentrezept gibt es für die Probleme, die schon in der ersten Woche offenbar wurden, vorerst nicht. Am Montag trifft sich der „Hygienebeirat“, den Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) initiiert hat – mit Vertreter*innen aus Medizin, Schule, Verwaltung, dazu Eltern und Schülervertreter*innen. Die vielen Probleme schnell in den Griff zu bekommen, dürfte schwierig werden. Mal eben neue Toiletten schaffen, die Klassenräume vergrößern und Trennwände einzuziehen, wird nicht gehen.

Nicht nur bauliche Mängel – es fehlt auch an Fachkräften

Zusätzlich leidet auch Berlin, wie bundesweit die Länder, unter einem Fachkräftemangel: Es gibt kaum genug Lehrer*innen für den Normalbetrieb. Die besonderen Herausforderungen der Corona-Krise bringen das System endgültig an die Leistungsgrenze. Wo es ohnehin schon schwierig ist, die Stundenpläne mit Personal zu füllen, sind zusätzliche Anforderungen kaum zu leisten.

Entsprechend überrascht es kaum, dass die Opposition kräftig wettert gegen die Bildungssenatorin. Und das Treffen am Montag dürfte für Scheeres kein einfacher Termin werden. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft hatte genau wie Eltern und Schüler*innen auf vielen Kanälen beklagt, die Sozialdemokratin lasse die Schulen mehr oder weniger allein.

Der Regelbetrieb, den Berlin derzeit fährt, ist eine große Wette. Darauf, dass schon nichts wirklich dramatisch schief geht. Das ist ein frommer Wunsch – der von der Realität schnell zertrümmert werden könnte. Mit drastischen Folgen. Denn Schüler*innen, die wegen einer Quarantänephase nicht in die Schule gehen können, sind vor allem für berufstätige Eltern eine organisatorische Katastrophe. Und so sehr sich viele Betriebe den neuen Umständen anpassen – in vielen Branchen ist es schlicht nicht möglich, dass die Eltern Home-Office machen. Zumal sie mit infizierten Kindern ja nun auch zuhause bleiben müssten.

Corona: Bildungssenatorin muss zügig und besonnen handeln

Was man Scheeres zumindest zuschreiben kann, ist, dass sie – genau wie ihre Kolleg*innen in den anderen Bundesländern – in einer Extremsituation ist. Was richtig ist und was ist falsch, muss erst definiert werden. Denn eine vergleichbare Krise hat keiner von ihnen bisher managen müssen. Die Kunst ist nun, gleichermaßen besonnen wie zügig, aber nicht zu radikal zu agieren.

Bereits offenbart hat sich aber in jedem Fall, wie schlecht es um einige Berliner Schulen geht. Auch das muss eine Lehre aus der Krise sein: Dass die Zustände in den Bildungseinrichtungen unserer Kinder auch ohne Corona schon teils katastrophal waren. 2020 bleibt für die Politik weiterhin ein besonders schwieriges Jahr.

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