Seitdem in Geschäften und in der BVG der Mund-Nasen-Schutz Pflicht ist (auch, wenn es immer noch nicht alle begriffen haben), hat sich ein völlig neuer Markt erschlossen: Designer*innen satteln schnell um und verkaufen die schönsten Modelle. Andernorts herrscht Not.
In der Mundschutz-Frage reagiert Berlin in der Not gewohnt solidarisch und wie gewohnt kreativ. Wir geben einen Überblick, was sich auf dem Berliner Mundschutz-Markt abspielt und was Berliner*innen sonst noch wissen müssen.
Masken sind für einige zum neuen Mode-Accessoire geworden. Das kann man durchaus kritisch sehen: Etwas so wichtiges, das derzeit auch noch dringend benötigt wird, zum Statussymbol umzudrehen, ist durchaus fragwürdig, in einer Welt des Kommerz‘ allerdings auch eine logische Konsequenz. Der Gegenentwurf sind zum Beispiel Designer*innen, die nicht an Bereicherung und Stil, sondern an jene denken, die mit Einschränkungen zu kämpfen haben. So wurde in Hameln eine Maske mit durchsichtigem Einsatz entwickelt – damit zum Beispiel Taubstumme den Mund sehen und die Lippen sehen, um die andere Person so besser zu verstehen. Mehr zu dieser und anderen außergewöhnlichen Mund-Nasen-Masken-Ideen und -Designs.
Lest hier den Kommentar von tip-Redakteur Sebastian Scherer zur Mundschutz-Pflicht: Das Ende der Freiheit?
In der Not findet der Teufel neue Freunde. Berliner Graffiti-Künstler machen Weltpolitik während der Corona-Krise zu Kunst.
Ein Mundschutz ist in Berlin mancherorts Pflicht, aber es gibt nach wie vor zu wenige. Die Berliner Stadtmission näht daher mehr als 400 Masken täglich aus 500 Kilo alter Bettwäsche, Hemden und T-Shirts.
Die Stoffmasken werden zum Beispiel an obdachlose Menschen verteilt. Die Upcycling-Näherei der Stadtmission ist immer auf Stoffspenden angewiesen – vor allem Baumwollbettwäsche und Baumwollstoffe, die bei 90 Grad waschbar sind, sind gefragt.
- Spenden können in der Lehrter Straße 68 in Mitte abgegeben werden. Immer montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr. Auch im Textilhafen in der Storkower Straße 139d in Prenzlauer Berg. Hier ist montags bis freitags zwischen 9 und 17 Uhr eine Abgabe möglich.
In Bus, U-Bahn und S-Bahn sowie beim Einkaufen gilt auch in Berlin jetzt Maskenpflicht
Wer in Berlin zum Einkaufen das Haus verlässt, darf seinen Mundschutz ab dem 29. April 2020 nicht mehr zuhause lassen.
Seit dem 27. April 2020 darf der öffentliche Nahverkehr in Berlin nur mit Mundschutz genutzt werden.
Berlin macht Mode aus allem: Junger Mann mit Bling-Bling-Mundschutz einer Berliner Designerin. Viele Berliner Mode-Designer*innen verschreiben sich dem Mundschutz-Kult. Hier bekommt ihr schicke, lokale Masken mit Message.
Berliner Liebe in Corona-Zeiten…
Auch im Deutschen Bundestag wird mittlerweile Mundschutz getragen. Grünen-Politikerin Göring-Eckardt mit ihrem Lieblingsmodell…
Reges Treiben in Kreuzberg an einem sonnigen Tag. Chillen mit Bier und Sicherheitsabstand. Junge Menschen mit bunten Stoffmasken.
Selbstgemachte Stoffmasken: Das ist laut RKI zu beachten
Klar ist: Selbstgebastelte Stoffmasken helfen nur bedingt. Sie schützen den Maskenträger selbst kaum vor Ansteckung. Damit man durch die selbstgemachte Stoffmaske wenigstens das Risiko für seine Mitmenschen verringert, gilt es laut dem Robert-Koch-Institut folgendes zu beachten:
- Die Maske muss richtig sitzen und eng anliegen!
- Nach Durchfeuchtung muss die Maske gewechselt werden!
- Auch wer eine Maske trägt, sollte nicht ständig daran herumzupfen. Das zählt auch als sich ins Gesicht fassen!
Masken für Berlin landeten in den USA
Die Berliner Polizei sollte in diesen Tagen eigentlich eine Lieferung von 200.000 Mundschutzen erhalten. Die Lieferung ging ominöserweise auf dem Flughafen in Bangkok verloren und landete in den USA.
Die USA streitet ab, eine Umleitung der Masken vorgenommen zu haben.
In Berlin war in diesem Jahr auch an Ostern alles anders.
Viele Wochenmärkte haben in Berlin noch geöffnet. Auch hier sieht man viele Menschen, die sich mit selbstgebastelten Mundschutzen provisorisch schützen.
Mit der Sonne und den warmen Temperaturen kommt bei Berliner*innen auch die Lust auf Eis! Bei Fräulein Frost in Neukölln kleidet man sich Corona-gerecht…
Hier geht es direkt zur Übersicht: Diese Eisdielen in Berlin haben trotz Corona geöffnet!
Späti-Chillen in Corona-Zeiten.
DIY-Masken könnten zum juristischen Problem werden
Jeder, der selbst Mundschutze näht und diese dann online verkauft, sollte sich bewusst sein, dass es sich hierbei um eine juristische Grauzone handeln kann. Da es sehr strittig ist, ob und inwieweit die genähten Masken wirklich schützen.
In diesem Zusammenhang sollte vor allem der Terminus „Schutz“ vermieden und stattdessen zum Beispiel Mundbedeckung geschrieben werden.
Wer seinen selbstgenähten Mundschutz als MundSCHUTZ labelt, und lediglich in der Produktbeschreibung betont, dass hier kein professioneller Mundschutz ersetzt wird, ist damit juristisch nicht aus dem Schneider.
KV Berlin beklagt weiterhin Mangel an Atemschutzmasken
Die Lager der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin sind leer, der Markt für hygienische Schutzausrüstung ist weltweit überlastet. Wenn die Nachfrage an Atemschutzmasken nicht bald gestillt werden kann, müssen in Berlin Arztpraxen schließen.
Arnold hofft, dass bald eine neue Lieferung kommt. Dann könnten endlich alle vertragsärztlichen Praxen mit Schutzausrüstung ausgestattet werden. Eine Lieferung von zehn Millionen Schutzmasken hat die Bundesregierung angekündigt.
Kliniken und Praxen brauchen dringend Nachschub
Berliner Krankenhäuser und Arztpraxen arbeiten während der Pandemie unter Hochdruck, um Corona-Verdachtsfällen und tatsächlich erkrankten Personen und den notwendigen Hygiene-Standards gerecht zu werden. Die Praxen waren nicht auf die Extremsituation vorbereitet und es fehlt allerorts an medizinischer Schutzausrüstung – an Mänteln, Brillen aber vor allem an Mundschutzmasken und an Desinfektionsmittel.
Aber nicht nur Ärzte und medizinisches Personal benötigen Mundschutzmasken – auch andere Menschen, die zurzeit nicht ins Home-Office geschickt werden können, sondern in systemrelevanten Berufen arbeiten – im Altersheim, Supermarkt oder im öffentlichen Dienst. Zusammenschlüsse wie die Facebook-Gruppe Mundschutz nähen Berlin Ehrenamtlich versuchen nun auf eigene Faust Schadensbegrenzung zu betreiben.
Karls Erdbeerhof verkauft Mundschutze statt Dinkelkissen
Auch Karls Erdbeerhof hat sein Angebot an die derzeitigen Umstände angepasst. Und verkauft jetzt Mundschutze statt Dinkelkissen. Die weißen Stoffmasken gibt es online zu kaufen.
Weißensee Kunsthochschule Berlin ermutigt Berliner*innen zum Tragen von Masken
Die Kunsthochschule Berlin-Weißensee plädiert für das Tragen von Mundschutzen als „ein Zeichen der Rücksichtnahme und Verantwortung“. Auf dem Instagram-Channel maskoncollective findet man Bauanleitungen für Mundschutze aus Staubsaugerbeuteln und Taschentüchern.
Und soll ermutigt werden, eine „individuelle Ausdrucksform“ für den eigenen Mundschutz zu finden.
Mundschutz in Berlin: Näher*innen organisieren sich auf Facebook
In der Berliner Facebook-Gruppe „Mundschutz nähen Berlin Ehrenamtlich“ haben sich mittlerweile fast 500 Berliner*innen organisiert. Wer selbst Mundschutzmasken näht, findet hier glückliche Abnehmer. Die Mitarbeiterin eines Hospizes schreibt beispielsweise: „Hallo, das Theodorus Hospiz Berlin Marzahn (12687) benötigt dringend Mundschütze um weiter Gäste aufnehmen und pflegen zu können!“ Darunter schreibt ein weiteres Mitglied der Gruppe, man werde ein übriggebliebenes Bettzeug „bearbeiten“ und sich dann wieder melden.
„Zurzeit verfügen wir über 23.000 Schutzmasken“, sagt die Pressesprecherin der KV Berlin, Dörthe Arnold, am Donnerstag auf Anfrage des tip. „Wir stellen nun sicher, dass erstmal die Praxen beliefert werden, die das Schutzmaterial am dringendsten benötigen – z.B. Dialyse-Praxen, wo chronisch kranke Menschen behandelt werden, oder Lungenärzte.“
Berliner Techno-Modelabel entwirft Mundschutz
Das Berliner Techno-Modelabel NAKT reagiert aus der Not heraus und entwirft einen stylischen Mundschutz im Clubwear-Design. Mit der Kollektion „Keep Smiling“ hält sich das Label, das normalerweise Mode für Raver entwirft, über Wasser. Und setzt ein Zeichen für positives Denken während einer schweren Zeit.
Die Erlöse der Kampagne spendet das Label zu 20 Prozent der Clubcommission, die sich in der Corona-Krise für das Leben der Berliner Clubs einsetzt.
Mundschutz in afrikanischem Muster – von Flüchtlingen genäht
Afrikanische Flüchtlinge nähen im Rahmen des Berliner Muanana-Projekts Rucksäcke, Turnbeutel, Kosmetiktäschchen uvm., und jetzt eben auch Mundschutze. Diese entsprechen nicht medizinischen Standards und schützen vor Corona – sondern sollen als Alternative dienen. Der Erlös geht an die Flüchtlinge und unterstützt sie in ihrer Selbstständigkeit.
Mundschutze auf Berlins Bühnen angekommen
Die Show von David Kaiser und Virginia Plain, den aufstrebenden Stars im BKA-Theater, ist derzeit im Stream zu sehen. Am 9. April um 20.30 Uhr geht es um „Liebe in Zeiten von Corona“. Natürlich mit Mundschutz.
Eine Statue am Weißen See, die Mundschutz trägt.
Auch in Berlin-Mitte tragen Statuen jetzt Mundschutz.
Berlin und Deutschland greifen zur Nadel
Immer mehr Menschen nähen sich selbst einen Mundschutz. Und im Internet häufen sich die DIY-Anleitungen. Die selbst genähten Mundschutze ersetzen keine medizinischen Schutzmasken, sind aber sinnvolle Alternativen, um gefährdete Mitmenschen wenigstens ein bisschen zu schützen.
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