Tatsächlich tragen die abgebildeten Personen (Fotos) normalerweise weder Schleier noch Gebetskappe. Im Rahmen einer Kunstaktion des Regisseurs Züli Aladag haben sie sich einfach nur mit scheinbar eindeutigen Accessoires ausgestattet, wie man sie sonst mitunter an muslimischen Einwanderern sieht. Als eine Art Initiations-Ritual zu seiner seit Anfang November im Haus der Kulturen der Welt eröffneten Installation „Die Anderen“ bietet Züli Aladag „den Einen“ – ethnisch-biologischen Deutschen – an, in die Rolle „der Anderen“ – muslimische Migranten – zu schlüpfen: Der Vorraum zur Installation ist als Garderobe gehalten, an Haken hängen Kopftücher, Tschadors und Gebetskappen, die anprobiert werden können.
Ein Spiegel zeigt dann nicht nur den richtigen Sitz der Kleidungsstücke, sondern – oberflächlich – plötzlich völlig veränderte Persönlichkeiten. „Ich will die Besucher dazu inspirieren, hinter Äußerlichkeiten zu gucken und nicht nur Symbole wahrzunehmen“, sagt Züli Aladag. Wer für sich selber beanspruche, als Individuum wahrgenommen zu werden, sollte auch in der Lage sein, die Einzigartigkeit anderer Menschen anzuerkennen – trotz Kopftuch oder anderer mit Klischees behafteter Bekleidungsstücke. Warum Aladag die aktuelle Integrationsdiskussion als „rückwärts gerichtete Sicht“ empfindet,
belegen seine in der Ausstellung gezeigten Film-Interviews mit „den Einen“ und „den Anderen“: Nach klaren Grenzen zwischen diesen Gruppierungen sucht man vergeblich.
Text: Eva Apraku
Foto: Züli Aladag
Labor Berlin Züli Aladag „Die Anderen“ Studiogalerie im Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10, Tiergarten, Mi-Mo und feiertags 11-19 Uhr (bis 9.1.2011), Eintritt frei, Katalog: 5 Ђ, www.hkw.de