• Stadtleben
  • 50 Jahre Döner: Die Geschichte des Fast-Food-Klassikers in Berlin

50 Jahre Döner Kebab

50 Jahre Döner: Die Geschichte des Fast-Food-Klassikers in Berlin

Den Döner Kebab und Berlin verbindet eine lange Geschichte. Das traditionelle Gericht existierte in der Türkei zwar schon im 19. Jahrhundert, doch die Sandwich-Variante als Fleisch und Gemüse im Brot mit Soße (extra scharf) obendrauf wurde in den frühen 1970er-Jahren erfunden. In Berlin. Natürlich in Kreuzberg, wo in jener Zeit viele Türken, die als „Gastarbeiter“ nach Deutschland kamen, eine neue Heimat fanden. Heute ist der Döner ein beständiger Teil des Alltags. Neben Hamburger, Pizza und Currywurst ein Verkaufshit der Fast-Food-Kultur, Symbol des deutsch-türkischen Miteinanders und vor allem: Kult! Döner Kebab und Berlin – eine perfekte Kombination. Hier erzählen wir die Geschichte.


Döner-Kebab – Symbol des deutsch-türkischen Miteinanders

Döner Berlin Geschichte: Döner-Kebab-Schild mit Schultheiss-Werbung. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg
Döner-Kebab-Schild mit Schultheiss-Werbung. Foto: Imago/Müller-Stauffenberg

Noch in den 1960er-Jahren lebten in Berlin, ob Ost oder West, relativ wenige Menschen mit Migrationshintergrund. Dies bildete sich auch im kulinarischen Angebot der Stadt ab. Ein Italiener oder Chinarestaurant galten als exotisch, und von Sushi, Gyros und Ramen hat kaum jemand gehört. Man aß Stulle, Bulette und Currywurst. Doch nach der Unterzeichnung des Anwerbeabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei im Oktober 1961 veränderte sich die Situation. Immer mehr Menschen zogen aus der Türkei nach Deutschland und brachten ihre kulinarische Kultur mit, die schon bald auch die neue Heimat prägen sollte.


Der Döner-Imbiss und die Stadt

King-Kebap-Imbiss in der Bahnhofstraße in Köpenick: Foto: Imago/Günter Schneider
King-Kebap-Imbiss in der Bahnhofstraße in Köpenick: Foto: Imago/Günter Schneider

Viele türkische Restaurants und Imbiss entstanden und in den frühen 1970er-Jahren reagierten die türkischen Wirte auf den Fast-Food-Trend und begannen ihr traditionelles Grillfleisch-Gericht handlich im Brot zu verkaufen. Ein herzhaftes Sandwich, warm, nahrhaft und schnell. Der perfekte Snack für den gehetzten Großstädter. Der sich langsam drehende Spieß, von dem das Dönerfleisch mit einem langen Messer geschnitten wird, setzte sich durch. Der Legende nach hieß der Döner-Kebab-Erfinder Mehmet Aygün, ein Kreuzberger Türke, der einen Imbiss am Kottbusser Damm betrieb. Schon bald nahm die Imbiss-Konkurrenz seine Idee auf und der Döner Kebab verbreitete sich rasant in ganz West-Berlin und der BRD.


Mobiler Dönerstand am Rande der Loveparade

Outdoor-Döner am Rande der Loveparade, 1991. Foto: Imago/PEMAX
Outdoor-Döner am Rande der Loveparade, 1991. Foto: Imago/PEMAX

Nach der Wende kam der Döner Kebab auch nach Ost-Berlin und 1991 war das Gericht längst im ganzen (gerade wiedervereinigten) Land bekannt. Auch bei der Loveparade 1991, damals noch am Kurfürstendamm, stillten die Raver ihren Hunger am Dönerstand und die umtriebigen Imbissbesitzer bauten ihre Verkaufsstände auf der Straße auf. Techno und Döner, eine heilige Allianz, die es so nur in Berlin geben konnte.


Remzi Kaplan, der Döner-Boss

Döner Berlin Geschichte: Geschäftsführer der Kaplan Döner GmbH, Remzi Kaplan, in seinem Betrieb, 2006. Foto: Imago/Thomas Köhler/Photothek
Geschäftsführer der Kaplan Döner GmbH, Remzi Kaplan, in seinem Betrieb, 2006. Foto: Imago/Thomas Köhler/Photothek

Döner Kebab ist ein florierendes Geschäft. Schon früh haben sich die Dönerhersteller in Berlin in einem Verband zusammengeschlossen, neben ungezählten Imbissen und Restaurants, entstanden auch Großbetriebe, die die Fleischspieße produzieren. Der unangefochtene Döner-König ist bis heute der 1960 in der Türkei geborene und seit den 1970er-Jahren in Deutschland lebende Remzi Kaplan (Foto). Der Döner-Produzent beliefert allein in Berlin mehr als 1000 Imbisse, er war maßgeblich für die Verbreitung des Döner Kebabs in Polen verantwortlich und sitzt im Vorstand des Vereins türkischer Dönerhersteller in Europa. 2007 stand Kaplan im Zentrum des sogenannten „Gammelfleisch-Skandals“. Die Staatsanwaltschaft erhob damals die Anklage wegen „Inverkehrbringens von für den Verzehr ungeeigneten Lebensmitteln“.


Dönererfinder Mehmet Aygün

Eberhard Diepgen (Landesvorsitzender der Berliner CDU) und Dönererfinder Mehmet Aygün während eines Pressetermins zu 30 Jahre Döner Kebap in Berlin, 2001. Foto: Imago/Sven Lambert
Eberhard Diepgen (Landesvorsitzender der Berliner CDU) und Dönererfinder Mehmet Aygün während eines Pressetermins zu 30 Jahre Döner Kebap in Berlin, 2001. Foto: Imago/Sven Lambert

Ob der erste Döner Kebab, also die Fleisch-im-Brot-Variante, 1971 oder 1972 erstmals über den Imbisstresen ging, ist umstritten. Es gibt auch mehrere Theorien über den wahren Erfinder des Fast-Food-Klassikers. Doch eines steht fest, der Döner ist eine der großartigsten Erfindungen, die aus dem deutsch-türkischen Miteinander hervorgegangen ist. Auch Eberhard Diepgen (CDU), dem langjährigen Regierenden Bürgermeister von Berlin, war 2001 bewusst, dass der Döner ein Politikum ist. Hier trifft er den offiziellen Döner-Erfinder Mehmet Aygün anlässlich des 30. Jubiläums des Döners.


Döner ist Politikum

Claudia Roth auf Wahlkampftour in einem Döner-Imbiss in Kreuzberg, 2002. Foto: Imago/Christian Ditsch
Claudia Roth auf Wahlkampftour in einem Döner-Imbiss in Kreuzberg, 2002. Foto: Imago/Christian Ditsch

Auch die Grünen erkannten die politische Kraft des Döners. 2002 war das Jahr der Bundestagswahl. Bereits vier Jahre regierten damals Rot-Grün in Deutschland, der Kanzler hieß Gerhard Schröder, und Joschka Fischer von den Grünen war Außenminister. Nach den Wahlen im Herbst konnte die Koalition fortgesetzt werden, mit hauchdünnem Vorsprung setzten sich SPD und Grüne erneut durch. Claudia Roth (Foto) sorgte vorher für Berliner Kebab-Stimmung im Wahlkampf und zog mit ihrer Entourage durch Kreuzberg, wo sie sich als Dönerfachverkäuferin ausprobierte.


Preiskampf im Dönerbusiness

Döner in Friedrichshain nur ein Euro, 2006. Foto: Imago/Steinach
Döner in Friedrichshain nur ein Euro, 2006. Foto: Imago/Steinach

Die Konkurrenz im Dönerbusiness ist gewaltig. Während McDonalds, Burger King & Co. es in der Stadt nicht so leicht haben wie anderswo, bekommt man in Berlin einen Döner Kebab sprichwörtlich an jeder Ecke. Das führt zu bizarren Auswüchsen in der Preispolitik, so wie hier, wo ein Friedrichshainer Dönerimbiss einen „Original“ Döner für sage und schreibe einen Euro anbietet. Auf solche Dumpingpreise sollte man aber nicht achten, ein guter Döner hat seinen Preis, mittlerweile hat er sich bei etwa vier Euro eingependelt. In der Schweiz kostet ein Döner übrigens auch mal umgerechnet zehn Euro, davon sind wir in Berlin noch weit entfernt, zuletzt aber näher gekommen. Steigende Energiekosten und Preisanhebungen bei vielen Lebensmitteln zwingen die Restaurants, ihre Menüs zu aktualisieren. Bis zu sieben Euro werden teilweise fällig.


Der Kuscheldöner

Döner Berlin Geschichte: Vanessa Herb erfand den Kuscheldöner. Foto: Imago/POP-EYE/Morlok
Vanessa Herb erfand den Kuscheldöner. Foto: Imago/POP-EYE/Morlok

Der Döner ist Kult. Hätte Andy Warhol in Berlin gelebt, würde das türkische Grillfleisch-Sandwich längst als Pop-Art-Meisterwerk in den Museen dieser Welt vom Triumph der deutsch-türkischen Fast-Food-Kultur zeugen. Ganz so weit ist es noch nicht, doch immer wieder nehmen Künstler, Musiker und Filmemacher Bezug auf den Döner. Etwa in dem Film „Kebab Connection“ (2005) oder Sidos Song „Astronaut“, einer Hip-Hop-Hommage an den Döner. Auch die Berlinerin Vanessa Herb ging mit dem Thema Döner Kebab kreativ um und erfand den flauschigen Kuscheldöner fürs Schlafsofa oder das Kinderzimmer.


Hertha, Döner und Yildiray Bastürk

2004 präsentierte sich der Hertha Neuzugang Yildiray Bastürk pressewirksam am Dönerspieß. Foto: Imago/Olaf Wagner
2004 präsentierte sich der Hertha-Neuzugang Yildiray Bastürk pressewirksam am Dönerspieß. Foto: Imago/Olaf Wagner

Was die Politik und Kunst für sich entdeckt haben, kann im Fußball-Marketing nicht ganz so falsch sein. So lautete hier wohl der Gedanke der Manager. Zwar singt bei Hertha BSC der Currywurst-Fan Frank Zander die Vereinshymne, doch 2004 hat sich der Neu-Herthaner Yildiray Bastürk der Presse am Dönerspieß präsentiert.


Hipster-Döner im Partykiez

Hipster vergnügen sich mit einem Döner während der "Sexy-Döner-Party" im Dönerrestaurant Bagdad am Schlesischen Tor in Kreuzberg, 2007. Foto: Imago/David Heerde
„Sexy-Döner-Party“ im Dönerrestaurant Bagdad am Schlesischen Tor in Kreuzberg, 2007. Foto: Imago/David Heerde

Mit Alles? Klar, mit alles und Soße scharf. Die Hipster-Szene fand den Döner 2007 durchaus cool und feierte wild bei der „Sexy Döner Party“ am Schlesischen Tor. Heute wird in großen Teilen der Jugendkultur immer weniger Fleisch gegessen und so geriet der klassische Döner etwas ins Hintertreffen, doch auch darauf reagierte die Branche: mit Döner ohne Fleisch.


Mit alles? Ohne Fleisch! Der Vöner

Vegetarischer Döner in Friedrichshain, 2010. Foto: Imago/Bernd Friedel
Vegetarischer Döner in Friedrichshain, 2010. Foto: Imago/Bernd Friedel

Bereits 2010 eröffnete in Friedrichshain ein auf vegetarische Döner spezialisiertes Restaurant und nannte die neue Kreation Vöner. Die „normalen“ Döner-Imbisse zogen nach und boten wiederum Veggie-Varianten des Döners an. Doch ob mit oder ohne Fleisch, den richtigen Siegeszug feierte eine unscheinbare Bude am Mehringdamm, die einige Marketing-Hipster zum angesagtesten Fast-Food-Hype der Stadt stilisierten: Mustafa’s Gemüse Kebap am Mehringdamm in Kreuzberg. Die Riesenschlage gehört mittlerweile zur touristischen Grunderfahrung für viele Berlinbesucher.


Döner macht schöner!

Döner Berlin Geschichte: Döner-Graffiti: Döner macht schöner! Foto: Imago/Steinach
Döner-Graffiti: Döner macht schöner! Foto: Imago/Steinach

50 Jahre Döner Kebab in Berlin – eine lange Geschichte. Der Döner ist ein Symbol der kulturellen Vielfalt, er ist ein kulinarischer Hit aus Berlin, den man in der ganzen Welt kennt. Selbst in New York wird der Döner als Berliner Spezialität vermarktet. Der Döner ist eine Inspiration, er ist Kult – und wie dieses Graffiti es gut auf den Punkt bringt: Döner macht schöner! Herzlichen Glückwunsch! Happy Birthday! Tebrikler!


Mehr Berliner Genusskultur

Kultur, Politik und Geschichte schön und gut, aber nun ran an den Döner: Das sind unsere liebsten Dönerläden in Berlin. Nicht alle haben Lust auf Döner, was uns wundert, aber so ist es nun einmal. Die beste Currywurst in Berlin gibt es hier. Ihr seid noch immer hungrig? Wir haben auch Tipps für gute Burger in Berlin. Aber die Hauptstadt kann mehr als Fast Food: Klassiker der Berliner Küche stellen wir euch hier vor. Alles, was ihr über Essen und Trinken in Berlin wissen müsst, lest ihr hier.

Tip Berlin - Support your local Stadtmagazin