Er gehört zu den bekanntesten Fotografen Afrikas. Er hat seine Bilder in Städten wie Tokio, Paris, Johannesburg oder Havanna ausgestellt. Seine Fotos wurden im „Stern“, der renommierten Kulturzeitschrift „Du“ oder dem französischen Magazin „Revue Noire“ abgedruckt. Außerdem ist er Kurator internationaler Foto- und Kunstschauen und war kürzlich Jurymitglied beim World Press Photo Award.
Doch wer Akinbode Akinbiyi auf der Straße begegnet, würde glatt an ihm vorbeilaufen, ohne sich auch nur einmal nach ihm umzusehen: Der Mann ist nicht sehr groß, schlank, hat ein altersloses Gesicht, und es fällt schwer, sich im Nachhinein an seinen Kleidungsstil zu erinnern, so unspektakulär ist der.
Für den 1946 in Oxford geborenen Sohn nigerianischer Eltern ist diese Unauffälligkeit eines seiner wichtigsten Werkzeuge. Denn wenn der seit 1991 in Berlin lebende Fotograf durch die Straßen brasilianischer oder afrikanischer Großstädte wandert, nimmt für gewöhnlich kaum jemand Notiz, geschweige denn Anstoß an ihm.
Dabei bleibt Akinbode Akinbiyi immer mal wieder stehen und kramt – auch in Gegenden, in denen Touristenführer davon abraten würden – seine Mittelformatkamera aus der Tasche hervor, um Aufnahmen zu machen. „Ich denke, die Leute spüren, dass es mir nicht darum geht, ihre Intimsphäre zu verletzen, oder ich gar auf Konfrontation aus bin“, glaubt der Fotograf, der Mega-Citys zu seinem Lebensthema gemacht hat.
Dabei hat Akinbode Akinbiyi eigentlich in Nigeria, Großbritannien und im deutschen Heidelberg Literaturwissenschaft und Anglistik studiert. Erst Mitte der 1970er Jahre begann er als Autodidakt auf Fotografie umzusatteln. Seinen früheren Fächern ist er trotzdem treu geblieben: „Wenn ich durch die Straßen gehe, dann beobachte ich die Menschen und die jeweilige Umgebung intensiv, ich versuche, die Stadt zu lesen und dies in meinen Fotos wiederzugeben.“
Akinbiyis Bilder zeigen die verwirrende Welt, wie sie in den internationalen Großstädten auf die Passanten einstürzt: Fahrgäste, die sich in abfahrende Busse zu kämpfen versuchen. Straßenhändler, die ihre Waren konzentriert durch wogende Menschenpulks hindurch auf dem Kopf balancieren. Und Menschen, die mit dieser Betriebsamkeit nicht mehr Schritt halten konnten und leblos am Straßenrand liegen geblieben sind. Vom vermeintlichen Glamour der Großstädte bleibt in Akinbiyis Bildern nichts mehr übrig. Umso mehr aber erstrahlt die schier unermessliche Kraft menschlicher Vitalität, die auch der tristesten Umgebung noch Leben abtrotzt.
„Ich glaube, der Mensch an sich ist ein offenes, großzügiges Wesen“, ist der Kosmopolit überzeugt. Es mag diese positive Haltung sein, die selbst ihm gegenüber voreingenommenen Menschen den Wind aus den Segeln nimmt: „Rassismus betrifft mich eher selten.“ Selbst auf dem britischen Internat, das Akinbiyi in seiner Jugend fünf Jahre lang als einziger Schwarzer besucht hat, fühlte er sich akzeptiert. Was daran liegen mag, dass Akinbode Akinbiyi stets Gelassenheit ausstrahlt. Als Mitglied der Yoruba – ein traditionsbewusstes westafrikanisches Volk – weiß er, woher er kommt. Gleichzeitig hat sein Wissensdurst schon früh eine starke, innere Welt in ihm erschaffen, die ihn vor Anfeindungen zu schützen scheint.
So, wie Akinbiyi Menschen, Orte und Situationen quasi mit seiner Kamera sammelt, so saugt er auch die Werke anderer Fotografen und Künstler in sich auf, beschäftigt sich mit ästhetischen oder philosphischen Theorien, teilt sein Wissen in Workshops und gründete 1993 Umzansi, ein Kulturzentrum in einer Township bei der südafrikanischen Stadt Durban.
Dass Akinbiyi irgendwann gebeten wurde, als Kurator Ausstellungen zusammenzustellen, ist da nur folgerichtig. Er gehört zu den Kuratoren der „Rencontres Africaines de la Photographie„, einer wichtigen Fotografie-Biennale in Bamako, Mali. In München kuratierte er eine Ausstellung über osteuropäische Fotografie, und in Berlin laufen in diesem Frühjahr mit der Ausstellung „Spot on … Dak’Art„ in der ifa-Galerie oder der Langen Nacht der afrikanischen Videokunst am 21. April in der Temporären Kunsthalle gleich zwei Veranstaltungen, die Akinbiyi bestückt hat. Als aufmerksamkeitsheischende Organisatorentype wird man Akinbiyi aber auch dort kaum erleben. Wer ihn sucht, sollte lieber den wie zufällig in das Event hineingeratenen Passanten betrachten – es könnte der Kurator selber sein.
Text: Eva Apraku
Foto: Harry Schnitger
www.ifa.de/ausstellungen/dt/ifa-galerie-berlin
www.diplo.de/tage-der-akp
Weitere Portraits:
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- Erik Spiekermann – Der Schriftenentwerfer
- Julia Fikus – Das Fliegengewicht
- Mari Otberg: Die Lebenskünstlerin
- Robert Wachs: Tarantinos Tresenmann
- Dror Zahavi: Der Vermittler
- Florian Lukas: Der Tiefstapler
- Rascha Akil: Die Routengängerin
- Susanna Kraus
- Helene Hegemann
- Frank Lukas
- Die Kuratorin Valerie Smith
- Der Puppenspieler Renй Marik
- Achim Achilles
- Sigrid Kwella
- Die Architekten: Borries&Böttger
- Der Diskusswerfer:Robert Harting
- Der Tibeter: Tschaglung Tulku Ngawang Gelek
- Der Grenzgänger: Rйgis Prйsent-Griot
- Der Sprüher: Nomad
- Der Zurückhaltende: Christoph Bach
- Der Beharrliche: Willy Kausch
- Der Kreativverwalter: Conrad von Rössing
- Ricardo Cartillone: Der Schuhverkäufer
- Olaf Hajek: Der Auftragskünstler
- Jens Bäumer: Der Schnell-Esser