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Warum die Pet Shop Boys jetzt für Neuköllner Bäume kämpfen

Neil Tennant singt mit Säuselstimme von einem Pfad durch den Wald, von Einsamkeit und Nebel. Die Pet Shop Boys widmen ihren Song „The way through the woods“ nun einem Wald in Neukölln, der akut gefährdet ist. Was ist da denn los?

Ein großes Solidaritätskonzert steht zwar nicht an. Aber die Pet Shop Boys widmen dem Neuköllner Emmauswald einen Song. Foto: Imago/Sportswire/Leandro Bernardes/P Images

Wenn die Pet Shop Boys Konzerte in Berlin spielen, dann ist das vor allem ein Hit-Feuerwerk. Aber dann wären da noch die B-Seiten des englischen Synth-Pop-Duos, die vornehmlich die eingefleischten Fans auf dem Schirm haben dürften – zum Beispiel die Songs auf der Single „Winner“vom 2012er-Album „Elysium“: Dort findet sich der Track „The way through the woods“, eine ruhige, kontemplative Bearbeitung eines recht rätselhaften Gedichtes von Rudyard Kipling, also ein starkes Kontrastprogramm zu Stücken wie „Go West“. Und dieses Stück hat es nun in einer bis dato unveröffentlichten Fassung auf eine neue Compilation geschafft. „They shut the road through the woods / Seventy years ago. / Weather and rain have undone it again, / And now you would never know / There was once a road through the woods“, so geht der Text, der nun einen Dreh nach Berlin bekommt: Die Pet Shop Boys veröffentlichen ihn auf der Compilation „Emmi Aid“, mit der eine gewaltige Gruppe rund um den umtriebigen und für die Berliner Indie-Musikszene unverzichtbaren Martin Hossbach versucht, einen Wald zu retten.

„Emmi Aid“: Dirk von Lowtzow covert Juliane Werding

Die Trackliste voller unveröffentlichter Songs erweckt den Eindruck, dass die gesamte (Berliner) Indie-Musikszene und Freund:innen aus aller Welt sich versammelt hätte, mit neuen Songs, Coverversionen, kleinen Albernheiten, Krach, experimentellen Sounds und spannenden Einfällen. Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow ist beispielsweise dabei und nimmt sich Juliane Werdings „Der letzte Kranich vom Angermünder Moor“ vor. Obstler, All diese Gewalt und die Nerven steuern unter dem Titel „ENK“ 30 Sekunden fette Riffs bei. „Emmy“ heißt ganz simpel ein ziemlich gradliniger Song von Bernard Sumner von New Order. Bernadette La Hengst und der Chor der Statistik schmettern ein Ständchen namens „Zurück zur Natur“. Alexander Hacke und Danielle De Picciotto steuern „Emmaus pastoral“ bei. Alexander Winkelmann ist mit von der Partie, Bonaparte sind mit „Hands off my tree, mister“ auf der Compilation vertreten, und die Liste ließe sich fast beliebig lang fortsetzen.

„Emmi Aid“, erschienen am 31. Oktober 2025, hat eine Laufzeit von 3 Stunden und 44 Minuten, 57 Songs sind darauf versammelt – ein riesiges Projekt, um einen Wald zu retten.

„Emmauswald bleibt!“: Eine Initiative setzt sich für den Erhalt des Naturraums in Neukölln ein. Foto: Imago/Funke Foto Services/Maurizio Gambarini
„Emmauswald bleibt!“: Eine Initiative setzt sich für den Erhalt des Naturraums in Neukölln ein. Foto: Imago/Funke Foto Services/Maurizio Gambarini

Besagter Wald ist der größte in Neukölln, entstanden auf dem einstigen Emmauskirchhof in der Nähe des Bahnhofs Hermannstraße. Seit 2022 kämpft die Initiative „Emmauswald bleibt“ für den Erhalt der Fläche, die neuen Wohnungen weichen soll. Für das Stadtklima sind solche Grünflächen von großer Bedeutung, zudem sind sie Lebensraum zahlreicher gefährdeter Tiere. Geplant ist ein Neubaukomplex mit 200 Sozialwohnungen und 400 Eigentumswohnungen. Die Initiative wünscht sich bezahlbaren Wohnraum an anderer Stelle – und bemängelt, dass in Berlin Wohnungs- und Klimakrise gegeneinander ausgespielt würden. Der Bezirk Neukölln hatte bereits 2023 Abstand genommen vom Bauprojekt, das stattdessen allerdings nun in den Händen des Senats liegt. Ob die Pet Shop Boys es schaffen, die Berliner Landesregierung zum Einlenken zu bewegen, wird sich zeigen.

  • Die Compilation „Emmi Aid“ könnt ihr hier auf Spotify hören. Zur Website der Initiative „Emmauswald bleibt!“ geht es hier

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