Die Shops sind dicht, die Restaurants kochen auf Sparflamme, es ist Krise. Doch es gibt Menschen, die im Lockdown die ganz großen Gewinner sind. Selten zeigt sich so gut wie jetzt, wie sich Kapitalismus, die Faulheit der Masse und Egoismus zu einem veritablen Vermögen machen lassen.
Lockdown? Prime-Abo! Gewinnen werden in Krisen immer die Gleichen
Denn mal ehrlich, den größten Effekt hat die Schließung der Geschäfte vor allem auf einen: Jeff Bezos, König der Bestellware. Der Amazon-Chef ist nicht nur auf eine Weise reich, die die Vorstellungskraft der meisten Menschen noch um ein vielfaches überschreitet. Sondern auch derjenige, der nun noch beschwingter durch die Villa tanzen dürfte.
Denn sein Internet-Gemischtwarenladen bietet inzwischen so ziemlich alles – von Gleitgel bis Fugenreiniger, von Bettgestell bis Badehose. Wenige Tage vor Weihnachten durften nun die „Prime“-Abos noch einmal in die Höhe schnellen: Wer extra zahlt, bekommt ein Jahr lang neben Musik- und Streaming-Dienst auch noch schnelleren Versand für viele Artikel. Im Lockdown kurz vor Weihnachten ist das natürlich eine feine Sache.
Der stationäre Handel, das muss man auch zugeben, hat viele Jahre verschlafen, breitflächig einen funktionierenden Internetvertrieb aufzubauen. Manchmal wohl aus Naivität, manchmal auch, weil in Teilen Deutschlands die Internetverbindung immer noch lahmer ist als der Feierabendverkehr auf der A100. Und diejenigen, bei denen der Online-Shop doch funktioniert, schwitzen, um alles rechtzeitig rauszubekommen.
Schwitzen wegen des Lockdowns werden vor allem Packer und Lieferanten
Bei Amazon schwitzen dagegen nur die Lieferant*innen und Packer*innen, die unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte dafür sorgen, dass Mutti noch eine Rolle Geschenkpapier und Vati die Platte von Bruce Springsteen bekommt. Weil: Weihnachten ist ja nur dann richtig, wenn möglichst viel Plunder unterm Baum liegt. Wenn schon Wohlstandswichsen, dann doch bitte Heiligabend!
Zweite große Profiteure der Krise: Die Vermieter*innen. Der Mietendeckel soll den Menschen ein Stück weit helfen, sich nicht am Wohnraum arm zu zahlen. Bei gewerblich genutzten Flächen ist das noch einmal anders. Zwar gibt es sie, die edlen Besitzer*innen, die Gastronomiebetreibenden und Geschäftsleuten Nachlässe gewähren – und so ein wenig Raum zum finanziellen Atmen geben.
Aber es gibt eben auch genug Arschlöcher, die im Traum nicht daran denken würden, ihren Mieter*innen auch nur einen Euro zu erlassen – auch wenn Monate der Einnahmen fehlen, auch, wenn mögliche To-go-Angebote im Vergleich zu den üblichen Einnahmen lächerlich gering ausfallen.
Wobei, kann man ja denken, worüber klagen die Gastronom*innen eigentlich? Es gibt ja Lieferando! Der Verein, für den sich zig Leute quer durch Deutschland strampeln und der die Gewinnmargen der Restaurants anzapft.
Nun wird eben der Supermarkt zum Kaufhaus: Einmal hin, alles drin
Wer sich nun auch freuen darf, sind die Supermärkte. Denn wenn sich der Mensch, der derzeit noch Geld zur Verfügung hat, langweilt, kann er wenigstens dort noch in den Auslagen stöbern. Spielzeug und Schlafanzüge gibt es inzwischen in den größeren Filialen nicht mehr nur wöchentlich wechselnd im Tchibo-Aushang. Edeka-Supercenter, die verbliebenen Real-Häuser und die Kaufländer der Republik sind längst zu kleinen Kaufhäusern, quasi Vollausstattern geworden.
Die Bundesregierung behält sich wohl genau deswegen vor, dass Länder bestimmte Produktsegmente für den Verkauf in Supermärkten während des Lockdowns streichen dürfen. Denn auch in der Politik kennt man die Menschen besser, als Querdenker (zu) denken (versuchen): Der Kapitalismus funktioniert so hervorragend, dass schon Wege gefunden werden, weiter zu shoppen.
Das alles ist wenig überraschend, aber eben doch immer wieder erschütternd. Während wir also dem DHL-Lieferanten die Tür aufhalten, damit er die geschätzt 82 Pakete pro Mehrfamilienhaus täglich zu den Menschen bekommen kann, mal kurz überlegen, ob das nicht doch ein bisschen anders geht.
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