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Abschied

Flughafen Tegel: Die Geschichte von TXL in Bildern

Von 1974 bis 2020 gab es den Flughafen Berlin-Tegel „Otto Lilienthal“, wie wir ihn heute kennen, am 4. Mai 2021 endete um Mitternacht die sechsmonatige Bereitschaft, falls der neue Airport plötzlich zusammenbricht. Was, würden wohl viele Menschen in Berlin sagen, nicht komplett ausgeschlossen werden konnte. Ein bisschen Bundeswehrflugverkehr bleibt Tegel noch, im Großen und Ganzen ist nun aber wirklich Schluss.

TXL hat vor allem West-Berlin geprägt und war immer auch eine Herzenssache. Entlang von 12 Fotos erzählen wir von den Anfängen des viertgrößten Flughafens des Landes bis zur Einstellung des Flugbetriebs im November 2020. Mach’s gut, Tegel!


Tegel-Eröffnung im Herbst 1974

Der Flughafen Tegel kurz nach der Eröffnung im Oktober 1974. Foto: Imago/ZUMA/Keystone
Der Flughafen Tegel kurz nach der Eröffnung im Oktober 1974. Foto: Imago Images/ZUMA/Keystone

Erst preußisches Jagdgebiet, dann militärischer Übungsplatz und Experimentierfeld für Ballons und Luftschiffe und um 1930 ein Raketenschießplatz. Das Gelände im Norden Berlins hatte vielfältige Nutzungen.

Während der Luftbrücke 1948 wurde in wenigen Woche auf dem Areal eine Landebahn eingerichtet, die militärische Frachtflugzeuge anfliegen konnten. Nach dem Mauerbau und dem gleichzeitigen Anstieg des zivilen Luftverkehrs war schon bald klar, dass der Flughafen Tempelhof für West-Berlin nicht ausreicht. Ab 1960 verkehrte eine Maschine der Air France regelmäßig zwischen Paris und Tegel. Damit begann die Geschichte des Flughafens Tegel.

Vor allem Chartergesellschaften zogen von Tempelhof an den neuen Standort, und ab 1965 begannen die Arbeiten an den neuen Gebäuden. Das Richtfest war 1972, die feierliche Eröffnung der neuen Anlagen am 23. Oktober 1974.


Tegel – gebaut im Geist der 1970er-Jahre

Farbenfrohes Leitsystem in der Haupthalle, 1976. Foto: Imago/Serienlicht
Farbenfrohes Leitsystem in der Haupthalle, 1976. Foto: Imago/Serienlicht

Die Entwürfe für den Flughafen stammen von dem Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner (gmp). Das heute weltweit operierende Büro war Anfang der 1970er-Jahre noch weitgehend unbekannt und konnte mit dem Projekt auf sich aufmerksam machen.

Der Flughafen überzeugte mit moderner Funktionalität, kurzen Laufwegen vom Check-In zum Flugzeug und insgesamt einer gelungenen Infrastruktur. Mit seinen stromlinienförmigen Formen, dem farbenfrohen Leitsystem und dem bulligen Tower reiht sich der Flughafen Tegel zudem in die lustig-futuristische West-Berliner Architektur der 1970er-Jahre ein, wofür etwa das ICC, der Bierpinsel in Steglitz oder die pop-knalligen U-Bahnhöfe der U7 gute Beispiele sind.


Die Concorde-Ära

Concorde der British Airways auf dem Rollfeld am Flughafen Tegel. Die Überschallflugzeuge sind Geschichte. Foto: Imago Images/Gerhard Leber
Concorde der British Airways auf dem Rollfeld am Flughafen Tegel. Die Überschallflugzeuge sind Geschichte. Foto: Imago Images/Gerhard Leber

In den 1970er-Jahren galt Flugverkehr noch nicht als Umweltsünde, sondern als Ausdruck modernen Lebensstils. Die Concorde, das superschnelle Flugzeug, mit dem man in wenigen Stunden rauchend nach New York jetten konnte, stand dafür wie kein anderes Fortbewegungsmittel.

Auch in Tegel landeten die Königinnen der Lüfte und sorgten für etwas internationales Flair in der abgelegenen Mauerstadt. In jener Zeit entwickelte sich der Flughafen rasant und ließ in puncto Passagierzahlen schon bald den Flughafen Tempelhof hinter sich.


Stau und Stress bestimmen Tegel in den 1980ern

Die Autos waren früher mal bunter, aber voll war es in der Geschichte des Flughafens Tegel immer. Das Bild stammt aus dem Sommer 1982. Foto: Imago/Gerhard Leber
Die Autos waren früher mal bunter, aber voll war es in der Geschichte des Flughafens Tegel immer. Das Bild stammt aus dem Sommer 1982. Foto: Imago Images/Gerhard Leber

In den 1980er-Jahren platzte der Flughafen aus allen Nähten. Der Senat plante einen Ausbau, neue Terminals und eine U-Bahn-Anbindung. Einige Vorhaben wurden verschleppt, aus Kostengründen nicht realisiert oder politisch verhindert, unter anderem durch ein Veto der Alternativen Liste, die Ende der 1980er-Jahren in Berlin mit der SPD regierte. So waren Staus vor dem Flughafen und lange Anfahrtszeiten zu den Terminals keine Seltenheit.


Die große, weite Welt

Rod Stewart und seine Frau Rachel Hunter landen im Frühling 1991 auf dem Flughafen Tegel. SFB Moderator Cherno Jobatey interviewt das prominente Paar. Foto: Imago/Brigani Art/Heinrich
Rod Stewart und seine Frau Rachel Hunter landen im Frühling 1991 auf dem Flughafen Tegel. SFB-Moderator Cherno Jobatey interviewt das prominente Paar. Foto: Imago/Brigani Art/Heinrich

Bis zum Mauerfall galten für West-Berlin besondere Regeln, so durften etwa deutsche Fluggesellschaften die von den Alliierten verwaltete Stadt nicht anfliegen. Das änderte sich ab Ende 1990, seitdem landeten auch Lufthansa und Co. in Tegel.

Berlin mauserte sich langsam wieder zur Weltstadt. Und in Tegel kamen immer wieder Stars an: wie Rod Stewart, der dort mit seiner Gattin 1991 aus dem Flieger stieg. Zugleich war den Stadt- und Verkehrsplanern schon kurz nach der Wiedervereinigung klar, dass in der deutschen Hauptstadt ein größerer Flughafen gebraucht wird – der BER im Süden Berlins.


Proteste gegen den Flugverkehr

Bereits 1998 protestierten Aktivisten von der Umweltorganisation Robbin Wood auf dem Flughafen Tegel für die Besteuerung von Flugbenzin. Foto: Imago/Rolf Zöllner
Bereits 1998 protestierten Aktivisten von der Umweltorganisation Robin Wood auf dem Flughafen Tegel für die Besteuerung von Flugbenzin. Foto: Imago/Rolf Zöllner

Wer denkt, dass Klimaproteste und CO2-Demos eine Erfindung von Fridays for Future und Greta Thunberg sind, hat sich geirrt. Schon 1998 protestierten Aktivisten von Robin Wood vor dem Flughafen Tegel gegen die Ausweitung des Flugverkehrs auf Kosten der Umwelt. Die Rucksäcke sollten zeigen, dass jeder Flugpassagier einen Sack voll CO2 als zusätzliches Gepäck mit auf die Reise nimmt.


Das Tor zur Welt: Kurt-Schumacher-Platz

Ein Flugzeug überfliegt im Landeanflug auf den Flughafen Tegel den Kurt-Schumacher-Platz. Foto: Imago/Thomas Trutschel/Photothek
Ein Flugzeug überfliegt im Landeanflug auf den Flughafen Tegel den Kurt-Schumacher-Platz. Foto: Imago Images/Thomas Trutschel/Photothek

Bis 2008 konnte man noch von Tempelhof abfliegen, und in Schönefeld stieg die Zahl der Passagiere, vor allem seit dem Boom der Billigairlines wie EasyJet. Doch Tegel blieb der wichtigste Flughafen der Stadt. Dennoch war die Anfahrt aufgrund der fehlenden U-Bahn-Anbindung stets ein Problem.

Die BVG setzte mehrere Busse ein, mit denen man unter anderem vom Hauptbahnhof, der City-West und auch vom Kurt-Schumacher Platz den Flughafen erreichen konnte. Für viele Berliner, die nicht in Reinickendorf wohnen, war die Fahrt zum Flughafen eine seltene Gelegenheit, den Platz aufzusuchen.


Tegel kulinarisch: Currywurst in der S-Bahn

Currywurst im alten S-Bahnwaggon. Foto: Imago/Sergi Reboredo/ZUMA Wire
Currywurst im alten S-Bahnwaggon. Foto: Imago/Sergi Reboredo/ZUMA Wire

Willkommen in Berlin! Touristen, die ihren Berlinbesuch mit einer Currywurst beginnen oder beenden wollten, konnten sich in der EsS-Bahn die würzige Spezialität besorgen. In dem – in einem alten S-Bahnwagen installierten – Imbiss im Flughafen Tegel gab es „Berlins abgefahrenste Currywurst“. Das ist nun auch vorbei, hier geht es aber zu den besten Currywurst-Buden in Berlin: Konnopke, Curry 36 und Co.


Der neue Terminal C

Erst 2007 wurde der Terminal C eröffnet. Foto: Imago/Schöning
Erst 2007 wurde der Terminal C eröffnet. Foto: Imago/Schöning

Zwar stand schon früh das Ende des Flughafens Tegel fest, dieser Termin war an die Eröffnung des BER geknüpft. Ursprünglich sollte der neue Großflughafen 2012 eröffnen, damit wäre auch das Aus von Tegel in jenem Jahr gewesen. Das BER-Debakel ist gut bekannt und der Weiterbetrieb von Tegel war die Folge.

Gleichzeitig stieg der Flugverkehr in ungeahnte Dimensionen. Ryanair und EasyJet revolutionierten die Branche, man flog für eine Handvoll Euro quer durch Europa, und auch in Tegel hat man auf den Anstieg der Passagierzahlen reagiert. Mit dem 2007 neu eröffneten Terminal C konnten so weitere 2,5 Millionen Passagiere jährlich abgefertigt werden. Anfangs wurde der neue Terminal vor allem von Air Berlin genutzt, nach der Insolvenz der Airline von EasyJet.


Flughafendämmerung und Volksentscheid

Schon 2012 sollte die Geschichte des Flughafens Tegel enden, doch dann kam der BER nicht. Foto: Imago Images/Schöning
Schon 2012 sollte die Geschichte des Flughafens Tegel enden, doch dann kam der BER nicht. Foto: Imago Images/Schöning

Ab 2012 ging die Geschichte des Flughafens Tegel wider Erwarten weiter –und die Passagierzahlen stiegen an, zuletzt auf über 20 Millionen im Jahr. Trotz erheblichen Sanierungsbedarfs, der wegen der geplanten Schließung nicht angegangen wurde, platzte Tegel aus allen Nähten und lief auf Hochbetrieb.

Im Laufe der BER-Misere wurden immer wieder Stimmen laut, Tegel als Flughafen zu erhalten. Die Berliner FDP preschte vor und unterstützte die Initiative Pro Tegel e.V., die den „Volksentscheid über den Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel“ ausrief.

Parallel zur Bundestagswahl 2017 konnten die Berliner über die Zukunft von Tegel entscheiden. 56,1 Prozent der Teilnehmer sprachen sich für den Weiterbetrieb aus, die Entscheidung war jedoch rechtlich nicht bindend.


Corona in Tegel

Die meisten Check-Ins am Flughafen Tegel bleiben unbesetzt während des Lockdowns. Foto: Imago Images/Jan Huebner
Die meisten Check-Ins am Flughafen Tegel bleiben unbesetzt während des Lockdowns. Foto: Imago Images/Jan Huebner

Corona hat auch dem Flughafen Tegel zugesetzt. Ab Ende März 2020 brach der weltweite Flugverkehr ein. Während des ersten Lockdowns im Frühling starteten dort teilweise nicht mehr als zehn Flüge am Tag. Kurzzeitig war die endgültige Schließung des Flughafens schon im Corona-Sommer im Gespräch. Dazu kam es nicht, Tegel dümpelte vor sich hin, bediente den Aufschwung während der Sommerferien und fristete seinem Ende entgegen.


Danke TXL!

Mach's gut, Tegel! Am 8. November 2020 wird der Flugbetrieb eingestellt. Foto: Imago/Stefan Zeitz
Mach’s gut, Tegel! Am 8. November 2020 wird der Flugbetrieb eingestellt. Foto: Imago/Stefan Zeitz

Etwa ein halbes Jahrhundert gehörte TXL zu Berlin dazu. Man arrangierte sich mit der umständlichen Anfahrt und der Retro-Architektur, und man freute sich über den überschaubaren, fast provinziellen Charakter des Flughafens, der im internationalen Vergleich wesentlich beschaulicher wirkt als zum Beispiel die Flughäfen in Frankfurt, Paris oder London.

Es gibt sicherlich gute Gründe, jetzt Abschied zu nehmen. Fehlen wird er dennoch. Aber schließlich gehört auch der Flughafen Tempelhof heute fest zum Alltag dazu, auch wenn dort kein Flugzeug mehr startet oder landet. Vielleicht steht ja Tegel eine ähnliche Zukunft bevor. Das nächste Kapitel in der Geschichte des Flughafens Tegel: Ein neuer Stadtteil soll dort entstehen, mit Platz für Unternehmen, Forschungseinrichtungen und mehr als 10.000 Wohnungen. Das ist doch gar nicht mal so schlecht. Wir sagen jedenfalls: Mach’s gut, Tegel!

Und zum Schluss noch ein Lied. Der Berliner Songwriter Tobias Panwitz hat sich musikalisch von Tegel verabschiedet: „Der letze Flieger nach Tegel“


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