Eine Hand packt mich und zieht mich zum Labyrintheingang. Der Schlüssel dreht sich im Schloss, und mit einem Schubs bin ich in der Dunkelheit. Eng. Klamm. Ich kann mich kaum bewegen. Wie in einem Schornstein gefangen, fange ich an, die Eisenleiter hochzuklettern. Obwohl sich der Schacht noch weiter hochzieht, hört die Leiter plötzlich auf. Auf allen Vieren geht es weiter. Irgend etwas streift mein Gesicht. Dann kann ich mich wieder aufrichten. Ich laufe ein paar Schritte. Ein Reisigzweig, der von der Decke baumelt, hat sich in meinen Haaren verfangen. Und während ich mich zwischen eingezogenen Wänden hindurchschiebe, achte ich auf die japsenden Hintergrundgeräusche. Irgendwo tropft Wasser von der Decke. Hände aus Pappmachй, die sich mir entgegenstrecken, stecken in Bottichen, die an der Decke festgemacht sind. Ich spüre noch immer das spitze Ende eines Ankerhakens im Rücken, als ich bereits eine Rampe hochgeklettert bin und durch einen stockdunklen Tunnel krieche. Am anderen Ende sehe ich einen
menschlichen Schatten, der sich mir nähert. Ich verharre mucksmäuschenstill. Kurz darauf lese ich auf einer Stoffbahn: „Come to me?“ Und während ich mich dem Ausgang nahe fühle, zwickt mich eine Hand in die Hüfte. Ich zucke zusammen, drehe mich um, und blicke in das Gesicht meiner Freundin. Kurz bevor wir uns im Treppenhaus eines ganz normalen Neuköllner Mietshauses wiederfinden, schauen wir noch in die blauen Glubschaugen einer überdimensionalen, menschenartigen Pappmachйfigur.
Das Zeitgefühl ist uns abhandengekommen. Wie viele Höhenmeter wir erklommen haben, können wir nicht sagen, aber in einem sind wir uns einig: Das wirklich Gruselige sind die anderen Labyrinthbesucher!
Text: Ina Soetebeer
Führungen im Peristal Do ab 20 Uhr,
Karmanoia, Mainzer Straße 5, Neukölln,
Eintritt: 4 Ђ