Das Phänomen Gentrifizierung ist in Berlin vielerorts spürbar: Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg und Wedding verändern schleichend bis rasant ihr Gesicht – wenn sie es nicht schon längst haben. Auch Bezirke wie Mitte und Prenzlauer Berg stehen schon länger für ein verändertes, für viele unbezahlbares Berlin.
Mancherorts funktionieren Altes und Neues gut miteinander, andernorts wirkt die Veränderung überraschend, bedrohlich, oft schlicht falsch. Bei einem Rundgang durch die Stadt haben wir Projekte, Immobilien und Kieze besucht, die den Geist der Gentrifizierung besonders deutlich spiegeln. 12 Orte, die für Innovation und Ärgernis stehen.
Wohnungen zum hohen Preis: Die „Wasserstadt Mitte“
Knapp 500 Wohnungen, gut 200 Apartments, eine Kita, Fläche für Einzelhandel und Gastronomie: Die sogenannte „Wasserstadt Mitte“ ist Teil der „Europacity“, einem riesigen innerstädtischen Investitionsprojekt. Auf einem Areal zwischen Nord- und Humboldthafen, das sieben Mal so groß ist wie der Potsdamer Platz, hat die Adler Real Estate AG, ein deutsches Immobilienunternehmen, wie im Rest der „Europacity“, vor allem Luxuswohnungen realisiert.
Der Wohnraum, der im Rahmen des Megaprojekts entstanden ist – die Wasserstadt Mitte befindet sich noch immer im Bau – tut wenig für Berlin. Davon können auch die hippen Wandgemälde nicht ablenken, die seit Februar 2020 Mieter*innen in die Wasserstadt locken sollen.
Der neue Wohnraum ist vor allem für Gutverdiener*innen gedacht: In der ganzen „Europacity“ gibt es laut Angaben des Senats nur 215 sozial geförderte und 24 preisgedämpfte Wohnungen. Ein Wohnkomplex, der für Einheimische wenig attraktiv sein dürfte – allein schon aus Prinzip.
Und auch optisch wird es die „Wasserstadt Mitte“ nicht auf die Must-See-Liste von Berlin-Besucher*innen schaffen: Eigentlich sollten verschiedene Investoren in der Heidestraße mehrere Teilquartiere entstehen lassen, dadurch sollte Diversität im neuen Kiez sichergestellt werden. Die Realität sieht leider eher konventionell und eintönig aus. Gleichförmige Neubauten erinnern eher an eine Map des Ego-Shooter-Spiels Counter-Strike als an einen abwechslungsreichen Kiez. Ein Großteil der privaten Investoren soll wohl miteinander verflochten sein. Dass das der Vielfalt im Weg steht, ist kein Wunder.
Die ehemalige Cuvry-Brache an der Spree: Ein Symbol für das verkaufte Berlin
Die Cuvry-Brache in Berlin-Kreuzberg galt jahrelang als Symbol gegen Kapitalismus. Schon in den 1990er-Jahren stritten sich Investoren um das rund 11.000 Quadratmeter große Gelände. Ein Shopping-Center, ein Hotel sollten gebaut werden. Doch die Bagger kamen nicht und auf der Cuvry-Brache schlugen Ausgestoßene und Wohnungslose ihre Zelte auf. Das Gelände wurde stadtbekannt, galt als Berlins einzige Favela. Doch nicht nur für Armut, auch für seine Kunst machte die Cuvry-Brache Schlagzeilen. Die riesigen Murals des italienischen Künstlers Blu, die Maskenbilder und den „Handschellenmann“, kannte wohl jeder.
2015 dann wurde es erstmals richtig ernst für die Cuvry-Brache: Der deutsche Investor Artur Süsskind, der das Gelände seit 2011 besitzt, plante den Bau von 250 Wohnungen auf dem Areal. Der Deal platzte zwar, weil dem Senat der Anteil der Sozialwohnungen in den „Cuvryhöfen“ nicht hoch genug war. Aber bevor das klar war, ließ der Künstler Blu aus Protest seine Wandbilder schwarz übermalen.
Der Riesendeal war zwar geplatzt, aber das Wandgemälde für immer verschwunden. Und das Schachern ging weiter: 2018 wollte der Online-Riese Zalando sein neues Quartier auf dem Areal bauen, schwenkte dann wegen Zeitdruck aber auch um.
Letztendlich hat sich der Kapitalismus doch durchgesetzt: Bis 2021 baut die „Cuvrystraße 50-51 Berlin GmbH“ auf der ehemaligen Brache einen Büro- und Gewerbekomplex, auf dem auch Startups arbeiten sollen. Lange Zeit konnte die Bebauung hinauszögert werden – heute kann die Brache als als Symbol für das verkaufte Berlin herhalten.
Zalando hat übrigens seinen optimalen Standort in Berlin gefunden und zieht sein neues Hauptquartier seit April 2020 an der Tamara-Danz-Straße im geschichtsträchtigen Kiez neben der East-Side-Mall hoch.
Wucherpreise und Nostalgie: Im Bergmannkiez koexistieren das neue und alte Berlin friedlich
Nach der Wende, in den 1990er-Jahren, begann sich Kreuzberg 61 zu einem Wohnviertel für Besserverdienende zu entwickeln. Die Mieten der modernisierten Gründerzeit-Altbauten stiegen ins teils Unermessliche, die Mietpreisbremse konnte diese Entwicklung etwas dämpfen. Sehr vieles veränderte sich im Kiez zwischen Mehringdamm und Südstern. Nirgendwo sonst in Berlin – ausgenommen vielleicht in Prenzlauer Berg – hinterließ die Gentrifizierung so deutlich ihre Spuren wie in der Nachbarschaft rund um die Bergmannstraße. Irgendwie ist aber auch ein bisschen die Zeit stehengeblieben.
Alteingesessene Berliner Anwohner*innen lieben ihren Kiez wie eh und je und weichen nicht. Und neben hippen Restaurants und Modeboutiquen existieren noch zahlreiche Traditionsgewerbe im Bergmannkiez, teilweise schon seit Jahrzehnten: etwa der historische Tabakladen Nostitz-/Ecke Bergmannstraße oder einige alte Platten- und Möbelläden, die urigen Charme versprühen – Shoppen kann kann man auf der Bergmannstraße ganz wunderbar. Im Bergmannkiez stimmt die Mischung aus Altem und Neuem noch, wie die Zukunft aussieht, ist indes ungewiss. Wir haben uns auf eine Zeitreise durch den Kiez begeben: 12 Fotos des Wandels.
Ein Schandfleck? Das Neubauprojekt an der Hasenheide 74
Auch neben der Hasenheide, in unmittelbarer Nähe zum U-Bahnhof Südstern, zeigt sich der Strukturwandel zugunsten des Kapitalismus. In den letzten Jahren sind hier rund 200 moderne Mietwohnungen entstanden. Die hochpreisigen Appartments sind optisch nicht gerade exemplarisch für den Kiez, auch wenn auf dem Weg zum Mehringdamm, Richtung Kreuzberg 61, immer weniger vom Schmuddel-Charakter des Hermannplatzes zu spüren ist.
Die Hasenheide ist neben dem Görli Berlins Drogenpark Nummer eins und trotz der Kriminalität quasi Kulturgut der Cannabis-Stadt Berlin. Das Gebiet rund um die neuen Wohnungen ist noch relativ authentisch und vielfältig. Am nahegelegenen Blücherplatz spielt sich beispielsweise in jedem Jahr ein großer Teil des Karnevals der Kulturen ab.
Wie sich die Hasenheide in den nächsten Jahren entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Kritiker*innen des Wandels machten ihrem Unmut aber jetzt schon Luft: So wurden die blitzblanken Fassaden der Hasenheide 74 im Januar 2021 mit Farbbeutel-Anschlägen bedacht.
Prenzlauer Berg ist Gentrifizierungs-Bezirk par excellence
Seltsam eigentlich, dass zwei von drei echten Berliner*innen irgendwie „anti“ Prenzlauer Berg zu sein scheinen. Oder doch nachvollziehbar? In fast keinem Berliner Bezirk wird die Gentrifizierung so spürbar wie hier. Das künstlerische Prenzlauer Berg der Nachwendezeit hat in drei Jahrzehnten seinen Charakter verändert. Wo sich vor und nach dem Mauerfall die Bohème hinter leicht verfallenen Altbaufassaden tummelte, wohnen heute vor allem ökologisch bewusste Gutverdiener*innen.
Die Kastanienallee, die an der Ecke Eberswalder Straße/Schönhauer Allee beginnt und bis nach Mitte führt, ist ein Sinnbild der Gentrifizierung von „Prenzl’berg“. In porösen Altbauten waren hier in den 1990er-Jahren vor allem Kunst und Kreativität zuhause, heute kann man auf der 950 Meer langen Allee in erster Linie Geld ausgeben – in Coffeeshops und Yoga-Geschäften. Ein tip-Autor schimpfte: Prenzlauer Berg, was ist nur aus dir geworden?
Trotz aller Veränderung hat der Prenzlauer Berg seinen schlechten Ruf nicht verdient. Denn obwohl sich hier seit Jahren die Investoren die Klinke in die Hand geben und die Mieten steigen, ist der Bezirk auf seine ganz eigene Art spannend und authentisch geblieben. Prenzlauer Berg – eine Zeitreise vom Mauerfall bis zur Gentrifizierung.
Kreuzkölln: Noch wirkt der Alt-Neu-Mix hier charmant, aber die Vielfalt könnte verloren gehen
Was das Wohnen und Leben in Kreuzkölln so reizvoll macht? Wo die Bezirke Kreuzberg und Neukölln aneinanderstoßen, ist es diese ganz typische Berlin-Mixtur, das Koexistieren von dem gentrifizierten Glanz der Großstadt neben der authentischen Szene, die schon seit Jahrzehnten den Kiez formt und prägt. Der Strukturwandel geht hier eher schleichend vor sich.
Am Maybachufer, in der Forsterstraße und dem Weserkiez hat die voranschreitende Gentrifizierung noch einen charmanten Touch. Zum Beispiel wenn Yuppies mit der Aktentasche vom Co-Working-Space kommen, für 4,50 einen Haufen Obst und Gemüse beim libanesischen Supermarkt in der Sonnenallee kaufen und dann nachhause in ihre teilweise noch sehr bezahlbare Altbauwohnung radeln.
In Kreuzkölln fühlen sich Alteingesessene neben Touristen und Berlin-Frischlingen noch wohl. Die charmante Art, wie hier Welten aufeinanderprallen, wird kaum ewig währen. In den vergangenen Jahren hat der kleine Kiez-Italiener in Kreuzkölln still und heimlich das Feld für eine neue, schicke Bar geräumt. Der türkische Bäcker hat kapituliert und schräg gegenüber stehen Schuhe eines Berliner Labels für 270 Euro im Schaufenster. Viele Wohnungen am Maybachufer sind mittlerweile auf High-Class poliert, und das Wohnen am Landwehrkanal wird für Berliner*innen zum Wunschtraum. Das junge, kreative Neukölln: Der Moloch der Möchtegerns.
Noch aber scheint die Stimmung vermehrt gut. Vor allem, wenn sich Teile des Maybachufers mehrmals die Woche in einen türkischen Gemüsemarkt verwandeln und man fast dem Gedanken verfällt, so schön würde es für immer bleiben. Geliebtes Kreuzkölln, wir müssen uns leider um dich sorgen.
Reichenberger-Kiez verändert sich: Anwohner*innen kämpfen
Der Reichenberger-Kiez zwischen Landwehrkanal und Görli galt lange als Schmuddelecke. In den letzten Jahren hat sich die Nachbarschaft aber gemausert und mit der Aufwertung des Viertels kamen auch die Investoren. Die Anwohner*innen des Reichenberger-Kiezes setzten sich in der Vergangenheit immer wieder gegen die Veränderung ihres Kiezes zur Wehr.
Die beliebte Kiez-Bäckerei „Filou“ an der Reichenberger Straße/Ecke Glogauer Straße konnte mehrfach gerettet werden. An anderer Stelle konnten die Anwohner*innen nichts ausrichten: Zum Beispiel, als 2009 an der Ecke Liegnitzer Straße/Reichenberger Straße Luxuslofts mit eingebauten Autolifts gebaut werden sollten. Die Protestaktion, zu der unangekündigt rund tausend Personen kamen, konnte nichts am Status Quo ändern.
Und der Widerstand half auch jetzt nichts, im März 2021: Die linke Kneipe „Meuterei“ wurde am 25. März 2021 geräumt. Damit geht ein weiteres Stück Kiez-Authentizität verloren. Der Investor anderer renovierter Wohnungen in der Reichenberger Straße wirbt übrigens mit dem „urigen Charme“ des Kiezes – ein Widerspruch in sich.
Holzmarkt am Ostbahnhof: Widerstand gegen das riesige Investorenprojekt Mediaspree
Wohl kein anderes Großprojekt hat Berlin seit Mitte der 1990er-Jahre so verändert wie „Mediaspree“. Im Rahmen von Berlins größtem Investorenprojekt plant und realisiert der Senat Hochhäuser, Lofts, Hotels und andere Neubauten an beiden Seiten des Spreeufers in Friedrichshain-Kreuzberg. Fertige Gebäude, die im Rahmen von „Mediaspree“ realisiert wurden, sind zum Beispiel die Mercedes-Benz-Arena am grauenhaften Mercedes-Platz, der Industriepalast an der Warschauer Straße, der Sitz der BVG an der Holzmarktstraße, die Oberbaum City, die Treptowers und einige mehr.
Das Projekt soll Berlins Osten aufwerten, Kritiker, wie die „Bürgerinitiative Mediaspree Versenken“, sehen in „Mediaspree“ jedoch eher die lieblose Nutzung wertvoller Flächen. In der Vergangenheit gab es daher vermehrt Demonstrationen und sogar einen Bürgerentscheid, der mit 87 Prozent gegen das Projekt ausging.
Nur das alternative Holzmarkt-Dorf passt nicht wirklich in das Konzept von „Mediaspree“, als Erbe der legendären Berliner Bar25 wurde das Projekt einer Schweizer Stiftung vor Jahren genehmigt. In Sicherheit wähnen kann sich der Holzmarkt trotzdem nicht. Ein Teil des Hippie-Dorfes, das sogenannte Eckwerk, moderne Holzhochhäuser zum gemeinschaftlichen Wohnen und Arbeiten, erhielt nach jahrelangem Warten kein Planungsrecht. Und weil gegenüber des Holzmarktes, auf der anderen Seite des Spreeufers, Luxuswohnungen gebaut wurden, schwelt seit Monaten eine Diskussion um Lärmschutz.
Wie ein Monument im vom „Mediaspree“ veränderten Spreeufer erscheint der Holzmarkt samt dem Club Katerblau heute. Das letzte Wort dürfte hier noch nicht gesprochen sein.
Auch der Winterfeldtplatz ist auf dem Radar von Investoren
Auch die schöne Nachbarschaft rund um den Schöneberger Winterfeldtplatz, mitten in Berlins Regenbogen-Kiez, befindet sich längst auf dem Radar von Spekulanten. Rund um den „Nolli“, wo jedes Jahr Berlins lesbisch-schwules Straßenfest, das Motzstraßenfest, stattfindet, ist der Geist der Gentrifizierung seit einigen Jahren spürbar. Der Kiez verändert sich. Kleinere Geschäfte, die vor allem die queere Kultur feiern, werden verdrängt. Neubauwohnungen entstehen.
Im Frühjahr 2021 regt sich Widerstand gegen ein neues Bauprojekt: Am Winterfeldtplatz/Ecke Gleditsch-/Pallas-/Elßholzstraße soll eine Luxus-Wohnanlage entstehen. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg hält die Bebauung für nicht genehmigungsfähig, der Senat hingegen schon. Laut „Tagesspiegel“-Informationen sollen auf dem asiatischen Markt bereits Angebote für die neuen Luxuswohnungen am Winterfeldt-Platz kursieren. Dort sollen Preise von 7.400 bis 12.000 Euro pro Quadratmeter aufgerufen werden.
Anwohner*innen haben gegen den Wohnblock eine Online-Petition gestartet. Sie betreiben eine Verdrängung der Bewohnerschaft und fordern mehr bezahlbaren Wohnraum für ihren Kiez.
Lichtenberg: Milieuschutz bringt wenig
Einige sagen, die Gentrifizierung, die sich seit Jahren in Berlins ehemaligem Nazi-Stasi-Bezirk Lichtenberg abzeichnet, hätte durchaus Positives: Modernisierte Platten- und Altbauten ziehen ein jüngeres Klientel und Familien an. Die Kriminalität sinkt. Die Kehrseite ist jedoch: Nachbarschaften, wie der Weitling-Kiez unweit des S-Bahnhofs Lichtenberg, verzeichnen mittlerweile Mieten, die deutlich über dem Berliner Mietspiegel liegen. Auch sind hier laut „Morgenpost“-Informationen knapp die Hälfte aller Haushalte nach 2012 entstanden, was für eine Neuvermietung spricht. Zudem werden immer mehr Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt. Der Lichtenberger Kiez wurde 2018 kurzerhand zum Mileuschutzgebiet erklärt, um eine zu schnelle Gentrifizierung aufzuhalten.
Ende 2020 zeichnete sich jedoch ab, dass der Mileuschutz in Lichtenberg kaum Wirkung zeigt: Zwar liegen die Daten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen für 2019 und 2020 noch nicht vor, das Phänomen der Wohnprivatisierung scheint jedoch nicht gestoppt worden zu sein. Laut der Senatsverwaltung wurde seit dem Beschluss des Milieuschutzes kein Antrag auf Umwandlung abgelehnt.
Vorbei mit der Urban Romance? Sozialwohnungen am Kotti stehen zum Verkauf
Das sogenannte Zentrum Kreuzberg ist nicht der einzige Gebäuderiegel am Kotti, der mit seiner fragwürdigen Ende-60er-Anfang-70er-Ästhetik die schmuddelige Optik des Kreuzberger Platzes abrundet. Auch gegenüber, rund um den sogenannten „Südblock“, bröckelt die Fassade. Die Hochhäuser mit der Adresse Admiralstraße 1-2 sind zwar Schauplatz von der wenig lauschigen, dafür authentischen Kiezkultur und -gastronomie, der Fonds „Admiralstraße 1-6 Grundstücks-GmbH & Co. Hausbau KG“ plant die Immobilie im Herzen von Kreuzberg im Februar 2021 trotzdem zu veräußern. Das Angebot des Landes Berlin war dem Verkäufer zu niedrig, nun fürchten Anwohner*innen, dass der Gebäudekomplex, samt der Queer-Kneipe Südblock und Kotti-Aquarium, einem Investor zufallen könnte.
Die Bedenken sind begründet, schließlich gilt das Gesetz des freien Marktes. Manche finden den Kotti in seiner ganzen Dreckigkeit, umringt von unahnsehnlichen Bauten, zum Davonlaufen. Andere lieben Gebäude wie den Südblock für ihre Echtheit und Unverblümtheit. Hier geht es zum Kommentar zum Kampf um Kreuzbergs Zentrum.
Wandel im Wedding: Noch gibt es bezahlbaren Wohnraum
Das britische „Time Out Magazine“ hat den Wedding 2019 zum viertcoolsten Kiez der Welt gekürt. Dass sich das auf die Mieten niederschlägt, ist kein Wunder. Obwohl Wedding jedoch seit Jahren als heißer Kandidat für eine schnelle Gentrifizierung gehandelt wird, sah es Ende 2019 noch verhältnismäßig entspannt aus. Im Mietspiegel der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ist der gesamte Wedding noch gelb eingefärbt, was für eine „überwiegend einfache Wohnlage“ spricht. Zum Vergleich: Der gentrifizierte Prenzlauer Berg ist orange bis rot eingefärbt, was für hohe bis sehr hohe Mieten spricht.
Rund um den Volkspark Rehberge, den Leopoldplatz und das Brunnenviertel gibt es noch wenig aufgehübschtes Gewerbe, dafür versprengte Lokalitäten und bezahlbaren Wohnraum. Auch wenn es seit Jahren prophezeit wird: So richtig hat die Gentrifizierung den Bezirk Wedding noch nicht im Griff.
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Geschichte der Leere: Das sind 12 berühmte Berliner Brachen und ihre Geschichte. Wer in Berlin eine Wohnung sucht, kann sich in diesen Straßen auf besonders saftige Preise einstellen. Der Bezirk Prenzlauer Berg ist Berlins Paradebeispiel für Gentrifizierung: eine Zeitreise durch die Kastanienallee in 12 Fotos.