Der 1. Mai in Berlin hat eine bewegte Geschichte – und das ist sogar noch untertrieben. Die DDR-Regierung instrumentierte auf Ost-Berliner Seite den Tag der Arbeit für Propagandazwecke. In den frühen 1950er-Jahren marschierten die Demonstrationen unter riesigen Porträts von Pieck und Stalin. Die sozialistische Jugend im Blauhemd und unter rotem Stern feierte das internationale Proletariat.
In West-Berlin etablierte sich der 1. Mai ebenfalls im linken, aber anfangs eher sozialdemokratischem Spektrum. Es war das hohe Fest der Gewerkschaften und gewerkschaftsnaher Organisationen. In den 1980er-Jahren, als Folge der 68er, Punk- und Hausbesetzerbewegung, wandelte sich der Tag der Arbeit in bestimmten Milieus zum radikalen Protesttag gegen den Staat im Allgemeinen und Rassismus, Imperialismus und Faschismus im Besonderen.
Am 1. Mai in Berlin endeten in den 1980er-Jahren die Demos mit Straßenschlachten
In Kreuzberg organisierten sich linksradikale Gruppierungen und riefen den „Revolutionären 1. Mai“ aus. Die Demos endeten in Straßenschlachten mit der Polizei, Autos und Mülltonnen brannten, Steine flogen. Am 1. Mai 1987 brannte der Bolle am Görlitzer Bahnhof. Der Feiertag wurde in Berlin zum gewaltvollsten Tag im Jahr.
Ab 2003 riefen Kreuzberger Initiativen schließlich das Myfest aus. Man hatte keine Lust mehr auf die Krawalle und wollte feiern und tanzen. Die Polizei setzte stufenweise auf Deeskalation, und der 1. Mai wandelte sich erneut: vom Fest der Zerstörung in ein Fest des Hedonismus. Dennoch ist er für viele linke Aktivisten immer noch ein wichtiges Datum und die Proteste prägen bis in die heutige Zeit den 1. Mai – auch wenn das Myfest selbst mittlerweile Geschichte ist. Und um die geht es uns hier ja schließlich: Wir haben historische Momente vom 1. Mai in Berlin für euch herausgesucht.
1. Mai 1951 – Marschieren für Stalin
1. Mai 1965 – 400.000 demonstrieren vorm Reichstag
1. Mai 1972 – Volk und Partei feiern in Ost-Berlin
1. Mai 1977 – Der Sozialismus blüht
1. Mai 1986 – Mit Dauerwelle für den Weltfrieden
1. Mai 1987 – In Kreuzberg brennt Bolle
1. Mai 1989 – Die Revolution geht weiter
1. Mai 1990 – Ost und West demonstrieren gemeinsam
1. Mai 1999 – Gewerkschaftler am Alex
1. Mai 2000 – Neonazis entdecken den Tag für sich
1. Mai 2004 – Feiern statt prügeln: Das Myfest startet
1. Mai 2019 – Der Hedonismus hat gesiegt
1. Mai 2020 – Demo zu Corona-Zeiten
1. Mai 2022 – Fahrraddemo in Grunewald
Was ist eigentlich los am Feiertag? Hier ist der Überblick über Demos und Proteste am 1. Mai. Von Partys über Kinderprogramm bis Myfest-Ersatz: Diese Veranstaltungen finden am 1. Mai in Berlin statt. Vor dem 1. Mai ist die Walpurgisnacht. Hier sind 12 Walpurgisnacht-Momente in Berlin: Hexen, Punks und Partymacher. Der Mauerpark, in dem die Walpurgisnacht gefeiert wurde, ist heiß geliebt und innig gehasst. Auch etwas, an das sich Zugezogene in Berlin gewöhnen müssen – genau wie an diese 12 Dinge. Ihr lebt schon immer oder zumindest seit einer halben Ewigkeit in Berlin? Diese Dinge kennt jeder, der im West-Berlin der 1980er gelebt hat. Was ist im Monat noch wichtig? Diese 12 Highlights im Mai in Berlin.