Berlin verstehen

Das Jahr 1987 in Ost-Berlin: Fotos aus der Hauptstadt der DDR

Wir schreiben das Jahr 1987, noch niemand ahnt in Ost-Berlin oder sonst irgendwo in der Welt, dass die DDR schon sehr bald Geschichte sein wird. Das Leben in der Hauptstadt des Arbeiter- und Bauernstaates verläuft in gewohnten Bahnen. Doch wirkt dieses Leben aus heutiger Perspektive, gut 30 Jahre später, recht anders. Wenig erinnert heute an die Zeit vor dem Mauerfall. Die Fassade am Centrum-Kaufhaus am Alex ist verschwunden, die Minol-Tankstellen ebenso, die S-Bahn sieht anders aus – und den Palast der Republik gibt es sowieso nicht mehr. Hier geht es auf eine historische Reise ins Jahr 1987 in Ost-Berlin.


Berlin-Alexanderplatz

Das Kaufhaus Centrum am Alexanderplatz, Sommer 1987. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Das Kaufhaus Centrum am Alexanderplatz, Sommer 1987. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Das Kaufhaus am Alexanderplatz hat eine besonders interessante Geschichte. Einst stand dort ein Kaufhaus von Hermann Tietz, Ende der 1960er-Jahre wurde dort das Centrum-Warenhaus errichtet. Es galt als das vornehmste Kaufhaus in der DDR. Heute befindet sich am historischen Ort die Galeria Kaufhof, die im laufenden Betrieb um ein Hochhaus erweitert werden soll.


In der S-Bahn

Unterwegs in der Berliner S-Bahn, Januar 1987. Foto: Imago/Christian Thiel
Unterwegs in der Berliner S-Bahn, Januar 1987. Foto: Imago/Christian Thiel

Natürlich gab es in Ost-Berlin auch eine U-Bahn, etwa die U5 und ein Teil der heutigen U2, doch unter der Erde war man eher im Westen unterwegs, im Osten dominierte die S-Bahn. Diese Aufnahme entstand im Januar 1987 und zeigt eine Alltagssituation im Nahverkehr.


Kinder am Hydranten (Am Weinbergsweg)

Kinder spritzen mit einem Hydranten in der Straße Am Weinbergsweg, Oktober 1987. Foto: Imago/Rolf Zöllner
Kinder spritzen mit einem Hydranten in der Straße Am Weinbergsweg, Oktober 1987. Foto: Imago/Rolf Zöllner

Fast ein Klassiker, wie aus einem Film über New York in den 1970er-Jahren, die Kinder lassen einen Hydranten Wasser spritzen und das mitten in der Stadt, direkt Am Weinbergsweg zwischen den Stadtbezirken Mitte und Prenzlauer Berg. Wo heute teure Lofts, schicke Restaurants und Touristen die Szenerie prägen, herrschte 1987 selige Ruhe und Kinder konnten einfach auf der Straße spielen.


Zapfen an der Minol-Tankstelle

Tankwärtin an einer Minol Tankstelle, 1987. Foto: Imago/Christian Thiel
Tankwärtin an einer Minol-Tankstelle, 1987. Foto: Imago/Christian Thiel

In Ost-Berlin mussten die Wartburgs und Trabanten auch betankt werden. Wie im Sozialismus üblich, herrschte in der DDR auf dem Tankstellen-Markt wenig Konkurrenz. Den Ton gab der staatseigene Mineralölkonzern Minol an, übrigens ein direkter Nachfolger der IG Farben. Legendär schlecht war die Qualität des dort vertriebenen Treibstoffs, aber wie gesagt, eine Wahl hatte man nicht, und so standen die Ost-Berliner teilweise sehr lange an, um einige Liter Normal, Extra oder Diesel in ihre Zweitakter zu kippen. 


Feuchtfröhliche Feier in der Union-Kabine

Spieler des FC Union Berlin feiern den Klassenerhalt in der Kabine, Mai 1987. Foto: Imago/Contrast
Spieler des FC Union Berlin feiern den Klassenerhalt in der Kabine, Mai 1987. Foto: Imago/Contrast

Heute gehört der FC Union Berlin zur Bundesliga und spielt an der Spitze mit. Wer weiß, wohin die Reise für den Verein mit den „besten Fans der Welt“ noch geht? Doch auch in DDR-Zeiten wurde natürlich im Stadion An der Alten Försterei gekickt. Doch in den 1980er-Jahren galten die Eisernen als „Fahrstuhlmannschaft“, hier feiern die Jungs den Klassenerhalt in der Kabine, im Mai 1987 landete die Mannschaft auf Platz 11 von 14, mit sagenhaften sechs Siegen in 26 Spielen.


Blick aufs Tacheles von der Friedrichstraße aus

Vollgepackter Bus auf der Friedrichstraße und dahinter die Rückseite des Tacheles, 1987. Foto: Imago/Dieter Bauer
Vollgepackter Bus auf der Friedrichstraße und dahinter die Rückseite des Tacheles, 1987. Foto: Imago/Dieter Bauer

Wer 1987 in der Friedrichstraße unterwegs war, konnte die baufällige Ruine der alten Friedrichstraßenpassagen bewundern. Nach der Wende begann der Kampf um die Immobilien, viele Eigentumsverhältnisse waren ungeklärt, die Treuhand verwaltete die staatseigenen Betriebe, es gab aber Leerstand und dadurch Möglichkeiten für alternative Lösungen. Eine Künstlerinitiative besetzte Anfang 1990 das marode Haus sowie das dazugehörige Areal und gründete darin das Künstlerhaus Tacheles mit Kino, Theater, Konzertsaal und Ateliers. Das Projekt bestand bis 2012. 


Jugendliche mit Getränkekästen

Die Jungs bringen 1987 das Leergut weg, vom Pfand kann man dann wieder neues Bier kaufen. Foto: Imago/Dieter Bauer
Die Jungs bringen 1987 das Leergut weg, vom Pfand kann man dann wieder neues Bier kaufen. Foto: Imago/Dieter Bauer

Nachhaltig war die DDR schon. Es gab weit weniger Verpackungsmüll im SED-Staat, auf nahezu alle Flaschen gab es Pfand, und wer Altpapier oder Altglas hatte, konnte es zum Sero-Wertstoffhandel bringen, wo für die Ressourcen gute Preise bezahlt wurden. Hier ist eine Jungsclique 1987 mit Leergut unterwegs, mutmaßlich wird das Pfand in frisches Bier umgesetzt. Aber wer weiß es schon genau? Ist ja lange her.


Am Thälmann-Denkmal

Ein Vater zieht seine Kinder auf einem Schlitten am Thälmann-Denkmal vorbei. Foto: Imago/Christian Thiel
Ein Vater zieht seine Kinder auf einem Schlitten am Thälmann-Denkmal vorbei, Februar 1987. Foto: Imago/Christian Thiel

Ein Vorzeigeprojekt der DDR-Stadtplanung: Die Hochhäuser rund um dem nach dem 1944 im KZ Buchenwald ermordeten KPD-Politiker Ernst Thälmann benannten Park im Prenzlauer Berg (1986 als Prestige-Objekt der DDR zur 750-Jahr-Feier Berlins errichtet) stehen inzwischen unter Denkmalschutz. Ernst Thälmann wohnt als steinernes Abbild immer noch an der Greifswalder Straße in Berlin.


Fernsehturm und Rotes Rathaus aus dem Palast der Republik aus gesehen

Fernsehturm und Rotes Rathaus hinter einem Fenster des Palastes der Republik, Oktober 1987. Foto: Imago/Stana
Fernsehturm und Rotes Rathaus hinter einem Fenster des Palastes der Republik, Oktober 1987. Foto: Imago/Stana

Der Palast der Republik, der auf dem Platz des alten Berliner Stadtschlosses stand, ist vermutlich das berühmteste Gebäude in Berlin, das verschwunden ist. Der Prunkbau der DDR fungierte ab 1976 als Sitz der Volkskammer. Wegen der opulenten Innenbeleuchtung bekam er im Volksmund den Beinamen „Erichs Lampenladen“. Neben der politischen Funktion fanden hier auch Feierlichkeiten und Konzerte statt. Ost-Bands wie Puhdys und Karat gastierten, aber auch Udo Lindenberg spielte vor DDR-Publikum.


Mühlen-/Ecke Breite Straße

An der Ecke Mühlen und Breite Straße. Foto: Imago/Christian Thiel
An der Ecke Mühlen- und Breite Straße, August 1987. Foto: Imago/Christian Thiel

Das Foto entstand im Zusammenhang mit einer Parade, die Tribünen sind noch aufgebaut, doch der Verkehr ist wieder frei an der Ecke Mühlen- und Breite Straße. Eine Familie nutzt den ruhigen Moment für ein kurzes Picknick.


Kastanienallee: Warten auf die Straßenbahn

Leute warten an der Straßenbahnhaltestelle am Prater. Foto: Imago/Christian Thiel
Leute warten an der Straßenbahnhaltestelle am Prater, Oktober 1987. Foto: Imago/Christian Thiel

Wie sonst nur der Kollwitzplatz ist die Kastanienallee heute Symbol für die Veränderungen in Prenzlauer Berg. Dem Aufstieg des Stadtteils von einem leicht maroden Arbeiterviertel, in dem sich in den 1980er-Jahren die Ost-Berliner Boheme angesiedelt hat, hin zu einem Wohlfühlparadies für gutbetuchte Akademikerfamilien mit ökologischem Gewissen. Das Foto von 1987 zeigt eine Alltagssituation: Rentner warten auf die Straßenbahn.


Bierpause bei den Grenztruppen

: Vier junge Soldaten der Grenztruppen der DDR stehen während ihres Ausganges in ihren Winteruniformen Bier trinkend an einem Kiosk in Wilhelmshagen. Foto: Imago/C3 Pictures
Vier junge Soldaten der Grenztruppen der DDR stehen während ihres Ausganges in ihren Winteruniformen Bier trinkend an einem Kiosk in Wilhelmshagen, März 1987. Foto: Imago/C3 Pictures

Die DDR-Grenztruppen gelten nicht unbedingt als große Sympathieträger, immerhin hatten die NVA-Soldaten immer wieder auf „Republikflüchtlinge“ scharf geschossen. Doch diese vier Jungs, die an einem Imbiss in Wilhelmshagen bei offensichtlich kaltem Wetter ihr kühles Blondes genießen, wirken zumindest auf dem Bild ja doch ganz nett.


Mehr Berlin verstehen

Lebensgefühl in vergangenen Zeiten: Was alle kennen, die in den 1980er-Jahren in Ost-Berlin gelebt haben. Die andere Seite der Geschichte: 12 Dinge, die jeder kennt, der in West-Berlin der 1980er gelebt hat. Habt Ihr Lust auf Berlin in den 1990er-Jahren bekommen? Das war Berlin, 1991: Lenindenkmal, Straßenstrich und mehr. Hier gibt es einen Überblick zu unseren 1990er-Jahre-Fotogalerien rund um das Jahrzehnt.Neu in Berlin? Dann herzlich Willkommen. Damit dieses Willkommen auch herzlich bleibt, hätten wir hier ein paar gute Tipps für Zugezogene. Wir erzählen die Geschichte Berlins – hier.

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