Pannenshow

Geschichte des Grauens: 12 (hoffentlich inzwischen behobene) BER-Pannen

Am 31.10.2020 eröffnet der neue Berliner Großflughafen, der BER. Hinlänglich bekannt als Deutschlands Pannenshow gewordene Dauerbaustelle. Dann soll auch wirklich alles fertig sein, versprochen. Sieben Eröffnungstermine und vier Flughafenchefs brauchte es bis dahin, mehrere technische Leiter, um mehr als 150.000 Mängel zu beseitigen. Daraus haben wir nochmal 12 BER-Pannen gefischt.


Baumfreuden

Hoffentlich stehen die Bäume jetzt richtig. Foto: imago images/Andreas Gora

Mehr als 1000 Bäume sollten auf dem Gelände gepflanzt werden. Das geschah dann auch, allerdings wurden falsche Baumsorten an den falschen Standorten verpflanzt. Die Folge: 600 Bäume mussten gerodet und umgesetzt werden. 400 Stück waren zwar immer noch irgendwie falsch, wurden aus Sorge vor aktivistischer Empörung aber stehengelassen.


Schmelzdübel

Nicht feuerfest: Plastikdübel. Foto: imago images/agefotostock

Als Mutter aller BER-Pannen sprengt allein das Thema Brandschutz diese Liste mit Leichtigkeit. Bei Dübeln denkt man nicht unbedingt an Brandschutz. Dumm nur, wenn sie aus Plastik sind und unter anderem in Aufzügen verbaut werden. Wenns heiß wird, wurde dann festgestellt, könnten die doch recht schnell schmelzen.


Noch mehr Dübel

Bloß nicht den Klorollenhalter überlasten. Foto: imago images/Mario Aurich

Manche Dübel müssen nicht einmal schmelzen, um nicht zu halten. In den Toiletten waren wohl entweder die Klorollenhalter zu massiv und wertig – oder die Dübel zu schmächtig. Jedenfalls rissen eines Tages die Halterungen aus der Wand, ohne dass je ein Fluggast etwas zu enthusiastisch nach Klopapier gegriffen hätte. Aber mit Toiletten tut man sich ja auch in Berlin ja immer wieder schwer.


Automatik von Hand

Brandschutz: Zur Not von Hand. Foto: imago images/IPON

Nochmal Brandschutz: Die Türsteuerung war ebenfalls ein wiederkehrendes Problem, da sie bis 2017 nicht so recht wollte. Bei früheren Eröffnungsterminen war man da noch pragmatisch: Die automatischen Feuerschutztüren funktionierten nicht, die Flughafenleitung machte aus den BER-Pannen eine Tugend: Kurzerhand wollte man 600 Menschen einstellen, die im Brandfall Türen manuell öffnen und schließen – die Behörden wollten diesen Vorschlag aus unerfindlichen Gründen allerdings nicht genehmigen.


Tankstopp

Einmal volltanken, bitte. Foto: imago images/agefotostock

Unterm Rollfeld befindet sich eine, wie sollte es anders sein, natürlich hochkomplexe Tankanlage mit riesigen Kerosinspeichern. Die Anlage ist so komplex, dass zahlreiche Rohre nicht ineinander passten. Die Folge: Große Teile der Tankanlage funktionierten nicht, Rohre mussten nachträglich ausgetauscht werden.


Durchgebrannt

Klares Bild: Die neue Generation Bildschirme. Foto: imago images/snapshot

Wie lang hält eigentlich so ein Flachbildfernseher im Dauerbetrieb? Was Privatbesitzer*innen nicht wissen, weil das Gerät nach ein bis drei Black Fridays ausgetauscht wird, lernte die Flughafengesellschaft zwischenzeitig auch: Nach sechs Jahren fielen reihenweise Bildschirme aus und mussten getauscht werden. Die Kosten: 500.000 Euro.


Woran festhalten?

Genügend Geländer? War nicht immer so. Foto: imago images/Jürgen Ritter

Wenn die Rolltreppen schon zu kurz sind, muss man sich doch wenigstens auf die klassische Treppe verlassen können, oder? Nicht ganz. In manchen Treppenhäusern fehlten meterweise Treppengeländer. Dafür, doppelt hält besser, gibts jetzt auch Geländer an Stellen, wo man garnicht stürzen kann. Etwas Stütze ist doch immer gut.


Wie hinkommen?

Ankommen am Flughafen: Könnte kompliziert werden. Foto: imago images/Jürgen Heinrich

Es gab ja bereits Witze, Tempelhof müsse wiedereröffnen. Nicht, weil nichts fliegt, sondern weil man eigentlich nur mit dem Flugzeug vom Flughafen in die Stadt käme. Nun gab es fast 10 Jahre seit der ursprünglich anvisierten Eröffnung um sich darum zu kümmern. Und die Bahn ist mehrmals täglich mit Geisterzügen durch die Tunnel gerauscht, damit ja nichts schimmelt oder rostet. Gut angebunden ist der BER dennoch nicht, zahlreiche Linien fahren erst ab voraussichtlich 2025 in gewünschter Taktung, teils müssen die Strecken noch gebaut werden. Und die ohnehin überlastete Stadtautobahn ist einmal mehr vom Kollaps bedroht.


Brennts da unten?

Die Mutter aller BER-Pannen: Der Brandschutz. Foto: imago images/IPON

Apropos Bahn und Bahnhof: Lange Zeit ist den Planern beim Brandschutz nicht so recht eingefallen, dass im Keller ein Bahnhof ist. Der hat zwar sein eigenes Brandschutzsystem, aber so richtig abgestimmt war das dann auch nicht – jedenfalls gelang eine Kommunikation der Systeme zwischen Flughafen und Bahnhof erst nach langwieriger Umplanung.


Fliegt hier noch jemand?

Auf der Strecke geblieben: airberlin. Foto: imago images/Arnulf Hettrich

Das Terminal A war eigentlich für die Fluggesellschaft airberlin vorgesehen, die am BER ihren neuen Stammflughafen einrichten wollte. Die Baustelle hat den Anbieter überlebt. Ob das jetzt eine der BER-Pannen oder unglückliche Fügung aufgrund von Pannen, sei dahingestellt.


Kabelsalat

Endlich Ordnung: Verkabelung am BER. Foto: imago images/Christian Ditsch

Bei so viel Gebäude braucht es viel Technik braucht es viel Kabel, eine der simpelsten mathematischen Gleichungen. Nur ist Kabellage alles andere als simpel, sie braucht Konzept. Sprich das, was auf der BER- Baustelle am ehesten gefehlt hat. Manche Kabel waren derart planlos verlegt, dass sie vergessen wurden, reihenweise Kabelschächte waren überbelegt und drohten zu überhitzen (Brandschutz, das alte Lied) und die direkte Nachbarschaft von Daten- und Starkstromkabeln begünstigte das ein oder andere technische Problem.


Statik

Noch halten sie, die Parkhäuser. Foto: imago images/Manngold

Brücken halten, solange die Statik stimmt, altes Sprichwort. Selbiges gilt auch für Parkhäuser. Und Terminals. Wenn dann allerdings Decken zu dünn und mit zu wenig Stahlträgern gebaut werden, dass sie sich biegen und Risse kriegen, ist der Parkplatz wenig einladend. Und Deckenventilatoren, die mal eben vier statt der berechneten zwei Tonnen wiegen, können auch schon mal den ein oder anderen Baustopp veranlassen. Immerhin: Soll jetzt alles halten. Wirklich.


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Der Flughafen Berlin-Tegel hätte eigentlich schon vorzeitig geschlossen werden, dann aber doch nicht. Das geliebte Elend Tegels wird uns fehlen. Wer möchte, kann am letzten Betriebstag nochmal einen Rundflug buchen und dabei ordentlich C02 in die Luft pusten. Der neue Flughafen derweil reiht sich nicht nur wegen seiner Pannen perfekt neben Berlins größten Bausünden ein. Wie das Flugfeld in Tempelhof seit Öffnung für die Bevölkerung genutzt wird, liest du hier.

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