Berlin verstehen

Berlin 1973 in Bildern: Weltfestspiele der Jugend, Breschnew und Brasilien

Berlin 1973: Wenig los in Kreuzberg 36, aber dafür glänzt der Alexanderplatz. Überhaupt ist es ein ereignisreiches Jahr für den Ostteil der Stadt, was vor allem an Besuch von außerhalb liegt: Zu den X. Weltfestspielen der Jugend reisen Menschen aus aller Welt an, und Leonid Breschnew kommt im Mai vorbei. Im Olympiastadium muss sich die DFB-Auswahl den Brasilianer mit 1:0 geschlagen geben, und Roland der Seeelefant ist ein Star im Zoologischen Garten. Hier blicken wir auf Berlin im Jahr 1973 zurück.


Berlin 1973: Der Alexanderplatz glänzt

Alexanderplatz, 1973. Foto: Imago/Serienlicht
Alexanderplatz, 1973. Foto: Imago/Serienlicht

Während die ehemaligen Prunkstraßen und Plätze im Ostteil der Stadt unrenoviert oder im kümmerlichen Zustand vor sich hin vegetierten, blühte der Alexanderplatz in den 1970er-Jahren auf. Hier wurden die Verheißungen des Sozialismus für einen Moment wahr. Die farbenfrohen Mosaike an den Fassaden, die hellerleuchteten Geschäfte, allen voran das Centrum Warenhaus, der futuristische Fernsehturm und das neue Wahrzeichen des Platzes schlechthin, die Weltzeituhr, standen für eine der Zukunft zugewandte Gesellschaft.


Leere Straßen in Kreuzberg 36

Kreuzberg 36, Manteuffelstraße, 1973. Foto: Imago/Gerhard Leber
Kreuzberg 36, Manteuffelstraße, 1973. Foto: Imago/Gerhard Leber

Kreuzberg in den 1970er-Jahren: Heute gehört die Manteuffelstraße zu den anstrengendsten Straßen im Kiez. Autos parken in zweiter Spur, ständig wird gehupt, die Kneipen und Bars an der Ecke zur Skalitzer Straße sind voll, überall wuseln Leute herum. Hier im Jahr 1973 ist die Situation noch etwas entspannter.


X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin

Die Band WIR beim Auftritt bei den Weltfestspielen der Jugend 1973 in Berlin. Foto: Imago/Gueffroy

Die 1970er-Jahre waren die Ära von Disco, glamouröse Bands wie Abba und die Bee Gees sorgten für die Hits. Geschmeidig sollte der Sound in die Beine gehen, und spätestens seit John Travolta die Hüften in Saturday Night Fever schwang, wollte die ganze Welt nur noch tanzen. Auch die Outfits der Bands, wie hier der DDR-Band WIR, wurden immer skurriler. Männer und Frauen staffierten sich wie Pfauen aus, man hatte Glitter im Gesicht und Konfetti im Haar. Früher war eben doch mehr Lametta! In jedem Fall im Jahr 1973 bei den X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Ost-Berlin.


Länderspiel Deutschland – Brasilien

Ausverkauftes Berliner Olympiastadion vor dem Länderspiel Deutschland gegen Brasilien im Juni 1973. Foto: Imago/Horstmüller
Ausverkauftes Berliner Olympiastadion vor dem Länderspiel Deutschland gegen Brasilien im Juni 1973. Foto: Imago/Horstmüller

Am Samstag, dem 16. Juni 1973 spielte die Deutsche Fußballnationalmannschaft der Männer im ausverkauften Berliner Olympiastadion gegen die damals amtierenden Weltmeister aus Brasilien. Zwar sollte ab 1974 die Ära Beckenbauer und Co. im Weltfußball den Ton angeben, doch 1973 waren die Gäste Favoriten. Eine Rolle, der sie (knapp) gerecht wurden. Die Begegnung endete mit einem 1:0 für Brasilien, das Tor schoß der offensive Mittelfeldspieler Dirceu in der 74 Minute.


Planschbecken an der Karl-Marx-Allee

Mädchen spielen mit dem Ball im Planschbecken zwischen den Hochhäusern der Karl-Marx-Allee, Sommer 1973 (nachkoloriert). Foto: Imago/Gueffroy
Mädchen spielen mit dem Ball im Planschbecken zwischen den Hochhäusern der Karl-Marx-Allee, Sommer 1973 (nachkoloriert). Foto: Imago/Gueffroy

Karibik, Ostsee oder Müggelsee? Nichts gegen einen urbanen Spaß im Planschbecken an der Karl-Marx-Allee. Auch 1973 galt: Treiben Sommerausflüge Kindern und Eltern allmählich an ihre Grenzen, helfen Wasserspielplätze. Die Kleinen können sich austoben und zehren noch Jahrzehnte später von den Erinnerungen. Hier verraten wir, wo es die schönsten Wasserspielplätze in Berlin gibt.


Der Palast der Republik wird gebaut

Baugrube für den Palast der Republik bei Nacht. Foto: Imago/PEMAX
Baugrube für den Palast der Republik bei Nacht. Foto: Imago/PEMAX

Diese spektakuläre Aufnahme entstand 1973 während der Bauarbeiten am Palast der Republik, der auf dem Platz des alten Berliner Stadtschlosses stand. Er ist vermutlich das berühmteste Gebäude in Berlin, das verschwunden ist. Der Prunkbau der DDR fungierte ab 1976 als Sitz der Volkskammer. Wegen der opulenten Innenbeleuchtung bekam er im Volksmund den Beinamen “Erichs Lampenladen”. Neben der politischen Funktion fanden hier auch Feierlichkeiten und Konzerte statt.


Die Mauer und das Brandenburger Tor

Berlin 1973: Blick auf die Mauer und das Brandenburger Tor. Foto: Imago/Frank Sorge
Blick auf die Mauer und das Brandenburger Tor. Foto: Imago/Frank Sorge

Nach der Teilung Berlins befand sich das berühmte Bauwerk plötzlich am Stadtrand, es gehörte zu Ost-Berlin und der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), stand aber unmittelbar im Grenzgebiet und nach dem Mauerbau 1961 mitten auf dem Todesstreifen. Die Berliner Mauer prägte das Berliner Stadtbild. Zwar hat die DDR die zerstörte Quadriga restaurieren und neu aufstellen lassen, doch blickte sie zeitweise in entgegengesetzter Fahrtrichtung. Es war eine „Retourkutsche“ des SED-Regimes, gerichtet an den Systemfeind, die BRD.


Zwischenfall an der Mauer

Arbeiten an der Berliner Mauer. Foto: Imago/Zuma/Keystone
Arbeiten an der Berliner Mauer. Foto: Imago/Zuma/Keystone

Im Juli 1973 kam es zu einem Zwischenfall an der Berliner Mauer. Mehrere Segmente des „Antifaschitischen Schutzwalls“ wurden von wütenden West-Berliner Bürgern zerstört, nachdem sie gehört hatten, dass DDR-Soldaten auf drei Flüchtlinge geschossen hatten. Das Bild zeigt Bauarbeiter bei den Reparaturarbeiten. Die Männer wurden von Grenzschützern der NVA streng bewacht.


Breschnew-Besuch

Der oberste Sowjet Leonid Breschnew besucht Ost-Berlin. Foto: Imago/Itar-Tass
Der oberste Sowjet Leonid Breschnew besucht Ost-Berlin. Foto: Imago/V. Musaelyan, V.Sobolev/Itar-Tass

Hoher Besuch in Ost-Berlin: Am 13. Mai 1973 sind der Generalsekretär des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) Erich Honecker gemeinsam mit dem Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion Leonid Breschnew und dem Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik Willi Stoph unterwegs. Alte weiße Männer mit sehr langen Amtstiteln. So war das 1973.


Die Ständige Vertretung

Die Ständige Vertretung, Ost-Berlin 1973. Foto: Imago/Zuma/Keystone
Die Ständige Vertretung, Ost-Berlin 1973. Foto: Imago/Zuma/Keystone

Die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin wurde zwar erst 1974 eingeweiht. Das Jahr sollte den Beginn der offiziellen diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern. markieren. Bereits 1973 sollte dieses Gebäude in der Hannoverschen Straße 28–30 in Mitte wurde ausgewählt, um der Standort der Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin zu werden.


Die Leipziger Straße

Ost-Berlin 1973: Frau mit Kinderwagen auf der Leipziger Strasse. Foto: Imago/K. Krause
Ost-Berlin 1973: Frau mit Kinderwagen auf der Leipziger Strasse. Foto: Imago/K. Krause

K. Krause war ein Ost-Berliner Fotograf mit dem Blick für die besondere Situation. Er fotografierte den Alltag der Stadt, das vermeintlich Nicht-Vorzeigbare und die vergänglichen Momente. Hier steht eine junge Mutter an der leeren Leipziger Straße. Im Hintergrund kann man das berühmte Ahornblatt erkennen, die 1973 eröffnete Großgaststätte für das Ministerium für Bauwesen der DDR. Die architektonische Besonderheit: Eine aus fünf Zacken bestehenden Dachkonstruktion, die einem Ahornblatt ähnelte. Mehr Ost-Berlin-Aufnahmen von K. Krause zeigen wir euch hier.


See-Elefant Roland

Ein Star im Berliner Zoo: Roland der Seeelefant. Foto: Imago/Zuma/Keystone

Die Fütterung der See-Elefanten gehört seit jeher zu den Highlights beim Zoobesuch. Die Verrenkungen, die verspielte Art und die lustigen Geräusche sind unterhaltsam und den Tieren scheinen die Sperenzchen auch Spaß zu machen. Schließlich gibt es am Ende immer lecker Fisch. Im Zoo Berlin hießen die See-Elefanten immer Roland, das war auch 1973 so. Das vereinfachte die Sache, man musste sich nicht immerzu neue Namen merken sondern ging einfach zu Roland und freute sich über die Show.


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