Berlin verstehen

Berlin, 1981: So sah die geteilte Stadt vor 40 Jahren aus

Berlin 1981. Wir schauen auf die Stadt von vor 40 Jahren zurück. Mit der Mauer hat man sich längst arrangiert. Im Westen lümmeln im Sommer Halbnackte am Landwehrkanal herum, im Osten feiert sich das SED-Regime beim Parteitag im Palast der Republik, zugleich erhitzte sich in West-Berlin die Stimmung auf eine ganz andere Weise. Der Häuserkampf befand sich auf seinem Höhepunkt und Straßenschlachten von Besetzern und Polizei dominierten die Schlagzeilen der neugegründeten „taz“ und der Springer-Presse. Im Juni 1981 wurde Richard von Weizsäcker Regierender Bürgermeister von Berlin, in Kreuzberg gingen türkische Familien im Schatten der Mauer spazieren und im Osten freuten sich Groß und Klein über das neueröffnete Sport- und Erholungszentrum SEZ. Diese 12 Fotos schicken Euch auf eine Zeitreise ins Berlin des Jahres 1981.


Bernauer Straße

Berliner Mauer an der Bernauer Straße, Juli 1981. Foto: Imago/Günter Schneider
Berliner Mauer an der Bernauer Straße, Juli 1981. Foto: Imago/Günter Schneider

An der Bernauer Straße wurde die Teilung der Stadt auf besonders dramatische Weise deutlich. Hier sprangen Hausbewohner am Tag des Mauerbaus aus ihren Fenstern, um sich in den Westen zu retten, hier wurden mehrere Fluchttunnel gegraben, hier starben Menschen bei Fluchtversuchen. Ein weiteres Opfer der Mauer war die Versöhnungskirche, die genau auf der Grenze zwischen dem sowjetischen Sektor in Mitte und dem französischen Sektor im Wedding lag und 1985 gesprengt wurde. 1981 herrschte eine gespenstische Ruhe auf beiden Seiten der Grenzanlagen, heute erinnert hier die Gedenkstätte Berliner Mauer an die Zeit der Teilung.


Am Landwehrkanal in Neukölln

Junge Männer genießen den Sommer am Neuköllner Landwehrkanal, August 1981. Foto: Imago/Günter Schneider
Junge Männer genießen den Sommer am Neuköllner Landwehrkanal, August 1981. Foto: Imago/Günter Schneider

Sommer in Berlin. Die Stadt ächzt und schwitzt, im Westen kann man wegen der Mauer nicht einfach mal ins Umland fahren. Es bleiben die Mauerstadt-Seen, Wannsee, Tegeler See, Krumme Lanke, Schlachtensee, Teufelssee und da war es auch 1981 schon voll. Diese entspannte Clique hat es sich einfach am Landwehrkanal gemütlich gemacht. Schon damals hingen Hipster an den Neukölln Ufern ab, nur Hipster hießen sie nicht.


Straßenschlacht in West-Berlin

Straßenschlacht während einer Demonstration in West-Berlin, Juni 1981. Foto: Imago/Sven Simon
Straßenschlacht während einer Demonstration in West-Berlin, Juni 1981. Foto: Imago/Sven Simon

Die Hausbesetzungen erreichten im Sommer 1981 einen Höhepunkt. An die 200 leerstehenden Häuser wurden in West-Berlin illegal bewohnt. Nicht nur in Kreuzberg. Auch in Schöneberg haben Spontis, Freaks, Punks, Künstler, Aktivisten und abenteuerlustige Studenten die von der Stadt vernachlässigten Mietskasernen in Beschlag genommen. Es ging um eine andere Wohnungspolitik, man wollte dem Verfall der Häuser, Spekulanten und profitorientierten Investoren einen Riegel vorschieben und die Häuser instand besetzen. Das Foto zeigt eine Demo im Juni 1981. Wenige Monate später, am 22. September 1981, kam es während einer Protestaktion gegen die Räumung mehrerer Häuser in Kreuzberg und Schöneberg zu einer Tragödie. Der 18-jährige Hausbesetzer Klaus-Jürgen Rattay geriet unter die Räder eines BVG-Busses und starb


X. Parteitag der SED

Staatsratsvorsitzender Erich Honecker streichelt eine Thälmann-Pionierin zum X. Parteitag der SED, April 1981. Foto: Imago/Werner Schulze
Staatsratsvorsitzender Erich Honecker streichelt eine Thälmann-Pionierin zum X. Parteitag der SED, April 1981. Foto: Imago/Werner Schulze

Während in West-Berlin die linke Szene Häuser besetzte und sich Straßenschlachten mit der Polizei liefert, hat sich in Ost-Berlin der real existierende Sozialismus beim X. Parteitag der SED gefeiert. Im April 1981 debattierten im Palast der Republik 2700 SED-Delegierte über den nächsten Fünfjahresplan und die Größe des Politbüros, außerdem wurde Erich Honecker als Generalsekretär im Amt bestätigt. Natürlich einstimmig.


„Berlin Tunnel 21“

"Berlin Tunnel 21" (USA 1981), Szene aus dem Film von Richard Michaels. Foto: Imago/United Archives
„Berlin Tunnel 21“ (USA 1981), Szene aus dem Film von Richard Michaels. Foto: Imago/United Archives

Von der Berliner Mauer ging eine Faszination aus, die Filmemacher aus aller Welt inspirierte. 1981 drehte der US-Amerikaner Richard Michaels das Drama „Berlin Tunnel 21“ um einen GI, der sich in eine Ost-Berlinerin verliebt hat und die 1961 vom Mauerbau getrennt werden. Mit der Zeit der Wende, dem Mauerfall und den Zuständen auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs – in BRD und DDR – beschäftigen sich immer wieder auch andere Filme, die lustige, dramatische und abgründige Einblicke in die deutsch-deutsche Geschichte geben.


Richard von Weizsäcker

Bundeskanzler Helmut Schmidt (re., SPD), empfängt im Juli 1981 den frisch gewählten Regierenden Bürgermeister von Berlin Richard von Weizsäcker (li.). Foto: Imago/Photothek
Bundeskanzler Helmut Schmidt (re., SPD), empfängt im Juli 1981 den frisch gewählten Regierenden Bürgermeister von Berlin Richard von Weizsäcker (li.). Foto: Imago/Photothek

Neben Willy Brandt (SPD) ist der CDU-Politiker Richard von Weizsäcker wohl der berühmteste Regierende Bürgermeister, den West-Berlin hatte. Im Sommer 1981 begann seine Amtszeit, die bis 1984 währte. Zwar mögen Eberhard Diepgen (CDU) und Klaus Schütz (SPD) die Stadt mehr geprägt haben, doch Weizsäcker, der nach seiner Zeit im Schöneberger Rathaus Bundespräsident wurde, gehört zu den bekannteste Politikern der BRD.


Jannowitzbrücke

Kreuzung am S-Bahnhof Jannowitzbrücke. Foto: Imago/NBL Bildarchiv
Kreuzung am S-Bahnhof Jannowitzbrücke, Mai 1981. Foto: Imago/NBL Bildarchiv

Mitte ist das Herz von Berlin. Diese Fotos zeigen, wie der Bezirk in den 1980er-Jahren aussah, also im letzten Jahrzehnt vor der Wende. Der Glanz des alten Preußens verfiel damals, die Altbauten waren marode. Doch daneben beeindruckten die Prunkbauten des Sozialismus. Hier sind 12 Fotos, die nach Berlin-Mitte der 1980er führen.


Parade vor dem Palast der Republik

Parade zum X. Parteitag der SED vor dem Palast der Republik, April 1981. Foto: Imago/Günter Schneider
Parade zum X. Parteitag der SED vor dem Palast der Republik, April 1981. Foto: Imago/Günter Schneider

Der Palast der Republik ist eines der berühmtesten Gebäude in Berlin, die nicht mehr existieren. Der Prunkbau der DDR fungierte ab 1976 als Sitz der Volkskammer. Wegen der opulenten Innenbeleuchtung bekam er im Volksmund den Beinamen „Erichs Lampenladen“. Neben der politischen Funktion, wie der Austragung von Parteitagen und Paraden, fanden hier auch gesellschaftliche Feierlichkeiten wie die Jugendweihen und Konzerte statt. Ost-Bands wie Puhdys und Karat gastierten, aber auch Udo Lindenberg spielte vor DDR-Publikum.


Türkische Familie in Kreuzberg

Türkische Familie spaziert an der Berliner Mauer in Kreuzberg. Foto: Imago/Günter Schneider
Türkische Familie spaziert an der Berliner Mauer in Kreuzberg, August 1981. Foto: Imago/Günter Schneider

In den 1980er-Jahren sah das Leben in Kreuzberg noch ganz anders aus: Graue Hinterhöfe, politischer Aktivismus, bunte Feste und leere Straßen prägten die Atmosphäre in dem ehemaligen Arbeiterbezirk, der zunehmend von von Künstlern, Studenten, Wehrdienstverweigerern, Gastarbeitern und Hausbesetzern geprägt war. 12 Fotos aus einer anderen Zeit zeigen wir euch hier: Kreuzberg in den 1980er-Jahren war ein urbanes Dorf im Schatten der Mauer.


In der Subito Bar

Der Regisseur Oliver Hirschbiegel in der Subito Bar in Ost-Berlin, 1981. Foto: Imago/Ilse Ruppert/Photo12
Der Regisseur Oliver Hirschbiegel in der Subito Bar in Ost-Berlin, 1981. Foto: Imago/Ilse Ruppert/Photo12

Die West-Berliner Subkultur der frühen 1980er-Jahre ist gut erforscht. Die Mythen um die Schöneberger und Kreuzberger Szenekneipen und Diskotheken wie Dschungel, Risiko und die Mitropa Bar wurden in Film- und Buchform auserzählt. Doch auch im Osten gab es eine Boheme, Hinterhofgalerien und Konzerte in Wohnungen. Richtig etablierte Szenebars waren aber im SED-Staat eher eine Seltenheit, darauf achtete die Stasi. Die Subito Bar galt da als Ausnahme.


Erholungszentrum SEZ wird eröffnet

Freibad des Sport- und Erholungszentrums (SEZ). Foto: Imago/PEMAX
Freibad des Sport- und Erholungszentrums (SEZ), 1981. Foto: Imago/PEMAX

Ab 1981 konnten sich die Ost-Berliner und Ost-Berlinerinnen im SEZ vergnügen, schwimmen und Sport treiben. Der multifunktionale Gebäudekomplex war in seiner Art weltweit einzigartig. Die prestigeträchtige Anlage prägte das Leben einer ganzen Generation. Heute ist das SEZ ein echtes Nachwendedrama. Als es zu Beginn der 2000er-Jahre pleite war, wurde es zum symbolischen Preis von einem Euro an den Unternehmer Rainer Löhnitz weiterverkauft. Der Senat erhoffte sich eine Sanierung und Weiterführung als Spaßbad. Das Problem: Mangelnder Sachverstand führte zu einem äußerst schwammigen Vertrag. In Zukunft muss Friedrichshain ohne SEZ auskommen. Der Bau wird abgerissen, wir blicken zurück.


Dennis Hopper im Hotel Intercontinental

Dennis Hopper in West-Berlin. Foto: Imago/Ilse Ruppert/Photo12
Dennis Hopper in West-Berlin, November 1981. Foto: Imago/Ilse Ruppert/Photo12

Die Fotografin Ilse Ruppert dokumentierte ab Ende der 1970er-Jahre die Punk-Szene in New York, Los Angeles, London und West-Berlin. Zu der Mauerstadt hatte sie stets ein besonderes Verhältnis, im November 1981 traf sie im Hotel Intercontinental den US-Schauspieler Dennis Hopper. Im tip-Interview erinnert sich Ruppert an die Situation: „Er war sehr aggressiv, was auch mit Speed, Koks, Alkohol und Schlafentzug zu tun hatte. Zuerst wollte er, dass ich Nacktfotos von ihm in der Sauna mache. Natürlich ging das nicht, schon aus technischen Gründen. Die Linse beschlägt da ja. Wir trafen uns also in seiner Suite im Interconti. Seine Idee der Nacktfotos hatte er noch nicht vergessen. Wir gingen nach nebenan und er posierte für mich auf dem Bett mit Hut. Dann zog er sich plötzlich seine Hose aus und fuchtelte wild herum.“ 


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Immer neue spannende Geschichten aus der Geschichte Berlins findet ihr hier. Die andere Seite der Geschichte: 12 Dinge, die jeder kennt, der in Ost-Berlin der 1980er gelebt hat. Auch in unserer Geschichte gibt es Orte, die legendär sind und nicht mehr existieren. Eine Auswahl findet ihr hier. Neu in Berlin? Dann herzlich willkommen. Damit dieses Willkommen auch herzlich bleibt, hätten wir hier ein paar gute Tipps für Zugezogene.

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