Geschichte

Berlin 1983: Karl-Marx-Jahr, Hausbesetzer und David Bowie

Berlin 1983. Die Stadt ist geteilt, der Regierende Bürgermeister heißt Richard von Weizsäcker, im Osten spielt der Panikrocker Udo Lindenberg im Palast der Republik und in der West-Berliner Waldbühne gastiert der Ex-Schöneberger David Bowie. Hier Blicken wir in 12 Fotos auf das Jahr 1983 in Berlin zurück.


Ältere Dame vor dem Reichstag

Im Juli 1983 posierte eine ältere Dame vor dem Reichstagsgebäude Foto: imago/Gerhard Leber
Im Juli 1983 posierte eine ältere Dame vor dem Reichstagsgebäude. Foto: imago/Gerhard Leber

Während des Zweiten Weltkriegs machten die Kämpfe in Berlin und Bombardierungen auf die Stadt aus dem Reichstag eine vollkommene Ruine. Erst 1973 endete der Wiederaufbau, die Rolle des Reichstags im geteilten Deutschland jedoch ungewiss. Das Gebäude befand sich im britischen Sektor, die Mauer verlief unmittelbar an der Ostseite des Reichstags. Das Parlament der BRD tagte mittlerweile in Bonn. Die Volkskammer der DDR nutzte den Plenarsaal im Palast der Republik. Mehr zum Reichstagsgebäude und seiner Geschichte lest ihr hier.


Weizsäcker und Bush gucken rüber

Der US-Vizepräsident George Bush blickt mit dem Regierenden Bürgermeister Richard von Weizsäcker über die Mauer. Foto: Imago/Courtesy Everett Collection
Der US-Vizepräsident George Bush blickt mit dem Regierenden Bürgermeister Richard von Weizsäcker über die Mauer. Foto: Imago/Courtesy Everett Collection

1983 befand sich die Welt inmitten des Kalten Kriegs, von Gorbatschows Perestroika war noch nichts zu hören. Der damalige US-Vizepräsident hieß George Bush, er sollte später Präsident werden. Ebenso der Regierenden Bürgermeister in Berlin. Richard von Weizsäcker wurde 1985 Bundespräsident. Hier besuchen beide, gemeinsam mit dem Bundeskanzler Helmut Kohl, eine Aussichtsplattform an der Mauer und schauen rüber.


Blixa Bargeld und der 1980er-Underground

Blixa Bargeld bei einer Party, 1983. Foto: Imago/Ilse Ruppert/Photo12
Blixa Bargeld bei einer Party, 1983. Foto: Imago/Ilse Ruppert/Photo12

Der Legende nach, sah Nick Cave einen Auftritt der Einstürzenden Neubauten in einem Fernsehbeitrag in Holland. Er war sofort von der brachialen Musik und dem Sänger Blixa Bargeld fasziniert. Nach seiner Ankunft in West-Berlin lernte er schnell die Neubauten und ihr Umfeld kennen. Die Auflösung von The Birthday Party wurde unausweichlich und Nick Cave formierte um 1983 seine neue Band, mit der er heute, wenn auch unter wechselnden Besetzungen, immer noch aktiv ist: The Bad Seeds. Blixa Bargeld wurde Mitbegründer und blieb 20 Jahre dabei.


Das ist die Berliner Luft

Kurfürstendamm, Blick auf die Gedächtniskirche. Foto: Imago/Sommer
Kurfürstendamm, Blick auf die Gedächtniskirche. Foto: Imago/Sommer

Man konnte hoch aufs Europa-Center fahren und von der Aussichtsplattform auf dem Dach auf die Stadt schauen. Dort wurde auch eine Szene von “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” gedreht. Drumherum standen die legendären Berliner Kinos: Gloria Palast, Zoo Palast, Filmbühne Wien und Marmorhaus. Das KaDeWe war nicht weit. Im Ku’Damm-Eck residierte das Panoptikum. Ein Kaffee im Kranzler Eck galt noch als gesellschaftliches Ereignis. Nach dem Mauerfall hat der Kurfürstendamm an Glanz und Bedeutung verloren. Aber in den 1980er-Jahren war er das Herz West-Berlins.


Jogger vor der Kulisse der Neubauten

Ein Jogger im Volkspark Prenzlauer Berg. Foto: Imago/Rolf Zöllner
Ein Jogger im Volkspark Prenzlauer Berg. Foto: Imago/Rolf Zöllner

Plattenbauten haben in Berlin keinen guten Ruf. Viel Kriminalität, noch mehr Armut und ein Mangel an kulturellen Angeboten prägen oft das Image dieser Wohngegenden – nicht immer zu Unrecht, aber eben doch nicht pauschal. Denn wer genau hinsieht, der mag auch die architektonische Schönheit, manchmal sogar Brillanz, dieser Siedlungen entdecken. In Ost-Berlin waren sie die Reaktion auf den maroden Zustand der Altbauten, vor allem in Prenzlauer Berg.


Kriegsverbrechergefängnis Spandau

Kriegsverbrechergefängnis Spandau, 1983. Foto: Imago/ZUMA/Keystone
Kriegsverbrechergefängnis Spandau, 1983. Foto: Imago/ZUMA/Keystone

Nach dem Krieg übernahmen die Alliierten das Gefängnis und brachten dort sieben hochrangige in Nürnberg verurteilte Kriegsverbrecher unter, unter ihnen waren Hitlers Architekt Albert Speer, der NSDAP-Reichsjugendführer Baldur von Schirach und Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß, der ab 1966 der einzige Häftling im Kriegsverbrechergefängnis in Spandau war. Nach dessen Tod im August 1987 wurde das Gebäude abgerissen.


Karl-Marx-Jahr

Karl-Marx-Jahr: "Hohe Leistungen im sozialistischen Wettbewerb". Blick über die Mauer. Foto: Imago/Günter Schneider
Karl-Marx-Jahr: „Hohe Leistungen im sozialistischen Wettbewerb“. Blick über die Mauer. Foto: Imago/Günter Schneider

Mit der East Side Gallery, eines der größten Kunstwerke im öffentlichen Raum, ist ein Stück der Berliner Mauer erhalten. Kaum jemand, der die Stadt besucht, kommt ohne Selfie hier aus. Die Gegend rundherum befindet sich ständig im Wandel – allerdings nicht gerade zum Guten. In der Nähe ist Zalando eingezogen, das Mercedes-Viertel erhitzt die Gemüter – und irgendwann hat Amazon hier seinen Glasturm fertig errichtet. 1983 sah die Situation in der Mühlenstraße noch sehr anders aus, hier wurde das Karl-Marx-Jahr gepriesen. Am Ende siegte aber der Kapitalismus.


Bowie in Berlin

David Bowie bei einem Konzert in der Waldbühne, Berlin 1983. Foto: Imago/T. Skupin/Future Image
David Bowie bei einem Konzert in der Waldbühne, Berlin 1983. Foto: Imago/T. Skupin/Future Image

Man sollte sich nichts vormachen, David Bowies Zeit in Berlin war zwar wichtig, aber nicht sehr lang. Schon das dritte Album seiner „Berlin-Trilogie” wurde nicht mehr in Berlin aufgenommen. “Lodger” entstand zu großen Teilen in der Schweiz und den USA. Dennoch kam Bowie immer wieder in seine einstige Wahlheimat zurück und wurde bei Konzerten als Ehrenberliner empfangen. Bowies Konzert im Sommer 1983 in der Waldbühne war ein Großereignis.


Hausbesetzungen

Besetzte Wohnung in einem Haus in der Kreuzberger Waldemarstraße, 1983. Foto: Imago/Teutopress
Besetzte Wohnung in einem Haus in der Kreuzberger Waldemarstraße, 1983. Foto: Imago/Teutopress

Hausbesetzungen gehörten in Berlin im Jahre 1983 zum Stadtbild dazu und wurden in aufgeheizten Debatten rund um die Frage “Wem gehört die Stadt?” verhandelt. In Kreuzberg, wo der so genannte Häuserkampf stattfand, wurden so leerstehende und verfallende Altbauten vor dem Abriss bewahrt. 


Udo Lindenberg in Erichs Lampenladen

Udo Lindenberg inmitten seiner Fans Udo Lindenberg, vor seinem Konzert iim Palast der Republik in Ost-Berlin.Foto: Imago/M&K
Udo Lindenberg inmitten seiner Fans Udo Lindenberg, vor seinem Konzert iim Palast der Republik in Ost-Berlin.Foto: Imago/M&K

Der Palast der Republik fungierte ab 1976 als Sitz der DDR-Volkskammer. Wegen der opulenten Innenbeleuchtung bekam er im Volksmund den Beinamen “Erichs Lampenladen”, eine ironische Hommage an den DDR-Staatsratsvorsitzender Erich Honecker. Neben der politischen Funktion fanden hier auch Feierlichkeiten und Konzerte statt. Ost-Bands wie die Puhdys und Karat gastierten, 1983 spielte aber auch der Panikrocker Udo Lindenberg vor DDR-Publikum. Der Star aus dem Westen war im Osten eine Sensation!


Am Checkpoint Charlie

Blick auf den Checkpoint Charlie, 1983. Foto: Imago/UIG
Blick auf den Checkpoint Charlie in Berlin, 1983. Foto: Imago/UIG

Es war ein Moment sondergleichen: Als sich am 27. Oktober 1961 amerikanische und sowjetische Panzer am Checkpoint Charlie gegenüberstanden, blickte die ganze Welt auf Berlin. Es fehlte nicht viel und es wäre zum Dritten Weltkrieg gekommen. Heute zählt der ehemalige Grenzübergang zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten Berlins, an dem höchstens mal unachtsame E-Roller-Fahrer für angespannte Stimmung sorgen. So sah es hier 1983 aus.


Lust auf neue Bücher

Schlange vor neueröffnetem Buchladen in Ost-Berlin, 1983. Foto: Imago/Peter Diedrich/TT
Schlange vor neueröffnetem Buchladen in Ost-Berlin, 1983. Foto: Imago/Peter Diedrich/TT

Heute kaum vorstellbar, eine Warteschlange vor einem Buchladen. Doch in Ost-Berlin kam es 1983 zu eben dieser Situation. Eine neue Buchhandlung eröffnete im Stadtzentrum und lockte viele literaturinteressierte Menschen an. Damals gab es schließlich weder Netflix noch Amazon Prime.


Mehr zum Thema

1983 reicht nicht? So sah es zehn Jahre früher aus, hier geht es ins turbulente Berliner-Jahr 1973 und hier nach Berlin im Jahr 1963, zu Hilde Knef, JFK-Besuch und noch mal zehn Jahre früher Berlin 1953: 12 Fotos der Stadt – Aufstand am 17. Juni, Hollywood und Knautschke. Hier erzählen wir die Geschichte vom Berliner Schloss zum Humboldt Forum in Fotos. Mehr zur Geschichte Berlins lest ihr in dieser Rubrik.

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