Berlin verstehen

Berlin 2002: Blub, Pinguine, RBB – und eine Miss Germany aus Köpenick

Berlin 2002. Eine Sache änderte sich im Leben aller Berliner und Berlinerinnen bereits am 1. Januar 2002: Der Euro war da, die D-Mark verschwand. Ebenso verschwand der SFB, oder besser gesagt: Er fusionierte mit dem ORB, Berlin und Brandenburg bekamen eine gemeinsame Sendeanstalt, den RBB. Die Pinguine im Zoo waren davon wohl relativ unbeeindruckt, eher dürfte sie ihr neues Haus beschäftigt haben, das sie in jenem Jahr bezogen. Es gab auch schlechte Nachrichten: Im Juli wütete ein Orkan über der Stadt und tötete zwei Kinder auf der Insel Schwanenwerder, im Irak braute sich erneut ein Krieg zusammen, gegen den auf den Straßen Berlins protestiert wurde, und in Kreuzberg flogen am 1. Mai mal wieder die Steine. Immerhin wurde aber mit Katrin Wrobel, einer Zahnarzthelferin aus Köpenick, eine Berlinerin zur schönsten Frau des Landes gewählt. Diese 12 Fotos schicken Euch auf eine Reise ins Berlin des Jahres 2002.


Der Euro kommt!

Das Euro-Münzen Starterkit. Foto: Imago/Thomas Imo/Photothek
Das Euro-Münzen-Starterkit. Foto: Imago/Thomas Imo/Photothek

Die gemeinsame europäische Währung sorgt für viel Gesprächsstoff. Alles musste umgestellt werden, Miete, Gehalt und das Bier in der Kneipe wurden nun in Euro berechnet, und viele Berliner und Berlinerinnen bekamen bald das Gefühl, dass die Umstellung eine Preissteigerung mit sich brachte. Euro ist Teuro, hieß es bald. Dafür fiel das lästige Geldtauschen im Urlaub weg, zumindest wenn man in Spanien, Italien oder Frankreich unterwegs war.


Eine Köpenickerin wird Miss Germany

Miss Germany 2002 Katrin Wrobel mit dem Hauptmann von Köpenick vor dem Rathaus Köpenick, 12. März 2002. Foto: Imago/Raimund Müller
Miss Germany Katrin Wrobel mit dem Hauptmann von Köpenick vor dem Rathaus Köpenick, 12. März 2002. Foto: Imago/Raimund Müller

Die 1977 in Berlin geborene Katrin Wrobel arbeitete als Zahnarzthelferin, dann wurde sie am 26. Januar 2002 zur Miss Germany gewählt und alles änderte sich im Leben der Köpenickerin. Sie moderierte Fernsehsendungen, bekam Rollen in Filmen und Theaterstücken sowie lukrative Werbeverträge. Heute lebt sie mit Mann und Tochter in einer Villa und hält laut Medienberichten Hühner im Garten.


Döner-Wahlkampf in Kreuzberg

Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Claudia Roth versucht sich in der Zubereitung eines Döner-Kebab in einem türkischen Imbiss am Kottbusser Tor. Foto: Imago/Christian Ditsch
Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Claudia Roth versucht sich in der Zubereitung eines Döner-Kebab in einem türkischen Imbiss am Kottbusser Tor. Foto: Imago/Christian Ditsch

2002 war das Jahr der Bundestagswahl. Bereits vier Jahre regierten damals Rot-Grün in Deutschland, der Kanzler hieß Gerhard Schröder und Joschka Fischer von den Grünen war Außenminister und sein Vize. Nach den Wahlen im Herbst konnte die Koalition fortgesetzt werden, mit hauchdünnem Vorsprung setzten sich SPD und Grüne erneut durch. Auch Claudia Roth machte Stimmung im Wahlkampf und zog mit Entourage durch Kreuzberg, wo sie sich unter anderem als Dönerfachverkäuferin ausprobierte.


Ein Orkan fegt über die Stadt hinweg

Ein Orkan wütete in Berlin, Situation am Tag danach, 11. Juli 2002. Foto: Imago/Olaf Wagner
Ein Orkan wütete in Berlin, Situation am Tag danach, 11. Juli 2002. Foto: Imago/Olaf Wagner

Schwere Unwetter über Berlin sorgten in der Nacht vom 10. zum 11. Juli für einen Ausnahmezustand. Ohne meteorologische Vorwarnung zog im Südwesten der Stadt eine Gewitterfront auf, es dauert nur Sekunden, bis sich der Himmel verfinsterte und ein Orkan mit Windgeschwindigkeiten von über 150 Kilometern wütete über der Stadt. An jenem Abend hielten sich etwa 150 Kinder und Jugendliche auf einem Zeltplatz auf der Insel Schwanenwerder auf, wo es zu einer Tragödie kam. Zwei Kinder wurden in jener Nacht von umstürzenden Bäumen tödlich getroffen.


Aus SFB und ORB wird der RBB

Übergabe der Ratifikationsurkunde zur Gründung des RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) mit Klaus Wowereit (Regierender Bürgermeister von Berlin) und Matthias Platzeck (Ministerpräsident Brandenburgs), 29. November 2002. Foto: Imago/PEMAX,
Übergabe der Ratifikationsurkunde zur Gründung des RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) mit Klaus Wowereit (Regierender Bürgermeister von Berlin) und Matthias Platzeck (Ministerpräsident Brandenburgs), 29. November 2002. Foto: Imago/PEMAX,

Der SFB und der ORB sendeten zwar noch bis zum 30. April 2003, doch ihr Ende wurde bereits im November des Vorjahres besiegelt. In luftigen Höhen, im Drehrestaurant des Fernsehturms, unterzeichneten der Regierende Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit und sein Amtskollege, der Ministerpräsident Brandenburgs Matthias Platzeck, die Fusion der beiden Sendeanstalten, aus denen der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hervorgehen sollte. Einen Überblick über die Rundfunkgeschichte Berlins geben wir euch hier.


Eröffnungsparty des Tipi am Kanzleramt

Brigitte Mira bei der Eröffnungsparty des Tipi am Kanzleramt. Foto: Imago/POP-EYE/Morlok
Brigitte Mira bei der Eröffnungsparty des Tipi am Kanzleramt. Foto: Imago/POP-EYE/Morlok

2002 feierte die Bar jeder Vernunft das zehnte Jubiläum, in diesem Zusammenhang wurde unweit des Kanzleramts ein Zelt errichtet, in dem fortan die Creme de la Creme der Show, Comedy und Unterhaltung auftreten sollte. Das Tipi am Kanzleramt war geboren, bei der Eröffnungsgala hob noch die legendäre Schauspielerin Brigitte Mira (Foto) ihr Glas. Das Tipi zählen wir zu den besten Bühnen für Kabarett in Berlin.


Das Blub steht vor dem Aus

Blub-Badeparadies in Neukölln, 2002. Foto: Imago/Günter Schneider
Blub-Badeparadies in Neukölln, 2002. Foto: Imago/Günter Schneider

Harald Frisch hat das Blub 1985 eröffnet. Die Abkürzung Blub steht dabei für Berliner Luft- und Badeparadies. Damals wurden umgerechnet 22 Millionen Euro für den Bau gezahlt. Zu Anfangszeiten hatte das Spaßbad noch rund 600.000 Besucher im Jahr. Nach der Eröffnung war es ein Jahr lang Trikotsponsor für den Verein Hertha BSC. Aufgrund von Beschwerden über mangelnde Hygiene, die zu der Zeit auch immer weiter in den Medien ausgebreitet wurden, gingen die Besucherzahlen rapide zurück. Im Jahr 2001 waren es nur noch 330.000 Besucher. 2002 wurde es dann vom Gesundheitsamt komplett dichtgemacht. Eine Rattenplage, Vogeldreck im Essen und Rostbefall im Außenbereich waren unter anderem Gründe dafür. 


Demos gegen den Krieg im Irak

Demonstration gegen den Krieg im Irak. Foto: Imago/Christian Ditsch
Demonstration gegen den Krieg im Irak. Foto: Imago/Christian Ditsch

Der Zweite Irakkrieg war ein von US-Präsident George W. Bush angezettelter Präventivkrieg, der zum Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein und einer langjährigen Besatzung des Iraks führte. Der eigentliche Krieg fand im Frühjahr 2003 statt, doch schon 2002 demonstrierten Friedensinitiativen in Berlin gegen die militärische Aggression der USA.


Andreas Dresens „Halbe Treppe“ ist der Film des Jahres

Andreas Dresen mit dem Silbernen Bären bei der Abschlussparty der Berlinale 2002. Foto: Imago/F. Kern/Future Image
Andreas Dresen mit dem Silbernen Bären bei der Abschlussparty der Berlinale 2002. Foto: Imago/F. Kern/Future Image

Andreas Dresens Tragikomödie „Halbe Treppe“ über zwei befreundete Ehepaare in Frankfurt (Oder) und deren Sehnsüchte, Abgründe und Alltagsabenteuer war einer der wichtigsten Filme des Jahres 2002. Die realistische Atmosphäre erinnerte an die skandinavischen „Dogma“-Filme, was Kritiker und Publikum gleichermaßen begeisterte. Bei der Berlinale gab es den Silbernen Bären und zudem Nominierungen für den Deutschen Filmpreis. Den Soundtrack lieferten übrigens die 17 Hippies.


Die Pinguine bekommen ein neues Haus im Zoo Berlin

Neues Pinguinhaus im Zoo Berlin. Foto: Imago/Olaf Wagner
Neues Pinguinhaus im Zoo Berlin, 2002. Foto: Imago/Olaf Wagner

So berühmt wie die süßen Pandas oder der Eisbär Knut sind die Berliner Pinguine nicht, doch sie gehören dennoch zu den beliebtesten Tieren im Zoo. 2002 bekamen die im kollektiv lebenden Antarktis-Bewohner ein neues Domizil, das moderne Pinguinhaus. Alle Infos für den Besuch des Zoologischen Gartens findet ihr hier.


Krawalle in Kreuzberg gehen weiter

Einsamer Demonstrant stellt sich in Kreuzberg den Wasserwerfern, 1. Mai 2002. Foto: Imago/David Heerde
Einsamer Demonstrant stellt sich in Kreuzberg den Wasserwerfern, 1. Mai 2002. Foto: Imago/David Heerde

Am 1. Mai 1987 brannte der Bolle am Görlitzer Bahnhof, seitdem wurde der 1. Mai in Berlin regelmäßig zum gewaltvollsten Tag im Jahr. 2002 war das letzte Jahr, in dem die Krawalle hemmungslos den Kreuzberger Kiez überzogen. Ab 2003 riefen verschiedene Initiativen das MyFest aus. Die Bewohner und Bewohnerinnen hatten keine Lust mehr auf die Gewalt, die meist von Demo-Touristen und „erlebnisorientierten Jugendlichen“ angezettelt wurde und wollten lieber feiern, Musik hören und tanzen. Die Polizei setzte stufenweise auf Deeskalation, der 1. Mai wandelte sich: vom Fest der Zerstörung in ein Fest des Hedonismus.


Die Berlin Thunder holen den Worldbowl

Spieler des Football-Vereins Berlin Thunder feiern den Worldbowl, 22. Juni 2002. Foto: Imago/Uwe Kraft
Spieler des Football-Vereins Berlin Thunder feiern den Worldbowl, 22. Juni 2002. Foto: Imago/Uwe Kraft

Im fußballbegeisterten Europa hat der American Football keinen leichten Stand. Dennoch wird in der NFL Europe, dem Ableger der US-Liga NFL, professionell gespielt. Seit 1999 auch in Berlin. Anfangs mussten die Berlin Thunder ihre Partien im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg austragen, erst 2003 zog man ins Olympiastadion. Das lag vielleicht auch am Erfolg in der Saison des Jahres 2002, als die Berliner den World Bowl holten, das europäische Pendant zum Super Bowl.


Mehr Berlin verstehen

Wir blicken zurück: 12 Fotos aus Berlin im Jahr 1962. Bunter und moderner war die Stadt, auch die Ost-West-Beziehungen normalisierten sich. Unser Rückblick auf Berlin 1972. Mauerblümchen, Hinterhöfe und Besuch aus den USA: So war das Jahr 1982 in Berlin. Stasi-Akten, Golfen in Steglitz und prominente Todesfälle: Unser Rückblick auf Berlin 1992. Immer neue spannende Geschichten aus der Geschichte Berlins findet ihr hier.

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