Berlin verstehen

Berlin und die Kaiser: Von den berühmten Wilhelms bis zu Roland

Ab 1871 regierte von Berlin aus ein Kaiser über das Deutsche Reich. Ein König reichte dem neu erschaffenen Nationalstaat nicht mehr und für einen gewählten Präsidenten war die Zeit noch nicht reif. Seitdem hat Berlin ein recht spezielles Verhältnis zu diesem wohl mächtigsten aller Titel: Kaiser. Wir schauen uns entlang von 12 Fotos Berlin als die Stadt der Kaiser an. Von den berühmten Wilhelms und ihren Schnauzbärten bis zum schlagersingenden Roland und einem aus wachs geformten Kaiser der Fußballwelt.


Kaiser Wilhelm I.

Wilhelm I. (1797 bis 1888), ab 1871 deutscher Kaiser. Foto: Imago/H. Tschanz-Hofmann
Kaiser Wilhelm I. (1797 bis 1888), ab 1871 deutscher Kaiser. Foto: Imago/H. Tschanz-Hofmann

Die Deutsche Kaiserzeit beginnt: Am 18. Januar 1871 wurde im Spiegelsaal vom Schloss Versailles in der Nähe von Paris der moderne deutsche Nationalstaat ausgerufen. Den Akt in Versailles stattfinden zu lassen, war auch ein Machtbeweis gegenüber dem gerade erst besiegten Frankreich. Von diesem Tag an war der preußische König Wilhelm I. deutscher Kaiser und Otto von Bismarck wurde anschließend Reichskanzler. Für Berlin bedeutete das einen enormen Aufschwung. Die Stadt an der Spree entwickelte sich rasant und stieg in den folgenden Jahrzehnten zu einer Weltmetropole auf.


Kaiser Wilhelm II.

Berlin und die Kaiser: Kaiser Wilhelm II. von Preußen (1859-1941). Foto: Imago/Arkivi
Kaiser Wilhelm II. von Preußen (1859-1941). Foto: Imago/Arkivi

Von 1871 bis zu dessen Tod im Jahr 1888 war Wilhelm I. Kaiser, ihm folgte dessen Sohn Friedrich III., der an Kehlkopfkrebs erkrankt den Thron bestieg und nur 99 Tage den Titel führte. Am 15. Juni 1888 starb er, damit war der Weg für Wilhelm II. frei, den Enkel des ersten Wilhelms. Das Jahr 1888 wird seitdem als das „Dreikaiserjahr“ bezeichnet. Bis 1918, dem Ende des Ersten Weltkriegs und zugleich der deutschen Monarchie, stand Wilhelm II. dem Deutschen Reich zuvor.

Die Zeit seiner Regentschaft ist als „Wilhelminismus“ in die Geschichte eingegangen. Politisch strebte das Deutsche Reich eine Weltmachtstellung an, preußischer Militarismus führte direkt zum Imperialismus. Auch gesellschaftlich und sozial prägte der „Wilhelminismus“ die Epoche, patriarchal und konservativ stellte sich das wilhelminische Establishment vermeintlichen Gefahren wie der aufstrebenden Sozialdemokratie entgegen. Auf der anderen Seite war der von Preußen aus geführte Staat extrem fortschrittsgläubig. Die Folge war eine bisher nie gesehene Modernisierung, die sich in nahezu alle Lebensbereiche auswirkte.


Kaiser-Wilhelm-Straße

Kaiser-Wilhelm-Straße. Foto: Imago/Stefan Zeitz
Die Berliner Kaiser-Wilhelm-Straße. Foto: Imago/Stefan Zeitz

Der letzte deutsche Kaiser dankte 1918 ab und ging ins holländische Exil, wo er 1941 in Doorn nahe Utrecht starb. In Berlin folgten das demokratische Experiment der Weimarer Republik, die NS-Zeit, die Teilung der Stadt und schließlich die Wiedervereinigung. Was blieb, waren die Kaiser im Stadtbild. Ihre Schlösser, die gestifteten Prachtbauten, Kirchen und Statuen prägten die Stadt und die Kaiser waren stumme Zeugen der politischen und sozialen Umwälzungen des letzten Jahrhunderts.

Auch viele Straßen würdigen bis heute die Kaiser und deren Verwandtschaft. So finden sich im Straßenverzeichnis vom Kaiserkorso und der Kaiser-Wilhelm-Straße bis zum Kaisersteg knapp zwei Dutzend Erinnerungen an die deutschen Regenten (und ihrer Ehegattinnen).


Jakob-Kaiser-Platz

Berlin und die Kaiser: Jakob-Kaiser-Platz, U-Bahnhof der Linie U7. Foto: Imago/Klaus Martin Höfer
Jakob-Kaiser-Platz, U-Bahnhof der Linie U7. Foto: Imago/Klaus Martin Höfer

Nun waren die Kaiser in Berlin nicht ausschließlich hochwohlgeborene Sprösse des Hohenzollerngeschlechts, die einen heute mit finsterer Miene von Ölgemälden herab anschauen. Kaiser ist ein Nachname, der sich auch beim gemeinen Volk durchgesetzt hat und einige dieser „bürgerlichen Kaiser“ prägten die Stadt. Etwa der Zentrumspolitiker Jakob Kaiser (1888-1961), der während des Zweiten Weltkriegs gegen den Faschismus kämpfte und später als CDU-Vorsitzender in der SBZ (Sowjetisch besetzte Zone) und als Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen, ein Ministerium das sich damals um die Beziehungen der BRD zur DDR kümmerte, die deutsche Nachkriegspolitik mitbestimmte. Heute erinnert der Jakob-Kaiser-Platz samt dem dazugehörigen U-Bahnhof an der U7 an ihn.


Kaiserdamm

Blick vom Theodor Heuss Platz über den Kaiserdamm bis zum Großen Stern. Foto: Imago/Jürgen Ritter
Blick vom Theodor-Heuss-Platz über den Kaiserdamm bis zum Großen Stern. Foto: Imago/Jürgen Ritter

Von allen Straßen, die in Berlin an die Kaiser erinnern, ist der Kaiserdamm die wohl mächtigste und berühmteste. Sechsspurig und kerzengerade führt die Verkehrsader über den Theodor-Heuss-Platz in Charlottenburg sowie den Großen Stern in Tiergarten bis zum Brandenburger Tor an der Grenze zu Mitte und dann weiter bis zum wieder errichteten Berliner Schloss. Irgendwann heißt der Kaiserdamm Bismarckstraße und Straße des 17. Juni und Unter den Linden, eine Meile der deutschen Geschichte wenn man so will. Der Kaiser darf da nicht fehlen.


Kaiser’s hat abgedankt

Berlin und die Kaiser: Eine Filiale der abgewickelten Supermarktkette Kaiser's. Foto: Imago/Schöning
Eine Filiale der abgewickelten Supermarktkette Kaiser’s. Foto: Imago/Schöning

Die Kaiserzeit ist vorbei, der letzte Kaiser wurde enteignet und ins Exil verbannt, heute streiten einige Nachkommen um Schlösser und Kunstsammlungen. Und auch ein anderer Kaiser verschwand aus dem Berliner Stadtbild, die einst ebenso beliebte wie verbreitete Supermarktkette Kaiser’s. Aufgeteilt zwischen Rewe und Edeka gingen die Berliner Kaiser’s-Filialen in die Geschichte ein, ebenso wie diese 12 Berliner Marken, die nicht mehr existieren. Bolle, AEG und SFB etwa.


Museum für Fotografie von Kaiser Wilhelms Gnaden

Giebelinschrift auf dem Museum für Fotografie. Foto: Imago/Imagebroker
Giebelinschrift auf dem Museum für Fotografie. Foto: Imago/Imagebroker

An den Einfluss der Kaiser erinnern Straßennamen, Standbilder ebenso wie Schriftzüge und Gedenktafeln. Gestiftet hier, errichtet da. Auch am Museum für Fotografie in der Jebensstraße gleich hinter dem Bahnhof Zoologischer Garten würdigt eine Giebelinschrift Wilhelm II. Fast so, als wäre unter seiner Regentschaft nichts ohne ihn möglich. In gewisser Weise war das auch so. Diese Konzentration von Macht auf eine einzelne Person ist heute in Deutschland kaum noch vorstellbar.

  • Museum für Fotografie Jebensstraße 2, Charlottenburg

Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche

Berlin und die Kaiser: Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Foto: Imago/Blickwinkel
Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Foto: Imago/Blickwinkel

Von Anfang an war die Gedächtniskirche nicht als reines Gotteshaus, sondern auch als Denkmal geplant. Auf Wunsch Kaiser Wilhelms II. sollte sie als Gedenkstätte zu Ehren seines Großvaters, Kaiser Wilhelm I., dienen. Dieser galt aufgrund des errungenen Sieges im Jahr 1871 über Frankreich im deutsch-französischen Krieg als „Friedenskaiser“. So wurde am 22. März 1891, dem Geburtstag Kaiser Wilhelms I., der Grundstein für den Bau der Kirche gelegt, die im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt wurde und zum Mahnmal wurde. Hier finden sich alle Informationen zu dem Berliner Wahrzeichen.

  • Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche Breitscheidplatz, Charlottenburg

Der Kaiser von Prenzlauer Berg

Berlin und die Kaiser: Der Kaiser vom Prenzlauer Berg. Foto: Imago/Rolf Zöllner
Der Kaiser von Prenzlauer Berg. Foto: Imago/Rolf Zöllner

Berlin ist eine Stadt der Originale. Exzentriker, schräge Vögel und urbane Propheten streifen durch Straßen, Bahnhöfe und Plätze, bekannt und oft erkannt. Ficken-für-den-Frieden-Omas, Papageien-Männer, U-Bahn-Dichter und Fratzenschneider. Einige sind guten Mutes und verbreiten fröhliche Stimmung, andere sind aggressiv und extrovertiert oder kauzig und verschroben. Auch ein Kaiser ist unter der illustren Schar der Sonderlinge, der Kaiser von Prenzlauer Berg.


Kaiser Franz Beckenbauer bei Madame Tussauds

Touristen mit Wachsfiguren von Jürgen Klinsmann und Franz Beckenbauer bei Madame Tussauds in Berlin. Foto: Imago/Future Image
Touristen mit Wachsfiguren von Jürgen Klinsmann und Franz Beckenbauer bei Madame Tussauds in Berlin. Foto: Imago/Future Image

Natürlich hat in den vergangenen Jahrzehnten vor allem ein Kaiser die Geschicke des Landes bestimmt: Franz Beckenbauer. Er machte Geschichte und Schlagzeilen als Fußballer, Legende, Trainer und WM-Organisator und mittlerweile als angeschlagene Lichtgestalt mit Korruptionsskandal an der Backe. Nun hat Kaiser Franz nicht ganz so viel mit Berlin zu tun, eher gehört die omnipräsente Grinsebacke nach München. Doch so ganz kommen wir hier an der Spree an dem Mann auch nicht vorbei. Wer Lust auf eine Audienz hat, kann bei Madame Tussauds in Berlin ein Selfie mit dem Fußballkaiser schießen.

  • Madame Tussauds Unter den Linden 74, Mitte

Sarkophag von Kaiser Wilhelm I.

Sarkophag von Kaiser Wilhelm I. im Mausoleum in Charlottenburg. Foto: Imago/Schöning
Sarkophag von Kaiser Wilhelm I. im Mausoleum in Charlottenburg. Foto: Imago/Schöning

1810 ließen die Hohenzollern im Park des Charlottenburger Schlosses ein Mausoleum für die preußische Königin Luise bauen. Später nutzte die Familie die Grabstätte für weitere prominente Familienangehörige, etwa auch für Wilhelm I. und seine Gemahlin Kaiserin Augusta.

  • Mausoleum im Schlosspark Charlottenburg Spandauer Damm 10-22, Charlottenburg

Roland Kaiser demonstriert

Roland Kaiser bei der Demonstration zur Rettung der Veranstaltungswirtschaft vom Aktionsbündnis Alarmstufe Rot, Berlin Oktober 2020. Foto: Imago/Future Image
Roland Kaiser bei der Demonstration zur Rettung der Veranstaltungswirtschaft vom Aktionsbündnis Alarmstufe Rot, Berlin Oktober 2020. Foto: Imago/Future Image

Berlin im Lockdown, die Kultur liegt im Dornrösschenschlaf und ein Kaiser eilt herbei, um der angeschlagenen Branche zu helfen. Das war im Oktober 2020 und der Kaiser war der Schlagersänger und Liebling von Millionen: Roland Kaiser. Das Bündnis der Veranstaltungsbranche, Alarmstufe Rot, demonstrierte damals vor dem Brandenburger Tor und neben anderen Promis war eben auch der Interpret von „Santa Maria“ mit von der Partie. Das Protestieren im Herbst 2020 hat sich gelohnt, im Sommer 2021 konnte Roland Kaiser in der Waldbühne vor großem Publikum auftreten.


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