An manchen Orten in Berlin gibt es noch Überbleibsel der Berliner Mauer. Und trotzdem fällt es schwer, sich vorzustellen, wie das geteilte Berlin damals aussah. Am 13. August 1961 begann der Mauerbau, die Teilung endete am 9. November 1989. Viel Zeit ist seitdem vergangen. Die Stadt hat sich rasant verändert, blieb sich aber an vielen Stellen trotzdem treu. Manche Orte haben sich Erinnerungen an die Berliner Mauer als historisches Souvenir bewahrt. Andere hingegen sind völlig neu gestaltet worden. Wir zeigen den Vorher-Nachher-Vergleich: Orte im Schatten der Mauer – und wie sie sich seither verändert haben.
Als die Berliner Mauer noch stand, war der Potsdamer Platz Niemandsland
Lange pulsierte auf dem Potsdamer Platz das Leben. Dann kam der Krieg. Das Gelände, auf dem sich Menschenmengen tummelten, war verwüstet. Das Leben kehrte anschließend nicht zurück, vielmehr war der Platz eine Einöde als Fundament der Berliner Mauer.
Heute zeigt sich ein anderes Bild, der Platz und die Bauten rundherum stehen exemplarisch für die Architektur nach der Wende. Den Ruf, eher öde zu sein, wird die Gegend weiterhin nicht los. Immerhin gibt es ein paar gute Restaurants am und um den Potsdamer Platz. Trotzdem ein geschichtsträchtiger Ort: Wir blicken zurück auf die Vergangenheit des Potsdamer Platzes.
Brandenburger Tor – damals und heute
„Achtung: Sie verlassen jetzt West-Berlin“, warnt das Schild an der Sektorengrenze. Berlins Wahrzeichen, das Brandenburger Tor, lag in der Hauptstadt der DDR. Dort verlief die Berliner Mauer und war auf der westlichen Seite mit Botschaften verziert. Heute ist der Pariser Platz belebt wie eh und je, vor allem Touris zieht es dorthin, und Botschaften findet man auch – nämlich die US-amerikanische und französische.
Niederkirchnerstraße, Gropius-Bau und Preußischer Landtag
Die Berliner Mauer trennte Kreuzberg und Mitte voneinander. Auf West-Berliner Seite lag das ehemalige Kunstgewerbemuseum, später unter dem Namen Martin-Gropius-Bau eines der wichtigsten Ausstellungshäuser der Stadt. Und im Gebäude des Preußischen Landtags war zu DDR-Zeiten die Planungskommission untergebracht, doch heute geht es dort wieder demokratisch zu: Im Haus tagen die Abgeordneten des Berliner Landesparlaments. Ein Teilstück der Berliner Mauer ist hier noch erhalten. Es ist eingebunden in den Rundgang der Topographie des Terrors, ein Bildungsort, der über die nationalsozialistischen Verbrechen aufklärt.
Oberbaumbrücke mit und ohne Mauer
Viele Orte kaschieren die Narben der Geschichte, aber an der Oberbaumbrücke gelingt das womöglich am besten. Die Brücke auf der Grenze zwischen Friedrichshain und Kreuzberg ist einer der belebtesten und beliebtesten Orte in Berlin. Zur Zeit der Teilung war davon nichts zu spüren. Friedrichshain gehörte zur DDR, Kreuzberg war die wichtigste Bastion des alternativen West-Berlin.
East Side Gallery: Was von der Mauer übrig ist
Mit der East Side Gallery, eines der größten Kunstwerke im öffentlichen Raum, ist ein Stück der Berliner Mauer erhalten. Kaum jemand, der als Touri in Friedrichshain unterwegs ist, kommt ohne Selfie hier aus. Die Gegend rundherum befindet sich ständig im Wandel. Aber zum Guten? Ansichtssache. In der Nähe ist Zalando eingezogen, wer shoppen will, besucht die East Side Mall, und einige der größten Konzerte der Stadt finden in der Uber Arena und der kleineren Uber Eats Music Hall statt. Das Vergnügungsviertel war zuvor nach einem anderen Sponsor benannt: Das Mercedes-Viertel erhitzte die Gemüter. Wer sich dort aufhält, steht im Schatten eines der höchsten Bauwerke Berlins: The Edge, besser bekannt als Amazon Tower.
Am Landwehrkanal war die Mauer Alltag
Es gab Mauertote, es gab Schreckensbilder und entsetzliche Szenen. Aber für viele Menschen in West-Berlin war die Mauer schlicht Alltag – Bilder von Kreuzberg aus den 1980er-Jahren machen das deutlich. Auf West-Berliner Seite ging man bisweilen sehr gelassen mit der Grenze um. Heute ist Paddeln auf dem Landwehrkanal ein beliebter Zeitvertreib, und auch damals fuhren die Menschen in West-Berlin gerne mit Booten in der Stadt herum. Kein Wunder: Brandenburg war Ausland, für den entspannten Tag am See hätte man über die Grenze gemusst. Manche Menschen aus West-Berlin verbrachten ihre Ferien trotzdem beim Systemfeind.
Die Mauer verlief direkt am Reichstagsgebäude
Zur Zeit der Teilung saß das Parlament der Bundesrepublik im beschaulichen Bonn. Die Volkskammer der DDR war faktisch einflusslos und an Weisungen von der SED gebunden. Sie tagte bis 1970 im Langenbeck-Virchow-Haus in Mitte, danach am Alexanderplatz, ab 1976 im Palast der Republik, eines der berühmtesten Berliner Gebäude, die nicht mehr existieren. Das Reichstagsgebäude hingegen war einsam. Staatsgäste blickten manchmal im Britischen Sektor von oben auf die Berliner Mauer, im Haus selbst waren Ausstellungen zu sehen. Die wechselhafte Geschichte des Berliner Reichstags erzählen wir hier.
Beliebtes Touri-Bildmotiv: Checkpoint Charlie
Vom Amerikanischen Sektor in die Hauptstadt der DDR: Am Checkpoint Charlie gelangte man über die Grenze, hier war die Mauer durchlässig, aber schwer bewacht. Heute herrscht hier Gewusel rund um die etwas ramschige Ecke der Friedrichstraße. Die Berliner Mauer ist dennoch allgegenwärtig: Der Grenzübergang ist – wenig authentisch – als Touri-Fotolocation erhalten.
Blick auf die Spree
Bei einer Bootsfahrt durch Mitte offenbart sich, wie einschneidend die Veränderungen waren, seitdem die Berliner Mauer nicht mehr steht. Am Spreebogen war damals Grenzgebiet. Heute ist hier längst das Herzstück politischer Macht in Deutschland eingezogen: das Regierungsviertel mit zahlreichen Neubauten.
Bilder von Kreuzberg im Schatten der Berliner Mauer
Kreuzberg war damals Randlage. Dorthin zog es Menschen, die wenig Geld zur Verfügung hatten, und jene, die möglichst unbehelligt von staatlichen Strukturen leben wollen. Die Mieten waren günstig, der zu zahlende Preis ein anderer: Aussicht auf die Berliner Mauer. Heute versperrt sie nicht mehr den Blick, aber an manchen Orten (rund ums Engelbecken etwa) im Grenzbereich zwischen Mitte und Kreuzberg sieht man den Häusern ihre jeweilige Ost- oder West-Herkunft sehr gut an.
Eberswalder Straße damals und heute
Mythenbildung gab es auch im Osten: Der Prenzlauer Berg war Heimat von Subkultur und altem Proletariat gleichermaßen. Günstige Mieten, unsanierte Altbauten und graue Fassaden prägten den Bezirk. Die Grenze verlief damals an der Bezirksgrenze, im Westen: Gesundbrunnen. Als die Berliner Mauer noch stand, hätte diese Entwicklung auch niemand geahnt: Prenzlauer Berg ist weitestgehend luxussaniert. Statt einer Grenze gibt es Gedränge im Mauerpark. Und nur ganz in der Nähe erinnert die Gedenkstätte Berliner Mauer an die finsteren Zeiten.
Legendär: Der Grenzübergang Bornholmer Straße
Die Bösebrücke, umgangssprachlich Bornholmer Brücke, an einem der berühmtesten Grenzübergänge zwischen Ost- und West-Berlin. An dieser Stelle kapitulierte am 9. November 1989 um 23.39 Uhr der Leiter der Grenzübergangsstelle, Oberstleutnant Harald Jäger, vor tausenden DDR-Bürgern, die sich auf der Ost-Seite versammelt hatten, um die gegen 19 Uhr von Günter Schabowski verkündete neue Reiseregelung zu testen. Er öffnete eigenmächtig den Schlagbaum: „Wir fluten jetzt!“. Stoff für Thriller entsteht hier heute nicht mehr. Statt Spionage und Grenztruppen gibt es heute zwischen Wedding und Pankow vor allem Verkehr und Informationstafeln. Und wo einst die Grenzübergangsstelle war, steht heute ein Supermarkt. Die wichtigsten Berliner Brücken stellen wir hier vor.
Mehr Berlin verstehen
Der erste queere Film der DDR sollte auch ihr letzter sein: „Coming Out“ feierte seine Premiere ausgerechnet am 9. November 1989. Wir zeigen euch mehr Fotos, nämlich vom Kriegsende, und vergleichen Bilder von 1945 und 2020. Außerdem haben wir uns mit Beton und Brutalismus beschäftigt, da darf die Berliner Mauer nicht fehlen. Wanderungen auf den Spuren der Geschichte: Wir waren auf dem Mauerweg unterwegs. Zwei DDR-Flüchtlinge erinnern sich an den 13. August 1961 und den Mauerbau. Interesse am Blick zurück? Wir zeigen euch mehr aus der Berliner Geschichte. Und was euch in Berlin rund ums Mauerfall-Jubiläum erwartet, zeigt diese Event-Übersicht.