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Dynastien

12 einflussreiche Berliner Familien: Von den Brauners über Siemens bis Abou Chaker

Es gibt Familien in Berlin, die eine ganz besondere Stellung im Kiez- oder sogar Stadtgefüge haben. Einige haben oder hatten diese Position, weil ihre Vorfahren Risiken eingegangen sind und Unternehmen gegründet haben, die erfolgreich wurden. So erfolgreich, dass sie tausenden Menschen Arbeitsplätze bieten konnten. Andere wichtige Familien machten sich durch ihre Dienstleistungen unentbehrlich oder durch ihre einzigartige Geschichte zu einem Faszinosum. Wieder andere Berliner Familien gelangten durch kriminelle Machenschaften zu zweifelhaftem Ruf. Und dann gibt es noch die Familie, die sich aufgrund von jahrhundertealter Geschichte zum Herrscher über das Volk aufschwang. Sie stiegen auf und fielen oder sie blieben bedeutend. Hier erzählen wir über 12 einflussreiche Berliner Familien, die entweder heute oder in der Geschichte Berlins eine wichtige Rolle spielten.


Familie Kögler und ihre Kohlenhandlung

Einflussreiche Berliner Familien: Tobias Kögler mit dem alten Mercedes-Transporter der Kohlenhändler-Familie.
Einflussreiche Berliner Familien: Tobias Kögler mit dem alten Mercedes-Transporter der Kohlenhändler-Familie. Foto: Imago/Sabeth Stickforth

Es ist noch gar nicht so lange her, da bestimmte eine Zunft, na, vielleicht nicht das Schicksal von Millionen von Berlinerinnen und Berlinern, aber doch die Qualität ihres Lebens – zumindest in den Wintermonaten. Es geht um die Kohlenhändler. Im 19. Jahrhundert war Berlin geprägt von rauchenden Schloten. Wer nicht frieren wollte, musste den Ofen anfeuern – vorausgesetzt, man war wohlhabend genug, um einen zu besitzen. Der Rest musste in die ebenfalls mit Öfen befeuerten Wärmestuben gehen.

Mit der Zeit konnten sich mehr Menschen einen Ofen leisten. Mal war er aus Eisen, mal aus gebrannten Ton-Kacheln. Beheizt wurden die Öfen damals mit Holz, mit Torf, meistens mit Kohle. Und die musste irgendwie in die Wohnung kommen. So kam es, dass der Feierabend der Menschen, egal ob reich oder bitterarm, von der Arbeit der Kohlenhändler abhing. Die waren in Berlin so oft vertreten, wie heute Spielotheken und schafften, je nach Liquidität ihrer Abnehmer, dutzende oder hunderte von Kilos Kohlebriketts in die Berliner Keller und Wohnungen.

Die Öfen blieben lange das Zentrum vieler Berliner Wohnungen, vor allem im Osten der Stadt. Noch 1993 wurden 350.000 Wohnungen mit Kohle beheizt. Eine einflussreiche Berliner Familie verschaffte den Menschen über mehrere Generationen hinweg warme Füße: die Familie Kögler. 1909 fing Urgroßvater Kögler damit an, Kohle mit dem Pferdekarren von der Körtestraße in Kreuzberg aus auszufahren. Sein Urenkel Dirk Kögler führte das Geschäft auch noch weiter, als die Kohleöfen immer schneller aus den Wohnungen verschwanden. Doch 2019 war Schluss. Mittlerweile heizt fast niemand mehr mit Kohle.


Familie Brasch

Einflussreiche Berliner Familien: Marion Brasch (rechts) mit Annekatrin Hendel, die die Geschichte ihrer Familie verfilmte.
Einflussreiche Berliner Familien: Marion Brasch (rechts) mit Annekatrin Hendel, die die Geschichte ihrer Familie verfilmte. Foto: Imago/Tagesspiegel/Manfred Thomas

Die Braschs seien „die Buddenbrooks des Ostens“, war sich die Presse einig, als Annekatrin Hendels Dokumentarfilm über die Familie 2018 erschien. Es stimmt, denn die Geschichte der Braschs ist nicht einfach nur eine Familien-, sondern auch Weltgeschichte. Das zeigt sich schon, wenn man die Eckdaten vom Patriarchen Horst Brasch betrachtet: Er war Jude, Katholik und Kommunist, SED-Parteifunktionär und stellvertretender Minister für Kultur der DDR, geboren 1922 in Berlin, gestorben 1989 in Ost-Berlin. In seinem dogmatischen Glauben an den Kommunismus in der DDR galt er als unausstehlich – und kompromisslos.

Die Journalistin Gerda Brasch, die zeitlebens damit zu kämpfen hatte, ihre Ziele nicht erreicht zu haben, und der SED-Parteifunktionär Horst Brasch hatten vier Kinder: Thomas, Peter, Klaus und Marion. Einzige Überlebende ist Marion, Journalistin und Moderatorin, auf deren Buch sich auch der Dokumentarfilm stützt. Klaus, der Schauspieler, starb schon mit knapp 30 an einer Überdosis Tabletten und Alkohol. Wie seine Brüder Peter und Thomas Brasch galt Klaus Brasch in der DDR als Provokateur. Alle drei protestierten gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns.

Thomas Brasch traf der Zorn des Vaters über die regimekritischen Aktivitäten besonders hart: Der Vater verriet den Sohn, nachdem dieser im Zuge des Prager Frühlings Flugblätter verteilt hatte. Nachdem auch noch die meisten seiner Texte wegen staatlicher Zensur nicht veröffentlicht wurden, stellte Brasch zusammen mit Katharina Thalbach einen Ausreiseantrag und ging in den Westen. „Lieber Thomas“ heißt ein Film von Andreas Kleinert über Thomas Brasch. Mehr dazu hier.


Familie Mendelssohn

Einflussreiche Berliner Familien: Felix von Mendelssohn-Bartholdy ist auf den Friedhöfen vor dem Halleschen Tor begraben. Foto: Imago/Jochen Tack

Definitiv eine der beeindruckendsten und einflussreichsten Familien Berlins sind die Mendelssohns, eine Familie von Geschäftsleuten, Bankiers, Künstler:innen und Gelehrten. Die Geschichte der Mendelssohns in Berlin beginnt mit Moses oder Mausche Mendelssohn, dem Sohn des Dessauer Synagogendieners Mendel, geboren 1729. Moses Mendelssohn, klein und bucklig und stotternd, folgte mit zwölf Jahren seinem Dessauer Lehrer nach Berlin, wo man ihn – krank, schwach und arm – zunächst gar nicht haben wollte.

Zum Glück für Berlin war Mendelssohn zäh und blieb. Der Autodidakt brachte sich selbst eine Reihe von Sprachen bei, las alles, was er in die Hände bekam und arbeitete sich beim Textilfabrikanten Isaak Bernhard vom Hauslehrer über den Buchhalter zum Eigentümer des Unternehmens hoch. Doch er blieb nicht „nur“ Unternehmer, sondern prägte mit seinen Schriften die deutsche Philosophie führte mit dem Verleger Friedrich Nicolai und dem Dichter Gotthold Ephraim Lessing die Berliner Aufklärung an.

Betraut mit dem Erbe eines großen Namens, machten einige von Moses Mendelssohns Nachkommen ihrer Familie große Ehre, während andere für Skandale sorgten. Felix Mendelssohn-Bartholdy (*1809) etwa, nach dem auch der Park in Kreuzberg benannt ist, wurde einer der größten Komponisten und Musiker seiner Zeit. Eleonora von Mendelssohn (*1900), Tochter des Bankiers Robert von Mendelssohn, soll unfassbar schön gewesen sein, und eine Diva. Die Mendelssohn Gesellschaft zitiert in ihrem Beitrag über Eleonora deren Schauspielkollegin Elisabeth Bergner: „Sie war so schön, dass einem die Augen übergingen. So gebildet wie eine ganze Universität; und so intelligent wie sechs Teufel, und so engelhaft gut wie eben ein Engel. Sie war auch der unglücklichste Mensch, den ich jemals getroffen habe.“

Einige Mitglieder des Geschlechts der Mendelssohns traten zum Christentum über, daher der Namenszusatz Bartholdy. Um über alle bedeutenden Familienmitglieder zu schreiben, reicht hier der Platz nicht. Aber allein das sagt ja schon genug.


Familie Siemens

Einflussreiche Familien in Berlin: Familie Siemens, die urspünglich aus Goslar stammt.
Einflussreiche Berliner Familien: Ursprünglich stammt die Familie Siemens aus Goslar. Hier kam sie bei Goslar zusammen. Foto: Wikimedia Commons/Public Domain/Werle

Nach der Familie Siemens und ihrem Firmenimperium ist ein ganzer Ortsteil in Berlin benannt: die Siemensstadt im Osten von Spandau. Heute ist Siemens einer der größten Konzerne der Welt, begonnen hat alles ganz klein mit dem jungen Werner von Siemens. Zusammen mit dem Feinmechaniker Georg Halske gründet der Ingenieur und Tüftler 1847 in einem Kreuzberger Hinterhof die Telegraphen-Bau-Anstalt von Siemens & Halske. 1866 entdeckt Werner von Siemens das dynamoelektrische Prinzip und macht damit den Bau von Elektromotoren, elektrischen Eisenbahnen und sogar die Nutzung von elektrischem Licht möglich.

Das Unternehmen wächst und wächst: In den 1890er-Jahren bietet das Unternehmen etwa 3.000 Arbeitsplätze, gegen Ende der 1920er-Jahre bereits mehr als 65.000. Auch wenn Siemens zwischenzeitlich als Kapitaleigner bei AEG einstieg: Werner von Siemens und Emil Rathenau gelten als komplett unterschiedliche Unternehmertypen: Ersterer als einer, der sich auf Basis seiner Erfindungen auf den Markt begibt, zweiterer als einer, der weniger erfindet als organisiert, plant und den Markt analysiert. Wie auch AEG war Siemens während des Zweiten Weltkriegs in die Rüstungsproduktion voll eingebunden und ließ Zwangsarbeiter:innen und KZ-Häftlinge für sich arbeiten. Das KZ Ravensbrück hatte sogar einen eigenen Siemens-Bereich, das Siemenslager Ravensbrück.

In der Firma arbeiteten über die Jahrzehnte Dutzende Siemens-Familienmitglieder. Heute ist Siemens in mehreren eigenständigen Unternehmen organisiert, darunter Siemens Energy AG und Siemens Mobility.


Die Foto-Familie Kauffmann und ihre Studios

Einflussreiche Berliner Familien: In den Gründungsjahren nach 1931 befand sich das Fotostudio noch in der Wohnung der Kauffmanns. Foto: Foto-Kauffmann

Einer der ältesten Familienbetriebe von Pankow geht zurück auf eine mutige und tatkräftige Frau: Helene Kauffmann. Sie gründete 1931 mit ihrem Mann Walther die Firma Foto-Kauffmann und machte in ihrer Wohnung Fotos mit rudimentären Mitteln: Negative druckte sie auf zuerst auf Glasplatten, den Blitz zündete sie mit Magnesium. Leider kehrte ihr Mann Walther nicht aus dem Krieg zurück. Und so führte Helene Kauffmann, zweifache Mutter, den Betrieb alleine weiter. 1953, da war ihr Sohn Friedrich schon ins Geschäft eingezogen und Meisterfotograf geworden, zog das Fotostudio Kauffmann in die ersten eigenen Geschäftsräume.

Seitdem sind die Kauffmanns von der Mühlenstraße am U-Bahnhof Vinetastraße nicht mehr wegzudenken. Wie viele Berlinerinnen und Berliner die Familie Kauffmann porträtiert hat, ob alleine oder auf Gruppenfotos, kann wohl niemand einschätzen. Es müssen zehntausende sein. Inzwischen arbeitet der Urenkel von Helene Kauffmann, Elia Kauffmann, im Betrieb neben seinem Vater und seiner Großmutter, die auch noch manchmal aushilft.

Wie das in Familienbetrieben so ist, kam Elia Kauffmann schon früh mit dem Handwerk seiner Familie in Berührung und hatte von Anfang an Interesse daran. Nach dem Abitur ging er an eine Medienschule. Dank ihm haben die Kauffmanns ihr Portfolio erweitert und machen nun nicht nur professionelle Bilder von ihren Kundinnen und Kunden, sondern auch Videos, darunter kürzlich eine Dokumentation über ein soziales Projekt. Um dem neuen Angebot gerecht zu werden, hat der Familiebetrieb nach fast 90 Jahren seinen Namen geändert. Fotostudio-Kauffmann heißt jetzt Kauffmann-Studios.


Die Hohenzollern

Einflussreiche Berliner Familien: Natürlich dürfen die Hohenzollern nicht fehlen.
Einflussreiche Berliner Familien: Wilhelm ll. und König Georg V. von England 1902 in Berlin. Foto: Wikimedia Commons/Ottomar Anschütz

Wenn eine Familie im Laufe der Geschichte besonders viel Einfluss auf das Leben aller Berlinerinnen und Berliner hatte, dann sind es die Hohenzollern, die Herrscher von Preußen und später dem deutschen Kaiserreich – im guten wie im schlechten. Ob der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm l. oder sein Sohn, den das Volk „der Alte Fritz“ nannte und die Geschichtsschreibung „Friedrich der Große“: Um die Stellung Preußens im Machtgefüge Europas zu stärken, mussten die Menschen für ihre Herrscher in den Krieg ziehen. Manche ließen ihr Volk besonders ausbluten wie Friedrich l., der das meiste Geld einerseits in sein eigenes luxuriöses Leben steckte und in das derer, die ihm nahe standen, andererseits aber auch in den Bau repräsentativer barocker Gebäude in Berlin. Während seiner Regierungszeit entstanden etwa das Schloss Charlottenburg und die beiden Dome am Gendarmenmarkt.

Friedrich der Große und sein Vater, der Soldatenkönig, führten nach und nach die Schulpflicht ein, Friedrich schaffte zudem noch die Folter ab. Auch wenn der Vater bekannt war für sein Faible für militärischen Drill und sein Sohn für seine Liebe für Kunst, Musik und Literatur: Beide waren offen für Einwanderung, vor allem von Hugenotten und Katholiken, eine Einstellung, die Berlin viele kulturelle Impulse gab. Das Jahr 1888 war ein besonders turbulentes am preußischen Hof. Im „Dreikaiserjahr“ saßen drei Kaiser auf dem preußischen Thron. Der dritte, Wilhelm ll., sollte für immer der letzte sein.

Noch heute aber beschäftigen die Hohenzollern die Berliner:innen, und sei es nur, weil sie teils abwegige, gar lachhafte Forderungen stellen. So wollten die Hohenzollern 1,2 Millionen Euro Entschädigung vom Bund und den Ländern Berlin und Brandenburg für ihren nach dem 2. Weltkrieg von der Sowjetunion enteigneten Besitz. Außerdem stellten sie Anspruch auf zahlreiche Kunstschätze in den staatlichen Museen und forderten lebenslanges Wohnrecht im Schloss Cecilienhof, dem Schloss, in dem der letzte Kaiser Wilhelm während der Weimarer Republik gewohnt hatte.


Familie Kazancioglu mit der Bolu-Kette

Einflussreiche Familien in Berlin: Zehn Bolu-Supermärkte haben die Kazancioglu-Brüder in Berlin eröffnet.
Einflussreiche Berliner Familien: Zehn Bolu-Supermärkte gibt es in Berlin. Foto: Imago/Schöning

Meistens sind Berlins Straßen eher grau als bunt. Wenn das Straßenbild dann aber doch mal in verschiedenen Farben leuchtet, liegt es vermutlich daran, dass große Graffitis die Häuser zieren, ein Geschäft mit billigen Plastikprodukten in eine Ladenzeile eingezogen ist – oder ein türkischer Supermarkt sein farbenprächtiges Obst und Gemüse auf dem Bürgersteig präsentiert. In Berlin dominieren zwei Supermarktketten für mediterrane und orientalische Lebensmittel den Markt: Bolu und Eurogida. Beide beeinflussen mit ihren frischen Lebensmitteln auf der Straße das Stadtbild, machen es abwechslungsreicher und eben auch ein bisschen fröhlicher.

Die ältere der beiden Ketten ist ein Familienunternehmen: Die Brüder Halil und Rifat Kazancioglu gründeten 1988 die Bolu Lebensmittelhandel GmbH. Seitdem haben zehn Bolu-Filialen in Berlin eröffnet, außerdem haben die Brüder eine Bolu-Eigenmarke etabliert, BOLtat. Im BOLtat-Sortiment befinden sich unter anderem Milch- und Getreideprodukte, Marmeladen, Hülsenfrüchte, Süßigkeiten und Oliven. Im Supermarkt kann man sich auch Kochrezepte umsonst mit nach Hause nehmen. Besonders beliebt ist die Fleisch- und Frischetheke in den Bolu-Märkten – vielleicht, weil der Fleischverkauf in der Familie eine lange Tradition hat.


Die Brauners

Einflussreiche Familien: Artur Brauner hat ein Filmimperium geschaffen.
Einflussreiche Berliner Familien: Artur Brauner mit seiner Frau Maria und Tochter Alice, die auch ins Filmgeschäft ging. Foto: Imago/Eventpress

Wenn es jemals einen König der Filmwelt von Berlin, vielleicht sogar von ganz Deutschland gab, dann war es Artur „Atze“ Brauner. Brauner produzierte in seinen Filmstudios in Spandau mehr als 500 Filme, darunter der mit einem Golden Globe ausgezeichnete „Hitlerjunge Salomon“ und „Die Weiße Rose“. Nicht nur in seinen Filmstudios gingen deutsche Stars wie Romy Schneider und Gert Fröbe ein und aus. Brauner wurde 1918 in Łódź, Polen geboren. Brauner und seine Familie wurden von den Nazis verfolgt, nachdem diese Polen besetzt hatten. Artur Brauner und seiner engeren Familie gelang die Flucht in die Sowjetunion. Einen Großteil seiner Verwandten jedoch ermordeten die Nazis im Holocaust. Seit 2009 zeigt Yad Vashem 21 von Brauners Produktionen, die einen Bezug zum Holocaust haben.

Die Nähe zum Film liegt bei den Brauners in der Familie: Artur Brauners Tochter Alice ist Filmproduzentin und Journalistin, Nichte Sharon Schauspielerin und Bruder Wolf ebenfalls Filmproduzent. Seine Frau Maria machte sich besonders für die Jüdische Gemeinde Berlin verdient. Auch Artur selbst machte sich für soziale Projekte stark: 1991 gründete er die Artur-Brauner-Stiftung, deren Zweck die Verständigung Menschen unterschiedlicher Religionen ist.

Brauner gehörten zahlreiche Immobilien, Wohnungen und Hotels, die nach seinem Tod 2019 an seine Erb:innen gingen. Und: das Colosseum an der Schönhauser Allee, jenes Kino das unter anhaltendem Protest im Zuge der Corona-Krise unter der Federführung von Brauners Erb:innen schloss. In den späten 1990er-Jahren machte Brauner außerdem durch den Kino-Krieg Schlagzeilen, den er gegen Thilo Sarrazin und das Kino in der Kulturbrauerei führte.


Familie Rathenau und ihr Großkonzern AEG

Einflussreiche Berliner Familien: Der Ingenieur Emil Rathenau galt als guter Organisator und Planer.. Foto: Wikimedia Commons/Rudolf Dührkoop

Alles, was früher in Deutschland mit Strom zu tun hatte, hatte, zumindest im späten 19. und im frühen 20. Jahrhundert, auch etwas mit AEG zu tun. Die Allgemeine Electricitäts-Gesellschaft ging 1888 aus Emil Rathenaus Edison-Gesellschaft hervor und wurde zu einem der größten Arbeitgeber seiner Zeit, zu einem der prägendsten Unternehmen für Berlin und auch zum zweitgrößten Rüstungsunternehmen während des Zweiten Weltkriegs. 1942 beschäftigte AEG 175.000 Arbeitskräfte, darunter zahlreiche Zwangsarbeiter:innen und KZ-Häftlinge. Die AEG-Niederlassung in Köpenick bekam sogar eine eigene Außenstelle des KZ-Sachsenhausen.

Noch heute prägen die AEG-Industriebauten das Stadtbild, ob das Werk Brunnenstraße, die Turbinen- und die Glühlampenfabrik in Moabit oder die Montagehallen für Großmaschinen südlich des Humboldthains. Letztere breiteten sich ab 1894 auf dem ehemaligen Berliner Viehmarkt aus.

Rathenau, Sohn eines wohlhabenden jüdischen Kaufmanns, zeichnete eine Faszination für alles Elektrische aus. Zusammen mit seinem späteren Konkurrenten Werner von Siemens versuchte Rathenau etwa, eine elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin zu etablieren, scheiterte allerdings. Wenig später sicherte er sich die Nutzung für die Patente der Edison-Glühbirne in Deutschland. Später baute AEG alles von Autos bis hin zu Radios und Haushaltsgeräten. Den ersten Fön etwa erfand AEG. Nach dem Tod seines Vater übernahm Walther Rathenau 1915 die Geschicke des Konzerns.


Familie Abou-Chaker

Einflussreiche Berliner Familien: Arafat, Rommel und Yasser Abou-Chaker auf dem Weg zu einer Gerichtsverhandlung. Foto: Imago/Olaf Wagner

Während die meisten Familien aufgrund von Wohltaten in dieser Liste auftauchen, weil sie Einfluss durch Firmengründungen gewannen oder mit ihren Familienbetrieben fester Bestandteil ihrer Kieze sind, ist es mit dieser Familie anders. Zwar haben auch die Abou-Chakers diverse Unternehmen gegründet. Aber von Philantropie oder den Abou-Chakers als Arbeitsgeber ist in diesem Zusammenhang nie die Rede. Trotzdem: Kaum eine Berliner Familie ist so oft in den Schlagzeilen wie die Abou-Chakers rund um Oberhaupt Arafat Abou-Chaker. Immobilienbetrug, Drogenhandel, Zuhälterei, Freiheitsberaubung, schwere Körperverletzung, Schießereien: Die Liste der Straftaten, wegen derer Mitglieder der Abou-Chaker-Familie angeklagt sind, könnte noch ewig weitergehen. Auch die der Verurteilungen ist lang.

Besonders präsent in den Medien ist Arafat Abou-Chaker, seit der Rapper Bushido öffentlich gemacht hat, wie aus einer Freundschaft eine Feinschaft wurde. Mitglieder der Abou-Chakers sollen Bushido, der auch Abou-Chakers Geschäftspartner war, erpresst und genötigt haben, geschlagen und eingesperrt. Der neueste Twist in der Geschichte: Bushido zahlt eine Abfindung in Millionenhöhe an seinen ehemaligen Geschäftspartner, nachdem beide sich vor Gericht geeinigt hatten.


Familie Simon

Einflussreiche Familien in Berlin: James Simon war einer der bedeutendsten Kunst-Mäzene seiner Zeit.
Einflussreiche Berliner Familien: Die James-Simon-Galerie ist der Eingang zum Pergamon-Museum und zum Neuen Museum. Foto: Imago/Winfried Rothermel

James Simon war Unternehmer, Kunstmäzen sowie Freund und Gesprächspartner von Wilhelm ll. Als Sohn der Eigentümer eines der größten Baumwollehandel-Unternehmens Europas genoss Simon bestmögliche Bildung – und machte seine Eltern mit guten Noten stolz. Obwohl er eigentlich lieber weiter Sprachen und Geschichte studiert hätte, stieg James Simon schließlich ins Familienunternehmen ein und wurde erfolgreicher Geschäftsmann mit Millioneneinkommen.

Mit dem Kaiser und mit Wilhelm von Bode, dem Direktor der Berliner Museen, teilte James Simon eine Faszination für die Antike. Simon war Mitbegründer der „Deutschen-Orient-Gesellschaft“ und fuhr immer wieder für Grabungen nach Ägypten. Bei einem seiner Projekte fand man neben einigen sehr gut erhaltenen Porträtköpfen der Familie Echnatons die Büste der Nofretete. Die Büste ist noch heute im Ägyptischen Museum ausgestellt, obwohl Simon sich vor seinem Tod dafür eingesetzt haben soll, dass die Büste zurückgegeben wird.

James Simon gehörte zu einer Gruppe von Juden, die später von Israels erstem Staatspräsidenten Chaim Weizmann als „Kaiserjuden“ bezeichnet wurden, weil sie viel Zeit mit Kaiser Wilhelm ll. verbrachten. Zu der Gruppe gehörten auch Emil und Walther Rathenau. Die Familie Simon wohnte an der Tiergartenstraße 15a, der Villa von James Simons Vater. James Simon soll einen Großteil seines Einkommens verschenkt haben – allerdings soll er nie gewollt haben, dass diese Schenkungen öffentlich werden.


Familie Borsig

Einflussreiche Berliner Familien: August Borsig starb auf der Höhe seines Schaffens mit 50 Jahren. Foto: Imago/Schöning

Wenn es eine Liga der Gründer von Großunternehmen in Berlin gibt, dann gehört neben Werner von Siemens und Emil Rathenau auf jeden Fall auch August Borsig dazu – allein schon, weil er der erste der drei war, der es wagte, sein Erspartes auf eine Karte zu setzen und eine eigene Firma zu gründen. Borsigs Imperium wuchs, als sich Deutschland gerade an der Schwelle der Industrialisierung befand – und der Maschinenbauer aus Berlin trug einen großen Teil dazu bei.

Das lag auch daran, dass Borsig auf einen der Motoren der Industrialisierung setzte: auf Eisenbahnen. 1841 verließ die erste preußische Lokomotive das Werk, 1858 stellte Albert Borsig, August Borsigs Sohn, die tausendste Lokomotive fertig. August war auf dem Höhepunkt seiner Macht und seines Schaffens mit 50 Jahren gestorben. Kurz vor seinem Tod hatte er 1800 Menschen beschäftigt, Borsig hatte sich europaweit zum größten und weltweit zum zweitgrößten Dampflokomotivenlieferanten aufgeschwungen.

Vorher aber stellte er noch ein Projekt fertig, dass bessere Werbung für das Unternehmen gar nicht hätte sein können: König Friedrich Wilhelm lV. wünschte sich eine meterhohe Wasserfontäne vor dem Schloss Sanssouci. So etwas war damals nur mit einer Dampfmaschine zu realisieren und kostete ein Vermögen. August Borsig und seine Mitarbeiter erwarteten den ersten Einsatz der Maschine wahrscheinlich mit noch mehr Spannung als der König selbst. Der Springbrunnen war ein Erfolg, am 23. Oktober 1842 schoss die erste Wasserfontäne Preußens 18 Meter hoch in den Himmel.

August Borsigs Enkel Arnold, Ernst und Conrad hielten das Unternehmen wie sein Sohn Arnold auf Erfolgskurs, nachdem ein Kuratorium in der Zeit bis zur Volljährigkeit der Enkel das Unternehmen fast vor die Wand gefahren hatte. Nachdem sie alt genug waren, um die Firma zu übernehmen, entstand das Borsig-Werk in Tegel, damals noch vor der Stadtgrenze. Hier legten Ernst und Conrad (Arnold war bei einem Grubenunglück gestorben) alle Produktionszweige zusammen und nahmen auch die unter dem Kuratorium eingeschlafene Lokomotivproduktion wieder auf. Es folgten schwierige Jahre: Nach der Weltwirtschaftskrise konnte nur die Fusion mit AEG die Borsigwerke retten. 1935 ging die Aktienmehrheit der Borsig Lokomotiv-Werke an die Reichswerke Hermann Göring.

Heute gehören die Borsig-Werke mit ihren Tochtergesellschaften einer malaysischen Unternehmensgruppe.


Mehr Historisches Berlin

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Berlin größtenteils zerstört. Diese Fotos vom Kriegsende 1945 und von heute zeigen wie anders die Stadt heute daherkommt. Der Sohn eines Berliner Uhrmachers fotografierte seine Stadt ab 1903: Max Missmanns Fotografien zeigen das historische Berlin. Nicht nur der Krieg war eine Zäsur im Berliner Stadtleben, sondern auch: die Mauer. So sah Berlin vor 40 Jahren aus, im Jahr 1981. Mehr Texte über die Vergangenheit lest ihr in unserer Rubrik zu Berlins Geschichte.

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