Von vielen historischen Theatern in Berlin mussten wir Abschied nehmen, und auch zahlreiche Opernhäuser sind aus dem Stadtbild verschwunden. Es ist ein schnelllebiges Geschäft: Manch ein Haus kam mit seinem Konzept aus der Mode oder ging bankrott, andere historische Theater fielen den Kriegen, politischen Umwälzungen oder schlicht dem Zahn der Zeit zum Opfer.
Seit Jahrhunderten begeisterten und verärgerten die Theater und Opern das Berliner Publikum. Wir haben hier 12 historische Theater in Berlin herausgesucht, deren Geschichte eng mit der Geschichte der Stadt verwoben ist: Es sind die Bretter, die Berlin bedeuten.
Französisches Komödienhaus
Die Stücke im 1774 eröffneten Französischen Komödienhaus wurden natürlich auf Französisch gespielt, der damaligen Sprache des Hofs und der Kultur. Selbst Lessings „Minna von Barnhelm“ musste für die adlige Hofgesellschaft, die im Publikum saß, übersetzt werden. Kultur war in Preußen des 18. Jahrhunderts noch ganz klar ein Privileg der herrschenden Klasse.
Nach dem 1742 eingeweihten Opernhaus bekam Berlin damit ein repräsentatives Theater für die Eliten des preußischen Staates. Man spielte in dem etwa 1000 Zuschauer fassendem Gebäude an drei Tagen in der Woche. Friedrich II. höchstselbst ließ das Haus auf dem Gendarmenmarkt errichten, in dem aber schon 1801 die Lichter ausgingen. 1817 wurde das historische Theater nach einem Brand abgerissen.
Königsstädtisches Theater
Während sich um 1780 noch der Adel exklusiv bei französischen Stücken amüsierte, mussten die deutschsprachigen Werke in Bretterbuden und Hinterhöfen aufgeführt werden. Das mag etwas zugespitzt sein, aber im ganz alten Berlin stand es schlecht um das Theater jenseits der Bedürfnisse der Eliten.
Mit der Emanzipation des Bürgertums im 19. Jahrhundert veränderte sich die Situation: Die Stücke wurden auf Deutsch gespielt und man baute große, privat geführte Häuser im Zentrum der Stadt. Wien galt bei diesen Entwicklungen als glänzendes Beispiel. In der Hauptstadt Österreichs demokratisierte sich die Theaterwelt schon etwas früher.
Am Alexanderplatz entstand 1824 das Königsstädtische Theater. Das Volkstheater gab Possen, Melodramen, Singspiele und Pantomimen. Zwar bestand das Programm vornehmlich noch aus zeitgenössischen französischen und italienischen Werken, aber es kamen erste Versuche hinzu, etwas Lokalkolorit auf die Bühne zu bringen, etwa mit Adolf Glaßbrenners Berliner Lokalpossen. 1851 musste das Haus aus finanziellen Gründen schließen.
Das Königliche Schauspielhaus
Es war das Theater im alten Berlin schlechthin. In den Jahren 1818 bis 1821 nach den Plänen des großen preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel im Stil des Klassizismus errichtet, dominiert das Schauspielhaus seitdem den Gendarmenmarkt und das Kulturleben der preußischen Metropole. Heute noch steht das 200 Jahre alte Gebäude im Herzen Berlins. Man kennt es allerdings als Konzerthaus, doch unter diesem Namen wird es tatsächlich erst seit 1994 genutzt.
Von 1821 bis 1921 befand sich in dem markanten Bau das Königliche Schauspielhaus, später hieß es Preußisches Staatstheater. Mit der Uraufführung von Goethes Drama „Iphigenie auf Tauris“ wurde der Spielbetrieb eröffnet. Seitdem galt das Königliche Schauspielhaus als eine der bedeutendsten kulturellen Institution im deutschsprachigen Raum.
Hier erklangen erstmals Beethovens Symphonien in Berlin, ebenso wie Webers Oper „Der Freischütz“. Superstars wie Paganini gaben Gastauftritte, und Richard Wagner leitete 1844 höchstpersönlich seine Oper „Der fliegende Holländer“ in dem Haus. Nach dem Ersten Weltkrieg endete die goldene Ära des Königlichen Schauspielhauses und es begann eine wechselvolle Geschichte.
Berliner Theater
Einst residierte hier der berühmte Circus Renz, zeitweise war das Gebäude in der Charlottenstraße in Kreuzberg auch unter dem Namen Walhalla-Operetten-Theater bekannt. In diese Tradition stellte sich in gewisser Weise auch das neu getaufte Berliner Theater.
1888 wurde der Spielbetrieb mit Schillers „Demetrius“ eröffnet, doch vor allem Operetten prägten bis in die 1920er-Jahre das Programm des Hauses. Werke der Komponisten wie Robert Stolz und Walter Kollo waren mit dem Berliner Theater eng verbunden.
In den Jahren 1933 bis 1935 diente das Haus als Theater des Jüdischen Kulturbunds. Es war die letzte Bühne, auf der jüdische Theaterschaffende in Berlin noch arbeiten konnten. Ende der 1930er-Jahre wurde das historische Theater abgerissen.
Neues Schauspielhaus
Neben den großen Adressen berühmter Theaterhäuser, die sich vornehmlich in der historischen Mitte der Stadt befanden, tauchten zum Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts erste bedeutende Theater außerhalb des Zentrums auf: so etwa das Neue Schauspielhaus am Nollendorfplatz in Schöneberg.
Heute kennt man das Gebäude unter dem Namen Metropol, den es schon in seiner Zeit als legendäre Disco in den 1970er- und 1980er-Jahren trug. Im Loft fanden Konzerte statt, zeitweise hieß der Club Goya und war mondän, aber erfolglos.
Aber die Geschichte des Neuen Schauspielhauses, wie das historische Theater ab 1904 hieß, begann mit einer Aufführung von Shakespeares „Sturm“, die leichte Muse dominierte. Doch mit der Übernahme des Hauses durch den legendären Intendanten Erwin Piscator im Jahre 1928 bekam die Bühne, nun umbenannt in Theater am Nollendorfplatz, als radikal-moderne Produktionsstätte des politischen Theaters landesweit Beachtung.
Bertolt Brecht, Georg Grosz und John Heartfield wirkten an der „Piscator-Bühne“. Doch die große Zeit des Hauses endete mit der Machtübernahme der Nazis und der Vertreibung des Ensembles.
Deutsches Opernhaus
Das heutige Gebäude der Deutschen Oper an der Bismarckstraße in Charlottenburg stammt aus dem Mauerbau-Jahr 1961 und gehört zu den markantesten Gebäuden der ersten West-Berliner Jahre. Doch die Geschichte den Deutschen Opernhaues an jenem Ort reicht weiter zurück.
1912 wurde das Haus, das erst ab der Eingemeindung Charlottenburgs 1920 offiziell zu Berlin gehörte, mit einer Aufführung von Beethovens „Fidelio“ eröffnet. In der Zeit des Nationalsozialismus galt das Deutsche Opernhaus neben Bayreuth als bedeutendste Repräsentationsbühne des NS-Regimes. Auf dem Programm standen Werke von Komponisten, die Hitler genehm waren, darunter natürlich Wagner, aber auch Lortzing und Kienzl. Im November 1943 wurde das Haus bei Bombenangriffen zerstört.
Alte Komische Oper
Auch das Gebäude der alten Komischen Oper existiert nicht mehr. Wobei das 1905 eingeweihte Haus nicht mit der heutigen Komischen Oper in der unweit gelegenen Behrenstraße verwechselt werden darf. Einst befand sich die alte Komische Oper direkt an der Weidendammer Brücke, am Ufer der Spree.
In den Goldenen Zwanzigern prägte die Komische Oper die Stimmung rund um die Friedrichstraße. Man nahm sich ein Vorbild an der Pariser Opéra-Comique und spielte in Nachbarschaft zum Admiralspalast und dem alten Friedrichstadt-Palast leichte Kost: Komödien, Operetten und Revuen gehörten zum Programm. Genutzt wurde die alte Komische Oper über die Zeit des Zweiten Weltkriegs hinaus, bis das Theatergebäude 1952 abgerissen wurde.
Großes Schauspielhaus und alter Friedrichstadt-Palast
Der modernistische Bau des alten Friedrichstadt-Palastes stammte von keinem Geringerem als der Berliner Architekturlegende Hans Poelzig. 1919 wurde das expressive Gebäude als Großes Schauspielhaus eröffnet. Da stand es am Schiffbauerdamm, geleitet wurde es von Theaterdirektor Max Reinhardt.
Im „Dritten Reich“ funktionierten die Nazis das Haus zum „Theater des Volkes“ um, erst nach dem Krieg bekam es den heutigen Namen: Friedrichstadt-Palast. Bis 1980 gehörte das historische Theater zu den größten und erfolgreichsten Aufführungsorten der DDR. Anfang der 1980er-Jahre folgte die Schließung und der Abriss. Nicht weit vom alten Standort, an der heutigen Adresse Friedrichstraße 107, wurde am 27. April 1984 der neue Friedrichstadt-Palast eröffnet – dessen bewegte Geschichte erzählen wir hier.
Neues Operetten-Theater
Eröffnet wurde das später als Komödienhaus bekannte Theater 1908 als Neues Operetten-Theater. Es zog Touristen und Einheimische gleichermaßen an und bildete mit dem Friedrichstadt-Palast, der Alten Komischen Oper und dem Admiralspalast das Amüsierviertel der Stadt.
Noch vor dem Ersten Weltkrieg konnte man hier Stücke mit Musik von Komponisten wie Franz Lehár sehen und den berühmten Operettensänger und Komiker Max Marx bewundern. Interessanterweise wurde hier 1932 aber auch Brechts Stück „Die Mutter“ uraufgeführt.
Im Krieg wurde das Gebäude zerstört und dieses Kapitel der Berliner Theatergeschichte verschwand. Heute befindet sich in unmittelbarer Nähe das zum Berliner Regierungsviertel gehörende Marie-Elisabeth-Lüders-Haus.
Krolloper
Unter dem Unternehmer Joseph Kroll begann Mitte des 19. Jahrhunderts die Geschichte der Krolloper. Hier fanden anfangs Maskenbälle, Italienische und Chinesische Nächte, Verlosungen und große Weihnachtsausstellungen statt. Später gab es auch Zirkusnummern und Gewerbeausstellungen in dem 1844 errichteten Gebäude am Rande des Exerzierplatzes, dem heutigen Platz der Republik.
Unter Krolls Tochter Auguste begann der Theaterbetrieb. Man gab Komödien, Lustspiele und Lokalpossen, aber zunehmend auch Opern, etwa Rossinis „Der Barbier von Sevilla“. Zwischen 1894 und 1933 trug der Bau einen neuen Namen: Neues Königliches Operntheater. Moderne Komponisten wie Igor Stravinsky und Gustav Mahler wurden aufgeführt und der Opernstar Enrico Caruso gab Gastauftritte.
Historische Bedeutung erlangte das historische Theater nach dem Reichstagsbrand 1933, als es fortan als Sitz des Parlaments zur Zeit des Nationalsozialismus diente. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Krolloper stark beschädigt und 1957 schließlich abgerissen.
Lessingtheater
Das heutige Kapelle-Ufer in Mitte hieß bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs noch Friedrich-Karl-Ufer. Dort stand ab 1888 der mächtige Bau des Berliner Lessingtheaters. Eröffnet wurde, wie sollte es anders sein, mit „Nathan der Weise“, einem Stück des berühmten Dichters der Aufklärung Gotthold Ephraim Lessing.
Bis Ende der 1920er-Jahre gehörte das Haus zu den bedeutendsten Bühnen Berlins. Werke von Gerhard Hauptmann, Carl Zuckmayer und Franz Werfel wurden hier ebenso uraufgeführt wie Dramen von Henrik Ibsen und August Strindberg. Auch das im Stil der Neorenaissance, die wir hier genauer untersuchen, errichtete Lessingtheater wurde im Krieg zerstört.
Schillertheater
Der Theaterarchitekt Max Littmann entwarf Anfang des 20. Jahrhunderts dieses Theatergebäude für die Stadt Charlottenburg. Ab 1921 diente das Haus als zweite Spielstätte des Preußischen Staatstheaters und wurde in der Nazizeit zum Preußischen Theater der Jugend umfunktioniert.
In West-Berlin gehörte das Schillertheater neben der Schaubühne am Lehniner Platz zu den wichtigsten Bühnen der Stadt. Legendäre Regisseure wie Samuel Beckett, Peter Zadek, George Tabori und Boleslav Barlog arbeiteten hier.
Heute existiert zwar noch das Gebäude, allerdings nicht als eigenständiges Theater. Es beherbergte die Staatsoper während der Umbauarbeiten und wird seit 2018 als Spielstätte von Theater und Komödie am Kurfürstendamm genutzt.
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