Geschichte

Preußens Kaffeeschnüffler: Ein verrückter Beruf der Geschichte

1721 eröffnete Berlins erstes Kaffeehaus, und Kaffee begann sich schnell zum Volksgetränk zu entwickeln. Doch dann verbot König Friedrich II. 1781 das Rösten von Kaffee – und schuf den Beruf des Kaffeeschnüfflers. Lag Kaffeegeruch in der Luft, durften die Kaffeeschnüffler überall ihre Nase hineinstecken. Sie verschafften sich Zutritt zu Privathaushalten und schreckten auch nicht vor dem Abriechen und Abtasten der Damen zurück. Hier erfahrt ihr, was es damit auf sich hatte.

Kaffeeschnüffler bei der Arbeit. Foto: Imago/H. Tschanz-Hofmann
Kaffeeschnüffler bei der Arbeit. Foto: Imago/H. Tschanz-Hofmann

Siegeszug des Kaffees in Europa

Vom im Südwesten des heutigen Äthiopiens liegenden Königreich Kaffa breitete sich der Kaffee vermutlich im 14. Jahrhundert auf die Arabische Halbinsel aus. Im 16. Jahrhundert eroberte Kaffee das Osmanische Reich und das persische Safawiden-Reich. Als erster Europäer berichtete 1582 der Augsburger Arzt und Entdeckungsreisende Leonhard Rauwolf über den Kaffeebaum und beschrieb den Kaffeegenuss und dessen Wirkung. Kaufleute wurden ebenfalls bei Reisen auf Kaffee aufmerksam und brachten diesen mit nach Europa. Der Siegeszug des Kaffees hatte begonnen.

In den kommenden Jahrzehnten entwickelte sich der Kaffee zu einem internationalen Handelsgut. So trafen die ersten organisierten Kaffeeimporte 1624 in Venedig, London, Amsterdam, Hamburg und Bremen ein. Erstes europäisches Kaffeehaus eröffnete 1647 in Venedig. Mit Bremen 1673 folge das erste deutsche Kaffeehaus und 1685 wurde, wenige Jahre nach der Zweiten Wiener Türkenbelagerung, die Wiener Kaffeehauskultur geboren. Das erste Berliner Kaffeehaus servierte 1721 seinen Gästen den ersten Kaffee. Somit war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich der Kaffeekonsum in immer weiteren Gesellschaftskreise ausbreitete.

Kaffeesuppe statt Biersuppe

Die neue Kaffeekultur veränderte die Frühstücksgewohnheiten der Menschen. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war tatsächlich Biersuppe eine verbreitete Mahlzeit am Morgen, sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Zur Herstellung wurde Dünnbier verwendet, das einen Alkoholgehalt von weniger als zwei Prozent aufweist. Doch mit der Einführung des Kaffees verdrängte zunehmend die Kaffeesuppe das Bier zum Frühstück. Besonders Bierbrauereien, aber auch lokale Malzkaffeeproduzenten hatten mit hohen Geschäftseinbußen zu kämpfen, während die arbeitende Bevölkerung zwar nüchterner, aber wacher in den Tag startete.

Das „Arbeiterkoks“ machte dem Namen alle Ehre. Durch die damaligen Röstverfahren blieb viel mehr Koffein in der Bohne als heute und Kaffee barg dadurch tatsächlich ein hohes Suchtpotential. Dem Espresso-Shot kommt da eine ganz neue Bedeutung zu.

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Friedrich II. erließ ein Kaffee-Röstverbot und stellte Kaffeeschnüffler ein

Arbeitszimmer Friedrichs II.. Beschloss er hier – mit einem Kaffee intus – Kaffeeschnüffler einzustellen? Foto: Imago/imagebroker/Wolfgang Diederich

Als Importware erlangte Kaffee große innenpolitische Bedeutung. Friedrich II., auch Friedrich der Große genannt, trank selbst gerne den Wachmacher, aber seine Untertanen sollten lieber mit der Biersuppe die inländischen Brauereien wirtschaftlich stützen. Kaffee sollte währenddessen ein Luxusgetränk der Reichen und Adeligen bleiben. Es galt nämlich als wirtschaftsschädigend, Güter aus dem Ausland einführen zu lassen. Dies war typisch für den merkantilistische Wirtschaftspolitik, deren Ziel darin besteht, möglichst viele Waren aus dem Land auszuführen und gleichzeitig möglichst wenig Güter zu importieren.

Da eine Erhöhung der Einfuhrzöllen auf Kaffeebohnen und deren Belegung mit einer Luxussteuer keine Änderungen mit sich brachten, stellte Friedrich II. im Januar 1781 das Rösten von Kaffee unter Strafe. Nur seine staatliche Kaffeerösterei durfte weiterhin importierten Kaffee rösten – und verkaufte ihn allerdings zu Preisen, die sich das einfach Volk nicht leisten konnte. Dadurch blühte der Schmuggel auf und private Röstrunden entstanden. Wie lässt sich dies wiederum unterbinden?

Die Kaffeeschnüffler

Um die Durchsetzung des Röstverbotes zu gewährleisten, wurde der Beruf des Kaffeeschnüfflers, auch Kaffeeriecher genannt, geboren. Bei den Kaffeeschnüfflern handelte es sich meist um Kriegsinvalide deren Arbeit darin bestand zu erschnüffeln, wo trotz Verbot illegal eingeführter Kaffee geröstet und konsumiert wurde und die Vorräte sollten beschlagnahmt werden. Zur Durchführung ihrer Arbeit hatten die Kaffeeriecher weitreichende Befugnisse: So durften sie jederzeit Durchsuchungen von Privathaushalten ebenso wie „Leibesvisitationen“ vornehmen, die auch das Abriechen und Abtasten von Damen miteinschloss.

In Michaela Viesers und Irmela Schautz’ Buch „Von Kaffeeriechern, Abtrittanbietern und Fischbeinreißern“ ist von einer Berliner Bürgerin zu lesen, die über ihre Begegnung mit den Spürnasen berichtete: „Man stelle sich die Aufregung vor, als ich mit meinen Freundinnen bei Tische saß, die Tür aufgerissen wurde, drei uniformierte Männer in die Stube stürmten, unsere Tassen inspizierten und die Küche auf den Kopf stellten. Zu meinem Glück wurde an diesem Nachmittag nur Tee serviert.“

Trotz der Anstrengungen, der guten Bezahlung und hoher Prämien, wenn es gelang, ein illegales Kaffeekränzchen hochzunehmen, ging der Konsum nicht zurück. Stattdessen waren dem Staat große Mengen an Einfuhrsteuern durch den Schmuggel entgangen. So wurde unter dem Nachfolger Friedrichs II. das Kaffeemonopol wieder abgeschafft – und damit auch der kuriose Beruf des Kaffeeschnüfflers. Kaffee konnte sich zu dem entwickeln, was es für uns ist: das beliebteste Heißgetränk der Deutschen.


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