Berliner Flugplätze

Luftfahrtgeschichte in Berlin: Lilienthal, Luftbrücke, Luftnummern

Im November 2020 endete eine Ära: Tegel, der alte, erhabene West-Berliner Flughafen, wurde für immer geschlossen. Und der BER nach all den Jahren doch noch eröffnet. Berlin und die Luftfahrt, das ist eine Geschichte für sich. Auf ewig mit der Stadt verbunden ist der Name des Luftfahrtpioniers Otto Lilienthal. Nach dem Krieg versorgten die Alliierten die von den Sowjets eingeschlossenen West-Berliner*innen über die Luft: Es war die Geburtsstunde der Luftbrücke. Zählt man den BER mit, gab und gibt es in Berlin insgesamt sieben Flughäfen.

Fünf sind längst stillgelegt. Staaken verfällt zusehends und ist heute größtenteils in der Hand von Privateignern, in Gatow befindet sich heute ein Standort des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr. Johannisthal und Tempelhof avancierten über die Jahre zu beliebten Parks. In Tegel wird neuerdings geimpft. Und Schönefeld verschmolz nach dessen Eröffnung mit dem BER – auch wenn im alten Terminal derzeit nicht abgefertigt wird. Wir haben im Archiv gekramt und zwölf Bilder und Geschichten herausgesucht, die Einblicke geben in die bewegte Luftfahrtgeschichte Berlins.


Luftfahrtgeschichte in Berlin: Der Fliegeberg ist nach dem Luftfahrtpionier Otto Lilienthal benannt

Luftfahrtgeschichte in Berlin: Der Fliegeberg wurde 1894 im Auftrag von Otto Lilienthal angelegt. Foto: Imago/Schöning

Tief in Lichterfelde liegt der Fliegeberg, der auch als Lilienthalberg bekannt ist. Letzteren Namen verdankt der Hügel seinem „Schöpfer“, Otto Lilienthal (1848–1896), der ihn zwei Jahre vor seinem Tod für Gleitflüge anlegen ließ. Von dem 15 Meter hohen Hügel absolvierte Lilienthal, der als „erster Flieger der Menschheit“ gilt, mehrere Tausend Flüge auf den von ihm entwickelten 21 Flugapparaten. Der Flughafen Tegel trägt offiziell Lilienthals Namen, ein Erbe, das nach der BER-Eröffnung verschwinden wird. Der neue Flughafen wird nach dem Politiker Willy Brandt benannt sein.


Berlins ältester Flughafen entstand 1909 in einem Waldstück bei Johannisthal

In den ersten Jahren von Johannisthal kamen viele schaulustige Berliner*innen, um bei den teils waghalsigen Flugshows dabei zu sein. Foto: Public Domain
In den ersten Jahren von Johannisthal kamen viele schaulustige Berliner*innen, um bei den teils waghalsigen Flugshows dabei zu sein. Foto: Public Domain

Das 20. Jahrhundert war gerade angebrochen, da wurde in Berlin der erste Flugplatz angelegt. Weil in Tempelhof bereits Hallen für Zeppeline gebaut wurden, durften dort keine weiteren für Motorflugzeuge errichtet werden. Kurzerhand wählte man Johannisthal als Standort. Dort wurden so manch skurrile Fluggeräte getestet, es gab (auch zur Finanzierung) vielfach waghalsige Flugshows. Die Ära währte nur kurz: Nach der Eröffnung von Tempelhof als Zentralflughafen wurde Johannisthal als Standort uninteressant, 1995 erfolgte die endgültige Schließung. Teile des Geländes bilden heute den Landschaftspark Johannisthal/Adlershof, einem der ruhigen Orte in Berlin, an dem man völlig allein sein kann.


In Staaken wurden vor allem Zeppeline gebaut und Flugzeuge der Lufthansa gewartet

Noch heute erhalten: Der alte Tower des Staakener Flughafens. Foto: Imago/Schaap
Noch heute erhalten: Der alte Tower des Staakener Flughafens. Foto: Imago/Schaap

Von 1915 bis 1953 bestand der Flughafen Staaken am äußersten Rande West-Berlins. Dort wurden, wie auch Friedrichshafen und Potsdam, zunächst Zeppeline errichtet. Parallel zum Passagierbetrieb wuchs die Bedeutung als Technikstandort der damals noch jungen Lufthansa – während der NS-Zeit setzte die Kranich-Airline auch auf Zwangsarbeiter. Die Nationalsozialisten tüftelten indessen an ihrer todbringenden Militärtechnik. Nach dem Krieg folgte das Aus. Heute ist das Gelände teilweise in Privatbesitz, Reste sind vom Boden und aus der Luft gut erkenn- und identifizierbar.


Tempelhof: Vom Zentralflughafen zum größten innerstädtischen Parkareal

Früher wichtiger Flughafen während der Luftbrücke, heute die größte innerstädtische Freifläche der Welt: Das Tempelhofer Feld. Foto: Imago/Blickwinkel

Ursprünglich war das Tempelhofer Feld ein militärisches Übungsgelände und Paradeplatz der Berliner Garnison. Der dort angelegte Flughafen Berlin-Tempelhof hatte besondere Bedeutung während der Berlin-Blockade 1948/49. Versorgungsflugzeuge landeten damals teilweise im 90-Sekunden-Takt. 2008 wurde der Flugbetrieb eingestellt, zwei Jahre später das Feld als Park wiedereröffnet. Mit durchschlagendem Erfolg: Am Eröffnungstag kamen mehr als 230.000 Berliner*innen. Mit seinen rund 355 Hektar ist es die größte innerstädtische Freifläche der Welt und somit auch Berlins größter Stadtpark. Das normalerweise jährliche stattfindende Drachenfestival zieht viele Tausende Besucher an.


Luftfahrtgeschichte zum Anfassen im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Berlin

Der ehemalige Gatower Flughafen ist heute Museum für Berliner Luftfahrtgeschichte. Foto: Max Müller
Der ehemalige Gatower Flughafen ist heute Museum. Foto: Max Müller

Wenn es um die Blockade in den Jahren 1948 und 1949 und die Versorgung West-Berlins durch Flugzeuge der Alliierten geht, denken die meisten Berliner an die amerikanischen „Candy Bomber“ und den innerstädtischen Airport, auf dem diese landeten. „Dabei war es ein Brite, der die Luftbrücke erfunden hat“, sagt Doris Müller-Toovey, die wissenschaftliche Leiterin des Militärhistorischen Museums der Bundewehr am Standort Gatow. „Die Briten halfen gänzlich unprätentiös. Sie landeten engmaschig sowohl in Gatow als auch mit Wasserflugzeugen auf der Havel und sorgten so dafür, dass die Blockade erfolglos blieb.“

Von der britischen Beteiligung an der Luftbrücke erzählt die Ausstellung „Ein Dackel namens Dakota“, die im Mai 2019 eröffnet wurde und eine von derzeit fünf Teilausstellungen ist, die in Gatow präsentiert werden. Hinzu kommen die Flugzeuge auf dem Außengelände. Das Gatower Museum ist flächenmäßig das größte in Berlin. Zwischen 60.000 und 70.000 Besucher lockt es alljährlich an.

  • Militärhistorisches Museum auf dem Flugplatz Gatow Am Flugplatz Gatow 33, Spandau, Tel. 36 87 26 01, Di.–So. 10–18 Uhr, Eintritt frei, www.mhm-gatow.de

Der Kult-Flughafen Tegel verwandelt sich in die „Urban Tech Republic“

Vom Dach des Flughafens kann man wunderbar Flugzeuge starten und laden sehen. TXL ist eng mit der Geschichte der Luftfahrt in Berlin verbunden.
Seit Ende 2020 starten keine Flieger mehr von Tegel. Foto: Imago/Joko

Am 8. November um 15 Uhr hob der letzte Flieger von Tegel ab. Seitdem herrscht Ruhe über dem „Kutschi“. Noch, denn es tut sich was. Die Nachnutzung von Tegel ist bereits ziemlich konkret. Am östlichen Ende, also westlich des „Kutschis“, entsteht mit dem Schumacher-Quartier ein neuer Kiez mit rund 5.000 Wohnungen. Nördlich und südlich davon werden in der Cité Pasteur und dem Areal „TXL Nord“ weitere 4.000 Wohnungen gebaut. Bauherren sind die landeseigenen Unternehmen, Genossenschaften und private Unternehmer.

Leben sollen dort nach dem Willen der Planer vor allem Familien. Locken soll sie ein Bildungscampus mit zwei Schulen, Sport- und Jugendeinrichtungen und sieben Kindertagesstätten. In das alte Terminalgebäude wiederum zieht die Beuth-Hochschule. Zudem werden Gewerbe und Industrie angesiedelt, das Projekt reüssiert unter dem Namen „Berlin TXL – The Urban Tech Republic“. Damit die künftigen Anwohner sowie Arbeiter und Studis das Gebiet schnell erreichen, ist der Ausbau der U-Bahnlinie 6 geplant. In einer im März 2020 vom Senat veröffentlichten Machbarkeitsstudie werden verschiedene Optionen hierfür aufgezeigt, die zwischen 275 und 607 Millionen Euro kosten. Bis dahin ist es aber ein langer Weg: Zunächst wird in Tegel geimpft. Flughafen Tegel: Die Geschichte von TXL in 12 Fotos


Luftfahrtgeschichte in Berlin: Ein Gedenkstein mitten im Tegeler Forst

Das Grab im Tegeler Forst erinnert an sieben verunglückte Militärflieger. Foto: Max Müller
Das Grab im Tegeler Forst erinnert an sieben verunglückte Militärflieger. Foto: Max Müller

Am Flughafensee gibt es ein Vogelschutzgebiet. In dessen Nähe liegt versteckt südlich des Maienwerderweges, umgeben von bemoosten Steinen und einer Eisenkette, ein Gedenkstein aus Granit. Auf Französisch ist dort die Inschrift zu lesen: „Ici sont tombés sept aviateurs militaires français dans l’accomplissement de leur mission le 17 février 1953“ – „Hier sind sieben französische Militärflieger in Erfüllung ihrer Aufgabe am 17. Februar 1953 gefallen.“ Auf der davor liegenden Platte, die von zwei Blumengebinden geschmückt wird, sind die Namen der Opfer zu lesen, die an diesem Februartag des Jahres 1973 bei einem Unglück starben.

Die Militärangehörigen wollten an jenem Tag im Februar vor 66 Jahren zu einem Kurierflug vom Flughafen Tegel aus aufbrechen. Der Pilot hatte bereits zwei Startversuche unternommen, die jedoch fehlgeschlagen waren. Kurz nach dem nächsten Start explodierte die Maschine und stürzte in den nördlich des Flughafens gelegenen Tegeler Forst. Alle sieben Insassen kamen dabei ums Leben. Alljährlich zum Jahrestag gedenken Angehörige der Katastrophe.


Jet-Zeitalter: Das unwürdige Ende einer Boeing 707 in Tegel

Luftfahrtgeschichte in Berlin: Die 707 steht am hintersten Winkel des Tegeler Flughafens. Foto: Max Müller
Die 707 steht am hintersten Winkel des Tegeler Flughafens. Foto: Max Müller

Die Aufregung war groß, als der „Kranich“ vor 33 Jahren in Berlin landete, es war das erste Lufthansa-Flugzeug nach dem Zweiten Weltkrieg am Flughafen Tegel. In die Jahre gekommen, wurde es ausrangiert, aber nicht mit Glanz und Gloria verabschiedet. Vielmehr modert das Passagierflugzeug seit vielen Jahren schon in einem abgelegenen Winkel des Flughafens vor sich hin. 

Bei der Erstlandung dieser Boeing 707 standen der damalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, Lufthansa-Vorstandschef Heinz Ruhnau und Boeing-Präsident Thomas A. Wilson Spalier. Es war weit mehr als eine normale Ankunft: Die Lufthansa bewies ihren Willen, sich für die damals geteilte Stadt zu engagieren und ihre Vision eines freien Flugverkehrs von und nach Berlin zu realisieren.

Zugleich war die Landung ein trickreiches Politikum. Ende der 80er-Jahre war es ausschließlich den Alliierten erlaubt, den Luftraum der DDR zu überfliegen. Anlässlich der Auslieferung des 200. Flugzeuges von Boeing an die Lufthansa wollte der Flugzeughersteller der Kranich-Linie ein besonderes Geschenk machen. Boeing erwarb von der israelischen Fluggesellschaft El-Al eine 707, ließ sie nach Frankfurt einfliegen, um sie dort mit einer amerikanischen Registrierung zu versehen. Die Lufthansa-Bemalung wurde überklebt, in Tegel wurde dann die Tarnung entfernt. Trotz der Historie dieser Maschine fristet sie weiterhin ihr trauriges Dasein. (Text: Manuela Blisse)


Luftfahrtgeschichte in Berlin: Mit Interflug nach Prag, Budapest und Moskau

Luftfahrtgeschichte in Berlin: Mit Interflug ging es in den Osten Europas. Foto: Imago/SMID
Mit Interflug ging es in den Osten Europas. Foto: Imago/SMID

Nach dem Krieg wurde Schönefeld zum wichtigsten Flughafen in Ost-Berlin. Von dort flogen Airlines wie Interflug innerhalb der DDR sowie zu den verbrüderten Staaten im Osten, später auch in den Westen, nur halt nicht in die BRD. Durch das gut ausgebaute Streckennetz nach Osteuropa nutzten auch viele West-Berliner den Flughafen. Der wächst nun mit dem BER zusammen und soll nach dessen Eröffnung vor allem von Low Cost Carriers genutzt werden. Die Interflug ist heute hingegen längst Geschichte, wie so viele andere Dinge aus dem Osten, die wir vermissen.


BER: Erst Milliardengrab, heute Berlins Tor zur Welt

Bausünde: Flughafen Berlin Brandenburg – BER.
Der BER ist Bausünde und Fehlinvestition in einem. Foto: Imago/Schöning

Der BER ist ein Flughafen der Superlative: super teuer, superschlimm geplant, super imageschädigend für alle Verantwortlichen. Und dazu: echt hässlich, eine richtige Bausünde. Mittlerweile steht er, und ist nun Berlins einziges Tor zur Welt. Klar, der BER ist nicht mehr so easy und schnell zu erreichen wie Tegel. Dafür sollen die Abläufe schneller und besser sein, pandemiebedingt konnte der Flughafen allerdings noch nicht einem Stresstest unterzogen werden. Wer ihn sich angucken will, kann das aber tun.

Wie zuvor in Tegel und Schönefeld gibt es eine Besucherterrasse. Und ziemlich viel Kunst, etwa die Arbeit „The Magic Carpet“ von Pae White: ein großes Gebilde aus rotem Metallgewebe, das unter der Decke der Check-in-Halle zu segeln scheint wie ein fliegender Teppich. Prägnant ist auch „Gadget“ von Olaf Nicolai aus Berlin: eine Kette rotweißer Glaskugeln, die sich wie Schmuck einer Gigantin über eine Fluggastbrücke legt.


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